Gitarre doppeln - oder das Doppeln faken
Freitag, Juli 16th, 2010
So richtig wirklich fett klingt auch eine verzerrte E-Gitarre erst, wenn sie gedoppelt wird. Dabei spielt der Gitarrist seinen Part nicht nur einmal, sondern mehrfach ein. Das ist nicht einfach, sind die verschiedenen Takes zu weit auseinander, so kann man das nicht verwenden, es klingt dann einfach nur schief und schräg. Aber auch wenn es wirklich sehr sauber mehrfach eingespielt wurde gibt es immer wieder kleine Unterschiede und Schwankungen - und das macht den Reiz aus und den Klang voll. Verwendet man dabei noch unterschiedliche Gain- und Klangeinstellungen, dann kann man beim Mix viel damit anfangen und einen vollen Sound basteln.
Im Studio ist das alles kein Problem und heute die Regel. Was macht man aber bei einem Livemitschnitt? Noch dazu, wenn sowieso nur ein Gitarrist auf der Bühne stand? So richtig fett ist das nicht. Und wohin soll man das pannen? In der Mitte sitzen schon Snare, Bassdrum, Bass, Gesang, da ist kein Platz mehr für die Gitarre. Aber die eine Gitarre nur von einer Seite klingt auch komisch, insbesondere mit Kopfhörer. Da hilft es auch nur bedingt, wenn zwei Mikrofone vor dem Gitarrenamp standen - man hat dennoch dasselbe Signal auf beiden Spuren, auch wenn es leicht unterschiedlich klingt.
Jetzt muss man tricksen, um zwischen diesen Spuren Unterschiede zu erzeugen:
* Eine Spur kann z.B. ein leichtes Chorus bekommen, evtl. sogar eines, das aus einem Mono-Eingangssignal ein Stereo-Ausgangssignal produziert - und diese ganze Gitarrenspur pannt man leicht auf eine Seite.
* Die andere Spur kann ein Tape-Delay erhalten; ein gutes Tape-Delay-Plugin erlaubt einem - so wie es früher die mechanischen Tape-Delays zwangsweise an sich hatten - leichte Schwankungen im Gleichlauf einzustellen, was zeitliche Unterschiede zwischen den beiden Spuren bewirkt und diese Spur pannt man leicht auf die andere Seite.
Als Ergebnis sitzt die Gitarre nun nicht in der Mitte, sondern kommt als breite Wand von links und von rechts und es hört sich an wie zwei Gitarristen, eben weil die Spuren leichte Unterschiede - insbesondere auch zeitlich - haben. Das lässt sich beliebig kombinieren und erweitern, aber das Grundprinzip ist klar. Übertreiben darf man es nicht, denn es ist durchaus mit Kammfiltereffekten zu rechnen, die möglicherweise unerwünschte Auswirkungen auf den Sound haben.
quelle: studio-in-a-box
lg