Nico A.
Registrierter Benutzer
Einleitung
Was ist ein Touchstyle-Instrument? Und warum sollte ich so etwas lernen wollen? Nun, um diese zwei Fragen anzugehen, die sich demjenigen vielleicht zuerst stellen, der aus Versehen diesen Thread öffnet, zeige ich zunächst einfach zwei Videos von Touchstyle-Spielern in Aktion:
Also was ist ein Touchstyle-Instrument? Es handelt sich hierbei um eine Form einer elektrischen Gitarre, die sich in vielerlei Hinsicht von einer handelsüblichen E-Gitarre unterscheidet.
(1) Eine Touchstyle-Gitarre hat deutlich mehr Saiten als 6. Weniger als 10 sind es selten.
(2) Die Saitenspannung ist ungleich geringer als auf einer E-Gitarre.
(3) Es gibt keine offenen Saiten - denn die sind unerwünscht und werden mit Stoff abgedämpft.
(4) Die Mensur ist meist länger als bei E-Gitarren.
(5) Der Körper eines Touchstyle-Instruments ähnelt nur sehr selten dem einer E-Gitarre, wie man sie sich vorstellt - wenn es überhaupt einen Körper gibt.
All diese Abänderungen mögen erstmal seltsam und unnötig klingen, aber sie unterstützen einfach eine besondere Spieltechnik, die unter dem Namen Two-Handed-Tapping oder eben Touchstyle mehr oder weniger bekannt geworden ist. Sie lässt sich in etwa so beschreiben:
Beide Hände befinden sich auf dem Griffbrett. Der Klang wird erzeugt, indem die Saite niedergedrückt - oder neudeutsch: getappt - wird. Sie brauch nicht mit der anderen Hand angeschlagen werden. Aus diesem Grund ist die andere Hand, die normalerweise die Saiten anschlägt, frei, um ebenfalls zu tappen.
Nun können die beiden Hände ihr eigenes Ding machen und unabhängig voneinander spielen. Um das einfacher zu gestalten, hat man den Instrumenten ein paar mehr Saiten gegeben, dass sich die beiden Hände nicht in die Quere kommen. Nicht selten entsteht durch die zusätzlichen Saiten ein Tonumfang von 5 oder mehr Oktaven.
Und warum sollte man sich so ein Instrument zulegen und diese Spieltechnik lernen? Ich persönlich musste nicht lange überlegen, weil mich die Möglichkeiten, die sich durch solche Instrumente ergeben, gleich überzeugt haben. Ich fasse nochmal zusammen, was mich so alles überzeugt hat:
1. Die Ähnlichkeit zu einem Klavier. Die Hände sind unabhängig voneinander, die eine kann sich um den Rhythmus oder die Akkorde kümmern, die andere spielt die Melodie. Man kann sich selbst begleiten. Und dabei ist die grundlegende Spieltechnik - Saiten runterdrücken und halten, um sie klingen zu lassen, genau wie bei den Tasten eines Klaviers - kinderleicht zu erlernen.
2. Die Ähnlichkeit zu einer Gitarre. Man hat direkten Kontakt mit den Saiten, also kann man auch fast alle Spieltechniken der Gitarre auf diesem Instrument anwenden: Slides, Bendings, Hammer-Ons, Vibrato, Sweeping und so weiter. Außerdem ist man, ungleich einem Klavier, nicht an einen Standort gebunden und kann auf der Bühne richtig abgehen. Weil es sich um ein elektrisches Instrument handelt, kann man im Prinzip die gleichen Effektgeräte einer E-Gitarre verwenden und so klanglich sehr ähnliche Sounds erzeugen.
3. Die Herausforderung. Das Gefühl, die Spieltechniken einer Gitarre und eines Tasteninstruments gleichzeitig zu beherrschen und anzuwenden muss großartig sein.
4. Die Einzigartigkeit. Obwohl die Spieltechniken also an sich nichts wirklich Neues sind, wird man bei seinen Mitmenschen fast immer auf Verwunderung bis Begeisterung stoßen, denn kaum einer hat wirklich ein solches Instrument in Echt gesehen, wenn überhaupt. Genauso kann man aber auch bei konventionell denkenden Musikern auf Ablehnung stoßen, aber mit sowas muss man immer rechnen. ;-)
Klingt das nicht wunderbar? Genau das habe ich mir auch gedacht. Und so war es nur eine Frage der Zeit, bis ich meine Touchstyle-Gitarre - eine gebrauchte Mobius Megatar - in den Händen hielt. Nach anfänglichem Herumspielen musste ich mir dann aber vergegenwärtigen, dass es ein hartes Stück Arbeit ist und Geduld erfordert, bis man auf dem Instrument etwas vorweisen kann. Meine ersten Eindrücke mit dem Instrument sollen also auch denjenigen helfen, die sich für ein Touchstyle-Instrument entscheiden, indem ich sie (meine Eindrücke) in Form eines Workshops niederschreibe.
An wen richtet sich dieser Workshop?
Dieser Workshop soll allen Interessierten einen ersten Eindruck vermitteln, ganz gleich, ob sie schon ein solches Instrument besitzen, sich eines zulegen wollen, oder sich einfach mal informieren möchten. Eigentlich ist dieser Workshop in erster Linie an blutige Anfänger gerichtet. Manchmal kann es vielleicht passieren, dass ich als mehrjähriger Gitarrenspieler ab und an einen Begriff verwende, der Nichtgitarristen nicht geläufig ist. In so einem Fall möchte ich mich schonmal im Voraus entschuldigen und verweise einfach mal auf Google. ;-) Ich versuche aber aufzupassen und den Workshop so zu schreiben, dass er auch für denjenigen verständlich ist, der noch nie ein Instrument in der Hand gehalten hat.
Fortgeschrittene werden damit vermutlich nicht viel anfangen können, schließlich bin ich selber noch Anfänger auf dem Gebiet und habe es mir zum Ziel erklärt, blutige Anfänger zu unterrichten.
Und weil ich annehme, dass die Leser selbst kein Touchstyle-Instrument besitzen, lautet das erste Thema: "Wie komme ich an ein Touchstyle-Instrument?"
1. Wie komme ich an ein Touchstyle-Instrument?
All die Euphorie darüber, wie toll doch die neuen Spielmöglichkeiten sind und wie schön es wäre, dürfte spätestens bei der Erkenntnis abflachen: Es ist offenbar verdammt schwer, überhaupt so ein Instrument zu bekommen. Obwohl es diese Instrumentgruppe nun schon seit über 50 Jahren gibt, hat sich der Markt so entwickelt, dass sie nur in den USA einigermaßen bekannt geworden ist, in Deutschland hingegen gibts kaum einen Hersteller dieser Instrumente.
Vielleicht dauert es bloß noch ein paar Jahre, bis man auch hierzulande für relativ wenig Geld eine Touchstyle-Gitarre bekommt. Bis es soweit ist, bieten sich auch genug andere Möglichkeiten für jeden, der wirklich am Two-Handed-Tapping interessiert ist:
1.1. Wenn ihr viel Geld und Zeit übrig habt
In diesem Fall ist es denkbar einfach: Bestellt euch eines der populären Tapping-Instrumente, die zugegebenermaßen viel bis sehr viel kosten (ca. 2000 - 4200), aber auch die beste Qualität haben. Der Zeitfaktor spielt auch eine Rolle, denn die meisten dieser Instrumente werden erst hergestellt und müssen von den USA verschickt werden... auf einen sogenannten Chapman Stick muss man zum Beispiel teilweise über ein Jahr warten . Damit sollte man dann aber auch auf jeden Fall auf der sicheren Seite sein.
Zu diesen Instrumenten zählen die Folgenden:
Chapman Stick
Warr Guitar
Megatar
Bunker Touch Guitar
Bilder von den Instrumenten in dieser Reihenfolge:
1.2. Wenn ihr etwas weniger Geld und fast so viel Zeit habt...
...dann gibt es noch etwas günstigere Modelle, die teilweise auch von Händlern in Deutschland angeboten werden. Schaut doch mal bei diesen Seiten rein:
Koyabu Board
Tenayo Ziggy
ZenTapper
und mit 800 - 1000 Euro seid ihr dabei!
Doch - oh weh - bei den Music-Marceting-Seiten steht bei Verfügbarkeit überall "Nicht auf Lager". Darum sagte ich auch "wenn ihr fast so viel Zeit habt". Wer weiß, wann das Lager wieder befüllt wird. Aber: Laut Erfahrungsbreichten soll auch bei diesen 3 Vertretern die Qualität superb sein.
Bilder:
1.3. Wenn ihr handwerkliches Geschick habt
Dann baut euch selber eure Tap-Gitarre! Der Vorteil hierbei ist, dass das Instrument am Ende wirklich 100% individuell sein wird. Der Nachteil ist, dass Tap-Gitarren erfahrungsgemäß um einiges schwieriger zu bauen sind als normale Gitarren. Aber ich hab ja in der Teilüberschrift oben sowieso "handwerkliches Geschick" vorausgesetzt.
Außerdem wird man bei dieser Variante wohl kaum unter 800 Euro kommen, es sei denn... (siehe nächster Abschnitt). Wer sich von all dem nicht abschrecken lässt, findet in diesem Forum mehr als genug Anregungen:
http://tappistry.org/forum/forumdisplay.php?f=33
1.4. Wenn ihr nur etwas handwerkliches Geschick habt
...dann gibt es einige wirklich geniale Alternativen zum Bau einer "richtigen" Tap-Gitarre. Diese Alternativen wurden erdacht von richtig genialen Leuten, die derart engagiert sind, dass sie auch noch Anleitungen davon ins Internet gestellt haben. Um diese Projekte zu realisieren, braucht ihr immernoch ein Mindestmaß an handwerklichem Geschick (ich hätte das nicht, das weiß ich schon vorher), und die Qualität wird sicher nicht ganz an die Größen wie Chapman Stick oder Warr Guitar heranreichen, ABER: Im Gegensatz zu diesen beiden Vertretern sind diese Varianten unschlagbar günstig! Von umgerechnet angeblich 80 Euro (*schluck*) bis 600 Euro sind diese machbar:
Horizontal Planck
Biaxe Guitar
Tapladder (wohl mit Abstand die interessanteste Herangehensweise... wenn jemand eine Tapladder baut, dann macht davon auf jeden Fall genug Bilder, das will ich sehen =)
1.5. Weder Geld, noch Zeit, noch handwerkliche Fähigkeiten
Die Varianten oben waren natürlich nicht ernst gemeint, selbstverständlich habt ihr weder Geld noch Zeit noch Geschick . Spaß beiseite, aber sollte das der Fall sein, gibt es immernoch eine handvoll Möglichkeiten, um mit dem Two-Handed-Tapping zu beginnen.
Eine davon ist, eine doppelhalsige Gitarre zu kriegen. Eine gaanz günstige gibt es schon ab 300 Euro z.B. hier zu haben. Allerdings bezweifle ich, dass die Qualität bei dem Preis erfreulich ist. Was bei einer solchen Doppelhalsgitarre wünschenswert wäre, ist ein Bass-Hals und ein Gitarren-Hals, und zwar aus dem einfachen Grund, einen größeren Tonumfang zu haben. Natürlich gehen auch zwei Gitarrenhälse oder zwei Basshälse. Nur von einem Hals mit 12 Saiten (also 6 Doppelte) würde ich abraten, da sich das Treffen von zwei Saiten gleichzeitig schwierig gestalten könnte. Zumindest kenne ich davon keine Erfahrungsberichte und habs selbst noch nie probiert.
Eine solche Doppelhalsgitarre ist aber nicht fürs Tapping ausgelegt, deshalb muss man sie erst noch leicht modifizieren. Dazu gehört die Saitenspannung niedriger einzustellen, einen Saitendämpfer anzubringen, die Instrumentenposition eher vertikal einzustellen sowie die Tonabnehmer näher zu den Saiten bewegen. Wie das genau geht, erkläre ich im zweiten Teil des Workshops. Es handelt sich hierbei aber nicht um wirklich komplizierte Methoden.
Eine andere Möglichkeit als eine Doppelhalsgitarre besteht in mehrsaitigen Gitarren, die mehr Saiten als standardgemäß 6 haben. Thomann bietet zum Beispiel eine günstige 7-Saiter für 160 Euro an. Günstige 8-Saiter gibts bei Rondomusic zu haben. Dabei ist zu bedenken, dass mindestens 8 Saiten empfehlenswert sind, um die Spieltechnik gut nutzen zu können. Diese Gitarren sind außerdem wie Doppelhalsgitarren eher auf gewöhnliche Spieltechniken ausgelegt und bedürfen den oben genannten Veränderungen, wenn man darauf two-handed tappen will.
1.6. Absolut kein Geld für neues Instrument, aber schon vorhandene Gitarre
Wenn ihr sofort einsteigen wollt, aber beim besten Willen keine 600, 400, 160 oder 80 Euro zur Verfügung habt, dann nehmt dafür doch eure schon vorhandene Gitarre. Wie? Ihr habt nichtmal Gitarre? Nun, wenn ihr das Two-Handed-Tapping wirklich lernen wollt, dann müsst ihr ein kleines Bisschen investieren, da führt kein Weg dran vorbei . Gebrauchte Instrumente bei Ebay zu kaufen geht immer, wenn ihr Glück habt, ist ein günstiges Instrument dabei. An dieser Stelle verweise ich mal auf meinen Thread mit der Übersicht an derzeitigen Tap-Gitarren. Aber bitte geht nicht leichtsinnig auf jedes besonders günstige Angebot ein. Gerade bei diesen Instrumenten ist Qualität besonders wichtig um Frustrationen beim Spielen zu vermeiden.
Ansonsten schaut euch nochmal in Ruhe die oben genannten Möglichkeiten an und trefft eure Wahl. Wenn ich eine vergessen hab, dann bin ich auch für jeden Hinweis in diesem Thread dankbar - und andere Musiker-Boardler womöglich auch.
Oder aber ihr habt eine Gitarre und wollt darauf tappen. Diese Möglichkeit gibts immer und ist auf jeden Fall die kostengünstigste, nur müsst ihr bedenken:
1. Auch diese Gitarre muss modifiziert werden (Saitenspannung einstellen, Saiten dämpfen usw.). Deswegen kann man nicht schnell mal zwischen normalem Picking und Two-Handed-Tapping wechseln, ohne vorher wieder alles umzustellen. Daher sollte man sich vorher entscheiden, ob man die normale Spieltechnik haben oder tappen will.
2. 6 Saiten sind für Two-Handed-Tapping nicht wirklich viel - jede Hand hat nur 3 Saiten zur Verfügung (aber 4 Finger plus Daumen). Wenn man auf einem Bass tappen will, was auch geht, dann sinds nur 2 Saiten pro Hand bzw. 2 1/2 (bei einem 5-Saiter ). Mit der ganzen Rechnerei will ich nur sagen: Je mehr Saiten zur Verfügung stehen, umso spaßiger wirds, aber man kann auf jedem elektrischen Saiteninstrument tappen.
In den nächsten Tagen gibts dann den zweiten Teil des Workshops namens Erste Schritte - der wird dann beinhalten, wie man das neue Instrument einstellt, wie man die richtige Spiel- und Fingerposition findet, wie man Töne erzeugt, welche Stimmungen es gibt und erste einfache Übungen.
Danke fürs Lesen!!
Was ist ein Touchstyle-Instrument? Und warum sollte ich so etwas lernen wollen? Nun, um diese zwei Fragen anzugehen, die sich demjenigen vielleicht zuerst stellen, der aus Versehen diesen Thread öffnet, zeige ich zunächst einfach zwei Videos von Touchstyle-Spielern in Aktion:
Also was ist ein Touchstyle-Instrument? Es handelt sich hierbei um eine Form einer elektrischen Gitarre, die sich in vielerlei Hinsicht von einer handelsüblichen E-Gitarre unterscheidet.
(1) Eine Touchstyle-Gitarre hat deutlich mehr Saiten als 6. Weniger als 10 sind es selten.
(2) Die Saitenspannung ist ungleich geringer als auf einer E-Gitarre.
(3) Es gibt keine offenen Saiten - denn die sind unerwünscht und werden mit Stoff abgedämpft.
(4) Die Mensur ist meist länger als bei E-Gitarren.
(5) Der Körper eines Touchstyle-Instruments ähnelt nur sehr selten dem einer E-Gitarre, wie man sie sich vorstellt - wenn es überhaupt einen Körper gibt.
All diese Abänderungen mögen erstmal seltsam und unnötig klingen, aber sie unterstützen einfach eine besondere Spieltechnik, die unter dem Namen Two-Handed-Tapping oder eben Touchstyle mehr oder weniger bekannt geworden ist. Sie lässt sich in etwa so beschreiben:
Beide Hände befinden sich auf dem Griffbrett. Der Klang wird erzeugt, indem die Saite niedergedrückt - oder neudeutsch: getappt - wird. Sie brauch nicht mit der anderen Hand angeschlagen werden. Aus diesem Grund ist die andere Hand, die normalerweise die Saiten anschlägt, frei, um ebenfalls zu tappen.
Nun können die beiden Hände ihr eigenes Ding machen und unabhängig voneinander spielen. Um das einfacher zu gestalten, hat man den Instrumenten ein paar mehr Saiten gegeben, dass sich die beiden Hände nicht in die Quere kommen. Nicht selten entsteht durch die zusätzlichen Saiten ein Tonumfang von 5 oder mehr Oktaven.
Und warum sollte man sich so ein Instrument zulegen und diese Spieltechnik lernen? Ich persönlich musste nicht lange überlegen, weil mich die Möglichkeiten, die sich durch solche Instrumente ergeben, gleich überzeugt haben. Ich fasse nochmal zusammen, was mich so alles überzeugt hat:
1. Die Ähnlichkeit zu einem Klavier. Die Hände sind unabhängig voneinander, die eine kann sich um den Rhythmus oder die Akkorde kümmern, die andere spielt die Melodie. Man kann sich selbst begleiten. Und dabei ist die grundlegende Spieltechnik - Saiten runterdrücken und halten, um sie klingen zu lassen, genau wie bei den Tasten eines Klaviers - kinderleicht zu erlernen.
2. Die Ähnlichkeit zu einer Gitarre. Man hat direkten Kontakt mit den Saiten, also kann man auch fast alle Spieltechniken der Gitarre auf diesem Instrument anwenden: Slides, Bendings, Hammer-Ons, Vibrato, Sweeping und so weiter. Außerdem ist man, ungleich einem Klavier, nicht an einen Standort gebunden und kann auf der Bühne richtig abgehen. Weil es sich um ein elektrisches Instrument handelt, kann man im Prinzip die gleichen Effektgeräte einer E-Gitarre verwenden und so klanglich sehr ähnliche Sounds erzeugen.
3. Die Herausforderung. Das Gefühl, die Spieltechniken einer Gitarre und eines Tasteninstruments gleichzeitig zu beherrschen und anzuwenden muss großartig sein.
4. Die Einzigartigkeit. Obwohl die Spieltechniken also an sich nichts wirklich Neues sind, wird man bei seinen Mitmenschen fast immer auf Verwunderung bis Begeisterung stoßen, denn kaum einer hat wirklich ein solches Instrument in Echt gesehen, wenn überhaupt. Genauso kann man aber auch bei konventionell denkenden Musikern auf Ablehnung stoßen, aber mit sowas muss man immer rechnen. ;-)
Klingt das nicht wunderbar? Genau das habe ich mir auch gedacht. Und so war es nur eine Frage der Zeit, bis ich meine Touchstyle-Gitarre - eine gebrauchte Mobius Megatar - in den Händen hielt. Nach anfänglichem Herumspielen musste ich mir dann aber vergegenwärtigen, dass es ein hartes Stück Arbeit ist und Geduld erfordert, bis man auf dem Instrument etwas vorweisen kann. Meine ersten Eindrücke mit dem Instrument sollen also auch denjenigen helfen, die sich für ein Touchstyle-Instrument entscheiden, indem ich sie (meine Eindrücke) in Form eines Workshops niederschreibe.
An wen richtet sich dieser Workshop?
Dieser Workshop soll allen Interessierten einen ersten Eindruck vermitteln, ganz gleich, ob sie schon ein solches Instrument besitzen, sich eines zulegen wollen, oder sich einfach mal informieren möchten. Eigentlich ist dieser Workshop in erster Linie an blutige Anfänger gerichtet. Manchmal kann es vielleicht passieren, dass ich als mehrjähriger Gitarrenspieler ab und an einen Begriff verwende, der Nichtgitarristen nicht geläufig ist. In so einem Fall möchte ich mich schonmal im Voraus entschuldigen und verweise einfach mal auf Google. ;-) Ich versuche aber aufzupassen und den Workshop so zu schreiben, dass er auch für denjenigen verständlich ist, der noch nie ein Instrument in der Hand gehalten hat.
Fortgeschrittene werden damit vermutlich nicht viel anfangen können, schließlich bin ich selber noch Anfänger auf dem Gebiet und habe es mir zum Ziel erklärt, blutige Anfänger zu unterrichten.
Und weil ich annehme, dass die Leser selbst kein Touchstyle-Instrument besitzen, lautet das erste Thema: "Wie komme ich an ein Touchstyle-Instrument?"
1. Wie komme ich an ein Touchstyle-Instrument?
All die Euphorie darüber, wie toll doch die neuen Spielmöglichkeiten sind und wie schön es wäre, dürfte spätestens bei der Erkenntnis abflachen: Es ist offenbar verdammt schwer, überhaupt so ein Instrument zu bekommen. Obwohl es diese Instrumentgruppe nun schon seit über 50 Jahren gibt, hat sich der Markt so entwickelt, dass sie nur in den USA einigermaßen bekannt geworden ist, in Deutschland hingegen gibts kaum einen Hersteller dieser Instrumente.
Vielleicht dauert es bloß noch ein paar Jahre, bis man auch hierzulande für relativ wenig Geld eine Touchstyle-Gitarre bekommt. Bis es soweit ist, bieten sich auch genug andere Möglichkeiten für jeden, der wirklich am Two-Handed-Tapping interessiert ist:
1.1. Wenn ihr viel Geld und Zeit übrig habt
In diesem Fall ist es denkbar einfach: Bestellt euch eines der populären Tapping-Instrumente, die zugegebenermaßen viel bis sehr viel kosten (ca. 2000 - 4200), aber auch die beste Qualität haben. Der Zeitfaktor spielt auch eine Rolle, denn die meisten dieser Instrumente werden erst hergestellt und müssen von den USA verschickt werden... auf einen sogenannten Chapman Stick muss man zum Beispiel teilweise über ein Jahr warten . Damit sollte man dann aber auch auf jeden Fall auf der sicheren Seite sein.
Zu diesen Instrumenten zählen die Folgenden:
Chapman Stick
Warr Guitar
Megatar
Bunker Touch Guitar
Bilder von den Instrumenten in dieser Reihenfolge:
1.2. Wenn ihr etwas weniger Geld und fast so viel Zeit habt...
...dann gibt es noch etwas günstigere Modelle, die teilweise auch von Händlern in Deutschland angeboten werden. Schaut doch mal bei diesen Seiten rein:
Koyabu Board
Tenayo Ziggy
ZenTapper
und mit 800 - 1000 Euro seid ihr dabei!
Doch - oh weh - bei den Music-Marceting-Seiten steht bei Verfügbarkeit überall "Nicht auf Lager". Darum sagte ich auch "wenn ihr fast so viel Zeit habt". Wer weiß, wann das Lager wieder befüllt wird. Aber: Laut Erfahrungsbreichten soll auch bei diesen 3 Vertretern die Qualität superb sein.
Bilder:
1.3. Wenn ihr handwerkliches Geschick habt
Dann baut euch selber eure Tap-Gitarre! Der Vorteil hierbei ist, dass das Instrument am Ende wirklich 100% individuell sein wird. Der Nachteil ist, dass Tap-Gitarren erfahrungsgemäß um einiges schwieriger zu bauen sind als normale Gitarren. Aber ich hab ja in der Teilüberschrift oben sowieso "handwerkliches Geschick" vorausgesetzt.
Außerdem wird man bei dieser Variante wohl kaum unter 800 Euro kommen, es sei denn... (siehe nächster Abschnitt). Wer sich von all dem nicht abschrecken lässt, findet in diesem Forum mehr als genug Anregungen:
http://tappistry.org/forum/forumdisplay.php?f=33
1.4. Wenn ihr nur etwas handwerkliches Geschick habt
...dann gibt es einige wirklich geniale Alternativen zum Bau einer "richtigen" Tap-Gitarre. Diese Alternativen wurden erdacht von richtig genialen Leuten, die derart engagiert sind, dass sie auch noch Anleitungen davon ins Internet gestellt haben. Um diese Projekte zu realisieren, braucht ihr immernoch ein Mindestmaß an handwerklichem Geschick (ich hätte das nicht, das weiß ich schon vorher), und die Qualität wird sicher nicht ganz an die Größen wie Chapman Stick oder Warr Guitar heranreichen, ABER: Im Gegensatz zu diesen beiden Vertretern sind diese Varianten unschlagbar günstig! Von umgerechnet angeblich 80 Euro (*schluck*) bis 600 Euro sind diese machbar:
Horizontal Planck
Biaxe Guitar
Tapladder (wohl mit Abstand die interessanteste Herangehensweise... wenn jemand eine Tapladder baut, dann macht davon auf jeden Fall genug Bilder, das will ich sehen =)
1.5. Weder Geld, noch Zeit, noch handwerkliche Fähigkeiten
Die Varianten oben waren natürlich nicht ernst gemeint, selbstverständlich habt ihr weder Geld noch Zeit noch Geschick . Spaß beiseite, aber sollte das der Fall sein, gibt es immernoch eine handvoll Möglichkeiten, um mit dem Two-Handed-Tapping zu beginnen.
Eine davon ist, eine doppelhalsige Gitarre zu kriegen. Eine gaanz günstige gibt es schon ab 300 Euro z.B. hier zu haben. Allerdings bezweifle ich, dass die Qualität bei dem Preis erfreulich ist. Was bei einer solchen Doppelhalsgitarre wünschenswert wäre, ist ein Bass-Hals und ein Gitarren-Hals, und zwar aus dem einfachen Grund, einen größeren Tonumfang zu haben. Natürlich gehen auch zwei Gitarrenhälse oder zwei Basshälse. Nur von einem Hals mit 12 Saiten (also 6 Doppelte) würde ich abraten, da sich das Treffen von zwei Saiten gleichzeitig schwierig gestalten könnte. Zumindest kenne ich davon keine Erfahrungsberichte und habs selbst noch nie probiert.
Eine solche Doppelhalsgitarre ist aber nicht fürs Tapping ausgelegt, deshalb muss man sie erst noch leicht modifizieren. Dazu gehört die Saitenspannung niedriger einzustellen, einen Saitendämpfer anzubringen, die Instrumentenposition eher vertikal einzustellen sowie die Tonabnehmer näher zu den Saiten bewegen. Wie das genau geht, erkläre ich im zweiten Teil des Workshops. Es handelt sich hierbei aber nicht um wirklich komplizierte Methoden.
Eine andere Möglichkeit als eine Doppelhalsgitarre besteht in mehrsaitigen Gitarren, die mehr Saiten als standardgemäß 6 haben. Thomann bietet zum Beispiel eine günstige 7-Saiter für 160 Euro an. Günstige 8-Saiter gibts bei Rondomusic zu haben. Dabei ist zu bedenken, dass mindestens 8 Saiten empfehlenswert sind, um die Spieltechnik gut nutzen zu können. Diese Gitarren sind außerdem wie Doppelhalsgitarren eher auf gewöhnliche Spieltechniken ausgelegt und bedürfen den oben genannten Veränderungen, wenn man darauf two-handed tappen will.
1.6. Absolut kein Geld für neues Instrument, aber schon vorhandene Gitarre
Wenn ihr sofort einsteigen wollt, aber beim besten Willen keine 600, 400, 160 oder 80 Euro zur Verfügung habt, dann nehmt dafür doch eure schon vorhandene Gitarre. Wie? Ihr habt nichtmal Gitarre? Nun, wenn ihr das Two-Handed-Tapping wirklich lernen wollt, dann müsst ihr ein kleines Bisschen investieren, da führt kein Weg dran vorbei . Gebrauchte Instrumente bei Ebay zu kaufen geht immer, wenn ihr Glück habt, ist ein günstiges Instrument dabei. An dieser Stelle verweise ich mal auf meinen Thread mit der Übersicht an derzeitigen Tap-Gitarren. Aber bitte geht nicht leichtsinnig auf jedes besonders günstige Angebot ein. Gerade bei diesen Instrumenten ist Qualität besonders wichtig um Frustrationen beim Spielen zu vermeiden.
Ansonsten schaut euch nochmal in Ruhe die oben genannten Möglichkeiten an und trefft eure Wahl. Wenn ich eine vergessen hab, dann bin ich auch für jeden Hinweis in diesem Thread dankbar - und andere Musiker-Boardler womöglich auch.
Oder aber ihr habt eine Gitarre und wollt darauf tappen. Diese Möglichkeit gibts immer und ist auf jeden Fall die kostengünstigste, nur müsst ihr bedenken:
1. Auch diese Gitarre muss modifiziert werden (Saitenspannung einstellen, Saiten dämpfen usw.). Deswegen kann man nicht schnell mal zwischen normalem Picking und Two-Handed-Tapping wechseln, ohne vorher wieder alles umzustellen. Daher sollte man sich vorher entscheiden, ob man die normale Spieltechnik haben oder tappen will.
2. 6 Saiten sind für Two-Handed-Tapping nicht wirklich viel - jede Hand hat nur 3 Saiten zur Verfügung (aber 4 Finger plus Daumen). Wenn man auf einem Bass tappen will, was auch geht, dann sinds nur 2 Saiten pro Hand bzw. 2 1/2 (bei einem 5-Saiter ). Mit der ganzen Rechnerei will ich nur sagen: Je mehr Saiten zur Verfügung stehen, umso spaßiger wirds, aber man kann auf jedem elektrischen Saiteninstrument tappen.
In den nächsten Tagen gibts dann den zweiten Teil des Workshops namens Erste Schritte - der wird dann beinhalten, wie man das neue Instrument einstellt, wie man die richtige Spiel- und Fingerposition findet, wie man Töne erzeugt, welche Stimmungen es gibt und erste einfache Übungen.
Danke fürs Lesen!!
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