Einige Grundsätze

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brisco
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In diesem Forum hat sich noch keiner versucht, deswegen mache ich mal den ersten Schritt. Ich sehe meine Erkenntnisse und Ansichten nicht als unumstösslich, sondern als Ansatz für das Arrangieren diverser Genre.

Da jedes Genre seine ganz speziellen Arten und Weisen hat, kann mein Thread nur einen kleinen Teil abdecken.

In letzter Zeit beschäftige ich mich intensiv mit dem Arrangieren von Songs, da ich auch für andere Musiker/Produzenten und Songwriter schreibe. Mein Ansatz ist die Findung von Regeln, die für viele Bereiche der populären Musik gelten können. Jedoch möchte vorweg sagen, dass ein Song nicht unbedingt zum Hit wird, nur weil man nach bestimmten Regeln schreibt!

Ich hoffe auf viel Feedback und sinnvolle Ergänzungen bzw. Verbesserungsvorschläge! Doch genug der Vorrede.


Am Anfang steht das Hören!

Hier ist die Beherrschung eines oder mehrerer Instrumente und ein einigermaßen gut trainiertes Gehör sehr wichtig. Ebenso wichtig ist das Gefühl für Musik. Höre viel, viel Musik - Musik, die Du magst und die Du nicht magst - ebenso die Deiner Eltern, Deiner Großeltern, Deiner kleinen und großen Geschwister etc..

!Je mehr verschiedene Musik Du hörst, desto mehr kristallisieren sich Gemeinsamkeiten heraus!

Im Vordergrund steht nicht das Hören der Songs, sondern das Analysieren der einzelnen Instrumente (inkl. Melodie) und was sie tun.

Am besten machst Du Dir Notizen, was wann wie eingesetzt wird und vergleichst sie mit Notizen zu anderen Songs.

Nehmen wir einen Pop(ulären) Song, gleich welchen Genres - (für alle Korrinthenkacker: Radiomucke;-)):


Schlagzeug/Bass

Die beiden gehören unmittelbar zusammen, bilden das Fundament und geben die musikalische Richtung vor. Auf das Fundament bauen wir das "Songhaus". Sie sollten also sehr solide und nicht zu "verfrickelt" sein - Mut zur Lücke und weniger ist mehr! Normalerweise fallen diese beiden beim Hören nicht besonders auf, doch wenn sie fehlen, ist der ganze Song dahin. Gerade der Bass ist für unser Empfinden enorm wichtig und doch subtil. Setzt Schlagzeug-Fills ein, um einen neuen Part einzuleiten, lange Parts etwas aufzulockern oder um eine Steigerung zu bewirken. Dem Song ist es dienlich, wenn nur wenige verschiedene Beats zum Einsatz kommen, die Du etwas variierst. Beim Bass ist es ganz ähnlich - Virtuositäten überlassen wir anderen Instrumenten. Der Bass fühlt oft die Lücken, die das Schlagzeug lässt und/oder spielt parallel dazu. - KEEP IT SIMPLE!


Alles weitere außer dem Gesang

Die meisten populären Songs bauen sich um die Stimme und Melodie auf. Deswegen wollen wir für diese entsprechenden Raum lassen. Die Stimme kann ebenso ein (Solo-)Instrument sein.

Rhythmusinstrumente (Gitarren/Keyboards/Synthies etc) haben im Allgemeinen die Aufgabe, die Melodie zu unterstützen und/oder aufzugreifen, zu skandieren. Sie sind das Bindeglied zwischen der Rhythmusgruppe und der Melodie/Stimme.

Hier wird es noch schwieriger. Grundsätzlich gilt auch hier: weniger ist mehr! Alle drei sollten nicht zu viel spielen, damit der Song nicht "zugemüllt" wird. Stattdessen gilt es hier, eventuelle Riffs/Licks unter den Instrumenten aufzuteilen. Eine Gitarre spielt solide Akkorde, oder ein simples Picking durch die Harmonien, die andere spielt das Riff. Zu späterer Zeit tauschen sie miteinander. Noch später "verweben" sich beide Gitarrenparts, indem das Lick/Riff unter den beiden Gitarren afgeteilt wird. Die Reihenfolge ist Geschmackssache und fällt eher unter den Punkt Dramatik/Spannung. Das Keyboard ist durch seine Fülle an Soundmöglichkeiten etwas defizieler. In unserem Beispiel setzt es Akzente, greift die Gesangsmelodie auf, hält sich aber überwiegend sparsam im Hintergrund- z.B. als füllende Fläche oder als rhythmisches Kontra zu einer Gitarre.

Einzeln gesehen, spielen die drei Instrumente wenig, zusammen füllen sie jedoch Zweidrittel des Songs! Sich gegenseitig zu ergänzen ist hier die Maxime!

Moderne Popproduktionen haben heutzutage manchmal 100 verschiedene Spuren und mehr. In diesen Fällen wird besonders deutlich, was ich mit dem sparsamen Einsatz der einzelnen Rhythmusinstrumente meine! Wenn sich alle in den Vordergrund spielen würden, gäbe es eine einzige Kakophonie der Klänge.


Die Stimme

Die Stimme steht im Vordergrund. Dazu habe ich nichts weiter zu sagen:) Das Gleiche gilt übrigens auch für Soli.


Das Wechselspiel der Instrumente - inkl. Gesang

Was mir beim Hören von erfolgreichen Songs - Rock, Pop, R'n'B, Schlager etc. - aufgefallen ist:

Sobald der Gesang eine Atempause hat, spielt ein Instrument ein Fill. Nicht das Schlagzeug und nicht der Bass, sondern eine Gitarre oder die Keyboards.

Es gibt daher neben dem Riff/Lick und der Gesangsmelodie ein weiteres wichtiges Element - das melodische Fill!
Es sollte der Gesangspause entsprechend eine kurze Phrase sein, die entweder eine Variation des Riffs/Licks oder der Melodie darstellt. Um den Hörer nicht zu verwirren, sollte es wiederholt werden, wie der Chorus. Aber bitte nicht zu exsessiv einsetzen!

Auch die Rhythmusinstrumente sollten die Melodie gelegentlich aufgreifen. Hierbei ist es wichtig, einen Wiederholungseffekt zu erzeugen. Sinn macht das aber nur bei eingängigen Melodien.


Dramatik/Spannung


Ein gutes Song lebt vom Auf und Ab aller Instrumente. Demnach schaffen wir mit im Intro und der ersten Strophe erstmal die Basis für den Song. Wir stellen die tragenden Elemente (Riff/Lick, Melodie) vor, aber sparsam. Den Höhepunkt bis hierher stellt in den meisten Fällen der Chorus dar. Doch im ersten Chorus setzen wir noch nicht alle zur Verfügung stehenden Mittel ein, sonst haben wir schon hier unser ganzes Pulver verschossen. Überlege Dir also im Vorwege, wo der absolute Höhepunkt in Deinem Song sein soll und baue die Instrumentierung bis dahin auf.
Nach der zweiten Strophe und dem Chorus kommt oft noch eine Bridge. Sie hebt sich von den übrigen Parts durch eine andere Melodieführung ab und sollte von der Instrumentierung und Intensität zwischen Strophe und Chorus liegen.

Danach hauen wir dann richtig auf die "Kacke" und wiederholen den Chorus bis zum Erbrechen:) Hier kann sich bei der Instrumentierung nach Herzenslust ausgetobt werden. Aber bitte achtet auf die bisher erarbeiteten Regeln - immer nur ein Instrument führt und spielt die Melodie, alle anderen folgen und geben ein "Echo" der Hookline.

Sinn und Ziel ist es, Hooklines dadurch herauszuarbeiten, dass sie sinnvoll wiederholt werden. Denn durch Wiederholungen und Variationen prägt sich die Melodie/der Song ein. Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole - halte Maß!

Nochwas zum Schluss

Jedes Instrument hat abgesehen von seinem Bediener seine ganz speziellen Einsatzgebiete, Möglichkeiten und Grenzen. Auch ich musste die Erfahrung machen, dass es vor dem wilden Arrangieren sinnvoll ist, sich mit eben diesen auseinanderzusetzen. Hier hilft: fragen, ausprobieren, hinhören! Was am Ende zählt, ist der gesamte Song, nicht das einzelne Instrument. Auch wenn es manchmal wehtut (und das tut es!), macht es Sinn, ganz besonders tolle Phrasen aus dem Song zu streichen, wenn es dem Gesamtbild nicht zuträglich ist! Vielleicht findet sich woanders noch ein Plätzchen dafür - nur keine Eitelkeiten;-)


Ich möchte diesen Beitrag als Ausgangspunkt für weitere Erfahrungen, Tipps und Tricks verstanden wissen. Das Thema ist zu umfangreich und ich kann mit dieser Übersicht nicht ins Detail gehen. Vielleicht haben wir hier auch einige, die sich studierenderweise mit diesem Thema auseinandersetzen und hier einige Worte loswerden möchten. Auch ich bin für jeden Tip dankbar.
 
Eigenschaft
 
Gehört gepinnt oder als Sammelthread definiert etc.

Super hilfreich, dake für deine Mühe :) :great:
 
Naja, ist allerdings ein bischen einseitig und nicht sehr umfassend. Sollte ergänzt werden, auch um die Thematik in der klassischen Musik zum Beispiel. Bisher geht es nur um Songs. Oft gibt es ganz andere Instrumentierungen als die hier angesprochenen. Oft ist auch überhaupt kein Gesang dabei. etc.
 
... Naja, ist allerdings ein bischen einseitig und nicht sehr umfassend ...

... Da jedes Genre seine ganz speziellen Arten und Weisen hat, kann mein Thread nur einen kleinen Teil abdecken...

was er ja sehr deutlich schreibt!

... Sollte ergänzt werden ...
Statt hier rumzumeckern hättest Du das ja sofort machen können!!


Ansonsten Lob an den Threadstarter - ist doch schon mal ein guter Anfang.
 
Vielen Dank,

ich werde mich bemühen, das Thema weiter auszubauen und auch mit Beispielen zu unterlegen. Bitte schreibt in diesem Thread auch Eure Tipps zum Arrangieren!!!!

Die klassische Schiene kann ich nicht bedienen, da ich damit nur ganz wenig Erfahrung habe. Um die Übersichtlichkeit zu wahren, sollte dazu aber bitte ein eigener Thread erstellt werden!
 
Ein toller thread, DANKE !

"Weniger ist mehr" ... vor allem dann, wenn die Singenden so (gut) sind, daß sie mit dem Freiraum was anfangen können, ihn füllen können mit Spannung und Leben. OB sie das können, oder nicht, ... diese Frage sollte man sich vor Beginn des Projektes mal stellen ... und demensprechend arrangieren.

Es könnte genausogut "zielführend" sein, die Stimme zu begleiten, zu unterstützen, zu ergänzen, oder GAR zu "verstecken" im Gesamtsound ... eben je nachdem, wie die Stimme geartet ist ...

Analoges gilt mMn für alle Instrumente, ... man kann JEDES Instrument herausstellen, wenn der Spieler was Herausstellenswertes zu bieten hat. Ist dem nicht so, dann ist "keep it simple" und "weniger ist mehr" zwar noch immer, oder umsomehr, richtig, allerdings sollte man verdammt aufpassen, nicht in die Langweiligkeit abzudriften ... da ist dann der Arrangeur gefragt, mit kleinen "Farbtupfern" hie und da dennoch für Abwechslung und Überraschung zu sorgen ...

Mein persönlicher Liebling auf "diesem Sektor": Quinc Jones und seine "Lehrlinge" wie Mervyn Warren. Ich kenne (allgemein weniger bekannte) Songs von QJ, bei denen man sich fragt, WAS eigentlich so gut an ihnen ist ... aber es passiert nix besonderes, aber einfach alles genau zum richtigen Zeitpunkt ... aber wie will man das in Worte fassen oder nachahmen ... ???

LG, Thomas
 
Mut zur Lücke und weniger ist mehr!
:great:

Jo, so seh ich das auch! ;)
Echt schrecklich so manche Musik hören zu müssen, die einfach total überladen klingt, weshalb die eigentlich tolle Stimmfarbe des Sängers nicht mehr hörbar ist. :(

Die Basics und wichtigen Sachen hast du gut erklärt. Was ich vielleicht noch zu dem Thema (andere) Musik hören sagen möchte: schreib die Dinge auf, die dir auffallen. Analysiere (und interpretiere!) ein Musikstück! Da kann man an Mitteln zur Gestaltung oft viel lernen. Find heraus was der Artist wie und womit ausdrücken möchte!
Auch beim Arrangieren gilt: Übung macht den Meister!
Du wirst dir öfters sagen: "Was hab ich denn hier grad für S*****e arrangiert?:confused:", und haust die Notenblätter in die Tonne, und fängst von vorne an.
Das schöne Papier :rolleyes: Es sei denn man arrangiert am PC/MAC ;)
 
Ich melde mich heute nur kurz zu Wort - zum einen mit einer Bitte an alle, die diesen Thread ergänzen möchten....und zum anderen mit einer kleinen Ergänzung, die ich beim Arrangieren für sehr wichtig erachte.

Meine kleine Bitte:

Ich freue mich sehr, dass Ihr diesen Thread ergänzt. Schließlich wollen wir hier einen kleinen Einstiegs-Leitfaden schaffen, mit dem jeder Musikschaffender zumindest in Teilen etwas anfangen kann. Deswegen möchte ich alle hier Postenden bitten, sich bei Ergänzungen so konkret wie möglich auszudrücken, am besten Anhand von Beispielen!!!! Lieber nur ein kleines Teil-Thema behandeln und dafür handfest. Wir sind noch beim Tortenboden, nicht beim Zuckerguss;)

Meine kleine Ergänzung:

Es gibt einen Punkt, der mich immer vom Songwriting und Arrangieren abgehalten hat, oder besser vom befreiten Arbeiten. Das war mein Ego! Ja, richtig gelesen - das Ego. Ich habe früher verkrampft an einer Idee - besser gesagt einer Phrase - festgehalten und solange daran rumgedoktort, bis der ganze Song irgendwas anderes war, aber nicht mehr eben....der Song. Dummerweise verbeisst man sich so sehr darin, dass man für alle anderen "guten", songdienlichen Ideen die Tür zumacht. Es hat sehr lange gedauert, von eigenen Liedern Abstand nehmen zu können - DAS IST SEHR WICHTIG ZU LERNEN!!! Trenne Dich geistig von Deinem Song, um ihn gut arrangieren zu können!!!
 
Trenne Dich geistig von Deinem Song, um ihn gut arrangieren zu können!!!
ja richtig aber sehr sehr schwer.
ich habe grade wieder so einen kadidaten geschrieben. eigentlich sollte es ne chillige instrumentalnummer werden die nach weitem Meer und sowas klingt - einfach entspannt.
inzwischen bin ich bei einem Rocksong mit Strophe, refrain, bridge usw... manchmal fallen einem neue ideen einfach in den schoß. beim experimentieren und (vor allem) wenn etwas schief geht und man eigentlich was ganz anderes im sinn hatte. das ergebnis kann trotzdem sehr sehr cool sein.

Und er wird länger... 7 Minuten sind es schon - ohne solo. Manchmal verliert man schnell den eigentlichen roten Faden weil man zu viele Ideen unterbringen will... meiner erfahrung nach ist das in den wenigsten songs gut. Das geht dann aber schon ein wenig mehr in richtung Songwrinting statt Arrangieren.
 
Nach für das Internet langer Zeit möchte ich diesem Thema wieder etwas hinzufügen. Wer die Beiträge hier liest, wird feststellen, dass ich weniger über das "Handwerk" spreche - also Kompositionslehre und Arrangement. Das ist Theorie, mit der es sich sicher lohnt, zu beschäftigen, aber es nicht unbedingt notwendig ist.

Jeder Musiker, sofern er am Ball bleibt, wird irgendwann eine Veränderung feststellen. Die Hörgewohnheiten verändern sich, die technische, instrumentale Umsetzung geht einfacher von der Hand und man entwickelt ein anderes Verständnis von Musik, als es der geneigte Hörer hat. Es fühlt sich irgendwie selbstverständlich an. Ich ertappe mich immer wieder dabei, dass ich einen Song nicht einfach höre, sondern ihn "zerlege" in die einzelnen Instrumente. Damit eröffnet sich eine völlig neue, spannende Welt.

Das Thema heute bezieht sich darauf - auf den Kopf.

Nehmen wir klassische Komponisten - Bach, Mozart, Tscheikowski ..... . Mozart mag ich nicht besonders, aber Bach! Diese Menschen zeichnete vorallem eines aus. Wenn sie Partituren schrieben, schrieben sie diese streckenweise aus dem Kopf - wie unsereiner einen Brief schreiben würde. Das setzt natürlich eine unglaubliche Routine mit den Regeln der Musiktheorie und auch praktische Fertigkeiten voraus. Ich habe zwar in meiner Jugend ein paar Jahre klassische Ausbildung genossen, habe es in meinem Leben als Musiker aber so nicht verwenden können.

Aber eines ist dem guten Arrangeur gemein mit Mozart und Co.:

Der Song, die Idee, das Arrangement entsteht im Kopf!

Jetzt stellt Euch mal vor, wie es ist, wenn wir gewaltige Kenntnisse der Musiktheorie haben und sich das mit der Fähigkeit mischt, ein Arrangement schon im Kopf zu hören. Das ist der musikalische Lottogewinn!

Es ist eine Möglichkeit, mit Arrangement zu spielen und verschiedene Sachen auszuprobieren. Aber die große Gefahr besteht darin, sich zu verzetteln und das Resultat sieht am Ende komplett anders aus, als es die ursprüngliche Idee vorgegeben hat. Daher empfehle ich einen anderen Weg.

Um produktiv zu arbeiten, haltet an der ursprünglichen Idee fest, lauscht Ihr und versucht im Kopf schon zu entziffern, was Euch der Song mitteilen will. Die stärkste Idee ist immer die erste, alles weitere sind Derivate.


Wem das zu kryptisch ist, dem helfe ich auch gerne per PN weiter - sei es im Arrangement, als auch bei Texten und Melodie.


Musik wird aber erst glaubwürdig und transportiert ihre Aussage, wenn Ihr konsequent seid!
 

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