Das Fazit vorweg: Es war ein sehr geniales Festival, alles in allem keine Show, der mir nicht gefallen hat. Das Publikum war recht angenehm, vom Alter her sehr unhomogen und stressfrei. Auch war das für mich die erste Veranstaltung dieser Größenordnung, die ohne Sicherheitsmenschen und doch so entspannt vonstatten ging.
Das alles spielte sich in der neu hergerichteten Weststadthalle ab. Die offizielle Einweihung findet wohl erst Ende Oktober statt, aber das Swingfest dürfte jetzt alles an die richtige Stelle gerüttelt haben. Einen großen Beitrag dürfte die unscheinbare aber nicht zu unterschätzende Haustechnik geleistet haben. Der Sound war durchgehend überlegen, lediglich
Sunn O))) haben ihr die Grenzen aufgezeigt. Mit der Beleuchtung hat man sich - teils auf Wunsch der Künstler - sehr zurückhalten. Schlecht fürs Fotografieren, ich habe die Kamera Samstag und Sonntag gleich im Hotel gelassen.
Catering war leider Fehlanzeige, nur Sonntag gab es zweimal kurzzeitig einen veganen Imbiss, der aber auch sehr schnell ausverkauft war. Das stellte sich aber insofern als kein großes Problem, da sich nur ein paar Minuten Fußweg von der Halle entfernt ein großes Einkaufszentrum befindet, inklusive verkaufsoffenem Sonntag. Die Getränkepreise vor Ort waren zudem sehr fair.
Meine Highlights:
Lento haben das energetischste und aktivste Set das Festivals abgeliefert. Mit der letzten CD konnten sie mich bisher nicht so recht überzeugen, live aber hat ihr rein instrumenteller Mix aus Doom und Post-Metal funktioniert. Entsprechend wurden sie auch im Publikum gefeiert.
Mittlerweile habe ich
Bohren & Der Club Of Gore schon ein paar Mal seit
Black Earth live gesehen und mit der Zeit haben sie sich perfektioniert. Von der Instrumentierung darf man es noch Jazz nennen, auch wenn es die Musik viel meditativer und repitativer ist als es vielen lieb ist. Zu Beginn des Sets wurde die Halle komplett eingenebelt und die Beleuchtung auf fünf einzelne Leuchten über den Kopfen der Musiker reduziert. Selbiges bestand dann aus einem Querschnitt aus weiten Teilen ihrer bisherigen Veröffentlichungen, unterbrochen von den trocken-humorigen Ansagen des Saxophonisten ("Bier, Tanz und Wurst").
Bereits Dientags hatte ich
Nadja in Hannover gesehen, wenn auch in deutlich kleinerem Rahmen. Mit der größeren Beschallung im Rücken kam ihr nahtloses Set noch ein gutes Stück beeindruckender an, insbesondere die nicht enden wollende Steigerung zum Ende hin. Wer während der Show gesessen hat, konnte die Halle unter sich beben fühlen.
Mit neuem Album
Karpatia im Gepäck gaben sich
Omega Massif die Ehre. Die aktuellen Stücke wurden alle bis auf die Single gespielt. Dazu kamen dann noch ein großer Teil der
Geisterstadt. Überragender Sound, dezente blaue Beleuchtung und epischer Schattenwurf an den Wänden: für mich einer
der Auftritte des Festivals.
Kodiak + N, welche gerade im
Doom-Metal-Thread Erwähnung fanden, kannte ich vorher nicht, haben mich mit ihrem eher experimentellen, rein instrumentellen Doom/Drone echt überzeugt.
Als einzige Band des Festivals ließen
SUNN O)) zum Soundcheck die Halle räumen und haben sich dabei auch extrem viel Zeit gelassen, sodass das Abschlusskonzert erst mit gut zwei Stunden Verspätung begann. Was die Herren hierfür auf die Bühne gestellt haben, liest sich in Zahlen so: zwei Gitarristen, jeder mit drei Fullstacks des namensgebenden Herstellers und einem zusätzlichen Bass-Rig, dazu ein Moog, der über drei große Ampeg-Anlagen lief. Dass man damit alleine die Halle hätte beschallen können, zeigte sich als zwischenzeitlich die PA ausgestiegen ist. Auch sonst war leider zu bemerken, dass diese mit dem zähen Drone sehr am Limit war. Es clippte häufig mehr als deutlich. Letzlich konnte das aber die körperlichen Erfahrung, die ein
SUNN O))-Konzert ist, nicht mindern. Man spürte den Boden unter sich beben, man spürte die Vibration in allen Körperteilen, man spürte wie die Luft beim Einatmen wabert, man spürte den Druck auf der Lunge... Etwa zur Mitte der Show wurde es plötzlich ruhiger seitens der Gitarren und die Band wurde um einen Vokalisten erweitert (Attila, so munkelt
man). Es folgte eine Performance aus teils gutturalem Mönchgesang, eine Art meditative, unheilvolle Predigt, die sich zum Ende wieder in Lautstärke und Brumm steigerte.
Zusammenfassend möchte ich noch die zahlreichen Ambient-Acts erwähnen, die mir vorher maximal vom Namen her ein Begriff waren. Ich habe
hier diejenigen gelistet, die mir besonders gefallen haben,
Aun und
Tim Hecker vorneweg.
Den Blick über den Tellerand gab es mit dem
Contemporary Noise Sextet, einer recht lupenreinen Jazzband,
Les Fragments De La Nuit, die den Sonntag mit einem klassisch anmutendem Set aus zwei Violinen, Cello und Flügel eröffneten, und
Hauschka, der den Konzertflügel mit allerlei Spielerei (schon einmal ein Ebow am Klavier gehört?) klanglich erweiterte.