Darf ich mal etwas Licht in die Sache bringen?
Wo soll ich anfangen. Am besten mit dem Begriff "Konzertflügel". Dieser Begriff stellt kein Qualitätsmerkmal dar. Das Gegenteil ist oft der Fall. Vergelichbar mit Instrumenten von Pianisten, Klavierlehren, Musikschulen, etc. Diese Instrumente wurden und werden ganz anders genutzt als die Instrumente auf denen zum "Hausgebrauch" musiziert wird. D.h. der Verschleliß der Mechanikteile, die Beanspruchung der Saiten ist eine u.U. viel höhere! Ein Pianist ist in der Lage - je nach Werk - ein Instrument allein durch seinen Anschlag innerhalt kürzester Zeit wieder zu verstimmen. Ihr sollte mal darauf achten, was in der Pause bei größeren Klavierkonzerten passiert. Da kommt der Klavierbauer und versucht zu retten was oft kaum zu retten ist
Natürlich werden diese Instrumente dementsprechend oft gewartet und gestimmt. In diesem Falle - wie auch hier im konkret angesprochenen - sollte man (wenn es noch möglich ist) den Klavierbauer, der dieses Instrument betreut hat, ansprechen, um zu erfahren, wie der genaue Zustand ist.
Wenn das nicht der Fall sein sollte, und das Instrument seit 40 Jahren weder gespielt und gewartet wurde, ist diese
kein weiteres Qualitätsmerkmal. Dann passiert oft folgendes. Die Stimmung sackt immer tiefer ab, und die Mechanik setzt isch immer mehr zu. D.h die Beweglichkeit der einzelnen Mechanikteile wird u.U. stark eingeschränkt. Dieses alles kann man reparieren und regulieren. Dann sollte man sich aber die Frage stellen, wieviel man bereit wäre zu investieren, um den Flügel wieder in einen stimm- und spielbaren Zustand zu versetzen. Das kommt dann ganz auf den eigenen Anspruch an.
Die Mechanik! Beethoven, Mozart usw wären sicherlich happy gewesen über die Möglichkeiten, die heute ein moderner Flügel an Repetition bietet. Nichtsdestotrotz lassen sich auf den alten Instrumenten erstaunliche Ergebnisse erzielen. Ein mir bekannter Pianist hat zuhause ein Pleyel Klavier. Eine Seriennummer weiter von dem was Chopin auf Mallorca hatte. Unter heutigen Gesichtspunkten eine "furchtbare" Mechanik. Besagter Pianist hat darauf Fantasie Impromptu C#moll gespielt. Es geht! Und wie das geht! Wennn man spielen kann
Ein anderes mal habe ich die Pathétique auf einem Hammerflügel gehört. Wunderschön. Auch das geht! Also, es ist nicht eine Frage der Mechanik, sondern des Könnens und des eigenen Anspruchs.
Ich selbst hatte sehr lange einen Stingl-Flügel mit Wiener Mechanik. Diese lief tadellos und hat nie Probleme bereitet. Der Klang allerdings war sehr speziell, um es mal vorsichtig auszudrücken
Die drei Pedale!
Das linke Pedal verschiebt bei einem Flügel die komplette Mechanik nach rechts (bei einigen wenigen Ausnahnem nach links). Dabei trifft der Hammerkopf anstatt 3 nur noch 2 Saiten. Dadurch erfährt der Ton eine Lautstärke -
und eine Klangveränderung.
Das mittlere Pedal (auch Sustenutopedal genannt) hällt nur die Dämpfer von den Saiten weg, die gleichzeitig mit Anschlagen der Tasten mit dem Pedal aktiviert werden. Alle danach gespielten Tasten verhalten sich wie sonst.
Das rechte Pedal hebt die komplette Dämpfung von den Saiten. Dadurch wird auch die Spielart "leichter", da das Gewicht, was sonst von jedem Dämpfer auf die einzelne Taste wirkt, dann nicht mehr vorhanden ist.
Der Stimmstock - der Teil wo die Stimmwirbel sitzen - hat erst mal nichts mit der Gussplatte zu tun. Der Stimmstock bestand früher aus Weißbuche (heute aus mehrschichtverleimtem Holz). Der Unterschied zu früher ist der, dass heutzutage die Gussplatte über den Stimmstock ragt. Das bedeutet, dass die Wirbel erst durch eine "Schicht" Guss (meist gedübelt) geführt wird, und dann zum großen Teil im Stimmstock sitzt. Dieses nennt man Vollpanzersystem, im Gegensatz zu der angestemmten Platte früher. Dasselbe gilt auch für´s Klavier.
Mit der Zeit lässt die Festigkeit der Wirbel nach. D.h. sie lassen sich immer leichter drehen. Entweder ist der Stimmstock kaputt, rissig oder was auch immer, oder die Stimmwirbellöcher sin "eirig". Das passiert dann wenn das Instrument von jemanden gestimmt wurde, der es nicht kann. Leider gibt es immer wieder Leute, die denken, dass sie stimmen können. Sie Spätfolgen sind katastrophal!
Wenn Der Stimmstock - warum auch immer - kaputt sein sollte, ist eine sehr aufwändige Restauration nötig. Manchmal hat man Glück, und man kann die Wirbel etwas tiefer schlagen, oder zur Not auch wechseln. Das macht aber nur Sinn, wenn die Stege und der Resonanzboden noch einigermaßen in Ordnung sind, und man davon ausgehen kann, dass der Saitenbezug noch so gut ist, dass er der diese Belastung aushält.
Grundsätzlich - und da greife ich den Rat von HammondToby nochmal auf - ist es ratsam in solchen Fällen einen Klavierbauer mitzunehmen. Manchmal hat man Glück, und man trifft auf ein altes aber schönes Schätzken, welches man den eigenen Ansprüchen entsprechend wieder herrichten kann. Die Wahrscheinlichkeit ist aber eher gering. Und man sollte unbedingt immer im Auge behalten, dass der Transpot auch noch dazu kommt. D.h. vorher unbedingt alle Treppenhäuser ausmessen. Sonst gibt es schon beim Transport die erste böse Überraschung.
Gruß,
Paul