Hi Janus,
ein gesellschaftskritischer, politischer, nachdenklicher, aufforderner songtext: gut.
ein grober klotz auf einen groben keil: auch gut?
the society, the poverty, we and I - the world would fall ... das bewegt mich, muss ich eingestehen, nicht so richtig. Natürlich kann man in einen songtext, der kritisch ist, keine ausgefeilte gesellschaftliche Analyse packen und der Differenzierung sind rein vom Umfang her enge Grenzen gesetzt: zu recht. Dennoch fehlt mir etwas, das an dessen Stelle treten könnte: genaue Beobachtung.
Und vielleicht auch die Wahl des Betrachtungs-Zentrums: geht es um Dich (als Lyrisches Ich natürlich) das sich selbst fragt, warum es - auf gut Deutsch - den Hintern nicht hochbekommt und nach kurzem Aufbegehren angesichts der Ungerechtigkeit oder generell Unfertigkeit dieser menschlichen Welt wieder zurückfällt, vielleicht mit reuigem Gewissen (eigentlich müsste ich doch), in die alte unbekannte Untätigkeit, in das Dulden, das Aushalten oder einfach die Alltäglichkeit - und Schuld ist diese verdammte alte Bequemlichkeit?
Oder geht es um eine Anklage an die Welt, an die Anderen: Warum steht Ihr nicht auf - warum lasst Ihr alles so wie es ist - warum passiert nichts? Auch hier mit der Antwort: Ihr seid - wir sind alle so bequem ...
Oder geht es um mich als Leser und Angesprochenen: have you ever thought about the fact which things would change if we would act?
Aus dieser Unbestimmtheit kommt aus meiner Sicht der Text nicht hinaus - und bleibt letztlich mit seiner Forderung auch - für mich - zu allgemein: wenn wir nur alle wollten und täten, würde sich schon alles ändern. Das ist auf der einen Seite sicher so: wenn wir alle etwas täten, würde sich alles ändern. Aber es passiert ja nicht - oder jedenfalls nicht genug. Oder von zu wenigen. Oder vielleicht nicht in die richtige Richtung? Oder vielleicht tun viele was, aber haben ganz andere Vorstellungen davon, wie die Welt geändert werden könnte und wie die Welt danach aussehen sollte? Liegt das alles an unserer verdammten Bequemlichkeit?
Vielleicht. Zumindest muss und kann ja kein kritischer Text alle Punkte aufzählen, die nötig wären, dass sich etwas ändert. Man kann sich ja beschränken. Beispielsweise auf die Bequemlichkeit.
Aber wie gesagt: Aufrütteln tut mich der Text nicht - er macht mit mir zu wenig, löst bei mir zu wenig aus. Und ich habe das Gefühl, dass es daran liegt, dass zum einen die Beschreibung recht allgemein ist (poverty, society) und zum anderen mal das lyrische Ich, mal alle (we) und mal ich als Hörer gemeint (you) ist.
Wirkliche Schwierigkeiten habe ich allerdings mit dem Refrain: Ich habe, ehrlich gesagt, das Bild selbst beim zwei- oder dreimaligen Lesen nicht verstanden - und wenn man den Refrain erklären muss, funktioniert er meiner Ansicht nach nicht. Das grundlegende Bild ist für mich nicht klar: Man soll die Treppe nehmen, wo ein Lift da ist. Wozu? Ich komme zum gleichen Ziel und es strengt weniger an. Geht es darum, dass etwas anstrengend sein muss, damit es richtig ist? Es geht doch darum, dass man etwas erreicht - dass man die Welt ändert. Oder nicht? Soll man etwas nur deshalb tun, WEIL es anstrengend ist? Das passt doch nicht. Und Deine letzte Deutung: Immer wenn ich etwas tun will, verpasse ich meinen Lift: das ist nun gerade überhaupt keine Auffordern, etwas zu tun und seine Bequemlichkeit zu überwinden - das ist die direkte Botschaft: Du brauchst eh nix zu tun, weil es nix bringt, weil wenn Du versuchst, was zu tun, verpaßt Du Deinen Lift.
Für mich stimmt einfach das Bild nicht zu der Botschaft, die Du vermitteln willst.
Vielleicht willst Du auch zuviel in den Refrain reinpacken: Botschaft, Brechung, Ironie, Ausrede: das ist eine ganze Menge. Und die Sprache hilft Dir da auch nicht wirklich: Für mich funktioniert der Refrain weder im Deutschen noch im Englischen.
Ich glaube, dass wenn wir alle ein paar dinge ändern würden, würden wir nicht fallen
aber wenn ich anfangen werde zu bewegen/verrücken (i.S. von etwas bewirken) ist das Problem, dass ich meinen Aufzug/Auftrieb (doppeldeutig gemeint) vermissen werde...
Möglicherweise bringt es etwas, zunächst diese zentrale Metapher inhaltlich wirklich gut festzuzurren und dann sprachlich und bildlich gut rüberzubringen.
Ich habe den Eindruck, dass das enge Reimschema Dir zudem unnötige Fesseln auflegt, die dem Fluss und der Verständlichkeit nicht wirklich zu Gute kommen. Manches scheint geradezu auf den Reim hin formuliert zu sein und die vielen if-Konstruktionen sind neben den verschachtelten Konstruktionen ziemlich unenglisch: statt
have you ever thought bout all the poverty
which is created by our society
könnte es heißen:
what bout (the) poverty
created by (our) society
Möglicherweise hast Du ja schon eine musikalische Umsetzung im Kopf und die Silbenanzahl und Länge der Zeilen paßt genau. Dann ist es natürlich okay. Falls dem nicht so ist, werden für mich zu viele Worte gebraucht und gemacht - und das nimmt die Möglichkeit der genaueren Betrachtung und der präziseren Beschreibung.
Hmmm - wenn ich das jetzt so lese, ist das eine ganze Menge geworden. Vielleicht gibt es ja etwas darunter, womit Du etwas anfangen kannst und was Dich anregt. Denn das Thema und der Text haben eindeutig etwas - es kommt mir derzeit vor wie die Skizze zu einem Bild, das in Grundzügen gemalt ist und das richtig gut sein und werden kann.
x-Riff