A Capella ja - Instrumental nein?

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Jarie
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Hallo ihr,
ich wende mich heute mal an euch, weil ich denke, dass ihr mir vielleicht helfen könnt oder zumindest eine Idee habt, wie ich mein Problem beheben bzw. hoffentlich erfolgreich angehen könnte.

Es geht also um das Thema Gehörbildung, ich habe mir gepinnte Threads durchgelesen und mich an den Übungen versucht. Noch vorneweg: Ich habe eine Freundin mit absolutem Gehör, die mir genau sagt, wann ich falsch singe und wann nicht.

Dabei haben wir Folgendes festgestellt:
Ich sang 'Time To Say Goodbye' A Capella; sie war begeistert, wie schön das klang (ihrer Meinung nach) und vor allem, dass ich alle Töne ohne Fehler getroffen hatte.
Danach versuchten wir selbiges Lied mit der Aufnahme von Sarah Brightman, da wir dieses Lied auf einem Schulkonzert im Duett singen möchten, und plötzlich war alles daneben: Die Töne saßen nicht mehr, einzig der halbe Refrain war richtig, die höheren Töne scheiterten vollkommen (da war ich teilweise drei Töne daneben) und ansonsten klappte sonst auch nichts bis auf die Rhythmik.

Uns ist bereits öfter aufgefallen, dass meine Intonation nicht besonders gut ist, wenn ich Lieder begleite, allerdings hatten wir den A Capella-Versuch noch nicht gestartet.

Nun frage ich mich doch, wie es sein kann, dass A Capella problemlos klappt, obwohl wohl jeder sagen würde, A Capella ist schwerer als mit Instrumenten, aber das Singen zu dem Lied nicht? Wenn ich im Duett singe, habe ich ebenso einen zweiten Gesangspart im Ohr, womöglich noch zweistimmig.

Meine These ist, dass ich mich ohne gehörte Töne auf die Töne in meinem Kopf stütze und diese auch singe. Vermutlich lasse ich mich von den gehörten Tönen so weit ablenken, dass ich sie nicht mehr finde, obwohl ich sie eigentlich kenne und auch auf Klavier spielen kann und frei aus dem Kopf für andere notieren kann.

Da ich von diesem Intonationsproblem nun natürlich schon länger weiß, habe ich bereits einiges ausprobiert: von reinem Tonleiterspielen eine halbe Stunde am Tag bis zehnminütiges Spielen mehrmals am Tag. Dabei das Ergebnis: Nach dreitägigem 30-minütigem Spielen war meine Intonation mit Instrumenten und Gesang so wie beim A Capella singen, also intonal richtig. Übte ich weiter eine halbe Stunde wie zuvor, so wurde die Intonation nach zwei, drei guten Tagen plötzlich wieder so schlecht wie vor dem Üben.
Bei zehnminütigem verteilten Üben wurde sie weder schlechter noch besser.

Was kann ich noch machen? Ich übe nicht nur Tonleitern sondern auch die Tipps im Gepinnten, ich spiele die Töne und singe sie und weiß, dass ich den Ton treffe, wenn ich ihn am Keyboard anschlage. Allerdings kann ich das nicht in einem abgespielten Lied anwenden.

Habt ihr noch Tipps oder Ideen bzw. einen ähnlichen Fall, aus dem ihr schöpfen könnt?

Ich danke bereits jetzt für alle Antworten! :great:
 
Eigenschaft
 
Ich habe eine Freundin mit absolutem Gehör, die mir genau sagt, wann ich falsch singe und wann nicht. [...] Ich sang 'Time To Say Goodbye' A Capella; sie war begeistert, wie schön das klang (ihrer Meinung nach) und vor allem, dass ich alle Töne ohne Fehler getroffen hatte.
"Absolutes Gehör" bezeichnet i.d.R. die Fähigkeit, Töne ohne vorher gehörte Vergleichstonhöhe zu benennen. Das Gegenteil ist das "Relative Gehör", das eine bekannte Vergleichtonhöhe benötigt. Die Fähigkeit des absoluten Gehörs kann zwischen störend und hilfreich schwanken. Die Fähigkeit des relativen Gehörs ist fürs Musikmachen wichtiger, um Töne genau zu treffen, das absolute Gehör ist verzichtbar.

Daneben besitzt unser Gehör die Tendenz des korrektiven Hörens. Wir hören in erster Linie das was wir wollen, nicht das, was faktisch am Ohr ankommt. Man hört sich eine Melodie zurecht, vor allem, wenn man sie mit einem sehr bekannten Original vergleichen kann. Wenn dir deine Freundin sagt, daß du alles richtig gesungen hast, ist das schön - allerdings nützt dir das erst was, wenn du davon ausgehen kannst, daß sie objektiv urteilt und ihr korrektives Hören möglichst ausschaltet. Deswegen sind Urteile von Außenstehenden nützlicher als Urteile von Freunden, weil die Urteile unbewußt schöngefärbt sein könnten.
Danach versuchten wir selbiges Lied mit der Aufnahme von Sarah Brightman, da wir dieses Lied auf einem Schulkonzert im Duett singen möchten, und plötzlich war alles daneben: Die Töne saßen nicht mehr, einzig der halbe Refrain war richtig, die höheren Töne scheiterten vollkommen (da war ich teilweise drei Töne daneben) und ansonsten klappte sonst auch nichts bis auf die Rhythmik.
Dann war's evtl. nicht so weit her mit dem absoluten Gehört bzw. dem positiven Urteil deiner Freundin. Bevor ihr damit auf die Bühne geht solltet ihr mit einem Dritten proben, um möglichst objektiv zu erfahren, ob ihr's so macht wie ihr könnt und wollt.
Uns ist bereits öfter aufgefallen, dass meine Intonation nicht besonders gut ist,
Intonation bezeichnet i.d.R. die Feinstimmung eines Tones, vorausgesetzt, daß der Spieler/Sänger grundsätzlich den richtigen Ton ansteuert. Diese Voraussetzung erscheint mir bei dir aber noch nicht sichergestellt, nach dem, was du oben beschreibst. Das grundsätzliche Treffen der Töne geht m.E. der Intonation voraus.
Habt ihr noch Tipps oder Ideen bzw. einen ähnlichen Fall, aus dem ihr schöpfen könnt?
Geh zu einem Gesangslehrer, genau dafür gibt's die. Übrigens wäre der Thread auch besser im Vocals-Forum aufgehoben.

Harald
 
Ich komme vom Vocals-Forum, weil es da auch keine besseren Tipps als Üben, üben, üben gibt. Deswegen dachte ich, hier könnte mir jemand eher helfen.

Nun, ich habe heute einen neuen Versuch gestartet, den gesamten Tag noch keine Musik gehört und noch nichts gesungen. Ich setzte mich an mein Keyboard, rief mir einen Musiktitel ins Ohr ('Never Say Goodbye'), summte den ersten Ton, der nach Notenblatt ein g' sein sollte und mein Gesumme war auch ein g'. Hiervon ausgehend habe ich mal weiter gesummt und dazu gespielt bzw. gesungen, ohne die Noten herauszukramen, ich weiß nur, dass der erste Ton ein g ist.
Also, weitergemacht, bis ich das ganze Lied notiert hatte und dann die Noten zur Kontrolle gehört. Was mich deprimiert:
Die Töne waren alle richtig, ebenso natürlich der erste Ton, den ich gesummt habe, bevor ich mir den Ton angespielt habe.

Mein Gehör kann nicht so schlecht sein, wenn ich eine Melodie aus dem Kopf summen und auf dem Keyboard spielen kann - und das in der richtigen Tonhöhe.
Anmerkung: Vor einem Jahr konnte ich das nicht.

Also, das Deprimierende ist für mich, dass ich scheinbar diese Melodie in meinem Kopf hören muss, damit die Töne richtig werden. Fällt da wirklich niemandem etwas ein?

LG
Jarie

P.S.: Meine GL meinte, dass ich die Töne, die sie auf dem Klavier spielt, treffe. Objektiver geht nicht ;).
 
Also, das Deprimierende ist für mich, dass ich scheinbar diese Melodie in meinem Kopf hören muss, damit die Töne richtig werden. Fällt da wirklich niemandem etwas ein?

Bevor du einen Ton singst, stellst du ihn dir also offensichtlich vor und setzt diese Vorstellung dann in die Tat um. Das ist auch faktisch die beste und vernünftigste Herangehensweise und anscheinend funktioniert sie bei dir auch, genau wie bei allen anderen Sängern.

Wo liegt dann das Problem?

Harald
 
Hallo Jarie,

ich bin gerade aus der Keys-Ecke hier vorbeigestolpert... und finde Dein Problem sehr interessant.
Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, daß verschiedene Menschen Musik auf sehr verschiedene Weise wahrnehmen. Ein Beispiel: ein Freund von mir hat das absolute Gehör (wirklich, Harald :)), als Kind hat er mit seinem Bruder oft folgendes Spiel gemacht: einer spielt z. B. fünf beliebige Töne gleichzeitig auf dem Klavier und der andere muß sie aufsagen können.
Und während ich beim Musikhören denke "ah, das ist ein G13-Akkord", sieht er quasi vor seinem geistigen Auge einzelne Noten vorbeiziehen. Also: "Klang erkennen" gegen "Einzeltöne heraushören".

Um einen Ton auf dem Klavier richtig zu spielen, muß man nur die richtige Taste drücken. Bei der Geige muß man schon hinhören, bei der Posaune muß man den richtigen Oberton erwischen, d. h. es muß eine klare "Vorstellung" des Tones im Kopf existieren, bevor man ihn spielt. Beim Gesang ist das natürlich ganz besonders der Fall.

Überlegung 1: Ohne Referenz (auf dem Klavier oder im Kopf) hast Du keine Chance, den richtigen Ton zu treffen.

Hast Du schon bemerkt, daß es in einer sehr lauten Umgebung extrem schwierig ist, (richtig) zu singen?
Ein Geiger oder Sänger, der sich nicht hören kann, wird kaum seinen Ton exakt treffen können.

Nun ist mir eines bei Deiner Beschreibung aufgefallen: Du hast keine Probleme beim Alleinsingen und kannst Klaviertöne nachsingen. Der springende Punkt scheint mir aber folgender zu sein: es handelt sich auch auf dem Klavier um Einzeltöne, also klare Bezugspunkte. Selbst bei zweistimmigem Gesang (der ja auch zu funktionieren scheint) hast Du einen klaren Orientierungspunkt in der zweiten Stimme. Du wirst wahrscheinlich auch zu einem Klavierton die Terz oder Quinte problemlos singen können, stimmt's?

Überlegung 2: Was ist also der wesentliche Unterschied zum Gesang mit Instrumentenbegleitung? Ich glaube, der Unterschied liegt in der Mehrstimmigkeit der Begleitung. Du siehst praktisch den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Du kannst Dich in den vielen Tönen nicht zurechtfinden und verlierst die Orientierung!
Erschwerend ist die Tatsache, daß sich die Obertöne eines tieferen Tones sich oft mit den Grund- und Obertönen eines höheren Tones verschmelzen...

Probier doch mal folgendes aus: laß Deine GL (ich nehme an, das ist die Gesangslehrerin?) mal nicht nur Einzeltöne vorspielen, sondern komplette Harmonien, die aus möglichst vielen Tönen bestehen. Singe den höchsten Ton "Melodie" oder den tiefsten Ton (Bass).
Geht das auch noch so problemlos?

Kannst Du besser zu Deiner Sarah-Brightman-Aufnahme besser singen, wenn sie nur leise mitläuft?

Hast Du einen Computer (wahrscheinlich schon)? Dann sing doch mal zu einem beliebigen MIDI-File. Es gibt Programme (mir fällt bloß grade keins ein), mit dem man einzelne Spuren (also Instrumente) ein- und ausblenden kann.
Baue Deine elektronische "Band" Schritt für Schritt auf:
  1. Nur mit Schlagzeug (falls es das gibt) >>> geht's gut?
  2. Baß dazu >>> geht wahrscheinlich immer noch!
  3. Begleitakkorde dazu (Streicher oder Klavier) >>> wird's schon schlimmer?
  4. Weitere Begleitinstrumente dazu >>> und...???
  5. Gegen-/ und Nebenstimmen oder Einwürfe >>> jetzt sollte es Dir schon schwerer fallen...

Ich glaube, Dein Problem besteht darin, daß Du bei zu vielen verschiedenen (und vielleicht auch verschieden klingenden) Stimmen die Orientierung verlierst.
Falls ich recht haben sollte, ist Dir zwar noch nicht geholfen, aber die Ursache des Übels zu kennen ist doch ein wichtiger Schritt...

Was meinst Du dazu? Berichte doch mal!

Viele Grüße
Torsten
 
Ich finde deine Überlegungen sehr interessant, Be-3, und freue mich natürlich, dass du der erste bist, der mein Problem ernst nimmt.

Dementsprechend habe ich hier allerdings wirklich lange nicht mehr hereingeschaut, da ich davon ausging, dass sich hier niemand mehr melden würde.

Selbst kann ich jetzt nur sagen, dass ich wieder begonnen habe Gitarre zu spielen, und ich schon bei dem einfachsten Lied, 'What Shall We Do With The Drunken Sailor', in der Melodielinie zu den Akkorden gescheitert bin. Das war bereits weniger als lustig...

Selbst bei zweistimmigem Gesang (der ja auch zu funktionieren scheint) hast Du einen klaren Orientierungspunkt in der zweiten Stimme. Du wirst wahrscheinlich auch zu einem Klavierton die Terz oder Quinte problemlos singen können, stimmt's?

Ob ich die Terz oder Quinte singe, könnte ich dir ehrlich nicht sagen, wenn ich es tue. Ich singe die Stimme einfach, ohne groß darüber nachzudenken. Wenn wir wieder davon ausgehen, dass ich mir die Töne vorstelle, höre ich sozusagen im Kopf bereits den nächsten Ton, ohne ihn angestimmt zu haben.
Ich habe jetzt auch ein wenig mit Musiktheorie angefangen. Noten lesen kann ich schon länger, aber ich kann, wenn der Grundton gespielt wird und darauf ein anderer, nicht sagen, ob das jetzt eine kl., gr. Sekunde, Terz o.ä. war, die Prime klappt natürlich ;). Ich kann auch kleine Terzen von großen Unterscheiden, Moll und Dur, aber keine... Tonhöhen? Ich weiß jetzt nicht genau, wie man das nennt zwischen Terz, Quarte usw. zu unterscheiden, aber ich denke, ihr wisst, was ich meine.

Kannst Du besser zu Deiner Sarah-Brightman-Aufnahme besser singen, wenn sie nur leise mitläuft?

Da hast du recht, das funktioniert besser und habe ich bereits festgestellt. Ich habe es jetzt auch schon mit Watte im Ohr versucht, ist natürlich erst einmal ziemlich unangenehm sich über die 'Knochenleitungen' selbst zu hören, weil der Klang ja ein ganz anderer ist.

Es gibt Programme (mir fällt bloß grade keins ein), mit dem man einzelne Spuren (also Instrumente) ein- und ausblenden kann.

So ein Programm hatte ich tatsächlich bis vor kurzem, habe ich dann aber gelöscht. Da dieses Programm aber Freeware ist, wird es wohl ein leichtes sein, jenes wiederzufinden. Danke für den Tipp!

Vorerst werde ich wohl erstmal wieder meine 'Klampfe' konsultieren und mal die Midi-Files ausprobieren. Schaden kann versuchen ja nie :).

Ich danke dir noch einmal für deine vielen Tipps und deine Überlegungen!

Lg
 

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