Eine Rebecca-Saunders-Verwurschtelung

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meister hubert
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Huhu,
ich habe von meiner Kompositionslehrerin mal die ketzerische Aufgabe bekommen, das "Quartet" für Klarinette, Akkordion, Piano und Kontrabass zu verunstalten und neu zusammenzuschnippeln, so wies mir gefällt:D

Ich hab jetzt nämlich eine, die neue Musik unterrichtet und die wollte mich mal mit den Strukturen und den Prinziepien in dem STück vertraut machen. Schon beim 1. Höhren fand ich manche Stellen zu primitiv und das Ende unpassend. Meine Kompositionlehrerin fand einige STellen auch komisch und meinte, sie hat mir das gegeben, weil das für den Anfang nich so schwer ist und ich solle das mal so zusammenschnippeln, wie es mir gefällt:) Joa, das kam halt bei raus:

Neue Musik 1

Ich hab noch ein bischen Klavier zugefügt.

Mich würde mal interessieren, was ihr davon haltet. Hier kann man glaube ich auch in das Original reinhören:
Rebecca Saunders
 
Eigenschaft
 
Der Ausschnitt aus dem Saunders-Original ist ja sehr kurz - zu kurz um das Stück richtig mitbekommen zu können, also kann ich nicht wirklich einen Vergleich anstellen, und nur etwas zu deiner Version ganz generell sagen. Vorab anmerken sollte ich jedoch, dass mich mit Saunders' Musik eine langjährige Feindschaft verbindet und mein Urteil sicher schon einmal davon gefärbt ist. Was mich an Saunders' Musik stört? Ich empfinde das, was ich bisher von ihr gehört habe, oft als blosses Klangbad - ein Klangbad mit dem sie wohlbemerkt sehr virtuos (insbes. in Bezug auf die Instrumentation) umzugehen versteht. Ich vermisse dabei aber oft einen "offensiveren" Umgang mit der zeitlichen Dimension, d.h. zum Beispiel: Formale Kanten, unbequeme Proportionen, einen zeitlichen Ablauf der Vergangenes in Frage stellt und/oder mich, als Hörer aus einer einmal eingestellten Hörperspektive wieder herausreisst oder von ihr abweist. Kurz gesagt: Ich fühle mich als Hörer zu sehr eingelullt. Aber natürlich spielen für all das nicht nur musikalische Kriterien eine Rolle, sondern durchaus auch persönliche in Bezug auf diese Komponistin, welche einige dieser Eindrücke für mich nur verstärkt haben. Das ist, zugegeben, nicht gerade fair, aber schwer vermeidlich.

All dies führt nun aber auch dazu, dass ich ähnliche Vorbehalte deiner Version gegenüber habe. Positiv gesagt scheint es, als habest du viele Eigenschaften von Saunders' Musik durchaus erkannt und wirkungsvoll umgesetzt. Mir persönlich hingegen geht das ganze aber nur umso mehr in genau die Richtung, welche mich bei Saunders abschreckt. Bestimmte Ideen (wie die der regelmässigen Pulsationen, der dynamischen Bögen mit lauten, dichten Höhepunkten und zarten Ausklängen/Halleffekten etc.) sind für meinen Geschmack in deiner Version schon übertrieben deutlich vorhanden. Aber nun gut: Vielleicht ist das gerade wichtig, wenn das Ziel dieser Arbeit war, dich mit Prinzipien des Saunders-Stückes vertraut zu machen. Die generelle Gefahr ist aber, gerade die wirkungsvollsten Effekte zu häufig zu wiederholen. Tiefe, hallige Cluster, hohe Liegetöne, ein rhythmisch skandierender Chor (und erst recht noch ein Chor-Glissando!), dal niente-crescendi, gehäufte Tonwiederholungen, eine intervallische Motivik (das Spiel mit kleiner Terz und kleiner Sekunde, bzw. mit den Tönen F/Fis/Gis/A), und dazu noch für Neue Musik sehr auffällig wirkende Elemente wie der Halbton-Praller im Klavier - dies sind alles sehr deutlich wirkende Effekte, welche ganz sicher "funktionieren", aber bei übermässigem Gebrauch schnell schal werden können (genauso wie, sagen wir, ein Tamtamschlag - grossartiger Klang, aber wenn unbedacht eingesetzt wirkt er eben bloss wie ein "Effekt", und zwar viel mehr als ein Ton eines etwas unscheinbareren Instruments).

Wahrscheinlich ist das aber eine direkte Folge des von dir genannten Arbeitsprozesses: Alles so zusammenzuschnippeln, wie es dir gefällt. Das führt nämlich sehr gerne dazu, dass jeder einzelne Moment "gut klingt", aber dem ganzen Stück irgendwie die Kanten (respektive die "Würze") abgeht, da ausser dem "jeder Moment soll gut klingen" kein eigentliches formales Grundkonzept dahinter steht (ich hoffe ich tue dir damit nicht zusehr unrecht - ist nicht bös gemeint). Und dies ist wieder genau der Eindruck den ich bei Saunders' Musik auch so oft habe.

Daher wäre mein persönlicher Ansatz nun, etwas davon abzukommen, jeden einzelnen Moment für sich gut klingen zu lassen, und mir mehr Gedanken über ein Grundkonzept, oder anders gesagt: die Rolle der Zeit in dem Stück zu machen, und dies dann zu verdeutlichen (meinetwegen sogar stellenweise zu übertreiben). Oder, wenn es dir mehr liegt von den einzelnen Klängen aus zu arbeiten: Einen -bestimmten- Klangtypus genauer zu erforschen, ihn zu zerlegen, zu hinterfragen etc., sagen wir: nur die Idee der Nachklänge. Oder nur die Idee der Pulsation. Dies führt dann optimalerweise dazu, dass diese Elemente nicht einfach nur -benutzt- werden, sondern zum eigentlichen Betrachtungsgegenstand werden, welche dann von allen möglichen Seiten beleuchtet werden können - oder sich gar zu etwas völlig anderem wandeln können.

Aber klar, mir ist bewusst, dass es viel einfacher ist so daherzureden, als das alles kompositorisch umzusetzen. Ich kann beileibe nicht von mir behaupten, fähig zu sein, alle meine "grossartigen Ideen" auch wirklich zufriedenstellend in jedem meiner Stücke zu realisieren…

Und wie gesagt: Lass dich von meiner kritischen Meinung nicht zu sehr abschrecken, da sie ja wie erwähnt von einigen negativen (Vor)Urteilen zu Saunders' Musik mitgeprägt ist. Was du da gemacht hast ist ohne Zweifel etwas, das durchaus "schön klingt", aus dem noch viel werden könnte, und das sicher auch die Anforderung erfüllt, eine Neuinterpretation der Saunders-Vorlage zu sein.
 
Danke für deine Antwort und die Tipss, die waren wirklich gut:great:

Armin
 

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