Conversations with Alec - The world's biggest Hobby

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Ich habe einen Bekannten, ein Drummer (Alec) in einer Londoner Band, welche schon seit geraumer Zeit versucht, dort den Durchbruch zu schaffen. Mit ihm habe ich immer wieder einen anregenden Meinungsaustausch über das Business und die Musik. Nicht dass wir Experten wären, keiner von uns hat den Durchbruch geschafft. Dennoch kommt dabei immer wieder was schlaues raus, was ich jetzt einfach mal hier zum Besten gebe. Bin mal auf Eure Antworten gespannt.

The world’s biggest hobby?


Als ich mit Alec mal wieder darüber gesprochen habe, wie sehr sich die Musik-Industrie in der Krise befindet, und wie es heutzutage für Musiker überhaupt noch möglich ist, als Neueinsteiger Geld zu verdienen, meinte er inhaltsschwer: “Vielleicht ist die Zeit vorbei, in der man mit der Musik richtig Geld verdienen kann. Vielleicht ist die Musik bald einfach nur noch das größte Hobby der Welt.”


Zwischen 1999 − 2000 arbeitete ich als Student bei Sonymusic in Frankfurt im Produkmanagement. MP3 war ziemlich im kommen, es gab aber so gut wie keine Möglichkeit, MP3’s legal zu kaufen. Die Musikkonzerne hatten natürlich die Gefahr erkannt. Aber anstatt zu versuchen, in diesen Markt einzusteigen, hat man gezögert und schließlich Apple den größten Teil des Kuchens überlassen.


Das war aber nicht das wirkliche Problem für die Industrie, denn man verdient ja am Verkauf bei iTunes mit. Trotzdem wurde dem Musikbusiness innerhalb weniger Jahre der Boden unter den Füßen weggezogen. Hat man noch in den 1990er in Saus und Braus gefeiert und Videos mit einem Budget von mehreren Millionen Dollar gedreht, ging es in den 2000er rapide abwärts mit Umsatz und Gewinn.


Entgegen der landläufigen Meinung haben die illegalen Downloads der Industrie tatsächlich immensen Schaden zugefügt. Zwischen 1999 und 2004 schrumpfte der Verkauf von CD’s von 210 Millionen auf 146 Millionen, im Jahr 2009 lag die Zahl bei 147 Millionen (Quelle: Wikipedia). Der Markt für legale Downloads (iTunes, Amazon etc) konnte diesen Einbruch bisher bei weitem nicht wettmachen.


Mit einher ging auch die Vielfalt der Musik flöten. Im selben Maße wie die Verkaufszahlen eingebrochen sind, ist auch die Bereitschaft der Konzerne gesunken, Experimente zu wagen und neue Bands nach oben zu puschen.


Warum? Ganz einfach. Bis Anfang der 2000er gab es die Faustregel, dass von 10 Künstlern, die einen Vertrag unterschreiben (nicht sich bewerben, sondern tatsächlich signen!) neun floppen werden. Das heißt Nummer 10 muss den Verlust der anderen mittragen. Diese Ratio war ok, denn Nummer 10 hat so viel Geld ausgespuckt, dass man das locker verkraften konnte.


Wie heute das Verhältnis ist, weiß ich nicht. Klar ist nur, dass Nummer 10, also der Künstler, der tatsächlich einen Durchbruch schafft, bei weitem nicht mehr so viel Gewinn erwirtschaftet, dass er die anderen “durchfüttern” kann.


Im Markt vor 2000 konnten auch kleinere Labels überleben und das sogar ganz anständig. Diese kleinen Labels waren es dann auch, die die innovativen Künstler rausbrachten, um dann plötzlich eine kleine Revolution in der Branche einzuläuten.


Diese kleinen sind inzwischen nahezu verschwunden. Es gibt eigentlich nur noch die Big Four, nämlich Universal, Sonymusic, EMI und Warner, welche zusammen etwa 3/4 des gesamten Marktes beherrschen. Und der Gesamtmarkt ist deutlich geschrumpft, siehe oben.


Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Künstler heutzutage ihre Brötchen nicht mehr mit Plattenverkäufen und Downloads verdienen, sondern hauptsächlich mit Konzerten und Merchandising. Während zuvor die Gigs die Werbung für die Plattenverkäufe waren, ist es heute genau umgekehrt. Die Platten sollen die Menschen dazu animieren, zu den Gigs zu kommen. Und außer einer Madonna, den Rolling Stones oder Lady Gaga macht keiner mehr wirklich richtig Kohle. Ich kann mich erinnern, dass ein Bekannter von mir aus Sony-Zeiten, der dort immer noch ist, mal gesagt hat, dass es in Deutschland nur 2 Künstler geschafft haben, die nach 1991 (!) gesigned wurden, heute in Stadien zu spielen.


All diese Faktoren zusammen bewirken, dass seit geraumer Zeit in der Musik-Industrie keine Risiken mehr eingegangen werden. Stattdessen wird das genommen, was sich schon irgendwie bewährt hat. Deshalb bringt Pink eine Nummer, die genauso gut von Katie Perry sein könnte, oder Lenny Kravitz spielt im Radio einen Song der eigentlich viel besser zu Sheryl Crowe passen würde.


Und auch unten, bei uns normalsterblichen Musikern, merkt man den Unterschied deutlich: Wer in den 90er Jahren in den Fußgängerzonen von Frankfurt, Stuttgart, Köln, München oder Berlin unterwegs war, hat einen Haufen Gitarren- und Instrumentenläden finden können. Heute gibt es vielleicht noch ein, zwei große - aber nur außerhalb auf der grünen Wiese, eventuell nochmal einen kleinen irgendwo versteckt, die kämpfen aber hart ums überleben.


Die Kids heute haben lieber ein Handy, iPad oder eine PS3, da bleibt kein Geld und keine Zeit für ein Instrument. Peter Coura, eine legende unter den Gitarrenbauern in Deutschland, hat mir mal erzählt, dass mit dem Aufkommen der Handys bei ihm harte Zeiten angebrochen sind.


Die, die dann doch ein Instrument spielen und als Band live auftreten wollen, können froh sein, wenn man beim Gig ‘nen Wasser und ein Butterbrot am Abend bekommt.


Wie geht’s also weiter? Ist der Beruf des Musikers so noch zu retten? Kann man als Musiker noch seinen Lebensunterhalt verdienen?
 
Eigenschaft
 
Vielleicht ist einfach das "System" Musik am ende. Musik wird es immer geben und auch Menschen die Gut genug sind davon zu leben. Das das die Musikbranche erlebt habs bei den Fotografen auch. Als die Digitalen SLR Kameras erschwinglich wurden hielt sich jeder für einen Fotografen und hat angefangen den Profis Konkurrenz zu machen und da diese Quereinsteiger meist für einen Bruchteil des Geldes wie ein Profi arbeitet (Weil er davon nicht leben muss) ist es heut ein fast Unmögliches Unterfangen als Selbständiger Fotograf wirklich gut zu verdienen. Aber Trotzdem ist der Beruf nicht ausgestorben und wird es nicht. Den da wo Qualität geschätzt wird und man weiß das diese auch Ihren finanziellen Wert hat werden Profis ihren Platz haben.

Bei Musik muss man sich einfach bewusst machen das Musik hören heute nicht mehr heißt ich Setze mich hin und höre Musik sondern das sie in den meisten Fällen als Hintergrund Beschallung genutzt wird. Und warum sollte man bspw. als 11-14 Jähriger 16 Euro für ne CD ausgeben wen ich die eh nur auf meinen Handy unterwegs höre? Und Gleichzeitig mit dem Schwindenden Interesse am Bewussten Musik konsumieren sind die Preise immer weiter geschossen. Die Großen Künstler kann sich doch der Jugendliche eh nicht mehr Leisten (KISS 79€, ACDC 81€, Red Hot Chili Peppers eigentlich ne Band für die Jugend 81€)
Ich Selbst Kaufe mir nur noch CDs von bestimmt Bands. Den Rest Kaufe ich als MP3 weil diese meist Günstiger sind.
Also haben wir auf der einen Seite ein Schwindendes Interesse am Produkt (eine Lady Gaga verkauft sich eher durch den Personen Kult als durch Gute Musik)
und auf der anderen Seite eine Selbstzerstörung des Großen Business durch horrende Preise. Als Musiker muss man sich vielleicht einfach vom Traum verabschieden mit seiner Arbeit reich werden zu können sondern freuen wenn man mit seinen Traumjob genug Geld hat um ohne Existenz Engste zu leben. Selbst wen das heißt das man im schnitt nicht mehr verdient als der Maurer oder KFZ-Geselle von neben an.Was ja schon schwer genug ist. Ich wäre damit schon Glücklich :).
Und wie gesagt wer Wirklich Gut ist hat immer eine Chance mit dem was er macht Geld zu verdienen. Natürlich gehört auch dazu das wir als Konsumenten Bereit sind (faire)Honorare zu zahlen.
 
Diese kleinen sind inzwischen nahezu verschwunden. Es gibt eigentlich nur noch die Big Four, nämlich Universal, Sonymusic, EMI und Warner, welche zusammen etwa 3/4 des gesamten Marktes beherrschen. Und der Gesamtmarkt ist deutlich geschrumpft, siehe oben.

Ich kann die Lage natürlich nur aus meiner sehr subjektiven Sicht beurteilen. Aber die Musikindustrie hat mich nie interessiert, eben weil ich mich als Musiker verstehe, nicht als Aufnahmehändler. Ich optimiere meine Tätigkeiten daraufhin, daß ich möglichst künstlerisch hochwertige Musik mache und sie an Publikum darbiete, das bereit ist, für das Hören von Musik zu zahlen. Für mich bedeutet das, daß ich notfalls auch mal ein neues artverwandtes Instrument lerne, mich in einen neuen Stil einarbeite, oder selbstverständlich alle möglichen Stücke bei Bedarf spiele. Das ist die handwerklich-künstlerische Leistung, die ich anzubieten habe, und bisher komme ich in meinen Marktnischen damit ganz gut durch. Musikunterricht zählt zum Berufsbild dazu.

Ich halte es nur für einen Irrtum, einen "Durchbruch" erreichen zu wollen. Ich halte es auch für einen Planungsirrtum, wenn man sein Einkommen von der Aufnahmeverwertungsindustrie abhängig macht. Ich hänge immer noch dem (möglicherweise antiquierten) Gedanken an, daß man als Musiker vor allem spielen sollte. Wenn dabei jemand aufnimmt und dabei Nebeneinnahmen entstehen: schön, wenn nicht: auch nicht schlimm. Hauptsache, das Publikum bezahlt. Und das tut es, wenn man die richtige Musik zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit den richtigen Instrumenten handwerklich gut spielt.

Mir ist schon klar, daß z.B. ein Filmmusikkomponist so nicht denken kann, weil ja in dem Genre fast nur noch Aufnahmen gefragt sind, und keine schriftlichen Kompositionen. Aber als ausübender Musiker ist für mich die Aufnahmeindustrie zwar interessant, aber so lange bedeutungslos, bis ich einen Anruf vom Produzenten bekomme (was hin und wieder passiert).

Wie geht's also weiter? Ist der Beruf des Musikers so noch zu retten? Kann man als Musiker noch seinen Lebensunterhalt verdienen?

Klar kann man das. Man muß sich halt als universeller Musiker begreifen, und darf sich nur nicht künstlerisch zu sehr einengen. Also z.B. nicht nur Rockmusik alleine, das reicht IMHO nicht.

Die Kids heute haben lieber ein Handy, iPad oder eine PS3, da bleibt kein Geld und keine Zeit für ein Instrument.

Einserseits gibt es die mediale Überflutung spätestens seit 30 Jahren, und trotzdem wird noch Musik gemacht. Andererseits gibt es heute auch sehr sehr viele jugendliche Musiker, schau dir mal die Statistiken des Deutschen Musikrats an. Musikalische Tätigkeiten nehmen einen ganz breiten Raum in der Freizeitgestaltung ein, und Computer fördern in diesem Zusammenhang tendeziell eher die Möglichkeiten der Produktion und des Austauschs, als daß sie sie behindern. Unser Board ist doch ein gutes Beispiel dafür, daß man sich mit Musik beschäftigt, und dabei die Möglichkeiten der Kommunikationsgesellschaft nutzt. Auch Musik-Computerspiele wie "Guitar Hero" o.ä. weisen doch in die Richtung, daß Computer und Musik gut zueinander passen. Ebenso Handy, iPad und PS3: ich sehe da keinen Widerspruch zur künstlerischen und kreativen Beschäftigung mit Musik.

Keiner meiner Schüler hat den Unterricht bisher wegen seines Handys aufgegeben. Einige aber wegen des Lernstress' am G8-Gymnasium. Das ist ein viel wichtigerer Faktor.

Harald
 
Eine sehr interessante Diskussion mit guten Argumenten. Freut mich.

HaraldS, was Du schreibst, finde ich sehr interessant, vor allem weil es eine ganz andere Sicht auf die Musik hat. Mein Posting geht sehr stark von der klassischen Musikindustrie von 1950-2000 aus. Die Musikindustrie ist in dieser Denkweise verharrt - was wahrscheinlich das Problem ist. Und ich gebe Dir recht, dass nicht jeder einen "Durchbruch" schaffen will, und dass man gerade heute - wenn man denn einen "Durchbruch" schaffen will - nicht notwendigerweise die Musikindustrie braucht.
 
Hallo.

In der Tat ein tolles Thema, sehr spannend darüber zu diskutieren.

Ich denke der wichtigste Punkt, der die Musikindustrie der heutigen Zeit von den "glorreichen" Jahren (bis zur Jahrtausendwende, vorsichtig geschätzt) unterscheidet wurde bereits genannt:

eine Lady Gaga verkauft sich eher durch den Personen Kult als durch Gute Musik

Es geht längst mich mehr um gute Songs, tolle Alben oder herausstechende Kreativität. Es geht nur noch um den Künstler als - wie ich jüngst in einem Workshop gehört habe - Marke! Die Musik als solches kann manchmal ja fast schon als Nebensache bezeichnet werden. Siehe insbesondere Casting-Shows wie DSDS oder Popstars. Da ist doch vollkommen egal, wer gewinnt. Mit der Platte und den paar Singles die am Ende vom Gewinner auf den Markt geworfen werden, wird doch niemand mehr reich. Die Vermarktung drum herum muss funktionieren, das alleine zählt. Ich würde fast sagen, dass Medienunternehmen wie RTL o.ä. das schneller und besser verstanden haben als die Plattenfirmen, die zu lange den "alten Zeiten" nachgetrauert haben. Das System, wie es früher funktioniert hat, funktioniert jetzt eben nicht mehr.
Anders formuliert: "nur" gute Musik zu machen ist keine Garantie für Erfolg mehr (sofern es das jemals war). Wer Erfolg haben will, muss sich selbst gut verkaufen können, sich als Event inszenieren, anfass- und erlebbar machen.

Gleichzeitig gibt es eben auch eine Übersättigung des Marktes, nicht nur aber gerade im Newcomerbereich!! Das ist zum einen schön, da es ja zeigt, dass viele Menschen einfach noch gerne Musik machen und hören. Zum anderen hat das aber zur Folge, dass zu viele Musiker, Bands und Veranstaltungen miteinander konkurrieren. Es wundert nicht, dass AC/DC-Konzerte mit 80.000 Menschen binnen 60 Minuten ausverkauft sind, Underground-Veranstaltungen aber mit 50 Besuchern durchgezogen werden müssen. Die Zeit, die jeder Einzelne zur Verfügung hat, ist in den letzten Jahren und Jahrzehnten einfach konstant weniger geworden. Neben Schule, Studium und Arbeit konkurrieren viel zu viele Medien und Freizeitmöglichkeiten um unsere Aufmerksamkeit. Man kann sich ja schlecht teilen. Leider.
Obwohl man den Eindruck hat, dass alle Plattenfirmen immer jammern und jammern, haben sie scheinbar immer noch genügend Geld, um Platten ohne Ende auf den Markt zu werfen. Zumindest kommt mir das im Rock- und Metal-Bereich so vor. Unzählige Neuerscheinungen und super-tolle-neue Künstler jeden Monat, wobei da so unglaublich viel Ausschuss dabei ist - unglaublich. Würden sich die Labels auf wenige, auf die richtig guten Künstler festlegen, bliebe für diese auch mehr übrig, würde ich mal sagen...

Und: Die Labels (vor allem im Pop-Bereich) gehen, wie bereits gesagt wurde, kein Risiko mehr ein. Austauschbare Künstler wohin man blickt. Und dabei werden die Lebenszyklen einzelner Künstler immer kürzer. Der kurzfristige Erfolg ist wichtig, es macht sich niemand mehr die Mühe wirklich langfristig junge Künstler aufzubauen. Ich bin immer wieder fasziniert, wie schnell eine Band XY nach einem Hit und einem brauchbaren Album Headliner bei Rock-im-Park etc ist. Im Jahr danach interessiert sich dann kein Schwein mehr dafür. Das nächste One-Hit-Wonder ist ja schon bereit.
Wenn ich so drüber nachdenke, scheint mir vor allem letztgenannter Punkt ein ganz großer Unterschied zu "früher" zu sein. Aufbauarbeit für Künstler und wirkliche langfristige Arbeit wird es nicht mehr geben. Karrieren wie die von AC/DC, den Rolling Stones oder auch Metallica etc, die über Jahrzehnte erfolgreich Musik machen, werden wir glaub ich nicht mehr erleben...
 

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