Computerjazz ...

turko
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Hier wieder eine kleine Computerspielerei von mir. Wie immer, wenn mich die Inspiration verläßt, wurde es ein Blues ... diesmal in Moll ... mehr oder weniger ... :)

Viel Spaß beim Hören
Thomas

https://soundcloud.com/biwi2/blues-14
 
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Hey, gefällt mir richtig gut!

Mit was für einem Programm hast du das denn gemacht?
 
CUBASE und die CUBASE-onboard-Sounds (Halion one). Das Gebläse ist ein Plugin (Liquid-instruments).

Thomas
 
Ist vielleicht ein bisschen spät, aber ich denke, Feedback ist immer willkommen.

Die Melodie vom Thema gefällt mir an sich sehr gut. Die Vorschläge zur vierten Stufe hin würde ich aber genau wie an den anderen Stellen auf einen einzelnen Ton begrenzen. Wenn man die Melodie von einem Vibraphon (oder wie das heißt, bin mit dieser Instrumentengattung nicht so vertraut) spielen lässt, dann sind viele Vorschläge meiner Meinung auch eher untypisch. Ab dem zweiten Chorus kommt ja so ein orgelmäßiges Instrument dazu. Der Klang fügt sich gut ein, aber dieses Riff im letzten Takt, hin zum nächsten ersten Takt, erinnert mich zu sehr an dur-assozierten Big Band-Sound und verunstaltet meiner Meinung nach den Moll-Blues-Charakter des Stückes unnötig.
Ich frage mich außerdem, warum das Thema dreimal gespielt wird. Das ist ja nicht verboten, aber doch erstmal ungewöhnlich. Klar, der Chorus dient dazu, das Rhodes noch mit reinzubringen. Allerdings ist die Stimme vom Rhodes so schön, dass man meiner Meinung nach dann besser auf die Orgel verzichtet hätte bzw. zwischen diesen Instrumenten wechselt. Zwei Tasteninstrumente auf einem Haufen, beide auch mit Begleit- oder Umspielfunktion ist dann etwas zu dick, in den Solos hast du dann auch mit gutem Grund darauf verzichtet, alle Instrumente einzubringen.
Die Bassstimme im Thema ist auch sehr gut durchdacht und fügt sich sehr gut in die Rhythmik ein.

Das Bariton-Sax klingt zwar super, aber das Solo gefällt mir leider überhaupt nicht. Der Einstieg ist gut aber danach wird es zu hektisch, außerdem will mein Ohr da mehrere rhythmische Ungenauigkeiten gehört haben, die man sich sparen könnte, wenn man die Notendichte etwas ausdünnt und dafür präziser platziert. Das Trompetensolo (oder Flügelhorn?) ist da schon (gerade auch in diesen Punkten) um Längen besser.

An der Begleitung stören mich jedoch zwei Dinge ganz erheblich: Das Bari-Solo sollte meiner Meinung nach vom Rhodes begleitet werden, da dies zum Einen einen tollen Kontrast gegenüber dem Trompete/Orgel-Duo bietet, zum Anderen empfinde ich das Vibraphon eher als halbes eigenes Solo, denn als Begleitung. Wenn das so gedacht war, würde es mir im echten Leben für den Saxophonisten etwas leid tun, dass man ihm nicht die volle Aufmerksamkeit gönnt. Das Zweite, was mich stört, ist der Bass. Ein paar Triolen sind super platziert, aber mir sind da viel zu viele Tondopplungen anstellte von kontinuierlichem Walking drin. Zumal sich dann auch noch die Begleitung der beiden Solos ziemlich ähnlich anhört.

Generell hätte es pro Solo auch gerne jeweils ein Chorus mehr sein dürfen - wenn man alles per Hand Computer macht, ist das natürlich entschuldbar, schließlich ist das um einiges aufwendiger, als eben selbst was einzuspielen.

Das Überspielen des Themas durch die Bläser ist auch eine gute Idee und klanglich gut umgesetzt, auch wenn es vereinzelt ein wenig zu dick das Thema überlagert.

Im Fazit überwiegt aber für mich der positive Eindruck eines sehr schön komponierten Moll-Blues. Das ist schließlich auch die Hauptsache. Wie man das im Detail instrumentalisiert und wie dann computergemachte Solos klingen, ist auch eher unwichtig.
 
Danke für Deine sehr fundierte und sehr detaillierte Kritik.

Ich muß mich erst einmal Punkt für Punkt damit auseinandersetzen um überhaupt einmal zu sehen, ob ich Deine Einschätzung nachempfinden oder gar teilen kann.

Danke jedenfalls schon jetzt einmal für Deine Kritik und die "investierte" Zeit.

Thomas
 
mir war die Einspielung entgangen...

ich bin NICHT der Meinung vom JazzPlayer, im Gegenteil, das könnte so auch live gespielt worden sein!
Bari + Vibraphon finde ich gelungen, das Bari mag ich auch (ok, bin sowieso großer Fan vom Pepper..., der ja nicht umsonst "The knife" heißt).
tztztz...rhytmische Ungenauigkeiten, wie exakt ist Livemusik, die im Augenblick entsteht...? Paßt schon alles!
 
ich bin NICHT der Meinung vom JazzPlayer, im Gegenteil, das könnte so auch live gespielt worden sein!

Der Meinung kannst du gerne sein, zumal das gesamte Stück an sich für ein Computerprodukt ziemlich komplex und stimmig ist. Allerdings möchte ich mal einen menschlichen Bassisten sehen, der zwei Solo-Chorusse hintereinander exakt dasselbe spielt. Normalerweise ist das nämlich die Stelle, an der man seiner Phantasie freien Lauf lassen kann.


tztztz...rhytmische Ungenauigkeiten, wie exakt ist Livemusik, die im Augenblick entsteht...? Paßt schon alles!

"Rhythmische Ungenauigkeit" war die diplomatische Umschreibung für: klingt, als hätte jemand beim schnellen Spielen von vielen Noten kurzzeitig die time verloren und muss pausieren, um auf den nächsten Beat zu warten, damit er wieder im Takt ist.
Konkret meinte ich einmal die Stelle von 1:03 zu 1:04 bei der die vorgezogene Note einen Tick zu früh kommt, bzw. etwas länger dauern muss, als sie sollte, damit man wieder auf einer vernünftigen Zählzeit landet. Zum anderen waren die Töne, die zwischen 1:14 und 1:15 ganz am Ende des Solos noch nachgeschobenen wurden, ziemlich deplatziert, so als wollte jemand noch ein sinnvolles outro oder einen Übergang spielen, sich aber total mit der Rhythmik verhaspelt hat.
Dazwischen fand ich ein oder zwei Stellen vielleicht ein bisschen seltsam, was aber eher an der Stilistik liegt.

Was die rhythmische Genauigkeit von Live-Musik angeht, kommt es natürlich auch darauf an, auf welchem Niveau sich die Musiker befinden, denen man zuhört. Ich kenne einen Profi-Musiker, der auch nachts um 3 nach dem 10. Bier noch in der Lage ist, verrückteste Tempo- oder Rhythmusveränderungen vorzunehmen und auch später wieder rückgängig zu machen, wobei alles Hand und Fuß hat. Mit seinem Rhythmusgefühl ist der bestimmt so manchem Schlagzeuger überlegen.

Allgemein erhebe ich natürlich keinen Anspruch auf Richtigkeit meiner Beurteilungen. Vieles, wenn nicht sogar das Meiste, kann man auch unter Aspekten des persönlichen Geschmacks verbuchen und muss nicht derselben Meinung sein!
Es kann ja durchaus gewollt sein, dass jemand in einem swingenden Blues mal eine Note auf das werweißwievielte 32.tel platziert. In der Praxis passiert das aber meist ungewollt, weil jemand mit den Gedanken bei einer bestimmten Tonfolge oder sonstwas ist und sich dabei gleichzeitig mit seinen Fingern in eine Sackgasse manövriert, in die er eigentlich gar nicht hineinwollte. Jedenfalls hört sich das bei Anfängern immer ganz stark danach an.

@turko:
Das Nachkarten soll jetzt keinesfalls eine Verschärfung meiner Kritik aus meinem ursprünglichen Post sein. Ich wollte nur eine zusätzliche Erklärung geben, damit auch dir klarer wird, was ich eigentlich meinte. An dieser Stelle möchte ich auch gerne wiederholen, dass mir das Stück im gesamten sehr gut gefallen hat. Für meinen Kommentar habe ich das Stück auch mehrmals gehört um immer auf verschiedene Dinge achten zu können. Ich gehe halt davon aus, dass dir detailliertes Feedback hilfreich ist.
Mich würde noch interessieren, wie speziell die Solos entstanden sind. Am Computer einzelne Noten zu klicken wäre dafür ja wohl zu aufwendig und würde auch wohl keinen Stoff für meine Rhythmuskritik liefern. Hast du das evtl. mit einem Keyboard oder E-Piano per midi eingespielt?
 
Genau, das ist der Unterschied zwischen Personalstil und Korinthenkackerei !
 
Es wurde ja (erfreulicherweise) schon so viel Fachliches und Konkretes hier gesagt … dazu will und muß ich mich jetzt auch ausführlich äußern. Der Reihe nach:

1. Vibraphon-Spielweise: Ich bin kein Vibraphonist und weiß nicht wirklich, ob solche Vorschläge in der Realität spielbar sind. Ich habe aber in früheren Jahren eine Menge Milt Jackson gehört und meine mich zu erinnern, solche Dinge in SEINEM Spiel durchaus gehört zu haben.

2. Das Orgel-Riff im Turnaround „verunstaltet den Moll-Blues-Charakter des Stückes“ … :
Das kann ich leider in keiner Weise nachvollziehen.

3. 3-Maliges Spielen des Themas: Es hat sich einfach so ergeben, und damit konnte ich alles unterbringen und vorstellen, was ich unterbringen und vorstellen wollte. Zumal bei einem Blues in der Anzahl der Chorusse keinerlei Formgefühl verletzt wird, wenn es 3malig statt 1malig (z. B.) gespielt wird.

4. Hammond-Orgel zugunsten des E-Pianos weglassen:
Naja … schlicht und einfach … mir gefällt es so besser.

5. Barisax: Nun ja … das habe ich gewählt, weil es klanglich sehr lebendig ist und sehr natürlich klingt. Und D A S ist für mich ganz persönlich schon mal eines der Hauptanliegen beim Machen von Computermusik: Es soll nicht danach klingen! Mein Ehrgeiz ist es, eine Live-Perfomance glaubhaft zu imitieren.
Für alle vorkommenden Bläser-Stellen gilt: Ich habe da einen Baukasten, in dem sind einige Blasinstrumente drinnen, und jedes davon bietet mir einige hundert fertige (gesampleten) Phrasen und Licks.
Meine Aufgabe als „Macher“ ist es nun, mich von der Warte eines „echten“ Komponisten und Arrangeurs zu lösen und nicht daran zu denken, WELCHE melodische Phrase denn an dieser oder jener Stelle hübsch wäre, sondern stattdessen zu beurteilen, welche der 500 (ungefähr) fertigen und zur Verfügung stehenden Phrasen/Licks an dieser oder jener stelle die genau passende ist:
Harmonisch, rhythmisch, und vom Energieniveau her. Dabei muß die ausgesuchte Phrase zur Begleitmusik an dieser Stelle passen, aber sie muß auch zur vorhergehenden Phrase passen und einen möglichen Übergang zur nächsten Phrase bieten.
Ich habe mich im Laufe der Jahre gelöst von der Warte eines geradezu militant vertikal denkenden Arrangeurs (der zu jeder Zählzeit in jedem Takt stets die durch die verschiedenen Stimmen gemeinsam produzierte Gesamtharmonie im Auge hatte und diese als fast einziges Kriterium seiner Arbeit betrachtete) zu der eines Arrangeurs, der mehr horizontal denkt und sich selber und seinen digitalen (und realen !) Musikern mehr Freiräume gibt. Dadurch wurde die Musik deutlich lebendiger … zumindest meiner Einschätzung nach.
Manche der ausgewählten gesampleten Phrasen sind schon in sich eher „rhythmisch frei“, und Manche, die das nicht sind, habe ich auch bewußt vom Raster ein wenig weg verschoben, damit die Zieltöne nicht so auf dem Punkt sind. All das, um die von mir beabsichtigte Lebendigkeit zu erzeugen. Zumal ich der Meinung bin, daß auch die großen Jazzer dort, wo es musikalisch sinnvoll ist, auf den Punkt spielen, an anderen die ganze Sache aber durchaus freier angehen, und ihre Phrasen durchaus so gestalten, daß die Zieltöne weit weg vom Schlag sind. Die innere Logik und Flüssigkeit der Phrase scheint dabei das entscheidende Kriterium zu sein.

6. Alle anderen Instrumente (Bass, E-Piano, Hammond, Drums) sind Note für Note und Hit für Hit per Hand/Maus gezeichnet (im Editor-Modus), weil ich derzeit aus gesundheitlichen Gründen nicht am Keyboard einspielen kann.

7. Der Bass: Ja. Es stimmt. Der ist von Chorus zu Chorus weiterkopiert. Mea culpa. Ich hatte an diesem Tag einfach nicht die „Kraft“ und Ausdauer für das Basteln weiterer, alternativer Chorusse. Und: Oft ist die Kraft einer bestimmten Linie (wie in diesem Fall der absteigende Quartfall) so stark, daß ich lieber dopple, als einen 0-8-15-Walkingbass einzusetzen. Aber, wie alles, ist das Geschmackssache ...

Insgesamt ist es halt so, daß die „Qualität“ (wie immer man die im Detail beurteilen mag) von Computermusik immer direkt proportional zur Zeit ist, die man einzusetzen bereit ist/war. Hätte ich die Ausdauer aufgebracht, noch weitere 3 Tage an diesem Stück sitzen wollen, dann klänge es jetzt anders … :)

LG - Thomas
 
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