Am Brunnen v. dem Tore: Frage zu Triolen

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Hallo zusammen,

folgender Männerchorsatz ist ein Klassiker. Jegliche Notationen - in Büchern und im Internet - , die ich gefunden habe, enthalten die gleiche Struktur der Triolen in den Takten 7 und 17.

Ich habe das Lied seit über 10 Jahren in verschiedenen Chören selbst gesungen und dirigiert. Heute fällt mir zum ersten mal auf, dass in Takt 7 keine Triolen für die Bässe notiert sind. In Takt 17 sind sie sogar nur für den 1. Tenor notiert.

Das würde bedeuten: In Takt 7 würde man "sü ße ßen" Traum hören, da die Bässe mit ihren Achteln die letzte Silber früher singen müssten.
Ähnlich am Ende.

Allerdings singt das kein Chor so. Die Triolische Struktur wird immer von allen Stimmen übernommen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass ein Herr Silcher das so gewollt hätte.

Ist das ein Fehler in der Notation?

EDIT:
die kleinen Fehler im Notensatz (Achtelbalken in Takt 7, Text für Bässe in Takt 12 und 13 vergessen) sind von mir, da mein Notensatz noch nicht fertig ist.
Aber die triolische Struktur stimmt.
 
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Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass ein Herr Silcher das so gewollt hätte.

Erstens ist es nicht wesentlich, ob er das so gewollt hätte, denn wenn schon, dann ist die Frage, ob SCHUBERT das so gewollt hätte ...

Und zweitens: Wenn ich mir das Autograph der Klavierbegleitung so anschaue, dann kommen dort ja auch massenweise Triolen (linke Hand) gegen gerade Achtel (rechte Hand) vor. Und das ist ja auch sonst nichts unübliches.

Warum also nicht ?

Mehr Erhellendes kann ich leider nicht beitragen.

LG
Thomas
 
Dre Silcher-Chor aus Stuttgart macht es jedenfalls so: Tenöre singen Triolen, Bässe singen Achtel. Beim "süßen Traum" hört man es deutlich, die anderen Stellen haben nicht so hervorstechende Konsonanten.



Viele Grüße,
McCoy
 
Erstens ist es nicht wesentlich, ob er das so gewollt hätte, denn wenn schon, dann ist die Frage, ob SCHUBERT das so gewollt hätte ...

Naja, da könnte man sich drüber streiten. Was die Interpretation Silchers angeht, wird diese ja teilweise sehr kritisch gesehen. (Vervolkstümlichung ... usw.), aber er hat nun mal das Arrangement geschrieben.

Wenn ich mir das Autograph der Klavierbegleitung so anschaue, dann kommen dort ja auch massenweise Triolen (linke Hand) gegen gerade Achtel (rechte Hand) vor. Und das ist ja auch sonst nichts unübliches.

Warum also nicht ?

Ja, ich finde auch dass das nichts unübliches ist.

Allerdings finde ich persönlich, dass in dieser Geschwindigkeit der "sü - ße - ße", wenn er als Achtel gegen Triolen gesungen wird, sich eher nach einer Unsauberkeit wegen mangelnder Synchronisierung der Sänger anhört, wenn er nicht mit sehr hoher Präzision gesungen wird.

In der Aufnahme wurde mir das jetzt deutlich, dass das tatsächlich so gemeint ist. Allerdings nicht an der Stelle mit dem Süßen Traum, sondern eher am Ende der ersten Strophe bei "immer fort" Dort singen die Sänger das meiner Meinung nach etwas präziser.

Aber auch hier gefällt es mir ganz persönlich nicht, weil für mein Empfinden bei dieser Geschwindigkeit nicht der Effekt eintritt, den ich sonst empfinde, wenn z.B. eine stimme punktierte Viertel und eine Achtel singt, während die Andere straighte viertel singt und das ganze bei langsamerem Tempo geschieht.

Naja... jedenfalls hat mir hier meine Gewohnheit einen Streich gespielt, weil ich das Ding immer nur in Laienchören gehört und gesungen habe, wo diese Feinheiten nicht rauskamen.

Viele Dank für Eure Antworten.
 
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Ich hör' das eher so -->

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Ich find´s auch schwierig, heraus zu hören (schöne Aufnahme und Interpretation im übrigen, @McCoy!). Nach mehrmaligem Hören würde ich aber sagen, dass die Bässe meistens normale Achtel singen. Da bei der Stelle am Schluss etwas Ritardando gemacht wird, kommt die letzte Achtel im vorletzten Takt aber ohnehin etwas später, wodurch es fast schon wieder triolisch wird.

Da ich die Frage sehr interessant fand, habe ich mir gleich mehrere Aufnahmen im Netz angehört und es überwiegen die "Triolen-Sänger", bzw. fand ich eigentlich nur Aufnahmen, in denen es triolisch gesungen wurde. Allenfalls bei dieser Aufnahme kam es mir vor, als dass hier Achtel gesungen werden:
Aber die Aufnahmequalität ist nicht so gut und so genau konnte ich es nicht heraus hören.

Leider ist keine Aufnahme erhalten geblieben, in der Silcher das Werk selber leitet :)-)), deshalb lässt sich diese Frage wohl nicht endgültig klären.
Man kann aber sicher davon ausgehen, dass er den Unterschied zwischen Triolen-Achteln und normalen Achteln kannte.

Nun war es aber in der Musikgeschichte lange Zeit nicht unüblich, Dinge nicht zu notieren, die doch gesungen oder gespielt wurde. Man denke nur an die Appogiatura, die bei Bach und noch bei Mozart zwar ausgeführt werden, die aber nicht in den Noten stehen.
Von Bach hatte ich mal Noten in der Hand, wo (soweit ich mich erinnere, die Noten waren für Orgel, die ich nicht spiele) in der linken Hand ein 12/8-tel-Takt mit durchlaufenden Achteln notiert war und in der rechten Hand ein Rhythmus mit 4x punktierte Achtel+16-tel parallel dazu. Es war klar, dass hier eigentlich jeweils eine Triole mit Triolen-Viertel+Achtel gemeint war und es in der Art der 12/-8-tel Taktes gespielt werden sollte.
Es war halt absolut unüblich, diese Linie mit Triolen-Vierteln+Achtel zu notieren.

In diesem Sinne mag es wohl angehen, die Achtel an den fraglichen Stellen im Silcher-Satz den Triolen anzugleichen. Auf jeden Fall besser, gerade bei Laienchören, als ein unkontrolliertes "Gewackel" zu riskieren.

Ansonsten halte ich das für (sehr) gute Chöre, gar für Profis, für absolut machbar, es genau so zu singen, wie es notiert ist. So ein "zwei gegen drei" Rhythmus ist schließlich nichts ungewöhnliches, wie weiter oben schon erwähnt wurde. Wobei man einen Klaviersatz, wo so etwas vorkommt, nicht mit einem Chorsatz vergleichen kann. Für einen Pianisten, der den ganzen Satz sozusagen selber unter voller Kontrolle hat, sollte das einfach machbar sein. Für einen Chor, wo die Rhythmen auf verschiedene Stimmen aufgeteilt sind, sieht das schon anders aus.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich höre beim Silcher-Chor ganz deutlich zwei verschiedene "ß" bei "süßer: Von den Bässen früher als von den Tenören, sogar im Stereobild deutlich zu unterscheiden. Beim "immerfort" entsprechend.

Witzigerweise war es aber so, daß es die erste und einzige Aufnahme war, die ich gehört habe, kurz bevor ich wegfahren mußte zum Unterrichten. Da habe ich gedacht: Das machen dann bestimmt alle so. :whistle:

Denkste! Heute abend habe ich dann noch ein paar andere Aufnahmen gehört: Alle triolisch. :w00t: :D
 
Tja, meine Unsicherheit ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. :)

Gestern war ich der Meinung, dass es tatsächlich so gemeint ist. Aber die Bach-Geschichte lässt mich wieder etwas zweifeln. Ich bin viel in Laienchören unterwegs und werde manchmal auch als Chorleiter ausgeliehen. Es gibt sehr viele Lieder aus der Romantik, die praktisch jeder Männerchor seit 150 Jahren im Repertoire hat. Bei vielen dieser Stücke existieren viele unterschiedliche Varianten mit teilweise großen Unterschieden im Notentext. Alle aus namhaften Verlagen.
Ich glaube, dass damals wie heute die Verlage von einander abgeschrieben haben und sich dadurch auch Fehler gebildet und sogar fortgepflanzt haben. Die Männerchorszene ist ja zeitweise praktisch explodiert. Beispiele, die mir spontan einfallen, sind:

Der Jäger Abschied (Mendelssohn), unterschiedliche Textstellen
Bundeslied (vermutlich Mozart), unterschiedliche Noten
Hymne an die Nacht (Ignatz Heim), unterschiedliche Noten, unterschiedliche Textstellen

Bei allen Beispielen unterschiedliche dynamische Angaben.

Ich bin zwar kein Musikhistoriker, aber anhand dieser (und mehr) Beispiele, halte ich meine Zweifel doch für angebracht.

Wie schon gesagt, singbar ist das so. Aber ich kann mir einfach schwer vorstellen, dass selbst, wenn man es langsam singt, der "sü - ße - ße", Traum wirklich beabsichtigt ist.

Ich nehme mir jedenfalls die Freiheit, das vom gesamten Chor triolisch singen zu lassen, weil es
a) nicht für Laien singbar ist
und
b) sich nicht gut anhört

Da wird sich der Silcher schon nicht im Grabe umdrehen ^^
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
HA! schaut mal hier.

Ich hab leider keine Erstausgabe gefunden, aber in dieser Ausgabe von 1902
http://ks.imslp.net/files/imglnks/usimg/4/43/IMSLP431679-PMLP701599-Silcher-VLM-LAUPP1902.pdf

upload_2019-11-22_6-53-44.png


Gilt die Triolenklammer für ALLE stimmen. Jedenfalls sind alle Noten untereinander. Das ist bei allen Varianten, die ich bis jetzt kannte nicht so. Dort sind nämlich die Achtel etwas weiter links gesetzt.

Am Ende allerdings, gibt es einen deutlichen Versatz:
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Mit deutlichem Ritardando, welches zwar hier nicht steht, wäre das für mich schon eher stimmig.
 
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Bei vielen dieser Stücke existieren viele unterschiedliche Varianten mit teilweise großen Unterschieden im Notentext. Alle aus namhaften Verlagen.
In den Verlagen saßen seit je auch Herausgeber und Bearbeiter, die sich die Freiheit heraus nahmen, Stellen anzupassen und zu "korrigieren", die sie für weniger gelungen hielten oder die ihnen, warum auch immer, nicht gefielen.
Es gab auch immer wieder Ausgaben von Interpreten und Dirigenten, die teilweise regelrecht als Bearbeitung gelten müssen, und seien es ´nur´ die Artikulationen, die verändert oder überhaupt erst hinzu gefügt wurden. Man denke nur an die Bach-Ausgaben von Marcel Dupré, die alles andere als "Urtext"-Ausgaben sind - aber dennoch wichtige Dokumente einer bestimmten Auffassung der Bach´schen Orgelwerke und der Interpretationsgeschichte überhaupt.

Früher ging man ohnehin mit "Copyright" und "Urheberrechten" lässiger um, zuweilen aber auch gewiss fahr-lässiger.

Bei einigen anderen Aufnahmen, die ich mir angehört habe, ist eine teilweise deutlich andere Stimmführung vor allem im Bass zu hören. Da wird auch eine andere Ausgabe vorgelegen haben.

Ich nehme mir jedenfalls die Freiheit, das vom gesamten Chor triolisch singen zu lassen, weil es
a) nicht für Laien singbar ist
und
b) sich nicht gut anhört

Da wird sich der Silcher schon nicht im Grabe umdrehen ^^

Aber sicher! Er würde sich bestimmt grundsätzlich freuen, dass seine Werke aufgeführt werden und er nicht gänzlich hinter den großen Namen seiner Epoche zurück steht. Vielleicht würde er sagen "Mache, was besser klingt und was besser gelingt."

Ich bin mir sicher, dass man auch in der Vergangenheit sehr genau und auf den Punkt musiziert hat. Aber wahrscheinlich mehr auf den musikalischen Punkt genau und nicht mit der verbiesterten (und dabei so schrecklich unmusikalischen) Pingeligkeit, der ich heutzutage immer wieder begegne. Noten sind eine (je nach Epoche mehr oder weniger) genaue Anweisung, Musik zu machen. Und nicht Roboterhaft auf die 1000-tel Sekunde Töne zu platzieren.
 
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Ich nehme mir jedenfalls die Freiheit, das vom gesamten Chor triolisch singen zu lassen, weil es
a) nicht für Laien singbar ist
und
b) sich nicht gut anhört

Da wird sich der Silcher schon nicht im Grabe umdrehen ^^
Ich gebe Dir völlig recht, die Freiheit darfst Du Dir nehmen.

Trotzdem: Bei a) gehe ich mit, bei b) bin ich nicht Deiner Meinung. Ich finde, 3 gegen 2 hört sich gut an.
 
@Claus, interessanter Link, danke dafür!

Im Abschnitt "Kritik an Silchers Bearbeitung" feiern allerdings mal wieder die Gralshüter der "hehren Kunst" fröhliche Urstände.

Sicher hält Silchers Chorsatz nicht dem Vergleich mit Schuberts Original-Lied stand, schon gar nicht mit dem ganzen Zyklus der "Winterreise".
Sicher kann man Silchers Satz als "biedermeierlich" und "trivial" ansehen und was es sonst noch an kritischen Formulierungen in dem Abschnitt zu lesen gibt.
Aber hat Schuberts Lied oder gar die ganze "Winterreise" aufgehört zu existieren, nachdem Silcher seinen Satz geschrieben hatte, oder hat sie das Originallied verdrängt, ihm den Rang abgelaufen? Natürlich nicht, das lag auch nicht in Silchers Absicht.

Silcher hat einen schönen Chorsatz geschrieben der sich seither vor allem bei Männerchören großer Beliebtheit erfreut. Sicher hat das auch manchen bewogen, mal in das Original hinein zu hören. Und dann vielleicht sogar die ganze "Winterreise" anzuhören (und, einmal auf den Geschmack gekommen, vielleicht noch "Die schöne Müllerin", alles geniale Kompositionen!).

Warum also diese Aufregung und diese harsche Kritik? Alles ist gut!
 
Zuletzt bearbeitet:
Sicher kann man Silchers Satz als "biedermeierlich" und "trivial" ansehen und was es sonst noch an kritischen Formulierungen in dem Abschnitt zu lesen gibt.
Um die kritische Wertung geht es mir gar nicht, immerhin hatte der junge Silcher einst sehr anerkannte Musiker für seine Ausbildung gewinnen können.
Es ist unwahrscheinlich, dass dafür "guter Wille" gereicht hat, es gehörte wohl auch genau wie heute eine Menge erkennbare Begabung dazu.

Mir ging es mit dem Link nur um einen Hinweis auf die musikalische Analyse und die dort festgestellten rhythmischen Abweichungen gegenüber Schuberts Fassung.

Gruß Claus
 
Um die kritische Wertung geht es mir gar nicht, ...
... Mir ging es mit dem Link nur um einen Hinweis auf die musikalische Analyse und die dort festgestellten rhythmischen Abweichungen gegenüber Schuberts Fassung.
Das war mir schon klar, ich hatte mich für diesen interessanten Link auch bedankt.
Den fraglichen Abschnitt hatte ich nur erwähnt, weil mit derartige "Gralshütereien" ziemlich nerven, und ich finde, sie tun Silcher unrecht.
Er war durchaus auch ein "Könner" und gewiss kein Stümper. Außerdem gehört er durchaus nicht zu den "Vergessenen".

Interessant in diesem Zusammenhang ist im übrigen, dass Goethe mit den Vertonungen seiner Gedichte von Schubert nichts anfangen konnte. Goethe bevorzugte die Kompositionen Carl Friedrich Zelters, mit dem er auch befreundet war.
Die besondere Qualität Schuberts Kompositionen blieb Goethe offensichtlich verborgen, jedenfalls schätzte er den "volkstümlicheren" Ton von Zelter mehr. Schubert war ihm wohl zu kunstvoll und er fand das wohl schon zu ´gekünstelt´, zu kompliziert.
 
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