Trayconf
Registrierter Benutzer
Hallo wertes Forum! Ich drohte bereits in der Plauderecke mit einem Review meines neuen Basses... Ich bin sehr zufrieden und habe meine Eindrücke mal zusammengefasst. Vielleicht ist ja der eine oder andere unter euch auch auf der Suche nach einem Custom-Instrument. Es gibt natürlich viele großartige deutsche Bassbauer aber es schadet ja auch nicht mal über den Tellerrand zu schauen. Der Bass ist Made In Italy und momentan mein ganzer Stolz! Aber alles der Reihe nach.
Werdegang:
Nach 7 Jahren Bundbass hatte ich vor etwa 2 Jahren eine verhängnissvolle Begegnung mit dem Fretlessbass. Ich war sofort von dem ausdrucksstarken Klang und den Möglichkeiten eines bundlosen Instrumentes fasziniert. Natürlich waren mir Bassisten wie beispielsweise Jaco Pastorius, Mick Karn und Steve Bailey schon ein Begriff, allerdings flogen die in meiner "bundierten" Zeit eher unter dem Radar. Ausschlaggebend dann selbst den Sprung zum Fretless zu wagen war Jeroen Paul Thesseling der damals in der Band Obscura eine mir völlig neue Art des Fretlessspiels aufzeigte. Ich war aber nicht nur von dem technischen Aspekt seines Bassspiels fasziniert, auch der Klang des Instruments war GENAU meine Kragenweite, vorallem im Metal!
Mein erster Fretless war dann ein 4-saitiger, mehr oder weniger Selbstbau-Jazz-Bass. Schon recht schnell favorisierte ich den Klang des Tonabnehmers nahe der Brücke. Nach einigen Monaten war mir klar das ich klanglich etwas anderes suche; damit begann monatelanges Anspielen von jedem Fretlessbass den ich zwischen die Finger bekommen habe. Unabhängig vom Preis waren sehr gute aber auch sehr schlechte Bässe dabei. Es hat sich letztendlich herauskristallisiert das keines der Instrumente auf dem Markt 100% meinen Vorstellungen entsprach, also begann ich alle gewünschten Features zu kombinieren und mir aus den Anspielerfahrungen die Sahneteile herauszusuchen. Das Ergebnis dieser monatelangen Suche sieht folgendermassen aus:
Technisches:
Hersteller: Prometeus Guitars (Italien)
Korpusholz: Erle mit Padouk-Aufleimer, geölt
Halsmaterial: Padouk, geölt
Griffbrett: Lignum Vitae (Unterart als "Black-Heart" bezeichnet)
Griffbrett-Radius: Unendlich, also komplett flach
Sattelbreite: 45mm
Mensur: 34"
Konstruktion: Tief eingeleimter Hals (reicht bis zum ersten Tonabnehmer)
Tonabnehmer: 2 Neodym-Singlecoils, selbstgewickelt vom Hersteller
Elektronik: Passiv (V/V/T)
Gesamtgewicht: ~3kg
Die Form des Instrumentes habe ich selbst gestaltet und auch hier die m.M. schönsten Teile anderer Instrumente zusammengeschoben. Allein ein für mich stimmiges Gesamtbild zu schaffen hat zwei Wochen gedauert, mit häufigem Neubeginn und diversen Ansätzen. Die Umsetzung meiner digital entworfenen Idee ist Armando Pugliese von Prometeus Guitars dann auch perfekt gelungen und das ganze ohne Aufpreis. Ich habe mich explizit für ihn entschieden weil mir seine eigenen Designs schon sehr gut gefallen haben und vorallem seine Philosophie hinter dem Bassbau für mich sehr nachvollziehbar und ehrlich war. Keine teuren aktiven Elektroniken, nur eine umfangreiche (und teilweise unkonventionelle) Holzauswahl und fast alles aus eigener Hand; die Pickups wickelt er auch selbst. In dem Fall sind zwei Neodym-Singlecoils in Padouk-Covern verbaut da es mir auf Brillianz und Definition ankam.
Und wo wir gerade bei Pickups sind, ich denke die Positionen der Tonabnehmer ist auffällig bzw. unüblich. Ich habe explizit eine solche Kombination gewählt da so ein sehr tiefmittiger, "knurriger" Klangcharakter entsteht der gerade auf dem Fretless genau mein Geschmack getroffen hat. Halstonabnehmer sind nicht so mein Ding
Gefühlt:
Das erste was mir aufgefallen ist ist das Gewicht. Laut Küchenwaage knapp unter 3kg! Das ist wohl dem Shaping des Instrumentes zu verdanken; auch die Gesamtdicke von gerademal 3cm hilft Gewicht zu sparen.
Eine leichte Kopflastigkeit ist vorhanden die aber auch nur im Sitzen wirklich spürbar ist. Im Stehen bleibt der Hals selbst mit dünnem Gurt in einem angenehmen Winkel nach oben; die Positionen der Straplocks und der kleine Headstock helfen auch etwas das Gewicht ergonomischer zu verteilen. Armando hat mich schon beim ersten Blick auf das Design auf mögliche Kopflastigkeit hingewiesen, ich wusste also was auf mich zukommt.
Der Hals ist mit 19mm an der ersten Bundposition angenehm dünn. Das Holz fühlt sich großartig an und sieht meiner Meinung nach absolut spektakulär aus! Padouk ist sehr stabil aber gehört gleichzeitig zu den leichtesten Exoten, zudem gehört es nicht zu den gefährdeten Tropenhölzern. Abgesehen von der tiefroten Farbe die im Laufe der Jahre durch UV-Licht sich langsam ins Braune verändert hat Padouk auch eine meiner Meinung nach sehr interessante Struktur/Maserung mit farblicher Variation die nicht zu "over the top" ist.
Die generelle Verarbeitung des Instruments ist insgesamt sehr gut. Auf den Bildern sieht man die eine oder andere Kleinigkeit die von absoluter optischer Perfektion abweicht (z.B. die Armauflage), stören tut mich das aber nicht. Im Gegenteil, ich steh auf rustikales, holziges mit Charakter
Beim Auspacken machte sich der Bass zudem noch durch netten Holzgeruch bemerkbar. Die Hardware ist perfekt, die Stimmmechaniken arbeiten zuverlässig und auch die Brücke lässt keine Wünsche offen, komplette 3D-Einstellung der Saitenlage ist kein Problem.
Gehört:
Wie ich es mir gewünscht habe, mit beiden Tonabnehmern gleichzeitig aggressiv, tiefmittig, knurrig mit solidem Fundament und unglaublich knackiger B-Saite. Auch einzeln klingen die Tonabnehmer unterschiedlicher als man das erwartet, schliesslich liegen die ja schon recht nahe beieinander. Der Bass reagiert zudem großartig auf Dynamikwechsel und die Anschlagsposition! Aber ich denke da sind die angehängten Soundbeispiele etwas aussagekräftiger als meine Umschreibungen
Aufgenommen wurde der Bass direkt in mein Audiointerface. Einziger Effekt ist ein leichter Limiter um Pegelspitzen abzufangen und minimal Reverb.
Fazit:
Mein Bass fürs Leben. Ich bin in jeglicher Hinsicht begeistert von diesem Instrument. Auch der Kontakt zum Bassbauer war vorbildlich. Sehr freundlich, immer hilfsbereit und auch sehr offen; gelegentlich hat man auch über Amps, Boxen oder das eine oder andere Youtube-Video diskutiert (auf Englisch natürlich). Natürlich wurde der gesamte Bauprozess mit Bildern dokumentiert so das man in jeder Situation wusste wie es um seinen Bass stand. Auf der unten verlinkten Facebook-Seite kann man die Bilder des Baus in der Galerie finden.
Nach Fertigstellung wurde der Bass sicher verschickt, inklusive Sendungsverfolgung und Versicherung. Wie gesagt, alles prima. Ich brauche aber vielleicht noch einen bundierten 5er von ihm
Jedenfalls, ich hoffe ich konnte einige von euch mit diesem Review etwas interessanten Lesestoff bieten. Vielleicht ist ja auch der eine oder andere Boarduser dabei der gerade auf der Suche nach einem Custominstrument ist und der sich nicht scheut sich außerhalb Deutschlands umzuschauen, ich kann es nur empfehlen
MfG,
Flo
Links:
Homepage
Facebook-Seite mit vielen Bildern
Youtube-Account mit Soundsamples einiger seiner Instrumente
Myspace-Seite mit aktuellen Preisen
Zudem gibt es noch einige Bauberichte und Reviews seiner Instrumente auf Talkbass.com
- Eigenschaft