Zu 1: Einmal nacheinander alle Tasten drücken ohne zu spielen. Danach mal die Chöre durchschalten und auf Zug und Druck spielen. So hört man auch gleich, ob die Töne sauber kommen. Um die Stimmung zu kontrollieren, gibt es eine einfache Methode: Schalte das Register "Harmonium" ein und spiele die Tasten einzeln. Es sollte ein sauberer Gleichklang rauskommen. Wenn die Töne schweben oder es unsauber klingt, ist das Akkordeon nicht gestimmt. Genauso kann man oktaviert spielen. Dann aber "Cello", "Flute", "Piccolo" ausprobieren. Diese reine Instrumentenbezeichnung ist übrigens ein Merkmal von früh nach dem Krieg gebauten Akkordeons.
Zu 2. u. 3.: Das kann man nur überprüfen, indem man sich das Wachs selbst ansieht. Haftet es noch sauber an den Stimmplatten oder haben sich das Spalten und Risse gebildet, oder bröckelt es? Ich werde ev. heute noch eine Photoserie mit entsprechenden Kandidaten einstellen, so daß man sich orientieren kann.
Ein Vergleich mit dem Klavier funktioniert nur bedingt, da eine Stimmzunge mit höherem Spieldruck eine gewisse Frequenzverwerfung hat. Du würdest also ev. eine vermeintliche Ungenauigkeit hören, obwohl die Zunge richtig gestimmt ist. Außerdem: Wer sagt denn, daß Dein Klavier richtig gestimmt ist?
Das Baujahr Deines Akkordeons sagt nichts über den Zustand des Innenlebens und des Wachses aus.
Um sich das Innenleben ansehen zu können, hast Du auf Balghöhe auf der Diskantseite vorne und hinten jeweils 4 Ziernägel. Die zieht man mit einer vernünftigen Zange gerade heraus (möglichst nicht beschädigen oder verkratzen, denn die Nägel brauchen wir wieder). Das Diskantteil hebt man dann nach oben ab und kann sich das Innenleben ansehen. Bitte nicht mit dem Schraubenzieher drin rumfuhrwerken oder die Stimmstöcke ausbauen. Mach einfach ein paar (Details-)Photos und stelle die hier ein. Dann kann man schon ein bißchen was dazu sagen. Vom Baßteil bitte auch ein Photo - so sind die Chöre bestimmbar.
Generalüberholung... es kommt zuerst darauf an, was gemacht werden muß. Eine reine Stimmung kostet um einiges weniger als wenn die Stimmstöcke überholt werden müssen. Preislich gibt es da auch große Unterschiede, wobei ich mich inzwischen auf die goldene Mitte einschießen würde. Man muß dabei ja überlegen, daß auch der Handzugsinstrumentenmacher nach Abzug der Steuern von was leben muß. Und je billiger, umso weniger Zeit kann er in die Arbeit investieren. Zudem kommt es auch auf die Philosophie an, die der einzelne Meister hat: Der eine macht einfach bis die Arbeit fertig ist und raus damit. Beim anderen verläßt das Instrument erst seine Arbeitsbank, wenn es tip top ist. Daher rate ich Dir: Vergleiche, hole Dir Meinungen ein und entscheide dann selbst.
Aber jetzt schau erst einmal, ob die Stimmung denn paßt. Ev. braucht man gar nichts am Instrument machen.
Beim Wiederzusammenbau das Diskantteil vorsichtig auf den Balg aufsetzen und die Nägel dann mit der Zange oder einem Hammer in die Löcher hineindrücken - nicht hämmern!
Grüße
Ippenstein