Hallo zusammen
Da mich dieses Thema sehr interessiert, habe ich mich gerade hier im Forum angemeldet.
Aufgrund der Post-Daten nehme ich an, dass es um ein Weihnachtsgeschenk ging. Nun interessiert mich, was gekauft wurde und welche Erfahrungen damit inzwischen gesammelt wurden.
Bezüglich der Wahl Holz- oder Kunststoffkanzelle kann ich für andere Leser dieses Threads nur bestätigen, dass bei Kindern Kunststoff die bessere Wahl ist.
Ich habe als Kind mehrere Mundharmonikas mit Holzkämmen verschlissen, bis ich schließlich die Comet-Wender mit Kunststoffkanzellen bekam. Ich muß wohl sehr viel gespielt haben. Jedenfalls wurden die Instrumente im Laufe der Zeit scharfkantig und scheuerten mir die Lippen auf, vor allem die Mundwinkel. An das unangenehme Gefühl kann ich mich noch gut erinnern. Wenn das meine Eltern beobachteten, wurde die Mundharmonika ausgetauscht.
Vor einiger Zeit entdeckte ich die Mundharmonika "Speedy" von Hohner für den Musikunterricht mit Vor- und Grundschulkindern. Ich habe lange überlegt, welches Instrument für diese Altersgruppe wohl am besten geeignet sein könnte. Schließlich entschied ich mich aus folgenden Gründen für die "Speedy":
- auf dem Deckel können die Noten abgelesen werden
- 4 Kanäle = 8 Töne sind ein überschaubarer Tonraum, der für den ersten Einstieg völlig ausreicht
- die großen Abstände zwischen den Kanälen erleichtern das einstimmige Melodiespiel
Die Instrumente wurden von den Kindern (5 1/2 bis 6 1/2 Jahre) mit großer Begeisterung angenommen. Daraufhin entwickelte ich für sie eine methodisch geordnete Sammlung
"Lieder und Tanzweisen für Mundharmonikas in diatonischer Stimmung", die ihnen den 8-stufigen diatonischen Tonraum systematisch erschließt. Für den ersten Teil der Sammlung fand ich nur wenige traditionelle Weisen. Also erfand ich zahlreiche kurze Übungsstückchen, mit denen das Finden der verschiedenen Noten geübt wird. Für einen Tonraum von 5 bis 8 Tönen findet man zahlreiche alte Tanzweisen, Volks- und Kinderlieder zu den unterschiedlichsten Themenkreisen. Sogar in Opernpartituren wurde ich fündig! Müßte ich nicht wegen der Lizenzgebühren auf Melodien von zeitgenössischen Komponisten verzichten, hätte ich auch in diesem Genre geforscht und gesammelt.
Mit der methodischen Sammlung verfolge ich das Ziel, den Kindern eine derart sichere Kenntnis der eingestrichenen Oktave zu vermitteln, dass sie die Lieder nach Noten vom Blatt spielen können. Kanalzahlen werden nur beim Einüben eines neuen Tones benutzt. Atemzeichen werden dagegen bei allen Liedern angezeigt. Meine Schüler kommen mit dem Konzept sehr gut klar.
Kürzlich habe ich mit 2.- und 3.-Klässlern, die bei mir Klavierunterricht haben, getestet, ob sie mit Hilfe meines Lehrbuches auf der Speedy allein zurecht kommen. Es war für mich sehr interessant zu beobachten, wie leicht sie sich mit Hilfe der auf dem Deckel abgebildeten Noten und Atemzeichen und den entsprechenden
Abbildungen im Buch orientierten und dann innerhalb weniger Minuten die Melodien der ersten Lernschritte von den Noten abspielten.
Die Speedy war für mich vom Spielgefühl her zuerst sehr fremd, weil einfach total anders als Bluesharp (Oscar Lee, Pro Harp Ms, Marine Band deluxe, Golden Melody, Piccolo - alle von Hohner), Oktave Mundharmonika (CometWender Hohner), Soloharp (Marine Band Soloist - Hohner) und Chrom (Larry Adler - Hohner). Aber man bekommt den Dreh schnell heraus. Logischerweise fühlt man beim Spielen die robusteren Zungen. Die sprechen nicht so fein an wie hochwertige Instrumente. Dafür halten die Instrumente aber auch einiges aus. Und die Kinder kommen damit gut klar. Den beabsichtigten Zweck, die Kinder in das Musizieren nach Noten einzuführen, erfüllen sie sehr gut. Das mühelose Finden der richtigen Kanzellen führte bislang bei allen Schülern zu raschen Erfolgserlebnissen.
Ist der Tonraum der Speedy komplett erarbeitet, kann man nach Belieben auf Richter-, Paddy-Richter, Solo- oder Chrom-Stimmsystem umsteigen. Grund: der Tonraum der Speedy ist in all diesen Stimmsystemen als sogenannte Kernoktave oder Zentraloktave enthalten und wird mit derselben Atemtechnik (Blas-Zieh-Folge) gespielt.
Wenn der Tonraum der Speedy "durch" ist, werden wir zur "Melody Star" wechseln. In 8 Kanälen sind 15 Töne = 2 Oktaven zu finden. Ich bin kein Blues-Spieler und daher kein großer Meister im Benden, aber auf Kanal 5 und 6 kann ich d'' und e'' 1/2-Ton herunter ziehen (Ziehbendig). Und in Kanal 4 kann ich das c'' mit Blasbending 1/2-Ton nach unten drücken. Die Bendings im 4. und 6. Kanal braucht man zwar nicht, weil die dadurch erreichten Tonstufen ja als normal anzublasender bzw. zu ziehender Ton existieren, ist aber eine nette Übung, erlaubt eine andere Einteilung der Atmung und klingt interessant. Das Benden klappt mit allen beiden "Melody Stars", die ich besitze und auch mit der "Marine Band Soloist". Die Melody Star hat demnach 16 spielbare Töne. Dadurch lassen sich dann auch Lieder wie "Leise rieselt der Schnee" spielen, in denen mitten drin plötzlich ein Versetzungszeichen die 2. Stufe der Dur-Leiter abdunkelt bzw. die 1. Stufe erhöht.
Die geformten Kanzellenöffnungen der Melody Star lassen sich mit den Lippen sehr gut ertasten und helfen den Kindern daher beim Einzeltonspiel. Bei meinem ersten Test, fand ich diese geformten Kanzellen sehr gewöhnungsbedürftig. Doch inzwischen spiele ich darauf sehr gerne. Ich bin schon gespannt, wie die Kinder auf diesen Umstieg reagieren.
Nach meinen Beobachtungen finde ich, daß sich die Ausgangsfrage "Welche Harp würdet ihr empfehlen, um kleinere Kinder vom Mundharmonikaspielen zu überzeugen?" nicht generell beantworten läßt.
Meine Gegenfragen:
- welches Alter?
- für welche Art des Musizierens soll das Kind überzeugt werden?
Jüngere Geschwisterkinder meiner Schüler schleppen ebenfalls eine Speedy herum und haben damit viel Spaß.
Auf Videokanälen findet man so einige herrliche Filmchen von Kleinkindern, die sich an den Akkordklängen von Mundharmonikas unterschiedlichster Bauform erfreuen. Ich schätze mal, daß ich vor Jahrzehnten genauso angefangen habe. ;-) Ich hätte Bedenken, ein Kleinkind mit einem Instrument herumlaufen zu lassen, das harte eckige Kanten hat. Speedy (Kernoktave, Gehäuse komplett aus bißfestem Kunsstoff), Melodystar (Solo-Stimmung) und Golden Melody (Richter-Stimmung) sind an den Ecken schön gerundet. Aus diesem Grund würde ich diese Modelle für Kinder in die engere Wahl ziehen.
Die Begeisterung für das Mundharmonikaspiel ist nicht nur eines Frage des Instruments, sondern auch eine Frage des Vorbildes und der Bestätigung. Wenn das Kind für sein Musizieren Aufmerksamkeit und Anregungen zur Weiterentwicklung erhält, wird es eher motiviert sein, weiter zu spielen, als wenn sich niemand dafür interessiert.
Viele Grüße
Lisa