
Guvnor
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Servus,
ich hatte gerade wieder ein paar Gedanken im Kopf, die ich einfach ganz gerne mal niederschreiben wuerde, in der Hoffnung, dass sie vielleicht irgendjemandem von Nutzen sein koennen
Dazu kurz was zu mir selbst: Ich bin kein Gitarren-Gott, ich spiele auch aktuell nicht in einer Band, und ich bin oft zu faul zum Ueben. Trotzdem ist Gitarre-spielen nach wie vor eins meiner Hobbies und im Laufe der Jahre habe ich auch eine gewisse Entwicklung durchgemacht. Von dieser moechte ich nun ein bisschen berichten, vielleicht hilft sie ein paar jungen Gitarren-Spielern, sich ein wenig in der Welt der Gitarren zurechtzufinden
Angefangen hat das ganze bei mir, als ein Band-Kollege seine E-Gitarre in meinem Zimmer deponiert hat. Ich war 16 und war Keyboarder, unsere Band bestand eigentlich nur aus uns zweien zu dieser Zeit, er spielte anfangs Akustik-Gitarre, bekam dann aber eine alte E-Gitarre vererbt, aber keinen passenden Verstaerker dazu, sodass er zuhause damit nicht viel anfangen konnte, also liess er sie in meinem Zimmer in einer Ecke stehen und benutzte sie nur, wenn wir zusammen geprobt haben. Da ich mich schon immer irgendwie fuer E-Gitarre interessiert hatte, habe ich sie sodann immer wieder heimlich aus der Ecke genommen und darauf rumgeklimpert. Dies fuehrte schliesslich dazu, dass ich mir das Gitarre-Spielen selbst beibrachte. Inzwischen bin ich uebrigens fast doppelt so alt (werde naechstes Jahr 32).
Jedenfalls hatte ich mich damals dann auch viel mit Gitarren und Effekten usw beschaeftigt, im Internet in Foren gelesen und geschrieben usw, und da war immer wieder die Rede vom "eigenen Sound". Jeder Gitarrist wuerde irgendwann zu seinem "eigenen Sound" finden. Damals dachte ich mir, das trifft doch eigentlich hauptsaechlich auf diejenigen zu, die eigene Songs schreiben und daher natuerlich auch ihren eigenen Sound haben wollen. Ich selber spielte mit meinem Kumpel allerdings in einer Cover-Band, und ich fand es erstrebenswerter, den Sound der Vorbilder nachzuahmen. So kam es dann auch, dass ich meinem Kumpel sogar ein DIN A4-Blatt ausdruckte mit verschiedenen Einstellungen fuer ein Zerr-Pedal, fuer jeden Song, den wir spielten. Das Pedal besorgte ich ihm damals zum Geburtstag (bezahlt wurde es vom gesamten Freundeskreis), somit war es anfangs erstmal in meiner Obhut, und da ich auch seine Gitarre hatte, konnte ich diese verschiedenen Einstellungen gleich mal ausprobieren und aufnotieren.
Hier sind wir schonmal bei den ersten beiden Dingen, die ich gelernt habe:
- Erstens, das Pedal habe ich, ohne wirklich Ahnung von der Materie zu haben, in einem Gitarrenladen gekauft. Ich liess mich einfach vom Verkaeufer beraten, aber der hat mir eigentlich nur ein einziges Pedal gezeigt, naemlich die Ibanez SM-7 Smash Box. Da ich 16 war, ging er wohl davon aus, dass ich einen sehr modernen, Limp Bizkit-artigen Sound haben wollte - was aber eigentlich gar nicht der Realitaet entsprach. Er hat mir dann ein bisschen was vorgespielt, und ich fand natuerlich schon, dass sich das ziemlich geil anhoerte. Aber ich hatte keine Ahnung, wie viele Verzerrer es ueberhaupt gibt, und wie unterschiedlich die sein koennen. Heute weiss ich natuerlich, dass es hunderte, wenn nicht gar tausende gibt. Damals dachte ich womoeglich, es gibt vielleicht 3-4 verschiedene, und das was der Verkaeufer mir da zeigt, wird schon taugen. Es klang ja auch gut. Spaeter wurde mir aber klar, dass ein anderes Pedal sicherlich passender fuer unsere Musik gewesen waere (wir haben im Grunde "von allem etwas" gespielt, wie so eine "typische" Coverband halt. Da haette ein Boss SD-1 oder sowas sicherlich besser gepasst).
- Zweitens, die Sache mit den verschiedenen Einstellungen pro Song war natuerlich total ueberfluessig. Nicht nur, weil mein Kumpel den Zettel eh nie wirklich beachtet hat (wahrscheinlich aber eher aus Faulheit
), und weil es auch sehr unbequem waere, fuer jeden Song sich buecken zu muessen, um einen anderen Sound zu waehlen - nein, auch weil es einfach nicht notwendig ist, jeden Sound 1:1 zu kopieren. Es ist wichtiger, EINEN richtig guten Sound zu haben, als jeden Sound exakt nachbasteln zu wollen, was einem eh nicht immer gelingen wird. Ich habe dann in der weiteren Band-Zeit, in der ich irgendwann dann selbst auch Gitarre spielte, zwei Zerr-Pedale verwendet, einmal die SM-7, die ich mir selbst auch gekauft habe, weil ich zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht wusste, dass es da draussen noch ganz andere Pedale gibt, und ein Guyatone Tube Distortion, der mir von einem Bekannten ueberlassen wurde. Dieser klang herrlich anders, viel roehriger und softer, und dadurch auch viel rockiger und wenig "metaliger". Also hatte ich nun zwei Sounds auf meinem "Pedal Board" (das noch durch ein WahWah-Pedal ergaenzt wurde, dazu spaeter mehr), und ich merkte auch, dass ich da gar nicht so viel dran rumdrehen will, sondern ich stelle einfach zwei gute Sounds ein, ein Rock- und ein Metal-Sound, und habe damit schon eine recht breite Palette.
Nun, weiter in der Entwicklung. Ich bekam so langsam Lust auf die ganzen Effekte, und hatte auch immer den Traum, eines Tages ein prall gefuelltes Pedal-Board zu besitzen, auf dem sich viele bunte Treter befinden, mit denen ich allerhand Sounds machen kann. Modeling-Geschichten wie den Line6 POD fand ich auch interessant, allerdings habe ich da schnell gemerkt, dass mir zumindest beim POD der Sound einfach nicht so recht gefaellt. Der klang fuer mich immer so Studio-maessig, irgendwie hat der mich live nie richtig ueberzeugen koennen. Ich dachte eher daran, vielleicht noch einen weiteren Verzerrer zu haben und ein paar Effekte wie Delay usw. Wie bereits erwaehnt, kam dann erstmal ein WahWah-Pedal hinzu, weil ich das mal kurz bei einem Bekannten getestet habe und cool fand. Allerdings kam hier bereits der naechste Fehler. Ich ging mal wieder mit meinem Vater in einen Gitarrenladen, und kaufte sogar ohne zu testen (!) ein Morley-Wah mit Lautstaerke-Funktion. Irgendwo hatte ich gehoert, dass Morley gut ist, und ich dachte mir halt, was kann an einem Wah-Pedal schon grossartig anders klingen. Also wurde das einfach gekauft und zuhause ausprobiert. Jedoch merkte ich schnell, dass mir der Sound irgendwie nicht so 100% zusagte. Trotz allem dachte ich, dass das nicht am Pedal liegt, sondern an meinen Einstellungen, Verzerrern, der Reihenfolge der Verkabelung und was weiss ich noch. Mit der Zeit merkte ich aber auch, dass ich die Wah-Funktion eigentlich kaum nutze, weil ich eigentlich gar nicht so der Wah-Mensch bin. Daher wurde es dann fast ausschliesslich als Lautstaerke-Pedal verwendet und in unserer Band gab es glaube ich nur einen einzigen Song, wo die Wah-Funktion ueberhaupt drin vorkam. Heute wuerde ich aber wahrscheinlich auch diesen einfach ohne Wah spielen
Hier gab es also wieder was zu lernen:
- Geraete ohne zu Testen zu kaufen ist nicht gut. Selbst wenn man gehoert hat, dass es gut sein soll, und sich vorstellt, dass es da kaum Unterschiede geben kann. Das gilt eigentlich fuer alle moeglichen Dinge, nicht nur Effekte. Letztendlich muss man alles mal ausprobieren und auch wirklich auf sich selbst hoeren, um zu beurteilen, ob einem das zusagt. Ich weiss, es klingt als sei ich ein richtig dummer naiver junger Mensch gewesen. Aber ich koennte mir gut vorstellen, dass es recht viele Faelle gibt, in denen so oder aehnlich gehandelt wird. Gerade in dem Alter ist einem oft wichtiger, was andere sagen, als das, was man selbst drueber denkt. Also kauft man dieses und jenes Pedal (bzw Geraet, Gitarre, Amp, Produkt) weil man halt gehoert hat, dass das gut sein soll, oder weil es das persoenliche Gitarren-Vorbild auch benutzt.
In meinem weiteren Verlauf kamen und gingen dann noch ein paar weitere Verzerrer, bis ich irgendwann eben wirklich gemerkt habe, dass das eigentlich alles (zumindest fuer mich) totaler Bullshit ist, und dass es eigentlich wirklich drauf ankommt, seinen "eigenen Sound" zu haben - selbst wenn man in einer Coverband spielt. Ich bin irgendwann beim Boss Blues Driver gelandet, ein Pedal, das ich auch heute noch jedem empfehlen kann, es zumindest mal auszuprobieren. Habe dazu auch schon mal ein Review hier im Forum verfasst (Link: https://www.musiker-board.de/threads/effekt-boss-bd-2-blues-driver.331382/ ). Das tolle an diesem Pedal ist, dass es "meinen" Sound liefert. Genau so stell ich mir den idealen Gitarren-Sound vor, und genau so moechte ich spielen. Egal, welche Musikrichtung. Man muss dazusagen, dass das Pedal einen recht hohen Gain-Spielraum hat, von Clean bis Hard Rock, aber stets mit dem Grund-Sound, den ich geil finde. Ich wuerde mit diesem Pedal auch in einer Metal-Band spielen. Zumindest wuerde ich es mal versuchen
Das Pedal-Board existiert auch nicht mehr. Ich brauche keinen Effekt-Park vor mir, ich brauche nur den einen Verzerrer, der mir meinen Sound liefert. Natuerlich haengt dies auch von der Musikrichtung ab, wenn ich nun in einer Psychedelic-Band spielen wuerde, dann wuerde ich wahrscheinlich auch ein Delay oder sowas brauchen, das ist klar. Deshalb sollte man meine Aussagen auch nicht allzu woertlich auf seine eigene Situation beziehen - es geht nicht drum, nur 1 Pedal zu nutzen, sondern es geht mehr um das, was hinter dieser ganzen Aussage steckt, naemlich sich auf den eigenen Sound und die eigenen Beduerfnisse zu konzentrieren.
Spaeter habe ich sogar noch einen Amp gefunden, der "meinen" Sound liefert, naemlich der Fender Blues Junior. Da brauche ich nicht einmal mehr den Blues Driver, der klingt auch so schon, wie ich mir den idealen Gitarren-Sound vorstelle. Und nein, ich bin kein Blues-Gitarrist, auch wenn man das meinen koennte, wenn man dauernd von "Blues" liest. Ich spiele hautpsaechlich Rock, Rock'n'Roll, Hard Rock, bis hin zu Metal (allerdings nicht mehr so viel), trotz allem liefern mir diese Geraete mit dem Wort "Blues" im Namen genau den Sound, den ich dafuer brauche
Auch was die Gitarre angeht, hatte ich im Laufe der Jahre immer wieder mal irgendwelche Vorlieben, ich wollte z.B. ganz gerne mal die Ibanez Iceman haben, weil Paul Stanley von Kiss diese auch benutzt und ich eine zeitlang sehr viel Kiss gehoert habe. Die Iceman gefaellt mir auch nach wie vor, aber ich glaube heute wuerde ich mir damit wie ein Moechtegern-Paul-Stanley vorkommen. Auch die rote SG von Angus Young hat mir eine zeitlang sehr gefallen, aber wahrscheinlich auch hauptsaechlich, weil er sie spielt. Letztendlich gab es aber ein Modell, das mir irgendwie schon immer gefallen hat, naemlich die Explorer. Und diese verbinde ich direkt mit keinem bestimmten Gitarristen (auch wenn ich natuerlich ein paar kenne, die eine spielen). Sondern diese Gitarre liebe ich einfach wegen der Gitarre selbst. Und inzwischen habe ich sie schon seit 4 oder 5 Jahren und bin supergluecklich damit. Denn sie ist - fuer mich - total bequem zu spielen, viel bequemer als meine Les Paul, und ich finde, sie passt auch perfekt zu mir. Sie ist einfach "meine" Gitarre. Seit ich die habe, moechte ich auch gar keine andere mehr. Es gibt natuerlich immer noch einige, die mir gefallen, aber warum sollte ich mir die kaufen, wenn ich mich auf meiner Explorer bereits wie zuhause fuehle. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass eine andere Gitarre mir noch besser liegen koennte. Ich will einfach, gefuehlt fuer den Rest meines Lebens, voellig egal welche Musikrichtung und in welcher Band, mit meiner Explorer und meinem Blues Junior (oder dem Blues Driver) MEINEN Sound spielen.
So, nun komme ich dann mal langsam zum Ende...
Ich denke, was ich insgesamt damit sagen moechte, ist: Ihr solltet, zumindest meiner Meinung nach, euch nicht zu sehr an dem orientieren, was eure Helden benutzen, was irgendwelche Foren euch sagen, usw, sondern ihr solltet tatsaechlich euren eigenen Sound finden, euer eigenes Equipment, und nicht irgendwelchen Idealen nacheifern. Wenn man jung ist, neigt man gerne dazu, andere kopieren zu wollen. Das kann sogar soweit gehen, dass man sich die gleiche Gitarre kauft wie sein Vorbild. Und versucht, den Sound und die Spielweise zu kopieren. Das ist vielleicht auch zum Teil gar nicht so verkehrt, dadurch lernt man ja auch einiges ueber das Einstellen von Sounds usw, ich denke meine "DIN A4-Blatt-Aktion" war auch nicht ganz verkehrt, somit wurde ich mit den Reglern des Pedals vertraut und habe gelernt, meinen Sound zu formen. Aber letztendlich sollte man nicht ewig solchen Dingen nacheifern und die perfekte Kopie anstreben. Macht euer eigenes Ding - selbst wenn ihr in einer Coverband spielt - letztendlich wird das immer mehr Hand und Fuss haben, als der Versuch, etwas sein zu wollen, was man nicht ist und auch nicht erreichen kann.
Ich hoffe, ihr seid beim Lesen nicht eingeschlafen, mal schauen, ob ihr aehnliche Erfahrungen berichten koennt oder womoeglich eine andere Sichtweise habt
---
Noch ein kurzes Nachwort: Wie bereits erwaehnt, muesst ihr mir nichts glauben, sondern eure eigenen Erfahrungen machen. Das da oben ist meine eigene Geschichte und mein eigenes Empfinden, und je nach Musikrichtung oder Geschmack habt ihr vielleicht andere Vorstellungen und Ziele. Ich sage nicht konkret, dass ihr kein Pedal-Board haben sollt, oder dass ihr zwingend alle Songs mit dem gleichen Sound spielen muesst, oder dass ihr euch nicht die Gitarre eures Vorbilds kaufen duerft. Dennoch glaube ich, dass die Essenz, die darin steckt, hilfreich sein kann, auch wenn ihr andere Musik macht als ich und andere Menschen seid als ich.
---
Und noch was: Ich habe nach wie vor ab und zu das Beduerfnis, ein paar neue Effekte auszuprobieren. Habe mir in den letzten 1-2 Jahren auch zwei neue Verzerrer gekauft, einmal den Big Muff Pi Nano, den ich aber vor kurzem wieder verkauft habe, weil er nicht zu mir passt, und den Ibanez Jet Driver, der innerhalb der 30-Tage-Garantie wieder zurueckging. Er klang zwar gut, aehnlich wie mein Blues Driver, nur mit noch etwas mehr Moeglichkeiten. Aber was nuetzen mir die Moeglichkeiten, wenn ich ihn letztendlich doch immer nur so einstelle, wie bereits mein Blues Driver klingt? Richtig, nix. Ich habe nunmal meinen Sound gefunden, was will ich da mit mehr Flexibilitaet?
ich hatte gerade wieder ein paar Gedanken im Kopf, die ich einfach ganz gerne mal niederschreiben wuerde, in der Hoffnung, dass sie vielleicht irgendjemandem von Nutzen sein koennen
Dazu kurz was zu mir selbst: Ich bin kein Gitarren-Gott, ich spiele auch aktuell nicht in einer Band, und ich bin oft zu faul zum Ueben. Trotzdem ist Gitarre-spielen nach wie vor eins meiner Hobbies und im Laufe der Jahre habe ich auch eine gewisse Entwicklung durchgemacht. Von dieser moechte ich nun ein bisschen berichten, vielleicht hilft sie ein paar jungen Gitarren-Spielern, sich ein wenig in der Welt der Gitarren zurechtzufinden
Angefangen hat das ganze bei mir, als ein Band-Kollege seine E-Gitarre in meinem Zimmer deponiert hat. Ich war 16 und war Keyboarder, unsere Band bestand eigentlich nur aus uns zweien zu dieser Zeit, er spielte anfangs Akustik-Gitarre, bekam dann aber eine alte E-Gitarre vererbt, aber keinen passenden Verstaerker dazu, sodass er zuhause damit nicht viel anfangen konnte, also liess er sie in meinem Zimmer in einer Ecke stehen und benutzte sie nur, wenn wir zusammen geprobt haben. Da ich mich schon immer irgendwie fuer E-Gitarre interessiert hatte, habe ich sie sodann immer wieder heimlich aus der Ecke genommen und darauf rumgeklimpert. Dies fuehrte schliesslich dazu, dass ich mir das Gitarre-Spielen selbst beibrachte. Inzwischen bin ich uebrigens fast doppelt so alt (werde naechstes Jahr 32).
Jedenfalls hatte ich mich damals dann auch viel mit Gitarren und Effekten usw beschaeftigt, im Internet in Foren gelesen und geschrieben usw, und da war immer wieder die Rede vom "eigenen Sound". Jeder Gitarrist wuerde irgendwann zu seinem "eigenen Sound" finden. Damals dachte ich mir, das trifft doch eigentlich hauptsaechlich auf diejenigen zu, die eigene Songs schreiben und daher natuerlich auch ihren eigenen Sound haben wollen. Ich selber spielte mit meinem Kumpel allerdings in einer Cover-Band, und ich fand es erstrebenswerter, den Sound der Vorbilder nachzuahmen. So kam es dann auch, dass ich meinem Kumpel sogar ein DIN A4-Blatt ausdruckte mit verschiedenen Einstellungen fuer ein Zerr-Pedal, fuer jeden Song, den wir spielten. Das Pedal besorgte ich ihm damals zum Geburtstag (bezahlt wurde es vom gesamten Freundeskreis), somit war es anfangs erstmal in meiner Obhut, und da ich auch seine Gitarre hatte, konnte ich diese verschiedenen Einstellungen gleich mal ausprobieren und aufnotieren.
Hier sind wir schonmal bei den ersten beiden Dingen, die ich gelernt habe:
- Erstens, das Pedal habe ich, ohne wirklich Ahnung von der Materie zu haben, in einem Gitarrenladen gekauft. Ich liess mich einfach vom Verkaeufer beraten, aber der hat mir eigentlich nur ein einziges Pedal gezeigt, naemlich die Ibanez SM-7 Smash Box. Da ich 16 war, ging er wohl davon aus, dass ich einen sehr modernen, Limp Bizkit-artigen Sound haben wollte - was aber eigentlich gar nicht der Realitaet entsprach. Er hat mir dann ein bisschen was vorgespielt, und ich fand natuerlich schon, dass sich das ziemlich geil anhoerte. Aber ich hatte keine Ahnung, wie viele Verzerrer es ueberhaupt gibt, und wie unterschiedlich die sein koennen. Heute weiss ich natuerlich, dass es hunderte, wenn nicht gar tausende gibt. Damals dachte ich womoeglich, es gibt vielleicht 3-4 verschiedene, und das was der Verkaeufer mir da zeigt, wird schon taugen. Es klang ja auch gut. Spaeter wurde mir aber klar, dass ein anderes Pedal sicherlich passender fuer unsere Musik gewesen waere (wir haben im Grunde "von allem etwas" gespielt, wie so eine "typische" Coverband halt. Da haette ein Boss SD-1 oder sowas sicherlich besser gepasst).
- Zweitens, die Sache mit den verschiedenen Einstellungen pro Song war natuerlich total ueberfluessig. Nicht nur, weil mein Kumpel den Zettel eh nie wirklich beachtet hat (wahrscheinlich aber eher aus Faulheit

Nun, weiter in der Entwicklung. Ich bekam so langsam Lust auf die ganzen Effekte, und hatte auch immer den Traum, eines Tages ein prall gefuelltes Pedal-Board zu besitzen, auf dem sich viele bunte Treter befinden, mit denen ich allerhand Sounds machen kann. Modeling-Geschichten wie den Line6 POD fand ich auch interessant, allerdings habe ich da schnell gemerkt, dass mir zumindest beim POD der Sound einfach nicht so recht gefaellt. Der klang fuer mich immer so Studio-maessig, irgendwie hat der mich live nie richtig ueberzeugen koennen. Ich dachte eher daran, vielleicht noch einen weiteren Verzerrer zu haben und ein paar Effekte wie Delay usw. Wie bereits erwaehnt, kam dann erstmal ein WahWah-Pedal hinzu, weil ich das mal kurz bei einem Bekannten getestet habe und cool fand. Allerdings kam hier bereits der naechste Fehler. Ich ging mal wieder mit meinem Vater in einen Gitarrenladen, und kaufte sogar ohne zu testen (!) ein Morley-Wah mit Lautstaerke-Funktion. Irgendwo hatte ich gehoert, dass Morley gut ist, und ich dachte mir halt, was kann an einem Wah-Pedal schon grossartig anders klingen. Also wurde das einfach gekauft und zuhause ausprobiert. Jedoch merkte ich schnell, dass mir der Sound irgendwie nicht so 100% zusagte. Trotz allem dachte ich, dass das nicht am Pedal liegt, sondern an meinen Einstellungen, Verzerrern, der Reihenfolge der Verkabelung und was weiss ich noch. Mit der Zeit merkte ich aber auch, dass ich die Wah-Funktion eigentlich kaum nutze, weil ich eigentlich gar nicht so der Wah-Mensch bin. Daher wurde es dann fast ausschliesslich als Lautstaerke-Pedal verwendet und in unserer Band gab es glaube ich nur einen einzigen Song, wo die Wah-Funktion ueberhaupt drin vorkam. Heute wuerde ich aber wahrscheinlich auch diesen einfach ohne Wah spielen

Hier gab es also wieder was zu lernen:
- Geraete ohne zu Testen zu kaufen ist nicht gut. Selbst wenn man gehoert hat, dass es gut sein soll, und sich vorstellt, dass es da kaum Unterschiede geben kann. Das gilt eigentlich fuer alle moeglichen Dinge, nicht nur Effekte. Letztendlich muss man alles mal ausprobieren und auch wirklich auf sich selbst hoeren, um zu beurteilen, ob einem das zusagt. Ich weiss, es klingt als sei ich ein richtig dummer naiver junger Mensch gewesen. Aber ich koennte mir gut vorstellen, dass es recht viele Faelle gibt, in denen so oder aehnlich gehandelt wird. Gerade in dem Alter ist einem oft wichtiger, was andere sagen, als das, was man selbst drueber denkt. Also kauft man dieses und jenes Pedal (bzw Geraet, Gitarre, Amp, Produkt) weil man halt gehoert hat, dass das gut sein soll, oder weil es das persoenliche Gitarren-Vorbild auch benutzt.
In meinem weiteren Verlauf kamen und gingen dann noch ein paar weitere Verzerrer, bis ich irgendwann eben wirklich gemerkt habe, dass das eigentlich alles (zumindest fuer mich) totaler Bullshit ist, und dass es eigentlich wirklich drauf ankommt, seinen "eigenen Sound" zu haben - selbst wenn man in einer Coverband spielt. Ich bin irgendwann beim Boss Blues Driver gelandet, ein Pedal, das ich auch heute noch jedem empfehlen kann, es zumindest mal auszuprobieren. Habe dazu auch schon mal ein Review hier im Forum verfasst (Link: https://www.musiker-board.de/threads/effekt-boss-bd-2-blues-driver.331382/ ). Das tolle an diesem Pedal ist, dass es "meinen" Sound liefert. Genau so stell ich mir den idealen Gitarren-Sound vor, und genau so moechte ich spielen. Egal, welche Musikrichtung. Man muss dazusagen, dass das Pedal einen recht hohen Gain-Spielraum hat, von Clean bis Hard Rock, aber stets mit dem Grund-Sound, den ich geil finde. Ich wuerde mit diesem Pedal auch in einer Metal-Band spielen. Zumindest wuerde ich es mal versuchen

Das Pedal-Board existiert auch nicht mehr. Ich brauche keinen Effekt-Park vor mir, ich brauche nur den einen Verzerrer, der mir meinen Sound liefert. Natuerlich haengt dies auch von der Musikrichtung ab, wenn ich nun in einer Psychedelic-Band spielen wuerde, dann wuerde ich wahrscheinlich auch ein Delay oder sowas brauchen, das ist klar. Deshalb sollte man meine Aussagen auch nicht allzu woertlich auf seine eigene Situation beziehen - es geht nicht drum, nur 1 Pedal zu nutzen, sondern es geht mehr um das, was hinter dieser ganzen Aussage steckt, naemlich sich auf den eigenen Sound und die eigenen Beduerfnisse zu konzentrieren.
Spaeter habe ich sogar noch einen Amp gefunden, der "meinen" Sound liefert, naemlich der Fender Blues Junior. Da brauche ich nicht einmal mehr den Blues Driver, der klingt auch so schon, wie ich mir den idealen Gitarren-Sound vorstelle. Und nein, ich bin kein Blues-Gitarrist, auch wenn man das meinen koennte, wenn man dauernd von "Blues" liest. Ich spiele hautpsaechlich Rock, Rock'n'Roll, Hard Rock, bis hin zu Metal (allerdings nicht mehr so viel), trotz allem liefern mir diese Geraete mit dem Wort "Blues" im Namen genau den Sound, den ich dafuer brauche
Auch was die Gitarre angeht, hatte ich im Laufe der Jahre immer wieder mal irgendwelche Vorlieben, ich wollte z.B. ganz gerne mal die Ibanez Iceman haben, weil Paul Stanley von Kiss diese auch benutzt und ich eine zeitlang sehr viel Kiss gehoert habe. Die Iceman gefaellt mir auch nach wie vor, aber ich glaube heute wuerde ich mir damit wie ein Moechtegern-Paul-Stanley vorkommen. Auch die rote SG von Angus Young hat mir eine zeitlang sehr gefallen, aber wahrscheinlich auch hauptsaechlich, weil er sie spielt. Letztendlich gab es aber ein Modell, das mir irgendwie schon immer gefallen hat, naemlich die Explorer. Und diese verbinde ich direkt mit keinem bestimmten Gitarristen (auch wenn ich natuerlich ein paar kenne, die eine spielen). Sondern diese Gitarre liebe ich einfach wegen der Gitarre selbst. Und inzwischen habe ich sie schon seit 4 oder 5 Jahren und bin supergluecklich damit. Denn sie ist - fuer mich - total bequem zu spielen, viel bequemer als meine Les Paul, und ich finde, sie passt auch perfekt zu mir. Sie ist einfach "meine" Gitarre. Seit ich die habe, moechte ich auch gar keine andere mehr. Es gibt natuerlich immer noch einige, die mir gefallen, aber warum sollte ich mir die kaufen, wenn ich mich auf meiner Explorer bereits wie zuhause fuehle. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass eine andere Gitarre mir noch besser liegen koennte. Ich will einfach, gefuehlt fuer den Rest meines Lebens, voellig egal welche Musikrichtung und in welcher Band, mit meiner Explorer und meinem Blues Junior (oder dem Blues Driver) MEINEN Sound spielen.
So, nun komme ich dann mal langsam zum Ende...
Ich denke, was ich insgesamt damit sagen moechte, ist: Ihr solltet, zumindest meiner Meinung nach, euch nicht zu sehr an dem orientieren, was eure Helden benutzen, was irgendwelche Foren euch sagen, usw, sondern ihr solltet tatsaechlich euren eigenen Sound finden, euer eigenes Equipment, und nicht irgendwelchen Idealen nacheifern. Wenn man jung ist, neigt man gerne dazu, andere kopieren zu wollen. Das kann sogar soweit gehen, dass man sich die gleiche Gitarre kauft wie sein Vorbild. Und versucht, den Sound und die Spielweise zu kopieren. Das ist vielleicht auch zum Teil gar nicht so verkehrt, dadurch lernt man ja auch einiges ueber das Einstellen von Sounds usw, ich denke meine "DIN A4-Blatt-Aktion" war auch nicht ganz verkehrt, somit wurde ich mit den Reglern des Pedals vertraut und habe gelernt, meinen Sound zu formen. Aber letztendlich sollte man nicht ewig solchen Dingen nacheifern und die perfekte Kopie anstreben. Macht euer eigenes Ding - selbst wenn ihr in einer Coverband spielt - letztendlich wird das immer mehr Hand und Fuss haben, als der Versuch, etwas sein zu wollen, was man nicht ist und auch nicht erreichen kann.
Ich hoffe, ihr seid beim Lesen nicht eingeschlafen, mal schauen, ob ihr aehnliche Erfahrungen berichten koennt oder womoeglich eine andere Sichtweise habt
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Noch ein kurzes Nachwort: Wie bereits erwaehnt, muesst ihr mir nichts glauben, sondern eure eigenen Erfahrungen machen. Das da oben ist meine eigene Geschichte und mein eigenes Empfinden, und je nach Musikrichtung oder Geschmack habt ihr vielleicht andere Vorstellungen und Ziele. Ich sage nicht konkret, dass ihr kein Pedal-Board haben sollt, oder dass ihr zwingend alle Songs mit dem gleichen Sound spielen muesst, oder dass ihr euch nicht die Gitarre eures Vorbilds kaufen duerft. Dennoch glaube ich, dass die Essenz, die darin steckt, hilfreich sein kann, auch wenn ihr andere Musik macht als ich und andere Menschen seid als ich.
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Und noch was: Ich habe nach wie vor ab und zu das Beduerfnis, ein paar neue Effekte auszuprobieren. Habe mir in den letzten 1-2 Jahren auch zwei neue Verzerrer gekauft, einmal den Big Muff Pi Nano, den ich aber vor kurzem wieder verkauft habe, weil er nicht zu mir passt, und den Ibanez Jet Driver, der innerhalb der 30-Tage-Garantie wieder zurueckging. Er klang zwar gut, aehnlich wie mein Blues Driver, nur mit noch etwas mehr Moeglichkeiten. Aber was nuetzen mir die Moeglichkeiten, wenn ich ihn letztendlich doch immer nur so einstelle, wie bereits mein Blues Driver klingt? Richtig, nix. Ich habe nunmal meinen Sound gefunden, was will ich da mit mehr Flexibilitaet?

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