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Beteiligung von Studiomusikern/Interpreten an Urheberrechten

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edit/ambee: Da es sich hier um eine sehr interessante Fragestellung handelt, habe ich dieses Thema mal aus dem ursprünglichen Thread herausgenommen, da es sich meiner Ansicht nach lohnt getrennt von der Plagiats-Frage betrachtet zu werden.


Wird Marvin Gaye nun künftig als Miturheber des Titel geführt werden? Obwohl er die Percussion wohl kaum selbst komponiert haben dürfte?


Abgesehen davon, dass Marvin Gaye selbst nichts mehr davon hat, ist das eine wichtige Frage. Die Studio-Musiker, die in der Regel dann auch den Sound prägen, wurden meines Wissens nie an den Tantiemen beteiligt, sondern bekamen ein Gehalt oder eine Gage. (Empfehlenswerte Doku: "Standing in the Shadow of Motown" über die Funk Brothers, die praktisch alle Motown-Alben einspielten - unter anderem auch die ersten Gaye-Alben)

Paul Simon, der nach seinem Erfolgsalbum "Graceland" in der Kritik stand, weil die afrikanischen Gastmusiker, deren Arbeit einen wesentlichen Teil zum Sound des Albums beitrugen, nicht als Urheber beiteiligt wurden, verteidigte sich sinngemäß mit den Worten: "Wer trommelt, komponiert nicht...".

Das heißt: Ja, ich stimme klaus111 zu. Das Substantielle des Gaye-Songs wurde geklaut. Aber das stammt höchstwahrscheinlich nicht von Gaye, sondern war eine bezahlte und einmalige Dienstleistung einiger Sessionmusiker. Es sei denn, er hätte den Musikern Noten vorgelegt oder genaueste Anweisungen gegeben - was ich mal nicht glaube.

Unter diesem Aspekt wird das Urteil noch fragwürdiger. Popmusik ist längst an die Grenze ihrer Innovationsmöglichkeiten gekommen. Ich fürchte, dass es künftig zu weiteren ähnlichen Fällen kommen wird. In dem Fall würde ich mir wünschen, dass sich beteiligte Studiomusiker auch mal zu Wort melden. Aber ich schätze, dass die noch immer vertraglich verpflichtet sind, auf ihre Urheberschaft zu verzichten. Aber wird sie dadurch automatisch Eigentum des Songwriters?

Auf jeden Fall eine schräge Familie, die der Marvin da hatte: Der Vater ballert ihm die Rübe weg und die Tochter streitet um Kuhglocken.
 
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Die Studio-Musiker, die in der Regel dann auch den Sound prägen, wurden meines Wissens nie an den Tantiemen beteiligt, sondern bekamen ein Gehalt oder eine Gage.
Das ist oft der eigentliche Skandal: Es werden nicht immer diejenigen als Komponisten angegeben, die tatsächlich komponiert haben, auch z.B. andere Bandmitglieder. Da gibt es sicher viele Ungerechtigkeiten. Solchen Innenverhältnissen, die auch von Abhängigkeiten bestimmt sind, kann man von außen kaum beikommen.
 
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sondern war eine bezahlte und einmalige Dienstleistung einiger Sessionmusiker

Da kann ich nichts verwerfliches dran erkennen. Es ist eine eingekaufte Dienstleistung und der Session Musiker hat genau "Null Risiko" - egal ob der Song ein Hit wird, er bekommt seine Stunden bezahlt. Wenn ein Angestellter der Firma DuPont einen Kunstoff erfindet, dann ist der ja auch von DuPont und nicht von Monsieur Jack Rubber. Dafür trägt Jack Rubber auch keine Verantwortung am Erfolg der Firma, hat keine Investitionskosten aus eigener Tasche usw.

Gruß
Martin
 
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die von Antipasti erwähnten Funkbrothers haben seinerzeit einen ganz normalen, und durchaus gut bezahlten Job gemacht
an (aktuelle) weltweite Lizenzmodelle haben damals nicht mal die 'Macher' gedacht... nicht in ihren kühnsten Träumen

Interessant auch die Aussage des Bassisten, der seinerzeit die markante Linie für Lou Reeds 'Walk on the Wild Side' eingespielt hat
wobei er die nicht nur gespielt, sondern sogar selbst 'erfunden' hat... aus ganz profaner Motivation:
Zitat: ... man konnte die Bezahlung für den Track verdoppeln, wenn man 2 Instrumente eingespielt hatte
Bandmaterial war knapp und teuer, aber er konnte den Produzenten davon überzeugen, über den Kontrabass noch einen E-Bass um 10 Töne nach oben versetzt zu spielen - ein (genialer) spontaner Einfall, der dem Song sogar mehr Charakter verleiht, als Lous Gesang...
er hat sich über den Bonus gefreut und weder mit Ausdruck noch Worten darüber geklagt, letztlich nicht am Erfolg beteiligt zu sein

cheers, Tom
 
@hack_meck

Es geht mir dabei doch nicht um die Moral, sondern um die Frage danach: sind Marvin Gaye und seine Co-Autoren damit automatisch auch Eigentümer dieser Dienstleistung? Oder verzichten die sessionmusiker lediglich auf Rechtsansprüche? Ist der Verzicht inhaltlich dasselbe wie die Abgabe?
 
auch Eigentümer dieser Dienstleistung?

Für mich ja, denn sie haben für die Erbringung der Dienstleistung bezahlt … ähnlich wie in meinem DuPont Beispiel. Wenn man für einen Song ein Patent anmelden könnte, würden dies - analog zum DuPont Kunststoff - die Firma machen. In diesem Fall also die Marvin Gaye Firma.

Gruß
Martin
 
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Soweit ich weiss, ist das vertraglich eindeutig geregelt, dass mit der Bezahlung eines Studiojobs alle Leistungen abgegolten sind

cheers, Tom
 
Jaja - das ist schon klar, dass "alle Leistungen abgegolten sind". Es ist auch völlig klar, dass die Musiker außer ihrer Gage kein Geld mehr kriegen. Aber die Juristerei ist ja bekanntlich sehr kleinkariert und hält das eine oder ander Hintertürchen.

Das mit dem Dupont-Beispiel leuchtet aber ein.
 
ich mache Software-Entwicklung
im Angestellten-Verhältnis gehen das Copyright und die Nutzungsrechte automatisch auf den Arbeitgeber über
biete ich dieselbe Dienstleistung auf eigene Rechnung an, bleibe ich Urheber und muss den Einzelfall ggf vertraglich regeln
ist also nichts wirklich ungewöhnliches - aber Juristerei... da ist schon was dran ;)

cheers, Tom
 
Ich mache Grafik, Texte und Illustration selbständig und da ist selten was vertraglich geregelt. Nicht mal bei weltweiten Konzernen. Streng genommen müssten sie für jede Verwendung eine neue Lizenz beantragen.

Als studiomusiker habe in den Achtzigern auch nie etwas derartiges unterschrieben. Es gab halt ne Quittung.

Aber egal: das Gericht war der Meinung, der Funk gehört Gayes Tochter. So isses halt jetzt erstmal.
 
Da hier zu einem amerikanischen Urteil mit dem deutschen Urheberrecht argumentiert wird...
mitnichten - es ging um die Beteiligung von Studiomusikern am 'Werk' - und mögliche Perspektiven die dieses Urteil ohne Zweifel eröffnet, wenn es denn Bestand haben sollte...
der zuvor erwähnte Bass ist noch etwas prägender als die cowbells und der Session Musiker hat's spontan 'komponiert' (er bekam kein Notenblatt)
heute vermutlich undenkbar, dass in einem öhnlichen Fall nicht auf Beteiligung bestanden wird



cheers, Tom
 
Ich würde davon ausgehen, daß ein Sessionmusiker, falls er Urheber ist , die Nutzungsrechte an seinem Urheberrecht (in Deutschland) i.d.R. gegen seine Gage abtreten muß (z.B. §29 UrhG).

Die Bezeichnung "Abfindungsvereinbarung" spricht ja für sich:
Abfindungsvereinbarung (Sessionmusiker-Vertrag) S.211
Ulrich Schulze-Rossbach
DAS AMA MUSIKER RECHT
Rechtliche Grundlagen für Musiker, Texter und Komponisten
http://www.ama-verlag.de/product_info.php?info=p253_Das-AMA-Musikerrecht.html

In anderen Ländern ist es ähnlich, jedoch offenbar mit einer gewissen Unsicherheit in Kanada und England:
USA
The important thing to note there is that session musicians do not (usually) get royalties or any other income generated by their recordings after the job is done. You get a flat fee for your work, period.
Heather McDonald (Music Careers Expert): Session Musician Career Profile

USA (NYC)
THIS AGREEMENT ...
WHEREAS, the Parties both intend for Employer to be considered the author of the Work for the purposes of all copyright and intellectual property issues, and for Employer to be the sole and exclusive owner of the copyright in the Work;
https://www.docracy.com/8209/musician-work-for-hire-agreement

Australien:
So all singers and musicians, including
session musicians who perform on a recording will own a part of the copyright
in the recording, unless they agree otherwise.
...
Once any fee payable is paid, I will have no further claim in relation to the Recording
or for my services.
http://simpsons.com.au/wp-content/u...-Chapter-8-Copyright-and-Music-The-Basics.pdf

Kanada:
It is unclear whether, if a session musician contributes original work of his or her own to the sound recording, he or she might have copyright in the work (i.e. as a joint author of the work). There does not appear to be any case law in Canada on session musicians and copyright in sound recordings. However, in one case from England, Beckingham v Hodgens, [2002] All ER (D) 24, the High Court found that a session musician had actually composed a part of a song and, because he had also satisfied certain other criteria, that he was a “joint author” of the song as a whole. But note that this is a case from England and it is not known how a Canadian court would decide the same matter. It is also not clear that the session musician in that case had waived his copyright in the song, as session musicians often do by contract today.
http://cjam.info/en/services/fact-sheets/191-session-musician-rights-their-sound-recording-work

Viele Grüße
Klaus
 

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