Aber es klingt so, als würde er die Saiten absichtlich abdämpfen... dann hört man ja gar nicht, ob man sauber wechselt. Und wenn man dann mal schneller wechseln will, hat man sich an dieses abdämpfen gewöhnt.. Vor allem, wenn man Akkorde schnell zupft oder appeggiert spielt, muss man ja auf den Takt sauber wechseln, damit nicht ne Pause ensteht. Versaut man sich das nicht, wenn man so übt wie der?
Als, wenn ihr jetzt z.B. etwas schneller spielt, z.B. 100 bpm, und, sagen wir, von D-Dur auf F-Dur wechselt (und zwar die Versionen im ersten bzw. zweiten Bund), und ihr spielt nen 4/4 Takt... und ihr wechselt nach 1 2 3 4 bei der neuen 1 den Akkord... achtet ihr dann nicht immer drauf, dass der zuerst gespielte Akkord bis zum Ende ausklingt? Ich meine, nur beim üben... später kann man ja im Lied was anderes machen, aber einfach, ums sichs anzugewöhnen, falls mans mal so spielen will?
Zunächst nicht. Erst müssen sich die Finger finden, bzw. die Finger ihre Positionen und Positionswechsel erlernen.
Wenn Du das üben willst, dann gehst Du am besten so vor:
-zunächst immer auf zwei Akkorde beschränken
-Metronom langsam, sagen wir 40 bpm (hier kommt noch ein Trick!)
-Du zählst ein (klick) - eins - (klick) - zwei - (klick) - eins - (zwei) - drei - (vier)
-erst Wechsel alle 4 Viertel, immer bei der Eins.
Wie lange der Akkord klingt, ist zunächst wurscht, dazu kommen wir gleich. Du wirst feststellen, dass die Akkordwechsel immer zwischen den Metronomschlägen liegen. Das ist volle Absicht und Du solltest es grundsätzlich so machen, wenn Du mit dem Metronom übst. Dadurch ist das Tempo in Wirklichkeit nicht 40, sondern 80 bpm.
Wenn Du sicher wechseln kannst, dann verdoppelst Du das Tempo, machst also die Wechsel je auf der Eins und der Drei. Das hinzubekommen kann einige Zeit dauern; Du wirst wahrscheinlich merken, dass das am zweiten Tag erst möglich ist. Das ist vollkommen normal. Denn Lernen funktioniert vor allem nachts, weil dann die Synapsen dauerhaft gebildet werden.
Wenn Du halbtaktig wechseln kannst, dann kannst Du Dir mal Gedanken um den Notenwert, also die "Ausklinglänge" machen. Dabei spielst Du mal über die Metronomschläge hinweg, mal stoppst Du, z.B. mit der rechten Hand genau auf der Zwei und der Vier, also exakt auf Metronom, dann mal ganz kurz, fast Stakkato. Variiere nach Lust und Laune.
Zu den Arpeggios (im Notentext oft mit "let ring" gekennzeichnet): Natürlich kommt es dabei darauf an, möglichst keine Pausen zu haben, da diese, sofern sie unrhythmisch sind, erheblich stören können. Es ist es aber meist fast unmöglich, diese Klangkontinuität dadurch zu erreichen, dass man ultrakurz wechselt. Denn die dadurch enstehenden Pausen sind immer noch vorhanden, ganz kurz zwar, aber eben unrhythmisch. Wenn man diese Arpeggios spielt, dann ist es oftmals besser zu Tricks zu greifen:
-Leersaiten einbeziehen
-Einzelne Finger liegen lassen, speziell die letzten Töne
Von Hall- und Echoschweinereien rede ich jetzt mal nicht. Das ist 80er-Jahre-Schweinkram. Damals galten Bodeneffekte als Kaschierer für fehlende Spielfertigkeiten.
Wenn Du Dir mal irgendwann Notentext von klassischen Gitarrenstücken anschauen solltest und -am besten direkt vom Blatt, ohne Hörvorlage- lernst, dann wirst Du feststellen, wie fragmentiert und zerrissen die einzelnen Stimmen sind. Dass daraus mal ein feines, durchgängiges Gespinst von Tönen, ein scheinbar ohne Pausen durchlaufendes Musikstück werden könnte, ist dem Text meist beileibe nicht anzusehen und kaum zu glauben. Und trotzdem wird daraus ein Musikstück, es funktioniert. Und es funktioniert, weil der Kopf über ein Kurzzeitgedächtnis verfügt, in dem Noten quasi nachhallen.
Deine Frage zielt auf klangliche Kontinuität ab.
Musikalisch-klangliche Kontinuität hat nur bedingt etwas mit pausenlos emittierten Tönen zu tun. Musikalische Kontinuität entsteht vor allem aus nicht verletzten rhythmischen Erwartungen des Hörers.
Und Du selbst bist auch ein Hörer. Und zwar Deiner selbst.
Hier mal eine Fuge, die ich mir vor ein paar Jahren mal draufgeschafft habe:
BWV 1001, glaube ich.
Wenn Du es Dir anhörst, dann wirst Du nicht den Eindruck haben, dass die Stimmen zerrissen sind. Aber da sind so viele kleine Pausen... ich weiß das, hab's ja gespielt
Grüße Thomas