Basser & Blues

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ChicagoHarp
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So, jetzt habe ich als nicht-Basser mal eine Frage an Euch.

Ich spiele Harp in einer Coverband, die sowohl Rock, Folk, Country als auch Blues im Programm hat.
Mir persönlich gefällt der 12-Bar Blues mit Abstand am besten, alles andere ist für mich spieltechnisch nicht so sehr von Interesse...

Leider geht es unserem Basser gerade andersrum. Er schimpft immer dann, wenn's "nur" 12-Bar ist ("immer nur dasselbe" etc.).

Daher meine Frage: Ist Blues per se nicht besonders herausfordernd für Bass, oder gibt's bei Euch auch die Leute, die hauptsächlich Blues spielen?

Das der Bass im Blues für's Zusammenspiel und für den Gesamtsound bzw. -groove enorm wichtig ist, steht ausser Frage. Ich würde nur mal gerne wissen, ob man da als Basser nicht auch noch mehr machen kann als Walking Bass rauf und runter und ob das nicht für einige sogar extrem interessant ist!

Also, würde mich mal interessieren, wie Ihr Basser den Blues schätzt (oder auch nicht)...
 
Eigenschaft
 
Hallo,

also wir spielen zwar auch Rock und Soul, aber einen ganzen Teil Blues.
Ich habe eher das Problem mit "zu ausgefallenen" Blues Stücken. Bei der Allman Brothers Version von Stormy Monday kommt ein krümmer Akkord nach dem nächsten und da spiele ich auch alles andere als sturen Walking Bass. Es gibt ja auch viele Varianten, die man je nach Melodieführung einbauen kann. Vielleicht tue ich eurem Basser ja unrecht; aber vielleicht ist er zu einfallslos?

Das Original interessiert mich nur am Rande. Ich sauge mir die Teiel raus die mir gefallen und mache dann mein eigenes Ding draus (natürlich zur Stimmung des Stückes passend). Zwei Bars oder mehr hintereinander spiele ich eigentlich nur dann den gleichen Lauf / Fingersatz, wenn ich will, dass es monoton klingt (was ja auch gut kommen kann). Ansonsten "denke ich mir eine kleine Geschichte aus, die zum Song und unserer Instrumentierung passt.
Ich spiele mich zwar nicht in den Vordergrund, aber mein Bass ist auch kein monotoner Hintergrundteppich.

Bücher kann ich Dir keine empfehlen, da ich keine Noten lesen und TABs auch nur in Slow-Motion lesen kann. Ich habe mir das alles selbst rausgehört oder durch Rumprobieren beigebracht. Ich bin zwar seit über 30 Jahren Musiker, spiele aber erst seit drei Jahren (oder vier???) hauptsächlich Bass (vorher Drummer und Gitarrist).

Gruß
Andreas
 
Hallo Chicago Harp.
Hallo Alle.

ich glaube, dass die Zufriedenheit für den Bassisten davon abhängig ist, ob er die entsprechende Musik fühlen kann.
Ich setze mich manchmal hin, spiele sehr aufwändige Basslinien für mich und habe innerhalb meiner Band bei der Umsetzung unseres musikalischen Konzeptes deutlich weniger zu tun. Da könnte ich dann zwar denken, dass es zu wenig sei, mehr würde das Konzept aber zum Scheitern bringen.
Band ist Team und wenn einer zu viel oder zu wenig macht wird es unstimmig.

Was den Blues angeht:
Ich setze mich manchmal hier hin, schnappe mir einen Bass und jamme mit den Bluesgrößen dieser Welt, (die natürlich nur vom Tonträger laufen), und dabei ist es mir völlig schnuppe ob ich dabei wenig oder viel zu tun habe. Es kommt darauf an, ob ich die Musik fühle.

Es gab einen Bassisten, den ich sehr verehre: Dave Meyers. Der hat den Chicago Blues durch sein Bass - Spiel mit dem E Bass ab 1958 entscheidend geprägt, und das aber nicht unbedingt mit völlig aufwändigen Basslinien.
 
Ich stehe ja noch ziemlich am Anfang meiner Basserkarriere (4 bis 5 Jahre), bin nun aber auch beim Blues angekommen. Wir spielen neben Blues auch Funk, Soul, diese Richtung eben.

12-Bar Blues hat mich vor vielleicht 1 bis 2 Jahren auch noch völlig gelangweilt - das Argument, hier nichts zu tun zu haben, zieht aber (wie ich jetzt finde) nicht. Hatte ich beim Punk bin größtenteils Grundtongeachtel denn mehr zutun? Blues finde ich deshalb faszinierend, weil er sich, wie ich finde, besonders dynamisch spielen lässt. Man kann einfach die Augen zu machen und träumen, die Musik auf sich wirken lassen. Aber dazu muss man, wie schon gesagt, auch dazu bereit sein. Ich könnte mich nun nicht hinsetzen und die aktuellen Charts spielen, die Augen schließen und Träumen. Keine Ahnung, ob das überhaupt noch jemand kann :gruebel:

Mein Geschmackswandel hat mich als Basser denk ich einen großen Schritt nach vorn gebracht. Ihr könnt versuchen euren Basser zu motivieren, indem er mal über den Tellerrand hinaus schaut. Kann mich auf jeden Fall nur dem Gesagten anschließen, und habe auch mit diversen Ex-Band-Mitgliedern die Erfahrung gemacht: Es wird nur das gern gespielt, was auch gern gehört wird. Irgendwie klar, aber wird manchmal vergessen. Vielleicht findet sich ja mal ein passender Moment, in dem er bereit ist, mal genau hinzuhören. Dann findet man nämlich in jeder Musik irgendwelche kleinen Details und Finessen, die einen faszinieren können. Bei mir ging der Weg übrigens von (Pop)-Punk zu (poppigerem) Funk, und nun bin ich völlig in dieser Black-Music Ecke gelandet. :)

Grüße
 
Also Zwölftakter find' ich auch ganz nett, aber stur 12-Bar-Walking-Bass würd' ich in meiner Blues Band nicht spielen wollen.

Glücklicherweise haben wir auch eher Non-12-Bar Songs im Repertoire, bzw. Non-Walking Songs, z.B. "Tongue 'n Groove" von Living Blues, das ja eher ein Jazzblues als ein Standard-Zwölftakter ist. Oder auch "Crossroads" von Cream. Sowas sind dann immer mal ganz nette Abwechslungen.

Aber - wie gesagt - auch einfach mal walken hat durchaus Reiz.
 
Mein Keyboarder meinte mal: "Blues spielen kann fast keiner. Den meisten Leuten fehlt zum Blues spielen einfach die Ruhe!"
Und da hat er imho nicht ganz unrecht. Der Blues ist nicht dafür geschaffen, die Harmonielehre neu zu erfinden, oder weißgott was für schräge Sounds, genausowenig wie für 50-Noten-pro-Sekunde-Gefrickel. Der Blues ist eine Leidenschaft, kein Leistungssport. Speziell am Bass ist eine bestimmte Relaxtheit dabei essenziell...
Mir drängen sich zwei Möglichkeiten auf:
Entweder spielt euer Basser die falsche Musik. Soll heißen er sucht nach musikalischen Herausforderungen als Bassist, die er möglicherweise eher im Funk finden würde.
Oder aber sein theoretisches Wissen reicht nicht aus, um sich für dieselbe Akordfolge verschiedene Varianten zu überlegen. Einen Wechsel von C auf F kann man natürlich C-D-Eb-E-F spielen, oder man kann sich was Kreativeres einfallen lassen und sich (nur als erstbestes Beispiel) über Dm7 - G7 zu F vorarbeiten, ohne dass das das gesamte Harmoniegebilde des Songs stört. Das hängt natürlich auch davon ab, wie frei es ihm in der Band steht, seine eigenen Basslinien zu erfinden.
Soll heißen: entweder er kann "zuviel" und will das auch einsetzen, oder er kann "zuwenig" und kann daher über dieselbe Akordfolge auch immer nur das Selbe spielen. Beides führt unweigerlich zu Langeweile. Gegen Letzteres kann man relativ einfach was tun, bei Ersterem wirds schwierig...

grühs
Sick
 
Mein Keyboarder meinte mal: "Blues spielen kann fast keiner. Den meisten Leuten fehlt zum Blues spielen einfach die Ruhe!"
Den Blues "spielt" man nicht. Den Blues HAT man, oder eben nicht. Von daher stimmt o.g. Aussage, aber in einem anderen Sinne.
Blues ist Leben. Attitude, Authentizität - das sind die Stichworte. Das ist mehr als nur Musik. Wenn jemand Blues "spielt", hört man das sofort, weil es eben nicht echt ist. Oft liegt es daran, dass die Bands, die Blues "spielen", zu tight sind und zu gut klingen. Dadurch wirkt es unecht.


Leider geht es unserem Basser gerade andersrum. Er schimpft immer dann, wenn's "nur" 12-Bar ist ("immer nur dasselbe" etc.).

Daher meine Frage: Ist Blues per se nicht besonders herausfordernd für Bass, oder gibt's bei Euch auch die Leute, die hauptsächlich Blues spielen?
Ich finde, beim Blues ist es gerade für den Basser die Herausforderung, dafür zu sorgen, dass es eben nicht "immer nur das selbe" ist.
 
the-blues.jpg


Ich komme ja eigentlich von der Gitarre, kenne mich auch mit Harmonielehre und Tonleitern einigermassen aus, aber wenn es ans Improvisieren geht, wird es meist irgendwie bluesig, wenn ich mich nicht explizit drauf konzentriere, etwas anderes zu machen. Auf dem Bass kann ich auch anders, aber bei einem schönen 12-Takter kann ich die Augen schliessen und es einfach "laufen" lassen ... Und ja, es gibt dutzende von Möglichkeiten, von der Tonika auf die Subdominante zu kommen (oder von irgendwo nach irgendwo anders). Und selbst das Zupfen der Grundtöne hat etwas beinahe Meditatives ...

Man sollte einfach mal verschiedene Anschlagtechniken ausprobieren, ich habe vor ein paar Monaten erst wieder den Daumen entdeckt (nicht zum Slappen, sondern zum Zupfen, so wie man es in den 50ern und 60ern meist gemacht hat) - das klingt ganz anders als mit den anderen Fingern (die auch alle unterschiedlich klingen), so cool füllig und "reich".

An diesem Thread kann man m.E. ganz gut ablesen, dass Musiker durch verschiedene Phasen gehen (und hoffentlich aus jeder dieser Phasen ein wenig zu ihrem Wortschatz hinzufügen können): Es gibt u.a. die technisierte Phase, in der man sich an virtuosem Zeug versucht. Und die meditative (oder von mir aus auch sinnliche) Phase, wo man beim Spielen eines einzigen RICHTIGEN Tons fast schon tantrisch abgehen kann ... Hört Euch den Basslauf am Anfang des Filmes "American Pie" an, das ist fast schon pornös. Okay, nicht nur fast, und es ist so gewollt.

Viele Grüße
Jo
 
Ich muss mich mal selbst zitieren:

Oft liegt es daran, dass die Bands, die Blues "spielen", zu tight sind und zu gut klingen. Dadurch wirkt es unecht.

Das ist natürlich eine Verallgemeinerung und somit Bullshit. :rolleyes: Ich hatte dabei vornehmlich den ursprünglichen Delta blues im Sinn, mit dem ich mich derzeit verstärkt beschäftige, allgemein aus musikalischer Sicht, denn den Bass spielt dabei kaum eine Rolle.

Blues kann auch tight sein und grooven wie Sau, ohne die Seele zu verlieren. Die Texas-Blues Sachen von SRV oder Johnny Winter sind messerscharf auf den Punkt gespielt, haben aber trotzdem tonnenweise Feeling.

Man sollte einfach mal verschiedene Anschlagtechniken ausprobieren, ich habe vor ein paar Monaten erst wieder den Daumen entdeckt (nicht zum Slappen, sondern zum Zupfen, so wie man es in den 50ern und 60ern meist gemacht hat) - das klingt ganz anders als mit den anderen Fingern (die auch alle unterschiedlich klingen), so cool füllig und "reich".

Stimmt genau. Hier mal eins meine Lieblingsstücke, wenn es um variantenreiche Bassbegleitung im Blues geht:

 
An diesem Thread kann man m.E. ganz gut ablesen, dass Musiker durch verschiedene Phasen gehen (und hoffentlich aus jeder dieser Phasen ein wenig zu ihrem Wortschatz hinzufügen können): Es gibt u.a. die technisierte Phase, in der man sich an virtuosem Zeug versucht. Und die meditative (oder von mir aus auch sinnliche) Phase, wo man beim Spielen eines einzigen RICHTIGEN Tons fast schon tantrisch abgehen kann ... Hört Euch den Basslauf am Anfang des Filmes "American Pie" an, das ist fast schon pornös. Okay, nicht nur fast, und es ist so gewollt.

Kann man auch gleichzeitig in beiden Phasen sein? :D :redface: Oder wäre das dann schizophren? :eek:

Naja, virtuos wäre jetzt übertrieben, aber den Anspruch meine Spieltechnik und meine Harmoniekenntnisse zu verbessern und exakter (und somit auch schnelleren Kram) spielen zu können hab ich schon. Die "Der richtige Ton an der richtigen Stelle in der richtigen Länge und dem richtigen Anschlag";-Schiene fahre ich nachweisbar schon seit ein paar Jährchen. Was nicht heißt, dass ich nicht mehr darauf achte und nicht jedesmal neu darum kämpfen muss.

Also einen ganzen Abend 12 Bar Blues brauch ich nicht ständig. Vor allem wenn man nicht versucht ein wenig die Stimmung des Originals einzufangen und nur so Standard-Dinger 'runterspielt. Wenn ich covere, dann am liebsten richtig, das gilt auch für Blues-Nummern. So lernt man am meisten dabei. Für mich zählt da vor allem das Feeling zu treffen und nicht nur die "richtigen Töne";.

Gruesse, Pablo
 
Zuletzt bearbeitet:
Leider geht es unserem Basser gerade andersrum. Er schimpft immer dann, wenn's "nur" 12-Bar ist ("immer nur dasselbe" etc.).

Ich spiele nicht so sehr viel Blues, also ist mein Kommentar mit Vorsicht zu genießen:

Für mich funktioniert es genau umgekehrt. Ich spiele ein und den selben Blues niemals gleich. Mir persönlich eröffnet der Blues unendliche Variationen, vor allem, was die Arbeit der rechten Hand angeht.
Hier kann ich im Blues - wie fast bei keiner anderen Richtung - das Gesicht des Songs mit geringsten Mitteln total verändern.
Alleine der Bass kann die Blühse, die ich spiele, wütend, traurig, genervt, hoffnungsvoll - los, whatever klingen lassen.
Bedingung dafür ist aber sicher, das der Rest der Band mitgeht, wenn einer entdeckt hat, wohin der Song will.

Auf "Ride On" (AC/DC) freue ich mich stundenlang wie ein kleines Kind...der Song ist sicher ein simpeler Blues, aber er ist niemals wie vorher - was ausser mir gar keiner mitbekommt - und er ist immer endgeil.

Mir macht das Spass...aber das könnte sich auch ändern, wenn ich das deutlich öfter spielen würde.
 
Die "Der richtige Ton an der richtigen Stelle in der richtigen Länge und dem richtigen Anschlag";-Schiene fahre ich nachweisbar schon seit ein paar Jährchen.

Korrigiert mich, wenn ich falsch liege, aber ist das nicht - unabhängig von der Musikrichtung - generell das absolute Um und Auf eines Bassisten? :gruebel:

grühs
Sick
 
Korrigiert mich, wenn ich falsch liege, aber ist das nicht - unabhängig von der Musikrichtung - generell das absolute Um und Auf eines Bassisten? :gruebel:

Klar, für mich ist Blues jetzt auch nicht so was Besonderes. Jede Musikrichtung/Band/Aufnahme hat ein gewisses Feeling, was schwer zu reproduzieren ist. Ist's nun Iron Maiden, Rolling Stones, Jimi Hendrix oder U2. Auf alles muss man sich irgendwo einlassen, damit man die Stimmung trifft. Allein die Töne spielen reicht halt nicht aus. Weis ja auch nicht warum um Blues so ein wahnsinniges Brimborium gemacht wird. :rolleyes:

Gruesse, Pablo
 
Hi ihr Basser,

vielen Dank für Eure zahlreichen Antworten. Sind ne Menge interessante Aspekte von Euch genannt worden.

Wahrscheinlich sind es letztendlich viele Dinge (persönliche Vorliebe, technische Fähigkeiten, Motivation und Fähigkeit sich "einzufühlen" etc.), die in der Summe dazu führen, dass "unser" Mann am Bass nicht gerade ein Bluesbasser ist, bzw. werden will...

Muss man wohl akzeptieren, ich will da ja auch niemanden konvertieren oder so. Ich selbst werd in diesem Leben ja auch kein Jazzer mehr ;)...
 

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