Drum Tuning - Fellstimmung digital analysieren?!?!

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Jedes mal wenn es darum geht neue Felle aufzuziehen oder einfach so mal wieder das Set durchzustimmen krieg ich voll den rappel.
Ich hab mir schon x Beiträge und Seiten zu Drumtuning durchgelesen und bekomme mein Set idr. auch ganz gut hin, aber es dauert ewig!!!! Und es fällt mir auch immer wieder schwer zu entscheiden ob das fell an der einen Spannschraube jetzt zu hoch oder zu tief klingt (ich weiß, ist übungssache).

Da ich angehender Ingenieur bin denk ich mir, da muss es doch auch technische Lösungen geben. Was die Suche nach Drumtunern angeht scheint ja dieses DrumDial Stimmgerät eins der wenigen Drumtuner überhaupt zu sein. Es funktioniert in dem es die Fellspannung misst und laut Testberichten funktioniert das auch alles nur bedingt.

Dann bin ich grade ebend noch auf eine spannende Seite gestoßen (konnte sie mir noch nicht ganz durchlesen) auf der ein Digitales Fell-Stimmgerät angeboten wird : https://www.resotune.com/
Hat da jemand schon mal was von gehört oder Erfahrung mit gemacht? Würde mich sehr Interressieren.

Mein ursprügliches Anliegen (bevor ich diese seite gesehen habe) war es, selber das Schwingverhalten von Fellen in abhängigkeit zu ihrer Spannung zu analysieren. (Um dann evtl. besser stimmen zu können)

Bis jetzt hab ich ein wenig mit FFT Analysen rumexperementiert, aber das Zusammenspiel zwischen Spannschrauben, Kessel, Fell und Klangbild scheint doch wesentlich komplizierter zu sein, als bei einem Seiteninstrumen. (Was auch zu erwarten war)

Jedenfalls wär ich froh über jegliche Informationsquellen, die mir vlt. weiterhelfen diese Thematik Hintergründig zu verstehen. Also falls irgendjemand Untersuchungen zu diesem Thema kennt oder Scripte bzw. Veröffentlichungen oder Bücher, die sich mit soetwas beschäftigt haben, würd mich das sehr interressiern.

Ich bin gespannt auf eure Antworten.
Schönen Gruß, Ole

PS: Bitte kommt mir nicht mit so allgemeinen Binsenweisheiten die in jedem 2ten Tuning Thread stehen, ich will die Sache von der physikalischen Seite her verstehen, bzw. beherschen, wenn möglich.
 
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Moin,
als angehender Ingenieur solltest du ja wissen ,wie man sowas löst. Ich würde mir ja erstmal Gedanken um ein technisches Modell machen. Mich würde dieses Modell auch interessieren und ich habe mir auch schon die Fragen gestellt, die du zu beantworten versuchst. Vielleicht können wir ja in diesem Thread unsere Vorstellungen von einem funktionalen System austauschen. Technisch gesehen ist ja das Holz, der Kessel nicht verantwortlich für die Höhe des Tons, sondern die Fellspannung. Das größte Problem sind die Wechselbeziehungen der einzelnen Punkte an der Auflagefläche (ohne Resonanz). Um das System weiter zu vereinfachen sollte man ja erstmal annehmen, dass die Spannung an allen Punkten gleich ist und es keine Biegung zwischen den Schrauben gibt. Die Auflagefläche des Kessels ist nur ein Dämpfungsgrad, hat auch keinen Einfluss auf den Ton. Wichtige Fragen nun: Was ist der Ton? Wie groß ist die Streuung, die Bandbreite des Tons? Fellwahl (was passiert, wenn das Fell die Tonfrequenz komplett dämpft)? Wie ist das Wellenmuster, die Ausbreitung, des Tones? Resonanz? Aufhebung?

Naja, es gibt halt viel zu bedenken....

Ich habe auf jeden Fall ne Arbeit online gesehen, die sich mit einigen dieser Themen beschäftigen... Ich geh gleich mal auf die Suche....

Ich hoffe es entsteht hier eine technische Diskussion....

Gruß,
S.
 
Du kannst natürlich versuchen, die Sache technisch zu lösen. Das Resotune z.B. hat eine Einschränkung, die an der Praxistauglichkeit zweifeln lässt. Es kann nur auf der Oberseite einer eben gelagerten Trommel verwendet werden, also kaum an einem aufgebauten Set. Wie andere technische Hilfsmittel ist das zentrale Mako aber ein anderes:
Kein Gerät kann die Frage beantworten, wie Du eigentlich klingen willst. Das kann nur Dein Gehör.

Grundlegendes physikalisches Verständnis der Schwingungsvorgänge kann helfen das Gehörte zu verstehen. In meinem Buch hab ich deshalb der Physik der Trommel ein eigenes Kapitel gewidmet.

Betrachtet man nur ein Fell, gilt für die Obertonreihe zunächst die Menge der Besselfunktionen Jm für die schwingende Kreismembran. Die sog. Chladnischen Figuren für einzelne bei Anregung von aussen lassen sich qualitativ gut nachweisen, die quantitative Messung zeigt aber
gegenüber den brechneten Werten hohe Abweichungen. Das Fell ist eben keine ideale Membran und aufgebrachte Materialien zur Sichtbarmachung der Knotenlinien dämpfen sehr stark und bringen zusätzliche Masse in das System ein.

Die Sache verändert sich nochmals, wenn man den Kessel und das Resonanzfell mit einbezieht. Vereinfacht ist die Trommel ein schwingendes System aus drei Oszillatoren, von denen zwei eine einstellbare Eigenfrequenz haben. Der Schlag ist eine Störung in Form eines Impulses und der Klang die Impulsantwort des Systems. Wie diese ausfällt hängt hauptsächlich von den drei Eigenfrequenzen der Oszillatoren, deren Massen und den Kopplungsgraden sowie der Dämpfung ab.

Das Ganze ist also ziemlich komplex. Ich habe verschiedene Veröffentlichungen von forschenden Physikern zum Klangverhalten der Trommel ausgewertet und auch selbst Experimente durchgeführt. Das alles hat mir geholfen, zu verstehen, was ich höre und letztlich zu dem empirischen Ansatz meines Stimmverfahrens geführt, aber alles kondensiert letztlich in drei einfachen Prinzipien:
1. Das Gehör ist das wichtigste Werkzeug beim Stimmen
2. Das Fell muss in Stimmung mit sich selbst sein
3. Durch manipulation des tonalen Verhältnises zwischen Schlagfell und Reso kann man den Klangcharakter der Trommel einstellen

Kein mir bekanntes Gerät ist dabei so schnell und so präzise wie das geübte Gehör.

LG, Nils
 
Zuletzt bearbeitet:
In Ergänzung zu Nils: Es gibt noch weitere stimmungsbeinflussende Faktoren, die durchaus NICHT statisch, sondern im Gegenteil sehr dynamisch sind: Raumgeometrien sind noch rel. unveränderlich, aber Temperatur und Feuchtegehalt können durchaus schwanken. Gerade letzteres beeinflusst ein Holzinstrument bekannterweise sehr stark, denn das Material arbeitet. Und auch das beste Messinstrument der Welt - übrigens bis heute rein analog! - das Ohr ist nicht kalibrierbar. Was gestern in Deinen Ohren gut und richtig war, kann morgen falsch oder fehlerhaft sein. Daher sind die Vorgaben bzgl. Stimmmethoden für mich eine Art "best practice" Sammlung - quasi ein Mittelwert erfolgversprechender Massnahmen ohne absolute Gewähr.
 
Man da bin ich ja positiv überrascht. das sich bereist andere mit der Materie so Grundlegend auseinandergesetzt haben.

Ich hab die Seite vom Resotune mal genauer betrachtet. Es gibt unter anderem einen Link zu folgender Seite :

http://paws.kettering.edu/~drussell/demos.html

Hier werden auch nochmal einige physikalischen Hintergründe erleutert. (Nicht nur für Drums)

Des weiteren wird auf ein Buch verwiesen:

"Science of Percussion Instruments"


Leider hab ich immer nur hin und wieder Zeit mich mit der Materie zu beschäftigen, dementsprechend hab ich noch nicht alles durchgearbeitet.

Mal ne Zusammenfassung von dem was ich denke zu wissen, und von den offenen Fragen:

1. Zunächst denke ich sollte das Fell in sich Stimmig sein, und wenn ich das richtig sehe ist dies einer der Grundlegenden Knackpunkte.

Falls dies der Fall ist:

2. Jedes Fell sollte mit einer Hauptfrequenz (Grundton) und den entsprechenden Obertönen schwingen. Wobei die Obertöne aufgrund der Trommelgeometrie nicht in Oktaven auftreten sondern in anderen Vielfachen. (Auf Grund der Kreisbeziehung)

3. Das zusammenspiel von Schlag- und Resofell hat nun wiederum Einfluss auf die in Punkt 2 beschriebenen Schwingungen.

4.Aus diesem Zusammenspiel sollte sich letztendlich der Ton, im Sinne der Tonhöe (Heißt Grund und Oberschwingungen) ergeben.

5. Etliche weitere Faktoren (Raumklang, Bodenreflexion, Kesselfrequenz usw) haben natürlich auch einen Erheblichen Einfluß auf den Klang der Trommel, aber dies mehr in dem es die oben genannten Schwingungen verstärkt bzw. dämpft. Soll heißen, das Klangbild ändert sich, aber in der Regel die Tonhöhe nicht.

Ich bin mir im Klaren darüber, dass es kein Gerät der Welt schaffen wird, mir vollautomatisch meine Trommel auf Klang x zu Stimmen. Wohl aber auf einen Ton x.

Denn es sollte doch möglich sein, eine Stimmhilfe zu entwickeln (sofern das nicht schon getan ist) die mir hilft, meine einzelne Fellschwingungen so zu analysieren, dass es mich anleiten kann, wie ich die einzelnen Spannschrauben anziehen muss, so dass

1.
das Fell in sich Stimmig ist, und
2.
ich geziehlt das Fell auf einen gewünschten Grundton bringen kann.

(Dies soll das Resotune ja auch angeblich machen)

Wenn dies Geschafft sein sollte, kann man ja einfach mal anfangen und das Zusammenspiel zwischen Reso und Schlagfellspannung zu untersuchen, und demenstprechende "Vorschläge" zu deren Verhältnisse zu entwickeln.

Weiterhin wäre es dann Möglich gewisse Tunings Reproduzierbar zu machen. (Vorraussetzung, gleiches Set/Felle)
Es wäre auch denkbar, die Töne der Drums an die Tonart des aufzunehmenden Songs anzupassen.



Naja, dass waren erstmal so meine Gedanken zu diesem Thema. Wie ich mir vorgestellt habe, wie so ein Gerät aussehen könnte, werde ich bei Zeiten mal erleutern. Aber da fehlt mir jetzt die Zeit zu.

Schönen Gruß, Ole
 
Da sind einige grundlegende Fehleinschätzungen enthalten! Wenn wir bei Schlagzeugen von "Stimmung" sprechen, ist selbige nicht gleichzusetzen mit einer Instrumentenstimmung orff´scher Art - es geht vielmehr darum, eine oder mehrere Trommeln zueinander in eine gefällige tonale Abstimmung zu bekommen.
Beispiel: Wenn die Saiten einer Gitarre nicht exakt auf die Grundtöne E, A, D, G, h und e gestimmt ist, klingt sie... grauselig. Sie ist VERstimmt. Grund (stark vereinfacht) ist, dass eine Saite exkat auf eine Grundfrequenz gestimmt werden kann (z. B. A = 440Hz). Die harmonischen Vielfachen dieser Frequenz werden durch den Korpus verstärkt - aber nicht moduliert.
Wenn der Gitarrist von anderen tunings spricht, z. B. dieses berühmte dropped D, werden die Saiten immer noch auf einen (z. T. anderen) Grundton gestimmt.

Eine VERstimmung im orff´schen Sinne gibt es bei einem Schlagzeug von vorneherein nicht, letztlich zählt das persönliche Empfinden. Ob man eine Stimmung mag oder nicht, ist hierbei rein subjektiv und lässt sich nicht an einem "richtigen" oder "falschen" Wert festmachen. Mit einiger Erfahrung und Routine kann man sicherlich Trommeln in einem gewünschten Tonbereich zum Klingen bringen (siehe Terry Bozzio - diesen Wahnsinnigen), aber eine Stimmung AUF einen Ton halte ich für undenkbar, unpraktikabel ist es sowieso.
Klassische Perkussionsinstrumente, wie z. B. Orchester Pauken verhalten sich wiederum anders, diese sind stimmbar, denn Sie verfügen nicht über ein Resonanzfell. Daher werden sie auch zu den sog. Orff´schen Instrumenten gezählt.

Ich kenne besagtes Resotune nicht, vermute aber, dass es durchaus verwendbar sein kann, ein reproduzierbares Ergebnis zu erhalten. Da es aber die vielen anderen Faktoren nicht beeinflussen kann (Raum, Temperatur, Feuchtigkeit,...) glaube ich nicht, dass es sonderlich exakt sein wird.
Im Buch von Nils werden die wesentlichen Merkmale sehr ausführlich beschrieben, in der Tat ist der Punkt "Stimmung in sich selbst" dabei von besonderer Bedeutung. Ebenfalls enorme Auswirkung hat das Verhältnis von Reso- und Schlagfellseite, mag sein, dass ein Helferlein, z. B. die Tama Tension Watch - hierbei nützlich sein kann. Daraus aber eine angenehme und vor allem immer wieder herstellbare Stimmung abzuleiten, halte ich für weit an der Realität vorbei gehofft.
 
Hallo BumTac,

da muss ich was zu schreiben.

...eine Stimmung AUF einen Ton halte ich für undenkbar, unpraktikabel ist es sowieso.
Doch das ist denkbar. Wenn es Intervalle zwischen Toms gibt, dann gibt es auch einen dominanten Ton. Dass die Trommel nicht sehr sauber klingt, liegt an der Obertonreihe der Kreismembran, die nicht harmonisch ist und daher ist der Ton auch musikalisch nicht sehr gut nutzbar.
Auf der CD zu meinem Buch sind Klangbeispiele für Tomsätze in unterschiedlichen Intervallen zu hören. Die Trommeln sind unter Zuhilfenahme eines Melodieinstruments auf konkrete Töne gestimmt, die ich auch angegeben habe. Sehr stabil ist diese Stimmung allerdings nicht.

Klassische Perkussionsinstrumente, wie z. B. Orchester Pauken verhalten sich wiederum anders, diese sind stimmbar, denn Sie verfügen nicht über ein Resonanzfell.
Was immer Orff und Nachfolger dazu schreiben - es liegt NICHT am fehlenden Resonanzfell. Speziell bei Pauken ist das Verhalten dem im Verhältnis zum Felldurchmesser geringen Kesselvolumen geschuldet. Der Luftinhalt wirkt auf den Grundton wie eine Federkraft und gleichzeitig dämpfend. Dadurch verschwindet der Grundton fast ganz, während die Obertöne weniger beeinflusst werden. Im Ergebnis ist der erste Oberton der dominante Ton des Klangbildes. Die weiteren Obertöne verhalten sich in Bezug auf diesen nahezu harmonisch. Deshalb sind die Töne der Pauken musikalisch gut nutzbar.
(sh. "Beiträge zur Psycho- und Vibroakustik - Physikalische und gehörbezogene Analyse von Paukenklängen" von Helmut Fleischer, Heft 2/2008)
Was andere Percussioninstrumente angeht, muss man jeweils genau betrachten, wie die Obertonreihe ausgeprägt ist.

Was zylindrische Trommeln angeht, basiert die klangverändernde Wirkung von veränderten tonalen Verhältnissen zwischen den beiden Fellen genau auf den selben Zusammenhängen.


LG, Nils
 
Hey Nils, ich traue Dir definitiv eine ordentliche Portion mehr an fachlicher Kompetenz zu, als mir selbst. Und dennoch sehe ich offen gestanden gar keinen richtigen Widerspruch in unseren Aussagen!?

Dass die Trommel nicht sehr sauber klingt, liegt an der Obertonreihe der Kreismembran, die nicht harmonisch ist und daher ist der Ton auch musikalisch nicht sehr gut nutzbar.

Kommt das nicht letztlich genau auf das hinaus, was ich selbst schrob?

bumtac schrieb:
...aber eine Stimmung AUF einen Ton halte ich für undenkbar...

Ich will da jetzt keine fachlich-physikalische Grundsatzdiskussion vom Zaun brechen. Mag auch sein, dass Deine Darstellung die technisch gesehen komplettere ist. Im Ergebnis kommen wir zum gleichen Schluß... oder nicht?
 
BumTac
  • Gelöscht von Limerick
  • Grund: Doppelt gemoppelt.
Hmmm....Jein:rolleyes:

Ob es nicht möglich ist einen Ton zu stimmen oder ob man einen Ton stimmen kann, der dann nicht sauber klingt, ist schon ein Unterschied.

Abseits der musikalischen Nutzbarkeit kennen sicher viele Drummer das Phänomen, dass eine bestimmte Trommel in einem Stück an einer bestimmten Stelle nicht gut klingt, während sie sonst gut klingt. Oder dass das Ride in einer Nummer nicht gut klingt. Das liegt dann daran, dass der dominante Ton des betreffenden Instruments nicht zur aktuellen Harmonie des Stückes passt. Meistens liegt es haarscharf daneben, wie bei einer verstimmten Gitarre. Der dominante Ton ist also von Bedeutung, auch wenn er zumeist keinen unmittelbaren musikalischen Nutzen hat.

LG, Nils
 
Das erinnert mich an eine Djembe, die mal in einem musikalischen Kontext genutzt wurde, bei dem ich am Schlagzeug sitzen durfte. Der Pianist war so unglaublich genervt, weil die Djembe ein so reines A lieferte, dass dieses durch die nicht passend gewählte Tonart des Stücks unangenehme Dissinanzen hervorrief.
 

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