Erfahrungsbericht Fretlessumbau

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Luggi (Bassist)
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Hallo Liebes Musiker-/nicht, aber hoffentlich bald Musikervolk

Ich habe mich entschlossen hier einen Erfahrungsbericht zu schreiben, und zwar zum Thema Fretlessumbau. Ich war schon seit meinem Einstieg ins Bassspielen fasziniert von den Bundlosen Bässen, aber noch mehr von den Menschen, die es vermochten Bässe ohne Bundmakierungen zu spielen. Und der Klang eines Frettlessbass war und ist meiner Meinung nach schöner als der eines bundierten Basses.
Aber da ich Schüler bin ist es natürlich nicht einfach gleichzeitig fürs Abitur zu „lernen“, Bassspielen zu erlernen, und dann noch auf einem Fretlessbass. Nachdem ich ein paar Basslines drauf hatte bin ich zum Musikfachgeschäft meines Vertrauens gegangen um einen Fretless mal anzuspielen. Ich hätte nicht erwartet, dass es so schwer ist damit klarzukommen. Aber ich war jung und hatte eben keine Ahnung. Daher hatte ich dann erstmal beschlossen, mich auf das Beherrschen meines 4-Saiters zu konzentrieren und später irgendwann mal auf Fretless umzusteigen. Eineinhalb Jahre und einen 6-Saiter, sowie einen zweiten 4-Saiter später hab ich mich dann wieder dem Thema Fretless gewidmet. Aber als Schüler hat man nicht die finanziellen Möglichkeiten sich ständig neue Bässe anzuschaffen. Ich kann von Glück sagen, dass ich die anderen beiden Bässe für SEHR günstiges Geld bekommen habe.
Dann habe ich in diesem Forum gelesen, dass einige Leute ihren Bass „entgrätet“ haben. Und so bin auch ich auf die Idee gekommen meinen Bass zu entfretten,


Aber bevor ich anfange die Durchführung zu erläutern möchte ich noch etwas loswerden:
Ich möchte mit diesem Erfahrungsbericht erreichen, dass sich auch andere Leute solche Aktionen trauen.
Ich habe in diesem Forum schon oft Kommentare von Personen gelesen, die scheinbar als Virtuosen und Profis geboren wurden, und sich als was Besseres sehen als Anfänger und „Amateure“. Ich tippe mal, dass das auch die Leute sind, die hinter Fahrschulwagen herfahren und hupen, wenn der Fahrschüler den Wagen abwürgt. Manche Leute vergessen, dass auch sie einmal klein angefangen haben. Auch ein Victor Wooten hat mit Tonleitern angefangen und auch ein Herr Epiphone hat das Gitarrenbauwissen und Handwerkliches Geschick nicht in die Wiege gelegt bekommen. Also ich möchte hier keine Kommentare lesen, die so in die Richtung gehen: “Ey Mann, du hast die schöne Gitarre zerstört, du solltest deine Bässe weggenommen bekommen…“ und so weiter. Die Leute die zu solchen Kommentaren neigen sollten an dieser Stelle vielleicht in ihrem Browser die Funktion „Zurück zur Vorherigen Seite“ nutzen. :screwy:
Allen andern möchte ich sagen, dass ich eigentlich absolut 0 Handwerkliches Geschick habe, und mein „Wissen“ nur vom Hörensagen und aus diesem Forum habe. Doch wenn ich mir den Bass anschaue, dann bin ich stolz, dass ich trotz dilettantischer Herangehensweise zu einem solchen Ergebnis gekommen bin.


Nun zum Projekt ‚Fretlessbass’:

Also ich habe, wie schon gesagt, mein Wissen übers entfretten eigentlich ausschließlich aus diesem Forum. Ich hatte damals gelesen, dass man die Bünde ganz leicht entfernen kann, in dem man sie mit einem Lötkolben erwärmt und dann aus dem Griffbrett zieht. Dann füllt man die entstandenen Lücken mit Holzspachtelmasse auf, schleift das Griffbrett gescheit ab, und zieht Flatwoundsaiten auf. Fertig.
So einfach wie beschrieben war es, wie Ihr euch denken könnt, natürlich nicht. Ich habe während des Umbaus mehrere GRAVIERENDE Fehler gemacht, die ich aber irgendwie immer wieder einigermaßen ausbügeln konnte.
Gleich der erste Fehler war das Entfernen der Bünde. Erstmal habe ich mich nicht komplett auf den Umbau konzentriert, weil ich nebenbei „The Rock-Fels der Entscheidung“ auf Pro7 geguckt habe. Merk ich mir fürs nächste Mal: Nicht tun!:redface:
Dann habe ich zunächst das Griffbrett abgeklebt, falls ich mit dem Lötkolben aus Versehen auf das Griffbrett komme. Die Idee kann ich nur weiterempfehlen für Leute, die wie ich, nicht ganz so konzentriert bei der Sache sind. Nachdem ich den ersten Bunddraht erwärmt hatte, nahm ich einen kleinen Schlitzschraubendreher, und ging mit der Spitze zwischen Bunddraht und Griffbrett. Und dann habe ich den fatalsten Fehler begangen: Ich habe den Bunddraht nach oben herausgezogen. TUT DAS NICHT!!! Ich habe damit erreicht, dass das Griffbrett an den Bundschlitzen ausgebrochen ist, weil die Bünde eine Art Widerhaken an der Unterseite haben, um sicher im Holz zu sitzen. Auf Grund dieses Fehlers sind eigentlich alle anderen Fehler als eine Art Folgefehler entstanden. Nun ja, ich hatte mich schon gewundert wieso das Holz an den Bundschlitzen so ausgefranst aussah, aber da hab ich mir gedacht: „Das muss so sein, das kann man hinterher noch abschleifen“…Pustekuchen!
Also tut es nicht! Zieht die Bundstäbe immer zur Seite heraus. Ich hab übrigens erst später gelesen, dass man die Bünde niemals nach oben herausziehen soll, da man sonst das Griffbrett verhunzt.
Daraufhin war ich natürlich arg erschüttert, weil da Leute meinten: „Das Griffbrett kannst du wegschmeißen, das wird niemals wieder gescheit.“ Das hat mich doppelt geärgert, einmal weil das Griffbrett hinüber war, und zweitens weil es noch ein ganz besonders schönes Griffbrett ist. Ich wollte die Inlays unbedingt beibehalten, da sie die Form von Blitzen haben, was ich persönlich sehr gut finde.
(Ich versuche mal ein paar Bilder hochzuladen, dann wisst Ihr was ich meine.)
Nachdem ich also gelesen hatte, dass ich das Griffbrett nun auch direkt in den Kamin hätte werfen können, hat das meiner Motivation natürlich einen ordentlichen Dämpfer versetzt. Deshalb hatte ich den Bass dann auch erstmal 3-4 Monate nicht in den Fingern.
Aber vor 2 Wochen, nach einem Ska-Konzert eines befreundeten Bassisten, kam der Gedanke wieder auf, endlich das Projekt fertig zu stellen. Gesagt getan. Ich bin dann zum nächsten Baumarkt, Stewes glaub ich, und hab mir Holzfugenpaste gekauft (Kostenpunkt ~3,50€). Ich habe die dunkelste Farbe gewählt die sie da hatten, und laut dem Aufdruck auf der Verpackung hätte das auch wunderbar gepasst, aber, dem war nicht so. Aber da komm ich später noch mal drauf zurück.
Als erstes habe ich dann wieder das Griffbrett mit Crêpes-Band (oder Kreppband?? ;) ) abgeklebt. Da hat sich nun zum ersten Mal mein Fehler mit dem „Herausbrechen“ der Bünde gezeigt: Ich konnte nicht nur die Bundschlitze an sich abkleben, sondern musste auch den kleinen Teil des Griffbretts, den ich verhunzt hatte mit abkleben, damit diese Löcher auch gestopft werden konnten.
Danach hab ich die Paste mit dem beiliegenden Spatel verteilt und die Bundschlitze damit aufgefüllt. Nachdem ich drei Bundschlitze aufgefüllt hatte, wollte ich mir das Ergebnis ansehen, also wartete ich so etwa 20 min, bis das Zeug durchgehärtet war, und fing an abzuschleifen. An der Oberfläche hatte der Holzkitt auch noch eine sehr ähnliche Farbe wie das Griffbrett, aber nachdem ich anfing zu schleifen, wurde das Zeug hellgrau. Also musste ich einsehen, dass ich wohl nachher sehr gut erkennbare Bundmarkierungen auf dem Griffbrett haben würde. Aber da konnte ich ja in dem Moment auch nichts dran machen, also schliff ich den Holzkitt bis auf das Griffbrett runter, bis es eine ebene Fläche geworden war. Das hab ich dann bei den 21 andern Bundschlitzen dann auch getan. Teilweise musste ich den Holzkitt ein zweites Mal auftragen, da ich beim ersten Verfüllen der Bundschlitze nicht genug Spachtelmasse verwendet habe, um diese komplett aufzufüllen. Aber das ist ja absolut kein Beinbruch. Ich kann das Zeug auch nur empfehlen, wenn es jemanden interessiert kann ich ihm die genaue Bezeichnung auch nennen, aber momentan liegt das Zeug bei meinem Opa im Keller, wo ich die Arbeiten durchgeführt habe.
Nachdem dann alle Bundschlitze aufgefüllt waren, habe ich mit 320er Schleifpapier begonnen, den überflüssigen Holzkitt abzuschleifen. Und wieder hat sich hier der Anfängliche Fehler gerächt. Da ich die Bundschlitze nun nicht genau abkleben konnte, kam der Holzkitt auch an Stellen, die nicht verfüllt werden sollten. Diese musste ich jetzt nun ebenfalls abschleifen, was aber aufgrund der Verwendung von 320er Schleifpapier dazu geführt hat, das ich richtig fette Kratzer im Griffbrett nahe den Bundschlitzen hatte.
Das war natürlich ein weiteres Ärgernis. Danach habe ich mit 600er Schleifpapier den Holzkitt fein auf die Höhe des Griffbretts abgeschliffen, und dadurch die Kratzer, die ich dem Griffbrett mit dem 320er Papier beigebracht hatte ein wenig gemildert.
Danach musste ich einige Bünde noch mal mit Holzkitt auffüllen, da ich ein wenig zuviel geschliffen hatte, aber das ist, wie schon gesagt, keine große Sache.
Nach etwa 3 Stunden Arbeit waren auf dem Griffbrett sämtliche Verfugte Stellen dem Griffbrettniveau angepasst. Da habe ich mich dann zum ersten Mal seit Beginn des Projekts gewundert, dass mir diese Arbeit doch sehr gut gelungen war. Man fühlte nicht einmal mehr, dass an den Stellen die ich verfugt hatte, einmal Holzkitt gewesen war, man sah es nur, da der geschliffene Holzkitt hellgrau, ja beinahe weiß war.
Aber da war ich dann erstmal stolz auf mich selber. :D
Am nächsten Tag bin ich dann wieder zum Baumarkt gefahren, und wollte Holzpolitur haben, um die Kratzer aus dem Holz zu polieren. Allerdings war der Baumarktangestellte nicht vorbereitet auf meine Frage nach einer Politur die es vermag, Kratzer von 600er Schleifpapier aus dem Griffbrett meines geliebten Basses zu entfernen. Er empfahl mir eine Beize aber das war mir irgendwie nicht geheuer, da ich Beize nur als Farbentferner von unserm Gartenzaun kenne, und daher ein wenig Angst hatte, mir das Griffbrett endgültig zu versauen.
Daher fuhr ich dann wieder zurück zu meinen Großeltern in deren Keller ich den Bass bearbeitete. Als ich meiner Oma erzählte wonach ich im Baumarkt vergeblich gesucht hatte, stand sie auf und Griff in einen Schrank im Wohnzimmer, und holte eine Uralte Flasche mit dunkler Holzpolitur aus dem Schrank.
Da hätte ich mir die Fahrt zum Baumarkt auch sparen können, dachte ich mir.
Dann nahm ich mir die Flasche, ich meine das Zeug heißt Poliboy, aber ich guck noch mal nach, für die die es interessiert, und etwas Watte und ging zurück in den Keller. Dann habe ich angefangen mit dem Zeug das Griffbrett zu bearbeiten, also quasi eingerieben, und als ich das Ergebnis kurze Zeit später betrachtete war ich wirklich positiv überrascht: Die Kratzer waren zwar noch da, aber um sie zu sehen musste man das Holz nun in einem bestimmten Winkel gegen das Licht halten, allerdings wird niemand in diesem Winkel Bass spielen können, und auch Zuschauer haben diesen Betrachtungswinkel eher selten. Daher sind diese Kratzer quasi unsichtbar. Der zweite überaus überraschende Effekt war, dass der Holzkitt nun in einem ähnlichen Farbton „erstrahlte“ (erstrahlte ist nun das falsche Wort, aber, Ihr wisst ja wie es gemeint ist) wie das Griffbrett, was von weitem betrachtet auch dazu führt, dass man die Bundmarkierungen nicht erkennt.
Ich hab des Griffbrett bestimmt eine Stunde mit dem Zeug eingerieben, und nun glänzt es auch wieder, weil der ganze Schmutz der letzten Jahre (Ich hatte den Bass gebraucht gekauft) sich vom Griffbrett verabschiedet hat. Anfang der Woche hatte ich mir dann noch einen Satz ghs Flatwounds besorgt und diese aufgezogen.
Das Spielgefühl ist mit nichts zu Beschreiben, was ich vorher gespielt habe. Und der Klang, wie ein kleiner Kontrabass. Alles in allem bin ich überaus zufrieden mit dem Bass, auch wenn er einige Mängel (durch mein Verschulden) hat, was ich persönlich aber nicht schlimm finde, weil es ein Bass ist der gespielt werden, und nicht als Ausstellungsstück in einem Glaskasten hängen soll. Befreundete Bassisten waren begeistert von diesem Bass, und von dem Ausgang meines Experiments, wo sie doch wissen mit welch dilettantischem Dilettantismus ich das Ganze angegangen bin.:)

Ich besorge mir die Tage mal eine gute Camera und dann mach ich ein paar Photos vom Bass. Ich nehme an da werden einige erstaunt sein wie man trotz solcher Fehler ein solches Ergebnis erzielen kann.

Nun möchte ich mich zum Abschluss für das Interesse an meinem Bericht bedanken, und ich hoffe damit einige Leute, die ebenfalls den Wunsch nach einem Fretlessbass hegen, sich aber keinen leisten können, und/oder sich nicht trauen ihren Umzubauen, aus Angst vor Zerstörung des Instruments, überzeugt zu haben, dass in meinen Augen nahezu jeder in der Lage ist seinen Bass zu entgräten. Und wenn ich anfangs nicht diesen Fehler gemacht hätte, würde er jetzt mit Sicherheit noch um einiges besser aussehen, aber aus Fehlern lernt man. Ich habe schon weitere Projekte in Angriff genommen, und das Ergebnis dieses Umbaus hat mir Mut gemacht. Also meine leiben Bastelfreunde, ich hoffe Ihr holt gleich auch Eure Lötgeräte aus dem Keller, sofern auch ihr ein Instrument besitzen wollte, an dem Ihr selber gearbeitet habt und das nun voll und ganz Euren Vorstellungen entspricht. Dann macht das Spielen gleich doppelt soviel Spaß.
Ich hoffe auch, dass Ihr Euch nicht von den Aussagen so mancher Leute aus diesem tollen Forum die Stimmung vermiesen lasst. Ich würde mir wünschen öfter solche Erfahrungsberichte zu lesen, die nicht von „Profis“, sondern von „Anfängern“ verfasst wurden, in denen sie ihre eigenen Fehler erkennen und andere vor selbigen warnen. Das soll jetzt nicht heißen, dass ich gegen Hilfe von den Profis bin, um Gottes Willen, wo wäre ich dann selber?
Allerdings glaube ich das es auch für „Anfänger“ gut ist, von anderen „Anfängern“ zu hören, die solche Arbeiten gewagt haben, damit diese sehen, das es auch Leute mit einem Ähnlichen „Erfahrungsschatz“, wie man ihn selber hat, gibt, die sich erfolgreich an solchen Projekten versucht haben.:great:

Vielen Dank für das Interesse
Mit freundlichen Grüßen

Luggi
 
Eigenschaft
 
Sehr schöner ausführlicher Bericht, hätte ich nicht nur einen Bass, hätte ich warsch. auch schon nen Frettless :D
 

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