*** By the way ohne Globalisierung würden wir alle keine amerikanische Musik hören und über Mesas bzw. Fenders oder was weiss ich spielen. Globalisierung hat auch ihre positiven Seiten ***
Gut, dann will ich mein statement in post #5 gerne näher erläutern...
Wenn man den internatonalen Austausch von Kunstformen -hier konkret die Kunstform "Musik" von dir angeführt- auch unter "Globalisierung" listen will, kann man das tun.
Allerdings handelt es sich dann um eine "Kulturglobalisierung", die auch ich eindeutig positiv bewerte, wobei mir die begriffliche Zusammenführung von "Kultur" und "Globalisierung" nicht passend erscheint, da der Begriff Globalisierung eindeutig wirtschaftlich geprägt ist.
(Klar ist Chartmusik ebenfalls wirtschaftlich geprägt, sie ist aber nicht zwangsläufig auch immer "Kultur"
...)
Die Möglichkeit "Mesas" bzw. "Fenders" spielen zu können, verstehe ich als Synonym für (Auswahl-) Möglichkeit und Bereitstellung von Produktalternativen.
Auch das wird (verwässernd) unter den Begriff "Globalisierung" gefaßt und kann - isoliert betrachtet - als freie Güterwahl positiv bewertet werden.
Sehr
problematisch wird Globalisierung aber dann, wenn wir von
"Arbeitsglobalisierung" sprechen, d.h. wenn es um die Verschiebung von Arbeitsplätzen in kostengünstigere Länder geht
UND
gleichzeitig die verschobenen Arbeitsplätze im Ursprungsland ersatzlos gestrichen werden.
CARVIN hat den Schritt nach China etc. offenbar nicht gemacht (oder nur zu einem ganz kleinen Teil...), andere (und wirtschaftlich stärkere) Unternehmen dagegen sehr wohl und zu nahezu 100%.
Die Schließung auf die Globalisierung zu schieben finde ich gelinde gesagt etwas zu kurz gedacht. ***
Wenn ein Unternehmen versucht die Arbeitsplätze im eigenen Land zu realisieren und zu sichern, ist das ein höchst ehrenwertes Unterfangen.
Wenn ein Unternehmen die Arbeitsplätze aus Kostengründen in sog. Niedriglohnländer verschiebt, gleichzeitig im Ursprungsland die Arbeitsplätze ersatzlos streicht UND dennoch erwartet, dass die Produkte im ehemaligen Ursprungsland weiterhin gekauft werden, finde ich DAS sowohl "zu kurz" gedacht", als auch klar unehrenhaft.
Müssig darüber zu diskutieren, dass genau das unsere derzeitige Wirtschaftrealität ist, es bleibt dennoch unehrenhaft.
Die Folgen der gestrichenen Arbeitsplätze:
Die Betroffenen haben keine oder nur noch eine eingeschränkte Kaufkraft
(und können sich die Produkte, die sie früher selbst hergestellt haben, nicht mehr leisten. Letzteres gilt zwar auch für den Arbeiter, der eine S-Klasse baut, aber der hat immernoch einen Arbeitsplatz, kann sich einen Golf leisten und seine Familie ernähren).
Ein Staat benötigt Steuereinnahmen, die von Beschäftigten bezahlt werden.
Die Steuereinnahmen setzen sich aus Unternehmenssteuern und direkten bzw. indirekten Steuern zusammen.
Ein Rückgang von Steuereinnahmen führt zwangsläufig dazu, dass ein Staat seine gestalterischen finanziellen Aufgaben nur noch eingeschränkt ausüben kann und führt mittelfristig auch zu einem Rückbau des Sozialstaates und das wiederum gefährdet den sozialen Frieden.
Zurück zu CARVIN:
CARVIN hat den Weg des Direktvertriebs gewählt, d.h. Groß- und Einzelhändler waren Aussen vor und kassierten somit auch keine Preisanteile der jeweiligen Produkte.
Da CARVIN-Produkte gleichzeitig mittel- bis hochpreisig waren, verdiente das Unternehmen pro verkaufter Einheit mehr und konnte so u.a. die nationalen Arbeitsplätze sichern.
Das Konzept hat über die Jahre in den USA irgendwie funktioniert, nun offensichtlich nicht mehr. Gründe und Ursachen bleiben spekulativ.
Aber das Fehlen der Multiplikatoren "Groß- und Einzelhandel", insbesondere außerhalb der USA, wo das Direktvertriebsmodell von CARVIN nie wirklich funktionierte, hat den überlebensnotwendigen Warenabsatz im Ausland leider nicht ermöglicht.
Denn die Kostenentwicklung in den USA und die im Ausland billiger produzierenden Mitbewerber haben dazu geführt, daß CARVIN
mit den nur in den USA verkauften Produkten nicht mehr überleben kann. Letztlich eine absehbare volkswirtschaftliche Binsenweisheit...
Dazu die eigene beschränkte Wirtschaftskraft, die eine aggressive Marketingpolitik à la Großkonzerne nicht finanzieren kann, um sehr viele (überflüssige?) Billigprodukte in Geld zu verwandeln, spielt mit Sicherheit auch eine Rolle.
Aus diesen Gründen bin ich -nach wie vor- der Meinung, dass CARVIN's Geschäftsaufgabe nach 70 Jahren Marktpräsenz der Globalisierung geschuldet ist, wohl gerade weil CARVIN sich der Globalisierung verweigert hat.
Gruß
RJJC