Tannoy Reveal 502

rusher
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Da sind sie:
Ich wurde als einer von zwei glücklichen Usern auserwählt, ein Pärchen Tannoy Reveal 502 Studiomonitore zu testen. Nach diversen Komplikationen treffen die Böxchen endlich bei mir ein, um im "Gass n Klang"schen Homestudio zu zeigen, was sie können. Vergleichsobjekte sollen ein Paar K+H o300 sein. Zugegebenermaßen kein fairer Vergleich, da die o300 als Referenzmonitore gehandelt werden und auch preislich in einer ganz anderen Liga spielen als das Testobjekt. Gerade hier wird die Sache aber interessant: Wieviel Platz liegt eigentlich zwischen Einsteiger- und Oberklasseboxen.
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Nun fangen wir aber mal ganz vorne an: Die 75Watt-Boxen kommen sicher verstaut und in optisch ansprechender Verpackung. "Herausragend klares Klangbild für jeden Musikstil. Optimiert für den größtmöglichen ‚sweet spot'" steht darauf. Zudem werden diverse Künstlern zitiert, die mit ihren Tannoy Boxen zufrieden zu sein scheinen. Na, da wollen wir doch mal sehen, ob der Hersteller die Erwartungen erfüllen kann, oder am Ende alles nur heiße Luft ist.


Verarbeitung/Optik:
Also weg mit der Verpackung und ran ans eingemachte. Auf den ersten Blick machen die Boxen einen sehr gut verarbeiteten Eindruck. Alles sitzt fest, nichts wackelt. 7,2kg pro Box unterstützen das Gefühl eines wertigen Produkts. Unangenehm fällt der Geruch auf, der aus dem inneren der Box durch die Bassreflexöffnung zu vernehmen ist und an billigen Klebstoff erinnert. Der scheint aber nur von kurzer Dauer zu sein und belästigt nicht weiter, sobald die Boxen in sicherer Distanz auf meinen Stativen positioniert sind. An der Unterseite der Box befindet sich 1-2mm dicken Gummibeschichtung, die laut Bedienungsanleitung für eine Entkopplung der Box sorgen soll. Ich bin skeptisch, ob die dünne Beschichtung dieser Funktion ausreichend nachkommt. Einen Pluspunkt dafür gibt es trotzdem. Schließlich ist so sichergestellt, dass weder Box noch Unterlage verkratzen und eine bessere Entkopplung als keine ist das allemal.
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Einen ersten kleinen Schock bekomme ich bei näherer Betrachtung der Netzsteckerbuchse. Ein Kaltgeräteanschluss mit nur zwei Pins ist mir vorher noch nie begegnet (für mich sieht es so aus, als gäbe es keine Erdung?). Das Netzkabel sieht allerdings genauso aus, insofern hat das wohl alles seine Richtigkeit.
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Features/Anschlüsse
Von Anschlussseite ist mit einem unsymmetrischen Klinkeneingang und einem symmetrischen XLR-Eingang vorgesorgt. Daneben gibt es noch einen 3,5mm Klinkeneingang zum direkten Anschluss eines Handys/mp3Players, sowie einen Monitorlink-Ausgang um in einer entsprechenden Nutzung das Boxenpärchen entsprechend auch ohne Interface betreiben zu können. Ein Kippschalter bestimmt bei derartiger Nutzung darüber, welcher Signalanteil (links/rechts) über welche Box wiedergegeben wird. Ein 3,5mm Klinkenkabel von fünf Meter Länge gehört zum Lieferumfang jeder Box, sodass sowohl für den der Anschluss des Handys als auch die Verlinkung der beiden Boxen vorgesorgt ist. In der Praxis wird sich zeigen, dass die beiden Eingänge parallel betrieben werden können, also kein lästiges Umstecken erfolgen muss. Schön. Neben dem obligatorischen An/Aus-Schalter gibt es einen 3fach-Schalter für die Wiedergabe der Höhen mit den Einstellungen "Hi Boost", "Neutral" und "Hi Cut". Die Bezeichnung "Hi Cut" sorgt für Stirnrunzeln. Vermutlich handelt es sich nicht um einen Hi Cut im ursprünglichen Sinne. Der Praxistest wird Aufschluss darüber geben. Abschließend sei noch das gerasterte Lautstärke-Poti positiv hervorgehoben, das eine einfache und gleiche Einstellung der Boxen ermöglicht.


Praxis
Nun zur Praxis. Um zwischen den Boxenpaaren (Reveal 502 vs o300) per Knopfdruck umschalten zu können, schließe ich die Reveal 502 an separate Outputs meines RME Fireface UFX und positioniere sie über dem Vergleichspaar so, dass mich die Hochtöner anschauen und das Stereopanorama ausgewogen wirkt.
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Nach der Inbetriebnahme werde ich von einem ordentlichen lautstärkeunabhängigen Grundsurren begrüßt. Das lässt sich auch nicht durch die Nutzung einer anderen Steckdose, eines anderen Stromkabels und ohne Anschließen einer Signalquelle beheben und nervt auf Dauer doch ziemlich. Auch ein lautstärkeregler-abhängiges Rauschen ist dabei, das sich allerdings im Rahmen hält.
Ich versuche über das Surren hinwegzuhören, starte den ersten Test und spiele rosa Rauschen über die Reveal 502 ab. Auch ohne Umschalten auf mein Referenzpaar fällt der leicht "honkige" Klang der Reveal 502 auf. Im unteren Mittenbereich möchte ich intuitiv bei knapp 300Hz gerne 2-3db ziehen. Auch der Bereich ab 10-12khz scheint für mich leicht überbetont zu sein. Ein guter Zeitpunkt, die genaue Funktion der als "HiCut" bezeichneten EQ Schalterposition herauszufinden. Wie erwartet handelt es sich nicht um ein herkömmliches HiCut Filter. In der HiCut-Position senkt die Lautstärke des Hochtöners um gefühlte 2db, womit mir die höchsten Frequenzen deutlich besser gefallen. Eine leichte Überbetonung um 7khz lässt sich allerdings auch damit nicht in den Griff bekommen. Ansonsten gefällt der Frequenzgang gut. Es gibt keine störenden Resonanzen. Mit den Höhen der Tannoys kann man gut leben. Die leichte 300hz Überbetonung würde mich vermutlich in jeder Mischung diesen Bereich etwas zu viel absenken lassen. Wenn man das weiß, lässt sich allerdings auch damit arbeiten.
Für den zweiten Test lade ich ein Bassdrumsample in Cubase, um die Wiedergabe der Transienten beurteilen zu können. Gerade im Mitten- und Hochtonbereich braucht sich die Tannoy Reveal 502 hier nicht zu verstecken. Die Reveal 502 arbeitet hier präzise und sauber und schnell. Im Bassbereich verwäscht der Klang minimal. Man hat das Gefühl, der Bassanteil käme etwas nach dem Attack, was mir so bei meinem Referenzpaar nicht auffällt. Insgesamt überzeugt die Transientenwiedergabe aber; Da hat man schon deutlich schlechteres gehört! Durch den Waveguide der Hochtöner ist der sweetspot definitiv auch nicht auf nur einen Punkt beschränkt, sodass man sich problemlos etwas hin- und herbewegen kann.
Während das Sample bei den 11x teureren o300 wie eine Linie in der Mitte steht, ist eine 100 prozentige Lokalisierung des Signals bei den Reveal 502 nicht möglich. Die Phantommitte ist insgesamt dennoch als "in Ordnung" einzustufen. Denn auch wenn eine exakte Lokalisierung des Signals im Panorama schwer fällt und auch ein Monosample etwas breitgezogen klingt, so sind doch trotzdem auch kleinere Verschiebungen in der Stereobreite in der Tendenz hörbar. Die Erstellung eines filigran aufgefächerten Bühnenbildes bei größeren Besetzungen würde ich mit diesen Boxen allerdings nicht wagen. Das darf man in diesem Preisbereich aber wohl kaum erwarten. Dem Erinnerungsvermögen nach zu urteilen konnten meine ersten Studiomonitore - die im Paar 200€ teureren Yamaha HS80 - das auch nicht wirklich besser.
Weiter geht es mit Musik. Zuerst lasse ich den Michael Jackson Song "Man in the Mirror" laufen, der in der Mischung schon in den ersten 10 Sekunden durch ein unglaublich Stereopanorama und glasklare Sounds beeindruckt. Die grundsätzliche Stereobreite bleibt auch bei der Wiedergabe über die Reveal 502 erhalten. Gerade weit nach außen gepannte Signale sind gut ortbar. Je weiter ein Signal allerdings Richtung Stereomitte wandert, desto undefinierter wird auch die exakte Position. Etwas schwieriger noch wird es bei der Tiefenstaffelung. Hierzu lege ich Norah Jones' Album "Feels like Home" in den CDPlayer und starte den ersten Track "Sunrise". Die Sängerin wurde hier im Mix sehr weit vor der Band positioniert. Die Reveal 502 lassen Norah Jones zwar weiterhin vor der Band stehen, wobei die gefühlte Bühnentiefe relativ stark zusammenschrumpft.
Zu guter Letzt höre ich noch einige eigene Produktionen durch, bei denen sich die bisher gewonnen Eindrücke bestätigen. Zum einen eine erst vor kurzem fertiggestellte Nachbearbeitung eines Livemitschnittes (Ela Querfeld - Tätowiert: https://www.youtube.com/watch?v=fW_jI1BLoz8). Die Tannoys adaptieren den Grundsound meiner Mischung gut. Allerdings wünsche ich mir - gerade bei dem angegebenen Frequenzgang - mehr Pfund im Bassbereich. Die angegebenen 49hz kann die Box wohl wiedergeben. Merkbar ins Spiel kommt sie allerdings bei 60hz und richtig auf der Höhe ist sie meinem Empfinden nach erst um 75hz. Bei dieser wie auch einer anderen Produktion (Head under Water - Chess: http://www.youtube.com/watch?v=0LMT755lJTI) fällt mir zusätzlich die Überbetonung um knapp unter 300 Hz auf. Ansonsten kann ich meine Mischung aber gut wiedererkennen.

Um einen letzten Punkt nicht zu vergessen:
Die Maximallautstärke der Box empfinde ich als mehr als ausreichend. Ich bin zwar kein "Lautabhörer" und arbeite für gewöhnlich auf Zimmerlautstärke. Für den Test drehe ich ein gutes Stück lauter auf und denke, dass das erreichbare Maximum gerade im Nahfeld nun wirklich jedem gesunden Menschen ausreichen sollte.


Fazit
Insgesamt kann ich natürlich nicht genug betonen, dass ich die Boxen mit den Ohren eines o300-Nutzers höre. Um die Eingangsfrage zu beantworten, befindet sich - wie zu erwarten war - natürlich einiges an Platz zwischen dem Einsteigerpaar Tannoy Reveal 502 und den K+H o300. Für den Einstieg ins Mixing eignet sich das Pärchen aber sicherlich. Der Frequenzgang ist wohl deutlich ausgewogener als der der vieler Einsteiger-Stereoanlagen und reicht auch tief genug, um zumindest für den Pop/Rock-Bereich das nötigste beurteilen zu können. Es gibt keine schmalbandigen Resonanzen und an die 300Hz-Sache kann man sich gewöhnen. Basswunder sollte man nicht erwarten, da beschönigt die Herstellerangabe von 49hz das reale Nutz-Ergebnis. Mit einer Empfehlung tue ich mir dennoch schwer. Auf der einen Seite sind die Tannoy Reveal 502 sind ihren Preis definitiv wert. Ein professionelles Arbeitswerkzeug darf man bei rund 300€ für das Paar aber natürlich nicht erwarten. Wer ernsthaft arbeiten will, sollte meiner Meinung nach direkt in einer höheren Klasse einsteigen, auch wenn Einsteiger sicherlich eine ganze Weile damit arbeiten können.
Für mich persönlich spricht gegen vor Allem den Kauf das Grundsurren der Boxen, das sich auch nicht durch die Nutzung verschiedener Steckdosen mit verschiedenen Kabeln eliminieren ließ. Das Surren nervt auf Dauer ziemlich (gerade oder auch vielleicht nur deswegen, weil ich die flüsterleisen o300 gewohnt bin?) und wird für mich frühestens bei einem Abstand von 2 Metern erträglich.


Technische Daten des Herstellers:
Allgemein Frequenzgang 49 Hz - 43 kHz
Max. Schalldruckpegel 108 dB
Membrangrößen Bass/Mitten 5" (130 mm)
Hochtöner 1" Gewebehochtöner (25 mm)
Bi-Amp-Ausgangsleistung RMS Ausgangsleistung75 Watt
Bass/Mitten 50 Watt
Hochtöner 25 Watt
THD < 0,7 %
Eingangsarten und Impedanzen Symmetrisch XLR, 20 kOhm
Unsymmetrisch 6,3 mm Klinkenbuchse, 10 kOhm
AUX Link Miniklinkenbuchse, 10 kOhm
AUX Link Ausgang Miniklinkenbuchse
EQ-Optionen
EQ-Einstellungen Hochtöner -1,5 dB HF Cut / Neutral / +1,5 dB HF Boost
Übergangsfrequenz 2,3 kHz
Tieffrequenzabgleich Optimierte Bassreflexöffnung auf Vorderseite
Gehäuseabmessungen H x B x T (in Zoll) 11,8 x 7,2 x 9,4
H x B x T (in mm) 300 x 184 x 238

http://www.tannoystudio.com/de/reveal-502/
 
Eigenschaft
 
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Schönes Review, vielen Dank :)
Auch toll, dass du einige deiner Referenztracks genannt hast.

Ich hätte eine eher allgemeine Frage, stelle sie aber hier da du in deinem Review ausführlich auf diesen Punkt eingehst.

Man liest ja oft in Reviews von Monitoren (so auch in deinem hier), ob und wie gut sie die Stereobreite und Phantomschallquellen wiedergeben können.
Und man kann das ja auch deutlich hören, wenn man Monitore vergleicht, dass dies manche besser können als andere.

Was aber ist das Kriterium bzw. die Eigenschaft, wodurch eine gute Stereobreite bzw. Phantommitte ermöglich wird?
Oder anders gesagt, was muss der Monitor können bzw. wie muss er konstruiert sein, damit er auf diesem Gebiet gut abschneidet?
Darüber konnte ich noch nirgends etwas lesen.
 
Danke für die Blumen! Ich bin mir selbst auch nicht sicher in diesem Punkt. Auf die Gefahr hin, völlig falsch zu liegen denke ich, dass vor Allem die "Gleichheit" der Monitore eine Rolle spielt. Wie komme ich darauf? Ein Monosignal ist dann perfekt Mono, wenn es aus einem Lautsprecher kommt. Wenn zwei Lautsprecher im Spiel sind, muss zwangsläufig das Signal was in der Phantommitte steht von beiden Boxen identisch wiedergegeben werden, da man sonst einen Stereoeffekt hat. Vermutlich kommen mir bei dem getesteten Paar deshalb auch die Schallquellen diffuser vor, die weiter in der Mitte liegen. Dort ist die gleiche Beteiligung beider Boxen ja am größten.
 
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Das wäre auch spontan so mein erster Gedanke gewesen.

Na vielleicht schreibt aber ja noch jemand etwas dazu der das genauer weiß.
 
Ich vermute, dass hierbei der Diffusschall eine wichtige Rolle spielt, also das Abstrahlverhalten und die Raumakustik. Wirklich symmetrische Verhältnisse hat man ja in Räumen selten. Das könnte man durch einen Test draußen überprüfen.
 
Ich hätt diese Fähigkeit auch zum überwiegenden Teil der Gleichheit der Monitore zugeschrieben.
Der Raum (wie meistens die ersten Reflexionen) könnten auch ihren Teil dazu beitragen etwas schlechter/besser zu machen.
Aber wenn man den Raum nicht ändert wirds wohl in diesem Fall primär an den Monitoren selbst liegen. :)

LG Jakob
 
Dieses Surren scheint mir ja das eigentlich ko-Kriterium zu sein, ich denke, ich könnte damit gar nicht leben...

Interessantes Review!
 
Hatte um Weihnachten rum die Vorgänger zwei Wochen an meinem Digitalpiano als Wohnzimmerübungsabhöre.
Da hat man bei beiden die Trafos durch die BR-Öffnungen brummen hören.
Nicht dramatisch für den Preis aber auch nichts für anspruchsvolle Ohren in stillen Räumen.

Gute räumliche Abbildung eines Lautsprechers hat m.E. mit der Gestaltung derSchallwand, der Qualität der Lautsprecherchassis und ganz entscheidend mit der Weiche zu tun.
 

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