Ottochilli
Registrierter Benutzer
Moin,
als jemand, der bisher ausschließlich elektrisch unterwegs war, wollte ich mich nun auch akustisch ausstatten. Seit ca. 1 Jahr schaute ich deshalb unregelmäßig bei Ebay-Kleinanzeigen rein.
Am Sonntag letzter Woche bin ich auf ein interessantes Angebot gestoßen. Eine Martin D28 von 2017 mit Koffer und akzeptablen Preis in Fahrweite meines Wohnortes.
Kontakt hergestellt, Termin zum Antesten gemacht und Geld vom Konto abgehoben. Der Verkäufer machte einen sehr netten Eindruck. Er gab persönliche Gründe für den Verkauf an. Später erwähnte, er wolle sein Hobby aufgeben.
Wie gesagt, Termin gemacht und dann Mittwoch Abend hingefahren. Sehr nettes Wohnhaus, reine Wohngegend. Die Ehefrau des Verkäufers saß auf der Couch, der Kamin loderte, an der Wand hing die Martin...
Spätestens hier hätte ich zusammen zucken müssen. Kamin an, Westerngitarre nicht im Koffer, nicht gut.
Die Gitarre ließ sich ganz gut spielen, relativ niedrige Saitenlage. Sie klang für meine Ohren O.k. bis gut. Irgendwie fehlt mir aber noch das Erfahrungswissen.
Gitarre optisch inspiziert und nix gefunden. Keine Schrammen, keine Macken. Und dann den Kauf vollzogen.
Zu Hause angekommen, habe ich es mir gemütlich gemacht. Habe die Gitarre rausgeholt, eine halbe Stunde gespielt. Da ich selber auch einen Ofen habe und alle meine E-Gitarren im Koffer aufbewahre, habe ich mir gedacht, dass ein paar Pflegeprodukte von Thomann oder einem anderen Anbieter nett sein könnten.
Ich habe dann unter anderem nach Gitarrenbefeuchter gegoogelt um mal zu schauen, was es so für Produkte gibt. Und wie es Google so will.... ich bin dann auch auf Seiten gekommen, auf denen Gitarrenbauer oder -Hersteller informieren, wie Westerngitarren zu pflegen und verwahren sind. Dort waren auch Informationen enthalten, woran man erkennt, dass eine Westerngitarre dehydriert ist. Es wurden verschiedene Schadensbilder beschrieben. Unter anderem wurde darauf hingewiesen, dass ein Signal die Wölbung bzw. fehlende Wölbung der Decke sei. Sei diese plan oder gar leicht eingefallen, dann sei das ein Zeichen für Austrocknung. Die nächste Schadensstufe sei dann des Entstehen von Rissen in der Decke oder im Boden....
Das irritierte mich. Ich sah mir die neu erworbene Gitarre an. Ich stellte zwischen Zarge und Bridge eine gerade Linie fest. Ich dachte erst, dies sei eine normale Leimfuge, die vielleicht etwas breiter ausgefallen sei. Dann fuhr ich mit dem Finger drüber und merkte, dass diese Line auch mit einer fühlbaren Fuge einher ging. Dann sah ich mir die Decke von der Seite an. Diese war komplett plan, wenn nicht schon eingefallen. Ein Test mit einem Lineal zeigte, dass die Decke schon leicht in Richtung Schüssel ging. Ich war alarmiert. Verdammt, das Ding ist im Begriff einen kapitalen Schaden zu erleiden, falls ich nicht reagieren würde. D.h. irgendwas musste passieren, zwar nicht sofort, aber dann in der nächsten Woche. Kontakt zu Gitarrenbauer herstellen? Befeuchter bei Thomann bestellen..?
Am nächsten Tag habe ich dann mit einem Gitarrenbauer telefoniert, der mir leider keine Entwarnung geben konnte. Ich habe dann kurzerhand meine Kaufentscheidung infrage gestellt und den Verkäufer angerufen. Der war entsprechend angepisst. Ich nehme ihm da noch nicht einmal übel. Er hat leider gar nicht verstanden, wo das Problem ist. Er war leider wenig informiert und gitarristisch auf Anfängerniveau, was nichts heißen muss. Letztlich war er dann aber bereit die Gurke zurück zu nehmen und mir das Geld zurück zu zahlen. Ich habe dann meine Arbeit sausen lassen (Freiberufler) bin hingefahren und habe von einem etwas wortkargen angepissten Menschen mein Geld zurück bekommen.
Das war mein Ausflug in die Welt der gebrauchten Westerngitarren....
Meine Quintessenz:
- Die sichere Verwahrung und Pflege von hochpreisigen Gitarren ist nicht selbstverständlich für jeden. Kauft man von privat, weiß man nie, mit wem man es zu tun hat. Hier können Ignoranz und Desinteresse, und ja Blödheit, Schäden anrichten, die vermeidbar sind und sich zu lasten des Käufers auswirken, wenn dieser selbst nicht genug Know How hat.
- Bei der Prüfung von gebrauchten Gitarren reicht ein Probespielen und eine ungefähre Inaugenscheinnahme ("sieht ganz gut aus") keinesfalls aus. Die Wölbungen von Decke und Boden müssen genau beachtet werden. Es müssen Decke und Boden auch haptisch geprüft werden. Gibt es Fugen, Risse, die nicht sofort zu sehen sind? Ist der Lacke wellig oder in die Poren eingefallen? Dies kann ebenfalls ein Zeichen für Austrocknung sein. Signifikant können auch die Bundstäbe sein. Ist der Hals hakelig wegen herausragender Bundstäbchen, ist dies ebenfalls ein Warnsignal.
Viele Grüße
Otto
als jemand, der bisher ausschließlich elektrisch unterwegs war, wollte ich mich nun auch akustisch ausstatten. Seit ca. 1 Jahr schaute ich deshalb unregelmäßig bei Ebay-Kleinanzeigen rein.
Am Sonntag letzter Woche bin ich auf ein interessantes Angebot gestoßen. Eine Martin D28 von 2017 mit Koffer und akzeptablen Preis in Fahrweite meines Wohnortes.
Kontakt hergestellt, Termin zum Antesten gemacht und Geld vom Konto abgehoben. Der Verkäufer machte einen sehr netten Eindruck. Er gab persönliche Gründe für den Verkauf an. Später erwähnte, er wolle sein Hobby aufgeben.
Wie gesagt, Termin gemacht und dann Mittwoch Abend hingefahren. Sehr nettes Wohnhaus, reine Wohngegend. Die Ehefrau des Verkäufers saß auf der Couch, der Kamin loderte, an der Wand hing die Martin...
Spätestens hier hätte ich zusammen zucken müssen. Kamin an, Westerngitarre nicht im Koffer, nicht gut.
Die Gitarre ließ sich ganz gut spielen, relativ niedrige Saitenlage. Sie klang für meine Ohren O.k. bis gut. Irgendwie fehlt mir aber noch das Erfahrungswissen.
Gitarre optisch inspiziert und nix gefunden. Keine Schrammen, keine Macken. Und dann den Kauf vollzogen.
Zu Hause angekommen, habe ich es mir gemütlich gemacht. Habe die Gitarre rausgeholt, eine halbe Stunde gespielt. Da ich selber auch einen Ofen habe und alle meine E-Gitarren im Koffer aufbewahre, habe ich mir gedacht, dass ein paar Pflegeprodukte von Thomann oder einem anderen Anbieter nett sein könnten.
Ich habe dann unter anderem nach Gitarrenbefeuchter gegoogelt um mal zu schauen, was es so für Produkte gibt. Und wie es Google so will.... ich bin dann auch auf Seiten gekommen, auf denen Gitarrenbauer oder -Hersteller informieren, wie Westerngitarren zu pflegen und verwahren sind. Dort waren auch Informationen enthalten, woran man erkennt, dass eine Westerngitarre dehydriert ist. Es wurden verschiedene Schadensbilder beschrieben. Unter anderem wurde darauf hingewiesen, dass ein Signal die Wölbung bzw. fehlende Wölbung der Decke sei. Sei diese plan oder gar leicht eingefallen, dann sei das ein Zeichen für Austrocknung. Die nächste Schadensstufe sei dann des Entstehen von Rissen in der Decke oder im Boden....
Das irritierte mich. Ich sah mir die neu erworbene Gitarre an. Ich stellte zwischen Zarge und Bridge eine gerade Linie fest. Ich dachte erst, dies sei eine normale Leimfuge, die vielleicht etwas breiter ausgefallen sei. Dann fuhr ich mit dem Finger drüber und merkte, dass diese Line auch mit einer fühlbaren Fuge einher ging. Dann sah ich mir die Decke von der Seite an. Diese war komplett plan, wenn nicht schon eingefallen. Ein Test mit einem Lineal zeigte, dass die Decke schon leicht in Richtung Schüssel ging. Ich war alarmiert. Verdammt, das Ding ist im Begriff einen kapitalen Schaden zu erleiden, falls ich nicht reagieren würde. D.h. irgendwas musste passieren, zwar nicht sofort, aber dann in der nächsten Woche. Kontakt zu Gitarrenbauer herstellen? Befeuchter bei Thomann bestellen..?
Am nächsten Tag habe ich dann mit einem Gitarrenbauer telefoniert, der mir leider keine Entwarnung geben konnte. Ich habe dann kurzerhand meine Kaufentscheidung infrage gestellt und den Verkäufer angerufen. Der war entsprechend angepisst. Ich nehme ihm da noch nicht einmal übel. Er hat leider gar nicht verstanden, wo das Problem ist. Er war leider wenig informiert und gitarristisch auf Anfängerniveau, was nichts heißen muss. Letztlich war er dann aber bereit die Gurke zurück zu nehmen und mir das Geld zurück zu zahlen. Ich habe dann meine Arbeit sausen lassen (Freiberufler) bin hingefahren und habe von einem etwas wortkargen angepissten Menschen mein Geld zurück bekommen.
Das war mein Ausflug in die Welt der gebrauchten Westerngitarren....
Meine Quintessenz:
- Die sichere Verwahrung und Pflege von hochpreisigen Gitarren ist nicht selbstverständlich für jeden. Kauft man von privat, weiß man nie, mit wem man es zu tun hat. Hier können Ignoranz und Desinteresse, und ja Blödheit, Schäden anrichten, die vermeidbar sind und sich zu lasten des Käufers auswirken, wenn dieser selbst nicht genug Know How hat.
- Bei der Prüfung von gebrauchten Gitarren reicht ein Probespielen und eine ungefähre Inaugenscheinnahme ("sieht ganz gut aus") keinesfalls aus. Die Wölbungen von Decke und Boden müssen genau beachtet werden. Es müssen Decke und Boden auch haptisch geprüft werden. Gibt es Fugen, Risse, die nicht sofort zu sehen sind? Ist der Lacke wellig oder in die Poren eingefallen? Dies kann ebenfalls ein Zeichen für Austrocknung sein. Signifikant können auch die Bundstäbe sein. Ist der Hals hakelig wegen herausragender Bundstäbchen, ist dies ebenfalls ein Warnsignal.
Viele Grüße
Otto
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