Es ist typisch für die sog. "kurzen Töne" auf der Klarinette, dass sie weniger voll tönend und schnell etwas matt und stumpf klingen, im übrigen unabhängig vom verwendeten Griffsystem. "Kurz" deutet auf den Umstand hin, dass bei diesen Tönen die Luftsäule nur kurz ist. Üblicherweise werden dazu die Töne G1-Bb1 gezählt. Verschärft wird die klangliche Schwäche bei der Klarinette durch die Tatsache, dass bei diesen Tönen die Mensur (das Verhältnis Länge der Luftsäule zu ihrem Durchmesser) erheblich zu weit ist, da die Klarinette ja eine zylindrische Bohrung hat. Bei Oboe, Fagott und Saxophon ist die klangliche Verschlechterung aufgrund ihrer konischen Bohrung / ihres konischen Korpus etwas weniger ausgeprägt, da die Mensur konstanter bleibt. Zum Vergleich: Bei Pfeifenorgeln, wo jeder Ton seine eigene Pfeife hat, kann man die Mensur über den ganzen Tonumfang optimal halten.
Schon Carl Baermann hat sich mit diesem Mangel in seiner Schule beschäftigt und versucht, durch das sog. "Abdecken" Abhilfe zu schaffen. Das ist jedem halbwegs fortgeschrittenen Klarinettisten vertraut und gemeint ist das Liegen-lassen der Finger der rechten Hand bei den Tönen G1-Bb1.
Nun muss man aber zwischen den Abdecken als grifftechnische Erleichterung beim Register-Wechsel und dem Abdecken zur Klangverbesserung unterscheiden. Bei schnellen Passagen bzw. Tonwechseln/Tremoli wie z.B. A1-C2 bleiben stets alle Finger der rechten Hand unten einschließlich 5. Finger (C2-Klappe) [respektive auch 5. Finger links beim Wechsel zum H1 / nur 2.,3. und 4. Finger beim Wechsel zum D2 usw.].
Dasselbe Liegen-lassen bringt aber für die Klangverbesserung z.B. eines länger gehaltenen A1 meistens noch nicht das gewünschte Ergebnis.
In diesem Fall wird etwas anders abgedeckt und man spricht dann besser von "Resonanz-Griffen".
Für A1 und Bb1 decke ich wie folgt ab (deutsches Griffsystem): 4. Finger links + 2. Finger rechts auf ihren Tonlöchern und dazu schließt der 5. Finger rechts die C2-Klappe. Der klangliche Unterschied ist nicht bombastisch, aber man verleiht den Tönen doch spür- und hörbar mehr Glanz.
Da diese Kombination auf meiner Wurlitzer Konzertklarinette und meinem "Unterrichts-Arbeitstier", einer Yamaha YCL-22 gleichermaßen hilft und auch auf allen anderen Klarinetten bei denen ich das so probiert habe, nehme ich an, dass sie vielfach übertragbar und anwendbar ist.
Für technisch schnelle Passagen bleibt es beim vollständigen Abdecken, aber da fällt ein leicht matterer Klang sowieso nicht auf.
Ohnehin ist meiner Erfahrung nach bei allen wirklich guten, "modernen" Klarinetten die klangliche Einschränkung nicht wirklich gravierend, wenn nicht sogar minimal - ein gutes Mundstück, gutes Blatt und die üblichen Klangstudien natürlich vorausgesetzt. So lässt sich (bzw. sollte sich lassen) auch dieses Register in der gleichen klanglichen Güte und Schönheit spielen wie die anderen Register auch.
Die weiter oben erwähnten Seitenklappen sind eigentlich Triller-Klappen, um etwa Gis1-Ais1, A1-H1, Bb1-C2 trillern zu können. Ein alternatives Bb1 wäre zwar mit der Trillerklappe auch möglich, würde aber nur in Ausnahmefällen grifftechnisch sinnvoll (oder gar besser) sein, ansonsten aber grifftechnisch umständlicher und dazu noch schlechter in der Intonation.