Diese Auslegung ist im Hifi-Bereich gang und gäbe, selbst bei Vollverstärkern. Ich habe hier einen ca. 15 Jahre alten Yamaha, der liefert die angegebene Leistung auch nur kurzzeitig, dann sind die Elkos leer. An 8 Ohm geht das deutlich besser als an 4 Ohm oder gar den spezifizierten 2 Ohm. Wenn deine Stereoanlagen nach Sinus gemessen maximal 80W hatten, heißt das nicht, dass sie bei hohen Crests nicht auch 160W raushauen konnten. Die Frage ist immer, wie die Leistungsmessung gemacht wurde. Und genau da sind wir auch bei deinem Dynacord-Amp. Der macht seine 700W an 4 Ohm über eine längere Zeit, aber auch nicht dauerhaft. Das kann der Trafo nicht unbegrenzt, er ist zu klein. Er leistet aber in den Spitzen noch eine gute Ecke mehr, wie du schon geschrieben hast. Genauso ist es eben auch mit Hifiverstärkern und modernen Schaltnetzteilendstufen. Es entspricht dem Wesen der durchschnittlichen Musik, wir verstärken keine reinen Sinussignale mit voller Amplitude, und selbst wenn, kann man froh sein, wenn der Amp von allein zurückregelt, sonst qualmen nämlich die Pappen. Der Unterschied liegt nur in der Interpretation der Messergebnisse und den darauf basierenden technsichen Daten. Früher ging man bei PA davon aus, dass eine Endstufe die angegebene Leistung "für immer" erbringen können muss. Genau eine solche Endstufe war die von mir für den Vergleich vermessene 2x400W, namentlich eine CS800X, mit einem Gewicht von über 25kg. Der ist es egal, ob die Leistung 20ms, 500ms, 10s oder fünf Tage gefordert ist, sie ist immer da. Egal, was verstärkt wird, man ist auf der sicheren Seite, und bei solchen Leistungen musste man auch selten um seine Pappen fürchten. Die Hifiendstufe wiegt ca. 15kg, erreicht die 400W pro Kanal auch, aber da gehts nach 500ms in den Keller. Das ist mehr als ausreichend für Musik. Irgendwann kam man auch im PA-Bereich auf den Trichter, dass man die Leistungen nicht dauerhaft braucht. Wenn man ein gutes Verhältnis zwischen Dauerleistung und Spitzenleistung hat, kann man sehr gut arbeiten. So ist es auch bei deiner Dynacord, nur dass die als angegebene Leistung eher an der reellen Dauerleistung bleiben, so verprellt man nicht die Kundschaft mit Wunsch nach "konventioneller Leistung" und die höhere Musikleistung ist ein ungefährlicher Bonus. Dagegen gibts auch echte Rohrkrepierer wie die ursprüngliche Digam-Serie von Powersoft. Die Digam7000 war mit 2x3500W an 2 Ohm angegeben, die konnte sie sogar kurzzeitig liefern, 100ms vielleicht. Dauerleistung über 10s gemessen konnte sie geradeeinmal lächerliche 500W! Da haben sich die Kollegen verkalkuliert, denn das hat man dann doch gehört. Bassdrum und Bass drauf, und es wurde schon nach dem dritten kräftigen Tritt im Bassbereich leiser... Aktuelle Auslegungen liegen netzteilseitig ungefähr um Faktor 2 bis 3 auseinander, danach kommt es nur noch darauf an, wie dick die Elkos sind. Das heißt, eine DigAm K20 mit ihrem 32A Netzteil kann ungefähr 6kW Dauerleistung erbringen (wenn sie nicht irtgendwann zu heiß wird), liefert ihre 2x9kW an 2 Ohm aber zuverlässig, solange es um "normale" Musik geht. Bei Drum'n'Bass, Dubstep etc. und tiefer Trennung kann sie es im Bassbereich irgendwann nicht mehr, aber das ist auch gut so, denn welche Chassis könnten solche Leistungen dauerhaft verkraften? Das hat alles schon seinen Sinn!
Aber ich kann auch Endstufen liefern, die 30kg wiegen und 2x8kW Dauerleistung ausspucken, ist machbar. Die sollten dann nur nie ohne RMS-Limiter im Controller betrieben werden. Und schon ist man wieder beim gleichen Ergebnis. Es sei denn, man will Matrixschaltungen mit Chassis basteln, und jedes bekommt am Ende höchstens die fürs Chassis erlaubte Dauerleistung.