„Danke“-Komponist Martin Gotthard Schneider ist tot

[gidarr]

Es gibt Lieder, die kennt jeder – und trotzdem sagt einem der Name des Komponisten erst einmal nichts.
So geht es wahrscheinlich nicht nur mir mit Martin Gotthard Schneider, der gestern in Konstanz, wo er vor über 86 Jahren auch zur Welt kam, verstorben ist.
Martin Gotthard Schneider studierte in Heidelberg, Tübingen und Basel. Der Theologe und Religionslehrer war ab 1970 Kantor und Organist in Freiburg, von 1973 bis 1995 Landeskantor der Evangelischen Landeskirche in Baden. Bis 1997 lehrte er an der Staatlichen Musikhochschule Freiburg, wo er 1980 zum Professor ernannt wurde. Mehr als viereinhalb Jahrzehnte leitete er auch den 1961 von ihm gegründeten Freiburger Konzertchor der Heinrich-Schütz-Kantorei (HSK).
1961 komponierte Schneider das Lied „Danke für diesen guten Morgen“ und gewann damit den Lieder-Wettbewerb der Evangelischen Akademie Tutzing. Der Botho-Lucas-Chor hatte mit seiner Version – das Arrangement stammte von Werner Last, dem Bruder von Hans „James“ Last - 1963 einen Hit. Als bisher einziges Kirchenlied (Nummer 334 im evangelischen Gesangbuch) war „Danke“ damals sechs Wochen in den Charts.
In Kirchenkreisen war es anfangs nicht unumstritten, aber in den Zeiten von „Beat“- und „Jazz“-Messen wurde es auch in der katholischen Kirche populär. Ein richtiges „Volkslied“ also! Über 25 Übersetzungen gibt es davon weltweit, auch Bands aus dem Pop-Bereich interpretierten es auf ihre Art, von den „Ärzten“ und „Normahl“ existieren zum Beispiel punkige Interpretationen.
Weitere bekannte Lieder von Schneider sind „Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt" und „Heut war ein schöner Tag".

„Danke, für alles Frohe, Helle / Und für die Musik.“


Botho-Lucas-Chor - Danke für diesen guten Morgen



Heino - Danke




Normahl - Danke




Meldung von SWR
FAZ: Kirchenlied „Danke“ Unfreiwillig komisch und unglaublich erfolgreich
Würdigungen von Martin Gotthard Schneider bei
EKD
und
evangelisch.de

 

[McCoy]

Danke (!), Martin Gotthard Schneider, für Deine Musik und Deine Inspiration.

Mitte der 80er Jahre durfte ich ihn kennenlernen, als ich bei ihm meine Chorleiterprüfung als evangelischer Kirchenmusiker im Nebenamt abgelegt habe.

Eine kleine Anekdote diesbezüglich darf nicht fehlen: Ein Teil dieser Chorleiterprüfung war die Gesangbuchkunde. Hierfür mußte man zu den wichtigsten Anlässen im Kirchenjahr ein paar Titel auswendig parat haben. Außerdem gab es in jeder Landeskirche zum EKG (evangelisches Kirchengesangbuch) einen separaten Anhang, in denen Lieder aufgeführt waren, die regionale Bedeutung haben. Im Anhang der Landeskirche Baden sind auch die beiden Schneider-Lieder Danke und Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt enthalten.

Das Prüfungsgespräch kam nun am Ende der Prüfung auf diesen Anhang, und ich konnte natürlich - wenn er mir schon gegenübersitzt - mit seinen beiden Liedern glänzen, was er auch sehr zufrieden zur Kenntnis nahm. Dann sollte ich aber noch zwei Lieder aus dem Anhang zur Weihnachtszeit nennen. Und dazu muß man wissen, daß im Anhang die beiden wohl berühmtesten deutschen Weihnachtslieder überhaupt enthalten sind, und die kannte ich natürlich auch seit meiner Kindheit. Aber ich hatte einen totalen Blackout: Mir fielen gerade diese beiden Lieder nicht ein. Ich stand völlig auf dem Schlauch, und mir war es ungeheuer peinlich. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, und ich fühlte mich wie im Höllenfeuer. Martin Gotthard Schneider half mir dann auf die Sprünge: "Na los, die kennt doch jeder. Die kennen Sie auch: O ... O ... O ....". Und plötzlich fiel bei mir der Groschen und es mir wie Schuppen von den Augen und ich sagte: "Oh du fröhliche und Stille Nacht." Nun war er endlich zufrieden und antwortete mit pathetischer und bebender Stimme: "Ja, da fängt bei mir Weihnachten ja erst an!"

Ich habe ihn später immer wieder mal getroffen, und einmal habe ich ein Orgelkonzert von ihm gehört. Zu diesem Anlaß hat er eine ausgedehnte Orgelimprovisation über einen Choral gespielt (Ich glaube, es war: Wie schön leuchtet der Morgenstern), und das war gigantisch! Er hat die Register der romatischen Orgel voll ausgeschöpft, das war eine unglaubliche Klangvielfalt, die er diesem Instrument entlockt hat. Dabei eintstand eine hochkomplexe, sehr moderne Orgelimprovisation. Es erklangen z.B. improvisierte Fugen, es ging durch die Tonarten rauf und runter und zwischendrin erklang immer wieder das Thema des Chorals in verschiedenen Lagen, Registern und Tonarten. Und das Ganze gut und gerne 20 Minuten lang!

Hier kann man ihn auf dem Cembalo mit einer Einspielung der 32 Cimarosa-Sonaten hören:




Martin Gotthard Schneider, ruhe in Frieden.
McCoy

 

[Basselch]

Hallo,

...was für eine schöne Geschichte: Der Meister selbst als Prüfer "Danke" und "Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt" waren in den frühen 80er Jahren in unserer Gegend bei katholischen Jugendmessen ungeheuer populär - ich weiß nicht, wie oft wir die beiden Stücke damals mit unserer kleinen Instrumentalgruppe begleitet haben. Damals - ich bin selbst evangelisch - fand ich das ein sehr schönes Zeichen, daß die beiden großen Kirchen wenigstens an der Basis begannen, näher zusammenzukommen. Bei uns gab es damals unter den kirchlichen Amtsträgern einige Betonköpfe, aber auch schon viele, die mit dem Begriff "Ökumene" etwas anzufangen wußten und über den Tellerrand schauen konnten (...was der kirchlichen Szene hier sehr gut getan hat und auch heute noch fortwirkt).
Dann sage ich an dieser Stelle auch ausdrücklich "Danke!" - ruhe in Frieden!

Viele Grüße
Klaus

 

[Cadfael]

"Danke" hat vielleicht nicht die Tiefe von "Ein feste Burg" ...
Aber dieses Lied ist im besten Sinne "populär" und hat Millionen von Menschen erfreut.
Es ist mMn aus der ev. Kirche so wenig wegzudenken wie "Ein feste Burg".

DANKE!
Ruhe in Frieden!