Auch zum afrikanischen Erbe des Jazz (ich habe mich einige Jahre mit Afrika beschäftigt):
Aus mehreren Gründen schwierig.
1) Weil es keine oder kaum Tonaufzeichnungen (von Noten ganz zu schweigen) authochtoner (ursprünglicher) afrikanischer Musik gibt. Es gibt zum Teil Aufzeichnungen die Ethnologen gemacht haben, das geht dann aber sehr schnell ins Detail.
2) Weil die afrikanische Musikpraxis in das allgemeine Leben, in Riten, Alltag, in das soziale Leben selbst eingewoben ist. Und das hat sich seit Beginn des Kolonialismus erheblich gewandelt.
3) Weil deshalb vieles, was heute oder auch noch vor 30 Jahren in Afrika zu hören war, schon Züge von Folklore bzw. Mischung mit anderen Musikformen wie in Südafrika stattgefunden hat. Eine moderne Ausprägung ist die world musik, bei der etliche Gruppen und Künstler noch sehr nahe an den Quellen sind und andere weniger.
4) Weil Afrika verdammt groß ist. Ist so ungefähr so als würde man über die ursprüngliche Musik von Europa reden wollen ...
Es gibt aber einige Instrumente, die typsich sind wie etwa die Talking Drum, überhaupt die Verwendung von Percussiongruppen, die komplex und polyrythmisch spielen; das Fingerklavier; die Marimba (Holzxylophon); die afrikanische Laute; einige Flöten.
Und es gibt einige Stilelemente: wie etwa die Verwendung von Einzelstimme-Chor im Sinne von Frage/Satz und Antwort/Bestätigung oder Verneinung. Das hängt wiederum damit zusammen, dass Musik in Afrika gemeinsames Musizieren und ein soziales Ereignis ist - es hat auch die Funktion einer Verständigung, einer Integration - nicht umsonst klatschen in der Regel alle oder die meisten Umstehenden mit - sie sind Teil des musikalischen Ereignisses. Diese Verwendung von Einzelstimme-Chor findet sich übrigens nicht selten beim Blues oder beim Gospel wieder. Wie überhaupt Musik in Afrika nicht nur Teil des Sozialen, sondern auch des Religiösen bzw. Spirituellen war. Was sich in Amerika beispielsweise fortsetzt(e), da viele Afroamerikaner in ihrer Kindheit mit Kirche, dort mit Gospel und mit Gesang in teils intensive Berührung kamen, was auf etliche Sängerinnen im Jazz, im Blues, im Soul etc. zutrifft.
Also ich persönlich bin etwas skeptisch, wenn man diesen Quellen- oder Ursprungsansatz bei Musik in "nicht-modernen" Gesellschaften verfolgt: das klingt sehr einleuchtend, wenn man näher hinschaut, ergibt sich aber erstens eine große Vielfalt und auch Flexibilität, weil sie zweitens eingebunden in etwas ist, was zum Teil erheblichen Veränderungen unterworfen ist.
Persönlich bereichernd fand ich (Auto-) Biografien von Jazzern, etwa die von Luis Armstrong, wo für mich Einflüsse auf eine ganz andere Art beschrieben werden, als persönlich prägende Erlebnisse, Begegnungen, Personen, Bands etc.
Für mich erschließen sich Zugänge (um nicht Quellen zu sagen) auch durch Musiker wie Fela Kuti
http://de.wikipedia.org/wiki/Fela_Kuti (sein Sohn Femi nimmt übrigens die Tradition auf), der den Afrobeat mitbegründet hat. Das hört sich dann beispielsweise so an:
http://www.youtube.com/watch?v=VjWwa6bZ_hY
Ein anderer afrikanischer Künstler steht für mich auch in Verbindung sowohl mit afrikanischer Musik als auch mit Jazz, ich meine Abdualla Ibrahim dollar Brand,
http://de.wikipedia.org/wiki/Abdullah_Ibrahim Der macht sehr unterschiedliche Sachen, aber sowas hat sehr sehr starke afrikanische Einflüsse:
http://www.youtube.com/watch?v=VysRZTS14CQ
http://www.youtube.com/watch?v=j1_IosjObOQ
Herzliche Grüße
x-Riff