Digitale Genauigkeit?

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Poppotov
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Ich bitte mich nicht zu steinigen, ich will niemanden belehren. Es handelt sich um eine Spielerei für Neugierige.
Ich besitze viele Quellen, Geräte usw., die einen Metronomclick erzeugen.
Ich nutze analoge und digitale Metronome, Drumcomputer, Software, alles denkbare. Analog, federgetrieben, finde ich tendentiell angenehmer, wobei jedes Metronom immer auch was von Nervenfolter hat.
Hier ein Test: Das analoge Metronom ist bei Tempo 108 ca. 12 bis 16 Schläge "synchron" zum Digitalen, je nach Federspannung, ohne Glocke.
Stelle ich das Analoge auf ein Küchenbrett und erhöhe dies seitlich um einige Millimeter, kippt das Metronom leicht und der Rest ist Physik. Es ist jetzt minimal "triolisch". Das System ist gestört. Genau so mag ich es. Ich bin einfach nicht wirklich binär.
Das Digitale funktioniert auch im Liegen und auf dem Kopf.
Ich weiß, wie man Drumtracks programmiert, die Snare laid usw. usw. Genau deshalb spielt der gekaufe Drumcomputer so oft so grottig, der hört nicht, was ich brauche und will...
Mein allererster Drumcomputer hatte eine Funktion, da konnte man das triolische Feeling auf 50 (=binär), 54, 58, 63, 67% einstellen. Alles viel zu grob. Ich bräuchte 50,25.
Klar, in einer DAW geht alles. Ich will aber ohne Computer "üben".
Steht das analoge Metronom leicht schrägt, ist es nur noch 5-8 Schläge "synchron". Musikalisch macht es nun einen Unterschied, ob die Eins nun links oder rechts gewählt wird.
Wie gesagt, bitte nicht steinigen. Auf meinem Klavier stehen alle Metronome gerade und ich nutze alle zur besseren Abwechslung.
 
Stelle ich das Analoge auf ein Küchenbrett und erhöhe dies seitlich um einige Millimeter, kippt das Metronom leicht und der Rest ist Physik.

Du kannst auch zwei mechanische Metronome nebeneinander auf ein Küchenbrett stellen, das z. B. durch zwei untergelegte leere Getränkedosen leicht in Pendelrichtung ausweichen kann:

1675093599660.png


Dann synchronisieren sich die beiden Metronome automatisch.
Auch Physik. Das war Christiaan Huygens aufgefallen, als er bei einer Seefahrt krank im Bett lag und aus Langeweile zwei Pendeluhren beobachtete.

Viele Grüße
Torsten
 
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Ich hatte genug zu tun mit digitalen Systemen, die "superpräzise" waren... aber nach ein paar Sekunden bereits nicht mehr synchron waren. Deshalb gibt es da Wordclock, sonst wär nix mit irgendwas synchron, schon garnicht auf längere Zeit. Es gibt Arbeiten zu analogen und digitalen Taktgebern, bzw. deren Bezug zueinander, deren Einfluß aufeinander. Irgendwann landest du beim Doppelspaltexperiment...dessen Brisanz darin liegt, daß es eine der heiligsten Kühe der Physik schlachtet.
 
Den Zusammenhang zwischen gekoppelten oder Initialsystemen und dem Welle-Teilchen-Dualismus (aus dem "Doppelspaltexperiment") erschließt sich mir nicht.

Ich weiß jetzt auch gar nicht, ob @Poppotov eine Frage gestellt hat oder nur auf die Problematiken von Genauigkeitsunterschieden und von Zufallsabweichungen (bis hin zu "Chaos in nichtlinearen Systemen") hinweisen wollte. Er kriegt ja analog das, was er will, und digitale Einzelgeräte mit entsprechenden Einstellmöglichkeiten sind ihm nicht bekannt - mir auch nicht, weil ich damit nicht arbeite.
 
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Wenn man György Ligetis "Poème symphonique für 100 Metronome" aufführen möchte, sollen sie auch gar nicht synchronisiert sein. :D
 
Interessante Hinweise zur Physik. Der musikalische Hintergrund ist, dass ich dem Digitalen an sich, mit dem impliziten Produktionsprozess dahinter eine Mitschuld an musikalischer Langeweile gebe. Ich selbst hatte deshalb nur noch mit Tempo-Maps gearbeitet, wenn ich mir ein Backing programmiert hatte. Auch da sind die Schläge aber ohne Eingriffe zu mechanisch genau.
Seltsamerweise sind die besten Recordings von Fremdmusikern zu Aufnahmen von mir entstanden, wenn ich selbst völlig frei gespielt hatte als Vorgabe von Tempo und Feeling. Es gibt gute Musiker!
 
Sterile Tempo-Präzision ist ja auch unmusikalisch (außer man will das so, bei Techno beispielsweise).

Das ist doch aber kein Problem der Digitaltechnik an sich - die bietet eine genügend feine (überaus feine) Auflösung.
Die Ursache des Unnatürlichen ist doch eher, dass man
ein Backing programmiert
statt von einem Musiker einspielen zu lassen (gilt natürlich nicht nur für "Backings").

Maschinell erzeugte oder zusammegeklickte Musik ist eben unmusikalisch. Das ist aber nicht die Schuld von "Digitaltechnik" an sich.
Und: es gibt ja auch analoge Step-Sequencer... Auch völlig Emotionslos und steril.
 
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Du rennst bei mir offene Türen ein. Manches kann man an Maschinen delegieren. Aber Musik entsteht nur durch das Zusammenspiel von mindestens zwei Gehirnen. J.J. Cale ist allerdings eine Ausnahme. Wenn ich zwei Gitarren spiele, die Keys, und singe, können Drums und Bass aber aus der Maschine kommen für "lau". Ich kann keinen Bass. Die Drums bei Cale sind eindeutig auch programmiert. Sehr hörenswert.
 
Bei selbst eingespielten Sachen ist es ja einfach: Man hält sich einfach nicht sklavisch an den Klick oder benutzt ihn nur zu Anfang als Tempoansage und spielt dann frei ein.

Das Problem sind dann ja eher Instrumente, die man programmieren muss, weil man sie nicht selbst einspielen kann (Bass).

Offene Frage: Wenn es Quantisierungsprogramme gibt, müsste es doch quasi auch De-Quantisierungsprogramme geben?
Oder man spielt den Bass händisch über ein keyboard ein und lässt die finale Version durch einen Basser einspielen...

x-Riff
 
Ganz spontan: De-Quantisierung durch einspielen mit 120bpm, dann das Projekt auf 137 umstellen und quantisieren lassen. Danach wieder auf 120. Müsste Chaos geben.
Keine Ahnung ob das funktioniert, ich bin meine eigene De-Quantisierungseinheit. Ich kann meistens nie wirklich den Takt halten (ich bin irgendwie immer auf variable Werte zwischen 40 und 90% eingestellt). :D
 
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Das war Christiaan Huygens aufgefallen, als er bei einer Seefahrt krank im Bett lag und aus Langeweile zwei Pendeluhren beobachtete.
Der ist gut!
Wo immer Huygens krank im Bett lag und die Pendeluhren beobachtete, bei einer Seefahrt wird dies sicher nicht gewesen sein.
Pendeluhren auf einem Schiff - da wird man durchaus interessante Beobachtungen machen. Synchronisieren werden die sich wohl, aber eher zum Rollen und Stampfen des Bugs in den Wellen. Die dabei gemessene Zeit wird zur reinen Phantasie. Interessante Rhythmen wird man so sicher erleben dürfen, aber ganz gewiss nichts gleichmäßig binäres (wäre vielleicht doch etwas für den TE :) )

Die Zeitmessung auf See war der Antrieb schlechthin für die Entwicklung des Federwerk-Chronometers mit Unruh. Und um damit auch noch den Längengrad ermitteln zu können, mussten die zudem möglichst hochpräzise sein. Hat lange gedauert, bis es soweit war (siehe hier: Längenuhr)
 
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Wo immer Huygens krank im Bett lag und die Pendeluhren beobachtete, bei einer Seefahrt wird dies sicher nicht gewesen sein.
Pendeluhren auf einem Schiff - da wird man durchaus interessante Beobachtungen machen.
Ist halt eine schöne Anekdote, die man immer wieder hört.

Aber Tatsache ist, dass man zur Navigation auf Schiffen die genaue Zeit benötigt und Huygens zu diesem Zweck eine spezielle Doppel-Pendeluhr entwickelt hat. Mit spezieller Aufhängung und schwerem Gehäuse, um einen möglichst genauen Lauf (trotz des Rollens) zu erreichen.
Zwei Uhren eigentlich nur zur Sicherheit, falls eine der beiden ausfallen sollte.

1675116053002.png


Und dann hat er überraschend und mehr oder weniger zufällig die Beobachtung gemacht, dass sich die beiden Uhren aufgrund der speziellen "weichen" Aufhängung gegenseitig synchronisiert haben.
Also genau der Effekt, der sich durch den Küchenbrett-Aufbau mit leeren Getränkedosen auch einstellt.

Viele Grüße
Torsten
 
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Off-topic (wenn ich so drüber nachdenke):
Die Geschichte mit dem kranken Huygens auf einer Schiffsreise ist zugegebenermaßen wohl ebenso eine Legende wie die von Newton unter dem Apfelbaum.
A propos Newton: Belegt ist hingegen, dass der große Newton die Katzenklappe erfunden hat, weil er davon genervt war, wenn beim konzentrierten Arbeiten ständig die Katz' rein- und rausgelassen werden wollte. :ROFLMAO:
Oder dass die Brüder Montgolfier bei der Erfindung des Heißlufballons von schweren Gewitterwolken inspiriert wurden und glaubten, die schweren Wolken flögen nur deshalb, weil sie so dunkel bis schwarz waren.
Deshalb hatte man bei den ersten Heißluftballons tatsächlich nasses Stroh verbrannt, damit die Luft schön schwarz wurde. Dass der eigentliche Grund die geringe Dichte der heißen Luft war, war ihnen (zumindest am Anfang) nicht bewusst.
Physik ist lustig. :)
 
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Danke @Be-3 für die Info zu der seetüchtigen Pendeluhr von Huygens!
Der Aufwand war offensichtlich nicht gering und diese Pendeluhr hat sich schließlich auch nicht durchsetzen können. Falsche Längengradmessungen haben damals manch ein Schiff in die Katastrophe des Auffahrens auf ein Riff geführt. Die nötige seetüchtige Präzision über einen längeren Zeitraum konnten dann erst die Chronometer liefern.

Die beiden Pendel synchronisieren sich im Übrigen nach einiger Zeit auch an Land, nämlich wenn sie so an einer gemeinsamen Befestigung angebracht sind, z.B. in einem gemeinsamen Gehäuse, dass diese Befestigung/das Gehäuse Schwingungen übertragen kann, wobei diese Übertragung nur ganz minimal sein braucht (wie dein Experiment es ja zeigt).
Hygens konnte diese Beobachtung also auch an Land gemacht haben.

Wie fatal eine ungewollte Synchronisation sein kann, zeigt das tragische Schicksal der Glocke "Die Stumme von Köln", die große Kaiserglocke, die 1874 im Kölner Dom aufgehängt wurde. Die hat nie richtig geläutet, da der in der Glocke aufgehängte Klöppel exakt synchron zum Ausschlag der Glocke selber mit pendelte. Damit blieb der Klöppel scheinbar in der Mitte stehen und konnte nie am Rand anschlagen - sie blieb also stumm.
Man hatte zufälligerweise den Klöppel genau so dimensioniert und aufgehängt, dass er phasengleich mit der Glocke schwang. Da man damals das System zweier gekoppelter Pendel (Doppelpendel) noch nicht verstand, konnte sie nur mit einem Beeinflussen der Klöppelschwingung von außen über ein Seil zum Klingen gebracht werden, aber auch das nur unbefriedigend, weil der Anstoß am Schlagrand auf diese Weise zu sehr gedämpft wurde. 1918 wurde sie dann zu Kriegszwecken abgehängt, zerlegt und eingeschmolzen (https://www.welt.de/wissenschaft/article124532274/Warum-die-Kaiserglocke-des-Doms-stumm-blieb.html)

Jetzt aber genug OT ;)
 
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Jetzt aber genug OT ;)

Also zurück zu Ligeti mit seinen 100 Metronomen.
Die Partitur besteht im wesentlichen aus einer Seite, auf der beschrieben wird, wie man um alles in der Welt 100 Metronome auftreiben kann. :rofl:
 
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Dein beschriebenes Phänomen hat wie schon beschrieben nichts mit digitaler (horizontaler / zeitlicher) Auflösung zu tun, sondern ob man ein Klick genau auf den Taktzählzeiten setzt oder nicht. Die heutigen Computer und Treiber sind schnell genug, um solche leichten Zählzeitabweichungen genau genug aufzunehmen. In einer DAW kannst du mit Midi Noten alles einprogrammieren wie du willst (man muss nur das snapping zum Grid deaktivieren). Dann als Audio Datei exportieren und diese Dateien zum Üben mit Bluetoothbox oder Handy abspielen. Als Alternative kannst du mit einem Looper Pedal den Takt selbst einspielen. Bestimmt gibt es auch digitale Metronome die das können:gruebel: aber ein Looper Pedal ist sowieso eine sinnvolle Anschaffung.
Die meisten groovigen Rhythmen haben so einen leichten Versatz drin. Man kann in einer Band auch mit Absicht leicht versetzt gegeneindander spielen und so einen bestimmten Groove erzeugen. Der Gittarist Stevie Ray Vaughan nutzt eine Art kreisende Handbewegung seiner Anschlaghand um den Texas Shuffle zu spielen und Ringo Starr hat eine spezielle Schulterbewegung: Ringo Starr Shows How to play
Diese leichten Abweichungen sind natürlich und uns quasi schon in die Wiege gelegt, das sieht man z.B. auch am Hopserschritt von Kindern. Musiktheorie gibt es dazu auch reichlich: Einfach mal nach Synkope suchen.
 
Synkopen habe ich schon viele gefunden. Aktuell suche ich noch nach einer winzigen Bastellösung, um auf das Pendel des Metronoms eine winzige Unwucht anzubringen (z.B. Kugelschreiberfeder mit Pappfahne), die mitschwingt, wenn das Metronom mitschwingt (vgl. Doppelpendel). Ich will es zu Fehlern im "unhörbaren Millisekundenbereich animieren.
Zweitens hätte ich gerne ein Metronom aus teuerstem Echtholz in der Form einer Skulptur, eines Kunstwerks. Irgendetwas, was beim Anblick Begeisterung und Verwunderung auslöst. Oder was total poppiges oder Jugendstil-Verzierungen. Jedenfalls nicht Plastik, nicht günstig oder gar billig.
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Ein Kratzgeräusch durch das Pendel fand ich auch lustig, zerstört aber die BPM-Einstellung völlig. Also, im Prinzip das Feder-Metronom zu einer Art Spieluhr mit Drumgeräuschen ausbauen...
 
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Offene Frage: Wenn es Quantisierungsprogramme gibt, müsste es doch quasi auch De-Quantisierungsprogramme geben?
Ja, gibt es. Müsste eigentlich so ziemlich jede DAW eingebaut haben. Das nennt sich dann "Humanizing". Und Facebook belästigt mich seit einiger Zeit mit einer Werbung für ein Plugin (glaube ich), das verspricht, allzu mechanischen MIDI-Spuren wieder mehr Leben einzuhauchen. Ich muss dabei ungläubig den Kopf schütteln und denke mir: "Feeling kriegst du damit auch nicht hin. Spiel es einfach selbst ein."

Es gibt inzwischen viele Beispiele für elektronische produzierte Musik mit jeder Menge Leben. Meine persönliche Einschätzung: elektronische Musik hat sich inzwischen so weit entwickelt, dass sie den Reiz elektronischer Musik damit verbindet, wie intuitiv ein guter Musiker ein akustisches Instrument spielen kann. Deswegen bevorzugen etliche Leute auch nach wie vor Synthesizer in Keyboard-Form statt Software-Plugins, weil man immer den direkten, haptischen Zugriff auf alle möglichen Parameter hat. Es gibt etliche Bands, die elektronische Musik live aufführen. Zugegeben, die meisten von denen dürften wohl einen exakten Click verwenden. Aber live sind ihre Auftritte trotzdem, und für mich fühlt sich das kein Stück mechanisch an. Rüfüs Du Sol wäre da so ein Beispiel. Dann gibts auch Stücke wie "Opus" von Eric Prydz. Ich weiß nicht, wie er das produziert hat, aber die Tempowechsel fühlen sich für mich organisch an und nicht einfach in der Automation zusammengeclickt.

Ohne dass ich sagen will, dass ich das eine oder andere besser finde (dafür hab ich eh keine ausreichend eindeutige Meinung), kann man festhalten, dass man sich in vielen Genres mit der Frage beschäftigt, wie viel rhythmische und Intonations-Exaktheit überhaupt wünschenswert ist, und an welcher Stelle menshcliche "Ungenauigkeit" genau das ist, was man braucht, damit sich Musik lebendig anfühlt.
 
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