Eine Hörerin erzählte mir davon, dass sich Frauen früher Belladonna in die Augen tropften, um ihre Pupillen zu weiten.
Eine Tatsache, die mir nicht bekannt war, deswegen fand sie die Vertonung der Lilie nicht so paßend, ihres Vorwissens wegen.
Zunächst ein kleiner, (er-)klärender Ausflug in die zugehörigen Naturwissenschaften:
Die Hörerin scheint etwas verwechselt zu haben und darüberhinaus wohl auch einer (weit verbreiteten) etymologischen Legende aufgesessen zu sein.
Nicht "Amaryllis belladonna", sondern Extrakte von "Atropa belladonna" (Schwarze Tollkirsche) sollen sich Frauen früher in die Augen geträufelt haben:
Große Pupillen galten während der Renaissance unter europäischen Frauen als schön (bella donna). Das Einträufeln der (S)-Hyoscyamin enthaltenden Tollkirschen-Extrakte in die Augen bewirkte eine bis zu mehreren Tagen anhaltende Pupillenerweiterung (feuriger Blick)
http://de.wikipedia.org/wiki/Atropin#Bedeutung_des_Atropins_in_der_Renaissance
Nach Genaust ist die Erklärung, bella donna (italienisch für schöne Frau) komme daher, dass Hyoscyamin in die Augen geträufelt die Pupillen erweitert und den Augen ein dunkles, glänzendes Aussehen verleiht, eine etymologische Legende.
http://de.wikipedia.org/wiki/Schwarze_Tollkirsche#Namensgebung
Helmut Genaust: Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen. Birkhäuser, Basel 1996, ISBN 3-7643-2390-6
Atropin (Name stammt von "Atropa belladonna") wird in der Augenheilkunde zur Erweiterung der Pupillen eingesetzt.
Die Belladonnalilie hingegen scheint ihren Namen aufgrund ihrer Schönheit bekommen zu haben:
Die Gattung Amaryllis ist nach einer Pflanze benannt, die ein Hirte ihrer Schönheit wegen auf der Flöte gepriesen hat.
Der Artname belladonna ist lateinisch und heißt "Schöne Frau", womit er auf die schönen Blüten Bezug nimmt.
http://www.botanikus.de/Botanik3/Ordnung/Belladonnalilie/belladonnalilie.html
Ich hab mich beim vertonen eher an das Erscheinungsbild der Blume gehalten, als an historische Assoziationen.
Hier meine Assoziationen:
Pusteblume:
Hier kann man sich gut vorstellen, wie sich durch Windstöße (unterschiedlicher Stärke und Dauer) einzelne oder Serien der haarigen Flugschirme der Pusteblume ablösen und davonfliegen.
So gesehen, könnte man die Vertonung ohne weiteres verfilmen.
Amaryllis belladonna:
Die Akkorde zu Beginn wirken mächtig, bei den darauffolgenden hohen Tönen könnte man am ehesten an die Spitzen der Blütenblätter denken oder vielleicht an das Pfeilgift, das man aus "Amaryllis belladonna" herstellen kann? Die Dissonanzen und Bässe später wirken eher bedrohlich.
Die Musik läßt mich allerdings nicht an die Schönheit der Blüten denken.
Man spürt bei beiden Kompositionen, daß sie, handwerklich betrachtet, in sich stimmig erstellt sind.
Viele Grüße
Klaus