Uli
Mod Emeritus
Das Feld der Vorverstärker im Bassbereich ist mittlerweile recht beachtlich, allerdings gehen von den zahlreichen Modellen über die Jahre auch viele wieder, denn der Bedarf wird nicht bei jedem Bassisten gesehen. Das liegt sicher auch daran, daß ein Vorverstärker im einfachsten Fall auch nicht mehr kann als die Klangregelsektion ausgeklügelter Bassverstärker mit eingebauter Endstufe oder eben die etwas aufwändiger gestaltete Klangregelung eines aktiven Basses.
Mit dem schon etwas länger auf dem Markt befindlichen WTDI hat Eden versucht, eine Marktlücke für die Zielgruppe zu schließen, die - z.B. für Studiozwecke - eigentlich nur eine etwas potentere DI Box sucht, denn einen DI Ausgang bringen viele Klang verändernde Bass-Effektgeräte (wie z.B. das Zoom MS60B) vermutlich auch wegen Platzmangels nicht mit. Dabei stehen sich die Geräte in der Größe kaum nach und ich muß zugeben, daß ich mir den WTDI auch etwas größer vorgestellt hatte, als einen der üblichen 'Einzeltreter'.
Optik
Auf den ersten Blick macht der WTDI einen sehr edlen Eindruck. Er wiegt aufgrund des massiven Metallgehäuses stattliche 530g, was ihm mit der gummierten Unterseite einen festen Stand garantieren sollte. Die verchromten Metallknöpfe passen gut zum funktionalen Design der Frontplatte, auch wenn ihre Position von oben nicht sonderlich gut abzulesen ist, weil der Zeigerstrich nicht bis zur Achsmitte der Knöpfe durchgezogen ist. Aus meiner Sicht läßt sich dieses Manko aber verschmerzen, denn ich gehe zumindest bei meiner angedachten Verwendung nicht davon aus, daß ich während des Gigs noch groß an der einmal gefundenen Einstellung herumdrehen werde. Als etwas störend empfinde ich die extrem helle blaue LED, die aufleuchtet, sobald die Versorgungsspannung anliegt und die durch ihre Blendwirkung noch den letzten Rest der Ablesbarkeit der Skalenstriche von oben verhindert.
Anschlüsse
Der WTDI ist nicht für Batteriebetrieb vorgesehen, insofern muß rückseitig eine Spannungsquelle von 12-18V angeschlossen werden, im einfachsten Fall das mitgelieferte kleine 15V-Steckernetzteil. Die Elektronik des WTDI kann zwar - wie die meisten modernen digitalen Effektgeräte auch - mit der pulsierenden Gleichspannung eines Schaltnetzteiles völlig störungsfrei umgehen, allerdings erzeugte es wohl durch Direkteinstrahlung im uralten Fender Bassman Topteil des Proberaums ein leises Pfeifen, was aber wohl eher an der mangelnden Einstrahlfestigkeit des Veteranen liegt und iaR duch einen Positionswechsel behoben werden kann.
Wie man es von den meisten Effektgeräten her gewohnt ist, findet sich auch hier die Eingangsbuchse auf der rechten Seite, während die linke Gehäuseseite die Ausgangssektion bereitstellt.
Außer der 'normalen' Klinken-Ausgangsbuchse ist dort auch der XLR-Anschluß des DI-Ausgangs zu finden, der eigentlichen Hauptfunktion des Gerätes, was auch die Namensgebung des Modells (WTDI) transportiert. Außerdem gibt es noch einen Groundlift Schalter gegen mögliche Brummschleifen in der Effektkette, der - wie bei vielen Verstärkern - als rastender Taster ausgeführt ist, was zwar optisch ganz nett sein mag, meines Erachtens aber auch leicht zu versehentlicher Betätigung führen kann.
Auf der abgeschrägten Frontseite gibt es schließlich einen Fußschalter, mit dem die Schaltung des WTDI in den Signalweg gelegt werden kann. Gewöhnungsbedürftig ist dabei die Funktion der zugehörigen roten Leuchtdiode, deren Leuchten man üblicherweise so interpretiert, daß dabei die Schaltung aktiv ist. Hier ist es aber genau umgekehrt, was die Beschriftung 'Bypass' signalisieren soll: bei Aufleuchten der LED ist der Bypass aktiv, der Preamp also inaktiv! Eine mögliche Erklärung zur Intention der Entwickler wäre, daß die LED auf dunkler Bühne die Position des Fußschalters markieren soll, wenn das Gerät eingeschaltet werden soll. Ich werde noch herausfinden, ob ich mich daran gewöhne, ansonsten sollte es auch kein allzu großes Problem sein, diese Logik umzukehren, so daß die LED dann bei aktivierter Schaltung leuchtet.
Funktion
Auf der Oberseite des WTDI befinden sich in trittsicherem 25° Winkel vom Fußschalter abgeknickt die sieben Drehregler des Gerätes, die wohl ein Zugeständnis an die Kompaktbauweise darstellen, sonst wären es noch mehr geworden. In der oberen Reihe sind die reinen Klangregler, wobei man das Fenster der Mittenreglung über den Taster 'Mid Shift' wählen kann, entweder den Tiefmittenbereich um 550Hz oder den direkt unter dem Höhenbereich angesiedelten Bereich um 2,2kHz. Ein weiterer Taster (Bass Boost) erlaubt die Pegelanhebung des Bassbereiches zur sogenannten 'gehörrichtigen' Lautstärke nach Fletcher Munson was ich eigentlich für Spielerei halte, denn üblicherweise agiert der Bassist in der Band ohnehin schon mit höherem Pegel als der Rest der Instrumente, damit sich die tiefen Frequenzen im Mix durchsetzen können. Ein kleines Gimmick, das man wohl als Teaser aus dem HiFi Bereich übernommen hat, wo die Taste oft mit 'loudness' oder 'contour' beschriftet ist... mir ist keine sinnvolle Anwendung dafür eingefallen, wo der Boost nicht das ganze Signal kaputt-wummert... vielleicht gibt es die ja irgendwo im Studiobereich. Die Regler haben einen angenehmen mechanischen Drehwiderstand, erscheinen mir sehr gut abgestimmt und beeinflussen sich gegenseitig weniger, als man das üblicherweise häufig findet.
In der zweiten Reihe ist zunächst der Gain Regler anzutreffen, mit dem der Pegel des angeschlossenen Instrumentes an die Schaltung des WTDI angepasst werden soll. In verschiedenen Rezensionen wird berichtet, daß die durch diesen Regler einstellbare Bedämpfung des Eingangssignals nicht ausreichen würde, weshalb es nahezu immer zu Verzerrungen kommen würde. Ich konnte dieses Problem zwar nicht nachvollziehen, weder mit dem sehr hochpegeligen Alnico Humbucker meines Mustang, noch mit meinem aktiven Baphomet, allerdings leuchtet mir auch nicht so recht ein, weshalb man einen zu hohen Output am Bass nicht mit dessen eigenem Volumeregler zurückdrehen kann...
Im Internet gibt es verschiedene mehr oder weniger aufwändige Vorschläge zur nachträglichen Pegelbegrenzung, ich werde da aber vorerst keinen Eingriff vornehmen, denn ich kann wie gesagt das Problem momentan noch nicht nachvollziehen... vielleicht habe ich ja auch bereits eine spätere Evolutionsstufe des WTDI gekauft, bei der man ein diesbezügliches mögliches Problem schon werksseitig behoben hat.
Der Enhance Regler ist wohl dem Anspruch geschuldet, mit dem WTDI einen möglichst Eden-typischen Klang zu erzeugen, denn er hebt gleichzeitig den Tiefbass etwas an, die Hochmitten und Höhen etwas mehr und senkt dabei die Tiefmitten erheblich ab, so läßt sich darüber unter anderem im Zusammenspiel mit den anderen Klangreglern auch ein knackiger Slapsound herstellen.
Der Compressor scheint das zu tun was er soll, bis etwa in die Mitte des Regelbereiches auch recht unauffällig, also ohne merklich Klangbeeinflussung des Signals. Sein Ansprechverhalten hängt dabei vom Gainregler ab, Attack und Releasezeit sind in der Schaltung 'Eden-konform' voreingestellt. Ich persönlich habe auch nicht den Anspruch, alle möglichen Kompressor-Parameter selbst kontrollieren zu können, solange das Ergebnis stimmt, aber das kann ja jeder für sich entscheiden, ich habe auch schon einige WTDI auf Floorboards neben einem zusätzlichen Kompressor gesehen.
Der Master Regler passt das bearbeitete Signal schließlich in der Lautstärke an, so daß wahlweise nur die Klang verändernden Eingriffe zuschaltbar werden, oder aber ein 'signal boost' entsteht.
Der Bypass-Fußschalter suggeriert, daß im Falle der Betätigung die Schaltung komplett umgangen wird, sich der Bass also genauso anhört wie ohne zwischengeschaltetes Gerät. Das tut er allerdings definitiv nicht! Auch im Bypass-Modus ist das Signal etwas lauter als mit 'nacktem' Bass und auch der Klang wird leicht in den Tiefenbereich verfärbt. Zwar ist es nur minimal und ich kann damit leben, wer aber einen hundertprozentigen 'true bypass' erwartet, wird vielleicht enttäuscht sein.
Innen
Ein Blick ins Innere des WTDI zeigt, daß außer den auf der Lötseite der Platine angebrachten Operationsverstärkern in SMD Bauweise auch noch ein paar gute alte Transistoren den Weg zwischen die langen Lötfahnen der Potis gefunden haben. Würde ich eine zusätzliche Pegelbegrenzung in Erwägung ziehen, würde ich diese möglicherweise über ein push/pull Poti zuschaltbar machen, denn das ließe sich vom Platz her offenbar problemlos anstelle eines der verwendeten Potis einsetzen.
Um die mit einem Pfeil markierte LED im Vordergrund etwas dunkler zu bekommen, könnte man den leichter zugänglichen Anschlußdraht gegen einen Vorwiderstand austauschen, noch einfacher ist es, versuchsweise die glasklare LED einfach mit einem permanent-Filzstift anzumalen, was bei abgenommener Frontplatte gefahrlos möglich ist.
Fazit
Für einen sehr edel aussehenden und solide gebauten Bassvorverstärker mit Kompressor ist der Preis von derzeit rund 120€ recht niedrig angesetzt. Wer überwiegend Cleansounds nutzt - idealerweise in die klangliche Richtung der Eden Verstärker gehend - wird mit den Klangregelmöglichkeiten des WTDI auch sehr zufrieden sein. Im Vergleich zu anderen Geräten konnte ich hier auch nach dem Gehör jedem Regler eine eindeutige Funktion zuordnen und so nach relativ kurzer Zeit 'meinen' rausch- und brummfreien Sound finden, an die ideale Einstellung insbesondere der Enhance- und Compressor Regler muß man sich natürlich herantasten, wie bei jedem Gerät.
Weniger angetan war ich von der extremen Helligkeit der Power-LED und der ungewohnten Logik des Fußschalters bzw der zugehörigen LED (leuchtet im bypass), beides ließe sich aber ändern, wenn man sich nicht daran gewöhnen kann.
Es gibt sicher aufwändigere Vorverstärker, wenn auch vermutlich nicht zu diesem Preis, wenn jedoch ein Studio-tauglicher Nobel-Klangregler im Grunde eh alles ist, was man für seinen Klang benötigt, ist der Eden WTDI aus meiner Sicht ein guter Griff.
Einige technische Daten
Stromversorgung: Netzteil 12-18VDC (mitgeliefert)
Input: 1/4" Klinkenstecker
Output: 1/4" Klinkenstecker, XLR Stecker (Balanced)
Ground Lift Schalter
Bass Regler: ±15dB, Mittenfrequenz 30Hz
Bass Boost Schalter: dynamische Bass Anhebung entsprechend Fletcher-Munson Kurve
Mitten Regler: ±15dB, Mittenfrequenz entsprechend Schalterstellung Mid Shift
Mid Shift: Mittenfrequenz für Anhebung/Absenkung des Mittenbereichs 550Hz oder 2.2kHz
Treble Regler: ±15dB, Mittenfrequenz 4kHz
Enhance: Anhebung von Tiefmitten, Hochmitten und Höhen, Absenkung der Tiefmitten
Compressor: glättet Signalspitzen und hebt zu leise Signalanteile an
Größe: LxBxH 115x90x56 (mit Knöpfen)
Gewicht: ca. 530g
Straßenpreis im Sommer 2015: ca. 120€
- Eigenschaft