Eines vorweg: ich bin definitiv kein Fanboy von Jon. ^^
Was mich bei dem Herrn aus Holland allerdings immer wieder wundert: Dass er einerseits so sehr auf IRs schwört, andererseits aber auch so stark auf echte Amps. Für die gibt es ja heutzutage ebenfalls immer besser werdende Simulationen. Vor allem hat er ja auch noch manche Topteile da stehen, die sich sehr ähnlich sind (mehrere Orange Lunchbox Amps, ENGL Fireball 100n + Powerball II + Fireball 25 + Ironball SE etc.).
Andere sammeln Autos, Jon sammelt Amps, die er sich über seine Videos als Influencer "finanziert". Er macht bisweilen ja immer mehr "gesponserte" Videos, bei denen er mitunter die Hardware für ein Video gestellt bekommt und damit quasi Werbung für das Produkt macht. Wenn ich Kohle und Platz hätte, würde ich mir auch noch einige Amps für meine Sammlung zulegen. ^^
Ich finde, dass reale Amps benutzen, das Benutzen von IRs nicht ausschließt. Ich benutze selbst "IRs" von Two Notes, um zB. meinen Marshall-Preamp über den EQ hinaus anders klingen zu lassen. Ich besitze zwar auch zwei Cabs mit unterschiedlichen Speakern im Proberraum, aber für zuhause sind die IRs in vielerlei Hinsicht zumindest für mich praktischer.
Ja, bei den Kemper-Profilen merke ich immer wieder so eine gewisse Kälte im Sound. Im Metal und bei anderen Highgain-Sounds ist das zweitrangig, vor allem im Mix — wenngleich es mir beim Einspielen immer noch auffällt. Wofür Röhrenamps mMn weiterhin ungeschlagen sind, sind Crunch-Sounds, die genau diese Wärme brauchen, um authentisch nach Classic Rock zu klingen und eben nicht nach digitaler Nachahme.
Eije, da will ich ehrlich gesagt kein Fass aufmachen. Ich besitze keinen Kemper und meine Zerre hole ich entweder aus Röhren-Preamps, Röhrenvollamps oder analogen Distortionpedalen. Nur soviel dazu; es gibt im Netz genügend Videos mit verschiedenen Qualitätstufen, die einem im Blindtest verdeutlichen sollen, dass es zwischen Profilen und echten Amps kaum bis keinen Unterschied gibt und die Kommentare darunter sind bisweilen ganz amüsant zu lesen. Ich mag es lieber analog, weil ich einfach ein Fable für die "alte" Technik habe (unabhängig vom Sound), bin aber wie man an den IRs sieht, neuerer Technik nicht abgeneigt, wenn ich einen praktischen Nutzen davon habe. Für ein (Home-)Studio ist jedenfalls ein Kemper schon eine interessante Geschichte, wie ich jetzt wieder beim Einspielen für das neue Album gemerkt habe. ^^
Die OwnHammer Heavy Hitters I habe ich mir jetzt durch Sonic Drive Studios einmal selbst zugelegt. Sie klingen auf jeden Fall höherwertig für meine Ohren als die mitgelieferten Cabinets vom Kemper. Andererseits walzen sie halt auch über jeden Sound ihre eigene Identität drüber. Wenn ich an den ganzen Parametern im Rig Manager herumstelle, frage ich mich irgendwann, ob ich hier eigentlich noch verschiedene Amps austeste (ENGL vs. Marshall vs. Diezel etc.), oder den Sound viel stärker durch die gewählten IRs beeinflusse. Das Mesa 4x12 Cab aus den Heavy Hitters z.B. klingt dunkler als das von Marshall, wenn man bei beiden die V30-Variante nimmt. Wenn die Amp-Simulation etwas zu viele Höhen hat, nehme ich also eher die Mesa-Cab-Simulation, ansonsten eher die von Marshall.
Du meinst sicher die Mesa Cab von Kemper, nicht Marshall, oder? Aber ja, ich musste auch lernen, dass Cabs mitunter einen größeren EInfluss auf den Sound haben, als Amps, Röhren im Amp, Pickups in der Gitarre usw. Das habe ich aber auch erst mit IRs gemerkt. Bei Jon könnte ich mir vorstellen, dass er gerne eine gewisse Basis zB die Ownhammer Cabs holt, weil das sein Sound ist und er auf Grundlage dieser Basis die verschiedenen Amps gegeneinander testet. Was mitunter ja auch Sinn macht, da man ja nur mit der gleichen Basis, Unterschiede im Sound beim Amp ausmachen kann. Und ja, es stimmt schon, dass bei Jon alles irgendwie gleich "fett" klingt. Aber das ist halt der Sound, wie er sich seinen Metal-Sound vorstellt. Ich vermute, dass er auch die Amps so EQd, dass es immer Richtung seines "Lieblingssound" klingt. Bin mir jetzt nicht sicher, ob er auch wie Leon Todd ausgehen von der Mittelstellung, den Amp einstellt, so dass man auch den Amp in Neutralstellung mal hört. Ich glaube nicht. Aber in Vergleichvideos verschiedener Amps merkt man dann auch einfach, dass sich die Amps vom Sound bei entsprechender EQ-Einstellung kaum unterscheiden, insofern es die YouTube-Qualität es erlaubt feine Nuancen rauszuhören. Für mich heißt das dann einfach, dass ich Amp XYZ nicht brauche, wenn ich Amp ABC schon habe.
Kyle Bull zB hat ja ein anderes Konzept. Er testet alle seine Amps via Mesa 412er Cab und einem SM57., wenn ich mich richtig erinnere. Nur so als Beispiel.
Der Amp macht für mein Ohr vor allem noch die Verzerrungs-Struktur aus. Also bei ENGL etwas dunkler, glatt poliert, schneidend, „kalt“; beim Mesa Boogie Rectifier obenrum „brizzelig“ und unten rum übertrieben komprimiert (bin ich kein Fan von, da man, genau wie „der Olli von Session“ beschrieben hat, den Unterschied zwischen palm mute und offen kaum noch erkennt). Stärker gescooped als ein Marshall klingen beide. Abseits dieser drei Hersteller (ENGL, Marshall, Mesa) fällt es mir jedoch schwer, die Amps auseinanderzuhalten. Ich könnte jetzt z.B. nicht sagen, was die Charakteristika der Verzerrung von Peavey / EVH, Revv, Hughes & Kettner oder Diezel sind.
Ob man die Characteristika der Verzerrung eines Amps anhand des Herstellers ausmachen kann, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Also mein Fireball klingt anders als ein Engl Blackmore zB. Das hatte ich schon ausprobiert. Und auch mein Peavey Rockmaster und mein Triple XXX klingen definitiv anders als ein 5150, der ja gerne als Referenzsound für Peavey genommen wird. Wobei gerade beim 5150 im Metalbereich der "Referenzsound" ja eigentlich mit einem Booster davor, wie dem Tubescreamer, erzeugt wird. Gleiches gilt für den Mesa Dual Rectifier. Auch die Marshalls werden gerne geboostet. Mache ich mit meinem JMP auch nicht anders.
Würde mich aber auch interessieren, ob es wirklich stimmt, dass ein Marshall, egal welches Modell immer nach einem Marshall klingt oder ob die Mesas auch alle ziemlich gleich klingen usw. Aber bei Peavey zumindest klingen die Modelle von der Verzerrung her schon unterschiedlich. Ich hatte mal einen Valveking. Der klingt definitiv anders als mein Triple XXX. Der Rockmaster geht dann schon wieder eher in Richtung Triple XXX, nur etwas mehr "vintage" und der 5150 ist nochmal anders.
Wenn man Jons Sound mag und einen der getesteten Amps besitzt, hat man zB ne gute Referenz, wie man an den Sound für's Recording rankommt. Außerdem finde ich seine Art, wie er die Amps testet sehr gut. Wie er zB einzelne Funktionen des Amps beschreibt usw. Und auch sein "subjektives" Fazit gefällt mir ganz gut. Aber ja, das ist natürlich Geschackssache.
Mich gefangen hat er natürlich mit seinem Video über den Marshall JMP und wie er damit den Deftones Sound hinbekommt. Auch wenn die Zeiten, als ich noch Deftones gehört habe, schon lange zurück liegen. ^^