Ich habe die Diskussion mal aus dem anderen Thread ausgelagert, weil sie da ziemlich Offtopic wäre.
Wie ist bei Vierklängen? Reicht es dort auch, dass alle Noten vorkommen? Kann man dann noch zwischen Sekundakkorden und Nonakkorden bzw. Quartakkorden und Undezimakkorden unterscheiden?
Dietlaib hat es eigentlich schon gesagt. In deinem Beispiel kommt ein E vor, also keinen es kein Csus-irgendwas sein, weil kein Ton ausgetauscht (suspended) wird.
Letztlich ist die ganze Geschichte mit Akkorden außerordentlich komplex, zumindest, wenn man einmal den Blick jenseits der Popmusik schweifen lässt. Oftmals gibt es verschiedene Möglichkeiten einen Akkord zu deuten, gerade sobald vier oder mehr Töne vorkommen.
Was es für Gitarristen zusätzlich schwierig macht, ist, dass die Anordnung der Töne auf der Gitarre im Vergleich etwa zum Klavier extrem durcheinander ist. Daher ergeben sich gerade bei offenen Akkorden oftmals Voicings, die nicht dem "Grundprinzip" folgen.
Mal ein Beispiel:
Du hast oben deinen Cadd9 Akkord.
Ganz grundlegend auf einem Klavier wäre das so: C - E - G - D, wobei das D (die None, daher 9) in der nächsthöheren Oktave wäre und somit der höchste Ton.
Die "Idealvorstellung" geht davon aus, das jeder Ton einmal vorkommt und in der Grundstellung dem Akkordaufbau folgt: Grundton als tiefster Ton, dann Terz, dann Quinte, dann None.
In der Praxis sieht das aber oftmals eben anders aus. Bei deinem ersten Griff oben hätte man als höchsten Ton noch ein gedoppeltes G, das eigentlich überflüssig wäre.
Beim zweiten Griff ist die None quasi nach unten oktaviert (an den Platz der Sekunde). Man könnte das also prinzipiell als einen "Cadd2"-Akkord beschreiben.
Und hier kommt nun der ganze Spaß der Bezeichnungen zum tragen: Es gibt kein einheitliches Benennungssystem das alle nutzen. Es gibt nur Bezeichnungen die mehr oder weniger "trendy" sind.
Im Jazz wirst du viele Akkordsymbole finden, die in der Popmusik nicht geläufig sind, die dort aber etabliert sind, mit vielen + und - und seltsamen Dreiecken. Schau mal hier rein, da findest du ein paar (längst nicht alle!)
http://www.kaiser-ulrich.de/changes/tabelle.html
In manchen Büchern wirst du tatsächlich Cadd2 finden, die im Moment gebräuchlichste Bezeichnung wäre aber dennoch Cadd9. Es geht im Grunde nur darum, einen Interpreten möglichst fix die Töne an die Hand zu geben. Und da ist es einfach, wenn möglichst wenige Symbole benutzt werden. Aber das ist traditionell eben anders gewachsen.
Letztlich ist eine Akkordbezeichnung nur eine Beschreibung, die unterschiedlich viele Griffarten bezeichnen kann und nicht eindeutig ist. Im anderen Thread haben wir über verschiedene Griffweisen von G-Dur diskutiert.
Und der einzige gemeinsame Nenner ist, dass die drei Akkordtöne vorkommen müssen. Man kann sie doppeln, trippeln, Lücken dazwischen lassen, sie nacheinander spielen, es bleibt immer G-Dur.
Viele Gitarristen assoziieren die Akkordsymbole mit bestimmten Griffen und denken überhaupt nicht an die Töne, daher kommt häufig diese Verwirrung. Man kann sich aber klar machen, dass diese Symbole nur das Vorhandensein bestimmter Frequenzen (Schwingungen) im Raum bedeuten.
Nehmen wir als Beispiel ein Orchester:
Wenn die Kontrabässe das G spielen, die Geigen das H und die Trompeten das D, dann ist das Stück an der Stelle immer noch in G-Dur. Es spielt keine Rolle, dass die Geigen viel höher sind, als die Bässe.
Um das physikalisch mal herunterzubrechen: Die Kontrabässe können gar nicht nur den Grundton G spielen. Es schwingen immer eine Menge Obertöne mit. Deswegen sind auch alle anderen höheren Gs irgendwo (leise) in dem Klang vorhanden. Die Oktave spielt nur eine klangliche Rolle. Der Harmonie tut das keinen Abbruch.
Zurück zur Gitarre:
Das Akkordsymbol gibt keinen Aufschluss darüber, WIE man einen Akkord spielt. Wenn jemand einen ganz bestimmten Griff beschreiben will, muss es das entweder in Noten aufschreiben, oder z.b. eine Legende mit Tabulatur oder anderen Spielanweisungen hinterlegen. Das ist einer der Gründe, wieso viele Lieder auf der Gitarre nicht so klingen, wie im Radio, wenn man einfach seine "Standardakkorde" spielt. Weil viele Musiker eben andere Voicings benutzen.
Dazu kommen dann noch Geschichten wie unterschiedliche Bezeichnungen in unterschiedlichen Sprachen, B-H, Bb-B in Deutsch und Englisch ist das bekannteste Beispiel, etc pp..
Wie bereits gesagt: Das ist ein großes Thema, in das man sich sehr vertiefen kann, wenn man will.
Die Quintessenz bleibt aber: Die Akkordsymbole geben dem geübten Leser die entsprechenden Akkordtöne an die Hand. Die Grundtöne kann man wissen und die Zahlen etc geben dann noch die entsprechenden Tensions (Zusatztöne) an.
Welcher Ton aber nun der Höchste ist, Dopplungen etc, kann man nicht ablesen.
Grundsätzlich bietet sich die Reihenfolge Grundton - Terz - Quinte - Tension an, aber es gibt unzählige Gegenbeispiele, in denen das nicht der Fall ist. Aber so als Faustregel kann man sich das merken.
Erklärung dafür: die Tensions sind immer irgendwie dissonant und unser Gehör empfindet (vergleichsweise) hohe dissonante Töne als weniger "schlimm". (wer will kann mal folgendes machen: Die tiefe E-Saite auf D runterstimmen und dann den obigen Cadd9 spielen und das tiefe D mit anschlagen. Das wirkt wesentlich "unschöner" als wenn man das C als tiefsten Ton hat)
Daher bietet es sich an, die Tensions als höchsten Ton zu spielen, aber letztlich erzeugt das alles nur unterschiedliche Klangfarben. Die Terz im Bass (also als tiefsten Ton) wirkt vollkommen anders, als den Grundton als tiefsten Ton zu haben.