Es wurde ja (erfreulicherweise) schon so viel Fachliches und Konkretes hier gesagt … dazu will und muß ich mich jetzt auch ausführlich äußern. Der Reihe nach:
1.
Vibraphon-Spielweise: Ich bin kein Vibraphonist und weiß nicht wirklich, ob solche Vorschläge in der Realität spielbar sind. Ich habe aber in früheren Jahren eine Menge Milt Jackson gehört und meine mich zu erinnern, solche Dinge in SEINEM Spiel durchaus gehört zu haben.
2.
Das Orgel-Riff im Turnaround „verunstaltet den Moll-Blues-Charakter des Stückes“ … :
Das kann ich leider in keiner Weise nachvollziehen.
3.
3-Maliges Spielen des Themas: Es hat sich einfach so ergeben, und damit konnte ich alles unterbringen und vorstellen, was ich unterbringen und vorstellen wollte. Zumal bei einem Blues in der Anzahl der Chorusse keinerlei Formgefühl verletzt wird, wenn es 3malig statt 1malig (z. B.) gespielt wird.
4.
Hammond-Orgel zugunsten des E-Pianos weglassen:
Naja … schlicht und einfach … mir gefällt es so besser.
5.
Barisax: Nun ja … das habe ich gewählt, weil es klanglich sehr lebendig ist und sehr natürlich klingt. Und D A S ist für mich ganz persönlich schon mal eines der Hauptanliegen beim Machen von Computermusik: Es soll nicht danach klingen! Mein Ehrgeiz ist es, eine Live-Perfomance glaubhaft zu imitieren.
Für alle vorkommenden Bläser-Stellen gilt: Ich habe da einen Baukasten, in dem sind einige Blasinstrumente drinnen, und jedes davon bietet mir einige hundert fertige (gesampleten) Phrasen und Licks.
Meine Aufgabe als „Macher“ ist es nun, mich von der Warte eines „echten“ Komponisten und Arrangeurs zu lösen und nicht daran zu denken, WELCHE melodische Phrase denn an dieser oder jener Stelle hübsch wäre, sondern stattdessen zu beurteilen, welche der 500 (ungefähr) fertigen und zur Verfügung stehenden Phrasen/Licks an dieser oder jener stelle die genau passende ist:
Harmonisch, rhythmisch, und vom Energieniveau her. Dabei muß die ausgesuchte Phrase zur Begleitmusik an dieser Stelle passen, aber sie muß auch zur vorhergehenden Phrase passen und einen möglichen Übergang zur nächsten Phrase bieten.
Ich habe mich im Laufe der Jahre gelöst von der Warte eines geradezu militant vertikal denkenden Arrangeurs (der zu jeder Zählzeit in jedem Takt stets die durch die verschiedenen Stimmen gemeinsam produzierte Gesamtharmonie im Auge hatte und diese als fast einziges Kriterium seiner Arbeit betrachtete) zu der eines Arrangeurs, der mehr horizontal denkt und sich selber und seinen digitalen (und realen !) Musikern mehr Freiräume gibt. Dadurch wurde die Musik deutlich lebendiger … zumindest meiner Einschätzung nach.
Manche der ausgewählten gesampleten Phrasen sind schon in sich eher „rhythmisch frei“, und Manche, die das nicht sind, habe ich auch bewußt vom Raster ein wenig weg verschoben, damit die Zieltöne nicht so auf dem Punkt sind. All das, um die von mir beabsichtigte Lebendigkeit zu erzeugen. Zumal ich der Meinung bin, daß auch die großen Jazzer dort, wo es musikalisch sinnvoll ist, auf den Punkt spielen, an anderen die ganze Sache aber durchaus freier angehen, und ihre Phrasen durchaus so gestalten, daß die Zieltöne weit weg vom Schlag sind. Die innere Logik und Flüssigkeit der Phrase scheint dabei das entscheidende Kriterium zu sein.
6.
Alle anderen Instrumente (Bass, E-Piano, Hammond, Drums) sind Note für Note und Hit für Hit per Hand/Maus gezeichnet (im Editor-Modus), weil ich derzeit aus gesundheitlichen Gründen nicht am Keyboard einspielen kann.
7.
Der Bass: Ja. Es stimmt. Der ist von Chorus zu Chorus weiterkopiert. Mea culpa. Ich hatte an diesem Tag einfach nicht die „Kraft“ und Ausdauer für das Basteln weiterer, alternativer Chorusse. Und: Oft ist die Kraft einer bestimmten Linie (wie in diesem Fall der absteigende Quartfall) so stark, daß ich lieber dopple, als einen 0-8-15-Walkingbass einzusetzen. Aber, wie alles, ist das Geschmackssache ...
Insgesamt ist es halt so, daß die „Qualität“ (wie immer man die im Detail beurteilen mag) von Computermusik immer direkt proportional zur Zeit ist, die man einzusetzen bereit ist/war. Hätte ich die Ausdauer aufgebracht, noch weitere 3 Tage an diesem Stück sitzen wollen, dann klänge es jetzt anders …
LG - Thomas