(...) Wenn ich jetzt aber beispielsweise o.g. Stück spielen möchte...
Bei dem Titel handelt es sich weitestgehend um eine Viertelstruktur. Das heißt:
1 2 3 4
x x x x
B S B S
(Anm.: lässt sich mit den hier verfügbaren Mitteln leider nicht so formatieren, wie´s nötig wäre)
und ein relativ offen gespieltes HiHat ebenfalls auf den Zählzeiten. Beim Refrain kommt dann ein Tamburin auf den Achteln dazu.
Ich finde, dass für das Grund-Feeling in dem Song diese "schwere" Viertelstruktur sehr wichtig ist. Das Tamburin während des Refrains bringt demgegenüber dann so eine Art Schwebe-Feel rein (macht´s also leicht). Das ist es u. a. doch, was den Titel so klasse macht, oder nicht?
Von daher lieber schmiddo ;-) finde ich die pauschalen Hinweise auf Ghostnotes und Zwischenschläge (Floatings) nur wenig dienlich. Da hat man dann ganz schnell so´n Brei.
Mal ausgehend davon, dass ursprünglich gar nicht von Lagerfeuer o. ä. die Rede war, wäre die vielleicht direkteste Übertragung auf Cajon: linker Fuß tritt Hihat, linke Hand schlägt Bass und Snare im Wechsel, rechte Hand schüttelt während der Refrains ein Tamburin.
Zum Thema "Noten": Was ist letztlich denn "Gefühl"? Wenn etwas motorisch routiniert umgesetzt wird, dann ist die Ursache dafür, dass sich das Großhirn mit der sog. "Handlungsplanung" nicht mehr allzu sehr auseinandersetzen muss. Automatisierung von Bewegung entsteht dadurch, dass nach und nach das Kleinhirn die Koordination übernimmt, sodass das Großhirn parallel dazu andere (überlegte) Handlungen initiieren kann. Bestes Beispiel: Autofahren. Nach kurzer Zeit ist es nichts mehr, worauf wir uns vordergründig konzentrieren müssen. Es ist überhaupt kein Problem, nebenbei an ganz andere Sachen zu denken oder auch zu telefonieren etc. Noten (bzw. Notationen) sind eine Verbildlichung von zeitlich-akustischen Ereignissen, die dem Großhirn eine Hilfe für die entsprechende Handlungsplanung sein kann. Durch häufige Wiederholung (Üben) verschieben sich die koordinative Zuständigkeit zunehmend in Richtung Kleinhirn und das Tun wird weitgehend unbewußt (automatisch) und "rund". Wenn das dann im Einklang mit anderen Menschen (z.B. im Sport), Maschinen (im Beruf), Klängen (z.B. in der Musik) usw. ist, fühlen wir uns wohl, weil wir in etwas aufgehen und uns dafür nicht mehr sonderlich zu reflektieren brauchen.
Problematisch können Noten werden, wenn sie sich sozusagen vor das Gefühl stellen, d. h. Musikmachen nur möglich wird, wenn ich mich an einem Notenblatt festmachen kann. Ist dann wie Fahrradfahren mit Stützrädern. Irgendwann ginge es auch ohne, aber das Kind traut sich nicht und das erste Mal ohne die Dinger setzt alle erworbene Routine außer Kraft. Das liegt an Stress, weil sozusagen das Großhirn in einem solchen Ernstfall sich nicht auf das Kleinhirn verlassen mag. Kann es ja auch nicht, weil ja nur das vom Kleinhirn übernommen wird, was dem Großhirn nicht mehr bewusst sein muss. Beispiel: schnell die Treppe runterlaufen. Tut man ganz unbewußt. Macht man sich´s aber auf halber Treppe bewußt, dass es doch ganz erstaunlich koordiniert ist, kommt man aus dem Rhythmus und es wird gefährlich.
Für´s Musikmachen ist es unabdingbar, sehr viele (!) Grundlagen in jeweils (!) automatisierter Form zur Verfügung zu haben. Aber gleichzeitig ist es immer wichtig, dass man sich auch fragt, ob die eigenen Automatismen tatsächlich für den konkreten Titel gut sind, oder ob es sich nicht angebracht ist, sich neue (zusätzliche) Automatismen anzutrainieren, die dann das Gefühls- und Ausdrucksrepertoire erweitern.
Musikmachen ist für mich letztlich, dass Routine und Kontrolle, Bauch und Verstand usw. sich in einem Waage-Zustand befinden. Ich probier hier mal eine These: Das motorische Tun akustisch wahrnehmen und mit mir (in einer Situation) und einer (geistigen) Intention in Einklang bringen. Ich lass das jetzt mal so stehen :screwy:
Ich muss beispielsweise zugeben, dass ich große Schwierigkeiten habe, auf dem Cajon eine solide Achtelstruktur in gemäßigtem Tempo zu trommeln. Ganz unwillkürlich (d.h. routiniert) verfalle ich (z.B. nach einem Break) immer wieder in eine Sechzentelstruktur, indem ich mit links die Tips einfüge. Selbst wenn die gar nicht hörbar sind, verändert sich sofort das Feel allerdings eben insofern ich mich wohler fühle, nicht weil es für das Stück gut ist. Hier muss ich ganz eindeutig an meinem Ausdrucksrepertoire arbeiten.