Broadway Particell -> Orchester

  • Ersteller Derjayger
  • Erstellt am
Derjayger
Derjayger
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
04.04.22
Registriert
16.09.06
Beiträge
281
Kekse
1.364
Hey,

weiß jemand, in wie weit man (= gängige Praxis) in den Notentext eines Particells eingreift, wenn man es für ein Orchester instrumentiert? Werden Sextparallelen eingebaut, rhythmische Figuren hinzugefügt etc. oder hält man sich stark ans vorgegebene Notenmaterial mit dem Gedanken, dass der Komponist es eben so haben will, wie er es aufgeschrieben hat? Es geht um "Think of Me" von Webber (Tanz der Vampire).

Wobei es fraglich ist, ob ich ein Particell oder ein Arrangement für Klavier und Gesang als Ausgangsmaterial bekommen habe. Oben rechts steht jedenfalls kein Arranger.
 
Eigenschaft
 
Also erst mal ist "Think of me" aus dem Phantom der Oper, nicht aus Tanz der Vampire.

Und dann ist der Begriff Broadway-Particell nicht festgelegt bzw. er definiert nicht ausreichend, was du als Ausgangslage hast. Beschreib das doch mal mit möglichst klaren Worten. Vermutlich ist es ein Klavierauszug, der die notwendigsten Informationen enthält - was steht genau drin?

Grundsätzlich musst du unterscheiden zwischen einer Skizze, die der Komponist erstellt hat als Grundlage für den Orchestrator (sowas wirst du vom Phantom der Oper auf keinen Fall haben) oder eine Skizze, die ein Arrangeur angelegt hat, nachdem bereits eine Orchesterfassung erstellt wurde und in der die Orchesterierung zusammengefasst ist. Diese beiden Varianten wirken sich ja auf deine Entscheidungsfreiheit aus, wenn du aus der Skizze wieder eine komplette Orchesterierung erstellen willst.

Es gibt zwei Tendenzen, die du IMHO in einer solchen Arrangiersituation beachten solltest:
- nimm dir alle Freiheiten die du möchtest. Das Phantom der Oper ist weltweit eines der bekanntesten Musicals, die amtliche Orchestrierung bekommst du in jedem Plattenladen und im Netz. Wenn du eine neue Orchesterierung schreibst, sollte sie ruhig etwas neues darstellen
- ich nehme an, du schreibst für Laien und nicht für Profis? Dann brauchst du ja sowieso praxistaugliche Lösungen, die deine Spieler spielen können und musst schon deswegen die Vorlagenskizze freier interpretieren

Webber-Musicals (wie alle Musicals) entwickeln sich und werden in den unterschiedlichsten Formen dem Zeitgeist angepasst, und jede Neuinszenierung steht vor genau dieser Herausforderung.

Harald
 
Es ist ein Leadsheet mit Gesangs- und Klaviernoten. Letztere sind ausgesetzt, haben aber trotzdem Akkordsymbole. Wenn man "think of me" bei Google-Bilder eingibt, erhält man schnell etwas, das meiner Vorlage zum verwechseln ähnelt.
Es ist im Rahmen meines Studiums und als Skizze des Komponisten aufzufassen. Aber selbst wenn nicht: Was für grundlegende Unterschiede würde das ergeben?

Danke für die Antwort :)
 
Ich kenne solche Arrangements aus sogenannten "Songbooks", kann das sein? Damit erfreut die "moderne" Musikschuljugend gerne ihre Familien, wahlweise klassisch Solo-Klavier, oder die Gesangsschülerin mit der den Kavierpart spielenden Lehrerin, oder die Akkordgitarrenschülerin, die entweder selbst singt oder eine singende Freundin begleitet.
Wie man daraus wieder einen guten Orchestersatz bastelt weiß ich leider auch nicht, aber ich würde davon ausgehen, dass der Klavierpart gegenüber dem Original deutlich vereinfacht wurde, um ein möglichst breites Käuferpublikum anzusprechen.
 
Ich kenne solche Arrangements aus sogenannten "Songbooks",

Ja, das war auch mein Gedanke.

Eine Songbookausgabe ist i.d.R. ein Arrangement, das weit hinten in der Bearbeitungs- und Verwertungskette eines Musicals entsteht. Es ist also oft zeitlich weit nach der Kompositionsskizze, der Originalorchesterierung und diversen Aufnahmen entstanden. Man kann das durchaus als Grundlage nehmen, um daraus wieder eine Orchesterierung zu bauen, aber bis ein Songbook entstanden ist, hat ein Werk natürlich eine gewisse Geschichte hinter sich. Ob man die jetzt beachten will und sich z.B. von existierenden Aufnahmen beim Arrangieren inspirieren lässt, ist eine individuelle Entscheidung.

Wenn es eine Songbookausgabe ist, kann man oft nur der Melodie und dem Text vertrauen. Gerade bei Sir Andrew haben seine Orchestratoren viele Entscheidungen getroffen, beim Phantom war das David Cullen. Die Songbooks sind dagegen von anderen Arrangeuren geschrieben, manchmal in enger Anlehnung, manchmal recht weit entfernt von der ersten Aufnahme. Mein Phantom-Sonbook hier im Regal von Hal Leonard wurde von Roger Day arrangiert. Sie sind mehr Transkriptionen der Aufnahmen als Arrangements der Original-Orchesterierungen.

Von daher kann man folgendes mit ziemlicher Sicherheit ausschließen:

Es ist [...]als Skizze des Komponisten aufzufassen.

Wie sehr du diese Songbookausgabe gewichtest, ist eine hochgradig individuelle Entscheidung.

Für ein eigenes Arrangement ist ja eher entscheidend, wer's spielen soll. Für wen schreibst du denn? Welche genaue Besetzung?

Übrigens scheint sich bei den Rechten interessanterweise einiges zu tun. Im englischen Wikipedia-Artikel zum Phantom wird behauptet, seit 2013 wären die Rechte an der Show auch für Amateurtheaterproduktionen erhältlich.

Harald
 
Unser Dozent hat uns das Ding gegeben, damit wir es für ein Profiorchester arrangieren. Als Simulation. Danach wird es besprochen.
Ich habe ihn eben gefragt, er meinte auch, dass man dort gerne hart eingreifen darf.

Danke für die Antworten! :)
 

Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben