Auswirkung von verschiedenen Bohrungen ?

Primut
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Hallo,

Auslöser meiner Frage ist ja eigentlich das aktuelle Weihnachtsgewinnspiel, was mich auf die Idee brachte, mir vielleicht eine Trompete zu wünschen, weil diese noch in meiner "Blech-Sammlung" fehlt und ich derzeit nur auf einem alten Olds-Kornett übe. Und klar, wenn ich mir schon so etwas wünsche, möchte ich mich im Vorfeld entsprechend sachkundig machen. ;)
Als Anbieter liegt für mich ganz klar CarolBrass vorne, und da gibt es ja verschiedene Bohrungen im Angebot von ML (11,7mm) über L (11,82mm) bis zu XL (11,94mm).
Da ich kein Anpielvergleich und keine entsprechende Erfahrungen habe, also meine Frage: Wie stark wirken sich die unterschiedlichen Bohrungen in welche Richtungen aus?
Unterm Strich beträgt ja die Maximaldifferenz zwischen ML und XL nur 0,24 mm oder 1/4 mm. Spürt man den Viertel-Millimeter tatsächlich wesentlich?

Klar, als Posaunist tendiere ich naheliegender Weise eher zu der XL-Bohrung und würde vermuten, das man dort ein wenig mehr Luft bräuchte, welche ich ja problemlos habe.
Worauf wirkt sich das auch noch aus (zB. Ansprache, Intonation o.ä.)?
Gibt es da auch einen Standard bzw. was ist am üblichsten?

besten Dank
Primut​
 
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Als Anbieter liegt für mich ganz klar CarolBrass vorne, und da gibt es ja verschiedene Bohrungen im Angebot von ML (11,7mm) über L (11,82mm) bis zu XL (11,94mm).
Gute Frage.
Eigentlich spielt die Bohrung bei den meisten modernen Trompetenmodellen aus den letzten 20 plus X Jahren keine so große Rolle mehr wie in der "guten alten Zeit".
Das liegt daran, dass Trompeten schon lange nicht mehr "linear" nach dem Schema "70% Zylinder geht in 30% Konus" über gebaut sind. Auch müssen Trompeten grundsätzlich als komplettes System betrachtet werden, die großen Einflussfaktoren sind Mundstück, Mundrohr, Hauptstimmzug, Maschine, Schallstück.
Dazu kommt das Entscheidende, nämlich der Zusammenbau.
Am Zusammenbau liegt es, dass man zwischen zwei Trompeten des gleichem Herstellers und Modells immer wieder spürbare oder hörbare Unterschiede findet.

Den Effekt der großen Bohrung könnte man durch Eigenschaften des Mundrohrs und/oder des Hauptstimmzugs verstärken, ausgleichen oder sogar (mutmaßlich) bedeutungslos werden lassen.
Mein Einduck ist eigentlich, dass die Bohrung als einzelner Faktor arg überschätzt wird, vielleicht ist das auch historisch bedingt.

Die gerne in Verbindung gebrachten Eindrücke des Spielgefühls im Sinne von "große Bohrung = mehr oder sogar hoher Luftverbrauch" oder "goße Bohrung bedeutet offenes Spielgefühl" bzw. "fehlenden Widerstand" trifft bei Trompeten sehr oft nicht zu.

Wenn das Carol Brass Modell sehr leicht gebaut ist und eine (sehr) große Bohrung hat, dann wird sie wahrscheinlich so ausgelegt sein, dass der Ton eher breit ist als projezierend und die Slots eher groß sind als klein für intonationssicher einrastende Töne. Das kann für jazzige Solos entgegenkommen, für Lead oder Blasmusik aber als ungünstig bewertet werden.
Pauschal formuliert waren kleinbohrige Instrumente mit definiertem Widerstand eher für Lead ausgelegt, großborige eher für Jazzsolisten in der Combo.
Tatsächlich fand man aber bei führenden Trompetern in der Zeit der 30er bis 90er Jahre immer wieder "ungünstige" Trompeten in deren Einsatzbereich.

Heute werden ML Trompeten deshalb bevorzugt, weil sie konstruktiv verschieden ausgelegt und optimiert werden können. Im Vergleich zu großbohrigen Trompeten sollen sie einfacher mit guter Intonation zu bauen sein.

Ich selbst habe eine ultraleicht gebaute XL bore Kanstul F. Besson Meha, sie klingt auf der hellen Seite, hat praktisch keinen Kern und große Slots. Damit ist sie nicht so einfach im Satz zu spielen wie eine "orchestertypische" ML Bach 37, 43 oder 72 oder eine Yamaha 6335 oder 8335. Bei Yamaha muss man bei den Zusatzbezeichnungen aufpassen, so hat meine 8335LA (Wayne Bergeron Custom) konstruktiv nichts mit der klassisch ausgelegten 8335 (R, G) zu tun. Die Xenos 8335 sind aber alle offener ausgelegt als die vergleichbaren Bach Stradivarius - surprise: meine (inzwischen verkaufte) Bach Stradivarius 37 war vergleichsweise offen, der oft beobachtete hohe Widerstand am Übergang zur dreigestrichenen Oktav war nicht so ausgeprägt.
Ich habe aber auch eine gemischt gebaute Trompete mit leichtem Schallstück mit normalgewichtiger Maschine, eine normalgewichtige ML und eine vollkommen konisch gebaute Trompete, bei der die XL Bohrung .470 rein gar nichts aussagen kann.

Fazit: dein Spielgefühl auf einer aktuellen Trompete wird konstruktionsbedingt nicht von der Bohrung abhängen. Herausfinden kannst Du es nur vor Ort, wenn Du dem Verkäufer deine Erwartung schilderst, also eher offene Trompeten von Carol Brass in einem bestimmten Preisrahmen.
Die vorgelegten Trompeten probierst Du dann "blind" aus, dein Helfer reicht dir die Trompeten, bewahrt den Überblick beim Ablegen und hört auch hin, welchen Eindruck er/sie hat.
Wenn man das Spielchen in Ruhe macht und auch mal eine Kaffepause einlegt, dann findet sich wahrscheinlich das passende Instrument. Was dann auf der Maschine eingraviert ist, kann eine Überraschung sein oder zu deiner Erwartung passen. Ich würde z.B. zwei Instrumente von ungefähr sechs dazwischen mischen lassen, die definitiv nicht meiner Erwartung entsprechen.
Nur wenn man das nicht weiß, kann man sich tatsächlich nach Ohren (Intonation, Klang) und Spielgefühl (Gewicht, Ansprache, Widerstand, Mechanik) entscheiden - aber genau darauf kommt es an.

Gruß Claus
 
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Yep, die gleiche Aussage aus anderem Blickwinkel.

Gruß Claus
 

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