Du sagst, dir kam der Rausch abhanden

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Du sagst, dir kam der Rausch abhanden

Mir wurde klar, das wird nichts Festes.
Es war nicht wirklich unser Bestes,
was jeder seinem Partner bot.
Wir malten uns die Nächte rot.

Mir wurde klar, den Schmetterlingen
kann man nicht das Problem aufzwingen,
wie man die Last des Alltags stemmt.
Sie trug sich wie ein Kettenhemd.

Du sagst, dir kam der Rausch abhanden.
Versuch, auf einem Stern zu landen,
wo man gebadet wird in Glut,
ganz ohne dass man selbst was tut.


Mir wurde klar, dass du aufs Neue
nach Liebe ausschaust ohne Reue,
wenn deine Ungeduld mit mir
verdirbt, dass ich mich amüsier.

Du sagst, dir kam der Rausch abhanden.
Versuch, auf einem Stern zu landen,
wo man gebadet wird in Glut,
ganz ohne dass man selbst was tut.
 
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Wie schön!
Und welch ein gelungenes Beispiel, dass mit Endreimen Gedichte/Songtexte dicht und voller Tiefe, spannend erzählt werden können!
 
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Zunächst
Wie schön!
Und welch ein gelungenes Beispiel, dass mit Endreimen Gedichte/Songtexte dicht und voller Tiefe, spannend erzählt werden können!
Ich habe prinzipiell nichts gegen Endreim-Lyrik . Zumal ich extreme Probleme habe, mir freie Verse zu merken. Und gerade die Merkfähigkeit prägt ja laut Wissenschaft entscheidend den Erfolg eines Textes.

Was mich stutzig macht, sind häufig überheblich anmutende Begriffe wie „Zweck-Reim“ und „ Reim dich, oder ich freẞ dich“. Die meisten dieser Kritiker nehmen an, sie würden dieser Gefahr entgehen. Aber das scheint mir ein gewaltiger Irrtum zu sein!

Ich lese im Forum eher selten Texte, die auffallend kreativ mit Reimen umgehen. Kreativ wären beispielsweise Wort-Veränderungen durch Verbalisierung oder Substantivierung. Oder Wort-Neubildungen. Oder eben einfach das bewusste Benutzen von seltenen Reimen. Es gäbe auch die Möglichkeit, kreativ mit Variationen der Satzarten lebendiger zu schreiben und überraschender zu Reimen!

Im vorliegenden Text springt mir als Reim-Überraschung nur „Kettenhemd“ ins Auge. Wenn ich Grönemeyer oder Frevert lese, finde ich überwiegend seltene Endreim Reime. Um solche Reime wirkungsvoll am Ende platzieren zu können, sollte man sich die vielen Satzarten immer wieder bewusst machen, die die deutsche Sprache besitzt.

Und @Teestunde weiß vermutlich mehr über Grammatik als ich! Warum wenden sie oder andere ihr großes Wissen nur in kleinen Rahmen an?

Weil es gefällt, eine professionellere Betrachtung einfach anzuschweigen?

[mUSER=286881]@Teestunde[/USER] schreibt wirklich gut!!! Weil sie auffallend lernbereit ist. Wir kennen uns seit vielen Jahren aus Foren. Sie muss wohl (genau wie ich) schreiben. Und deshalb wäre ich froh, sie würde uns bei Gelegenheit wieder mal mit stilistischen Experimenten überraschen! Ich bin überzeugt, dass sie das kann!
 
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Und deshalb wäre ich froh, sie würde uns bei Gelegenheit wieder mal mit stilistischen Experimenten überraschen!
Ich glaube, ich will immer zu schnell loswerden, was ich auf dem Herzen habe. Eben plage ich mich mit einem Text, der mir vermutlich Ärger einbringen wird. Egal, er ist absolut ehrlich. Eine Bestandsaufnahme. Ich poste ihn gleich.
Experimente - ja, das sollte ich mir auf die Agenda setzten. Zumal es auch tierischen Spaß machen kann. Ich probier's mal aus, wenn mir ein geeignetes Thema über den Weg läuft. (Unter uns: Auf das KETTENHEMD bin ich direkt ein bisschen stolz. ;) )
 
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Ich habe prinzipiell nichts gegen Endreim-Lyrik
... das hätte ich auch nicht von Dir gedacht. Nur sind gerade die jüngeren Diskussionen oft weg vom Endreim gegangen - zu recht und interessant war das! Da tat nun dieser Text gut, auch wieder zu zeigen, dass es sehr wohl funktioniert, mit Rhythmus und End-Reimen zu schreiben. Und neben dem Kettenhemd ist mindestens auch der Schmetterling nicht Dauergast am Zeilenende :)
 
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Da tat nun dieser Text gut, auch wieder zu zeigen, dass es sehr wohl funktioniert, mit Rhythmus und End-Reimen zu schreiben.

Alles klar! Der Endreim wurde beispielsweise nach dem 2.WK extrem attackiert. Viele Dichter schrieben freie Verse. Und vorher und danach gab es ähnliche Phasen. In der Popmusik gab und gibt es immer wieder teilweise sehr erfolgreiche Versuche reimloser Texte… Aber mit dem Hip Hop kam es Anfang dieses Jahrtausends gleichzeitig zu einer totalen Renaissance der Reime!!

Ich habe erst jetzt begonnen, konsequent freie Verse zu schreiben und fühle mich handwerklich extrem bereichert von diesen Versuchen! Mehr steckt nicht dahinter. Wer Interesse hat, kann mich anschreiben. Ansonsten werde ich hier garantiert nicht zum Prediger! Danke für deine sachliche Antwort! 🙂

Lg
 
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Ich habe erst jetzt begonnen, konsequent freie Verse zu schreiben und fühle mich handwerklich extrem bereichert
Du hattest mal ein Gedicht von mir kritisiert und dabei nur ein Wort verschoben oder war es ein Komma, jedenfalls war ich total überrascht, was du damit rausgeholt hast. Allerdings hab ich das Schreiben von freien Versen wieder gelassen. Es wurde einfach nichts. :)
 
Allerdings hab ich das Schreiben von freien Versen wieder gelassen. Es wurde einfach nichts. :)

Das ging mir wochenlang ähnlich! Da bemerkte ich, dass ich fast süchtig zu jeder Wahrnehmung sofort als erstes Endreime suchte. So als würde ich jeden Satz vom Ende zu Anfang hin schreiben. Und das fand ich ziemlich schwachsinnig.

Bei den Schüttelreimen wird das extrem deutlich. Die dichten fast alle beginnend vom Ende zum Anfang. Hat beispielsweise @michaw57 dort vor einigen Tagen gut beschrieben. Aber viele Schüttelreime wirken letztlich wie schmuddelige Schweine im Sonntagsanzug auf mich. Ich hab Spaß dran, aber eher wie an Kreuzworträtseln.

Zurück zu Musiktexten. Ich arbeite eng mit einem studierten Jazzmusiker. Ich kann relativ schnell auf seine Musik schreiben, er mich ebenso flott vertonen. Umso mehr ich mich vom E-Reim weg bewege, umso schneller finde ich Ideen, die sich 90% auf die Music konzentrieren. Weil ich viel bewusster mit Satzarten spielen kann. Passt kein Aussagesatz, versuche ich es mit einem Fragesatz, klappt das nicht, versuche ich es mit kurzen Ausrufen. Weil eben nicht das Ende bestimmend ist! - Sondern der Anfang. Und vor dem Anfang scheue ich als Texter viel weniger als vor dem verdammten Versende!

Allerdings habe ich mich sehr (!) intensiv mit Satzbau und Satzgliedern beschäftigt. So weiß ich, dass am Ende eines Nebensatzes ein finites Verb steht. Oder das ein Hauptsatz mit Ort, Zeit, Grund oder Zweck beginnen kann, und eben nicht mit einem Subjekt beginnen muss. Und ich weiß, dass ich mit diesem Wissen mit der KI noch immer konkurrieren kann, weil diese Lyrics noch immer wie ein steifer Sprachlehrer vorschlägt!

Sorry, kürzer kann ich kaum antworten. Aber mit dieser Basis schreibe ich, wenn es sein muss, in einer Stunde auf Musik freie Verse!
 
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Interessant. Ich kenne das ein bisschen vom Schreiben. Wenn ich weiß, wohin ich will, notiere ich mir da, wo mir kein Reim einfällt, den Satz erst mal in Prosa. Vielleicht sollte ich das einfach mal so lassen. Wer weiß, ob dabei nicht ganz brauchbare Vers libres herauskommen. ;)
 
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Vielleicht sollte ich das einfach mal so lassen. Wer weiß, ob dabei nicht ganz brauchbare Vers libres herauskommen. ;)
Klar, immer experimentieren und rumspielen! Es kostet wenig Zeit und bringt vermutlich manche überraschende Wendung!
 
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Wenn ich weiß, wohin ich will, notiere ich mir da, wo mir kein Reim einfällt, den Satz erst mal in Prosa. Vielleicht sollte ich das einfach mal so lassen.
Ich denk, das ist eine gute Methode. Nun gut, vielleicht nur, weil ich es auch so mach;-) Mein Prosa ist meist ziemlich ausschweifend; die Hauptarbeit besteht darin, die Gedanken zu kürzen bzw. zusammenzufassen.

Manchmal kann man auch Reime zurück bauen. Man übernimmt die Anteile, die man besonders mag und probiert es ansonsten mit Varianten.
Mir wurde klar, das wird nichts Festes.
Es war nicht wirklich unser Bestes,
was jeder seinem Partner bot.
Wir malten uns die Nächte rot.

Mir wurde klar, den Schmetterlingen
kann man nicht das Problem aufzwingen,
wie man die Last des Alltags stemmt.
Sie trug sich wie ein Kettenhemd.
Mir war schnell klar, das wird nichts Festes.​
Noch tat ich so, als bräuchten wir​
nur etwas Zeit und nicht bloß Trost​
Wir malten uns die Nächte rot​
Mir war schnell klar, die Schmetterlinge​
haben es nicht in meinen Bauch geschafft​
Die Zeit mit dir, sie wurd mir lang​
Mein Alltag nahm mich in Beschlag​

  • Inhaltlich sicherlich nicht deckungsgleich, aber ähnlich.
  • Schlüsselwörter, vor allem das Wortspiel mit Nacht und (All-)Tag beibehalten.
  • Der Sprach-Rhythmus bleibt stabil, in der zweiten Strophen-Zeile geändert.
  • Die Reime ersetzt durch eine (evtl unauffällige) Phonetik-Spielerei mit den Enden der 1., 3. und 4. Zeile. 'Festes - Trost - rot' und 'Schmetterlinge - lang - Beschlag'. Sie ähneln sich zuerst in den Konsonanten, dann in den Vokalen.
Ist jetzt nicht gleich ein völlig freier Vers, aber ein Versuch auf dem Weg;-)
 
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Ist jetzt nicht gleich ein völlig freier Vers, aber ein Versuch auf dem Weg;-)

„Freier“ Vers hat mE eine Bedeutung, die nicht sofort klar wird: Es geht darum, dass man beim Dichten ALLEN Gedanken eine Chance gibt, in der INDIVIDUELLEN Story eine Rolle zu spielen. Nur so können wir unserer EINMALIGEN Innenwelt Raum geben. Der Endreim ist nur EINE Klangfigur, und besonders diese fesselt speziell uns, statt dass wir den Rest der Welt fesseln! 😀

Die Reime ersetzt durch eine (evtl unauffällige) Phonetik-Spielerei mit den Enden der 1., 3. und 4. Zeile. 'Festes - Trost - rot' und 'Schmetterlinge - lang - Beschlag'. Sie ähneln sich zuerst in den Konsonanten, dann in den Vokalen.

Wer sich damit näher beschäftigen will, sollte unter dem Stichwort „Klang-Figuren“ suchen.

Ich hatte mal aufgehört, am Anfang des Schreibens meine Gedanken in Prosa zu formulieren- es ermüdete mich. - Heute schreibe ich wieder einleitend Prosa und markiere die wichtigsten Stichworte GROSS. Nur um diese Stichworte geht es im engen Raum des Songtextes. Je geschickter man damit SPIELEN kann, umso intensiver und unterhaltsamer liest sich das Ergebnis!

Je häufiger man mit Kangfiguren arbeitet, umso mehr verschmelzen Halb- und Endreim. Irgendwann beginnt der Kopf automatisch Klangfiguren zu diktieren. Diese Figuren markieren automatisch verwandte Gedanken. Im Kopf der Autoren und dem der Millionen Hörer.

So wächst endlich zusammen, was zusammen gehört. 😂
 
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