Corkonian
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Manche Gitarren polarisieren: Martin Backpacker
Eine Gitarre, die sehr polarisiert ist die Martin Backpacker. Entweder ist es das absolut schrecklichste Instrument unter Gottes Himmel - oder man ist begeistert von dem Konzept. Irgendwo in der Mitte sind die wenigsten.Ich muss mich als Fan dieser kleinen Gitarre outen - was wohl die Backpacker-Hasser spätestens jetzt dazu bewegen wird das Lesen dieses Reviews einzustellen und sich anderen Themen zu widmen.
Noch da?
Gut, dann fangen wir mal an...
Was ist das:
Die Martin Backpacker ist eine Reisegitarre. Es ist eine Gitarre für die Extremreisenden. Für Backpacker (also Rucksacktouristen), Motorradreisende, Kanufahrer, Radfahrer, Segler, Vielflieger, Weltraumfahrer...Wer meist nur zu zweit im Golf in Urlaub fährt, wer sich sein Gepäck zum Urlaubsort schicken läßt, wer durchaus zum Gepäck noch einen sperrigen Gitarrenkoffer mitnehmen kann, der wird wohl mit einer Voyage-Air, einer Mini-Martin oder Baby-Taylor glücklicher werden als mit einer Backpacker. Aber spätestens beim Fliegen, Wandern, Campen, Segeln, Rad- oder Motorradfahren oder bei Ausflügen in den erdnahen Orbit zeigen sich die Grenzen der herkömmlichen Gitarren - selbst die Grenzen kompakter Reissegitarren - schonunglos auf. Eine Gitarre ist nunmal ein großer Kasten mit einem Stock dran und Seilen drauf. Und dieses Format - Kasten mit Stock - macht eine herkömmliche Gitarre unhandlich, empfindlich, sperrig ...
Die Martin Backpacker umgeht dieses Problem, indem sie den Kasten so weit wie möglich wegläßt und sich auf den Stock beschränkt. Oder - um es mit den Worten von Colin Chapman zu sagen: "Simplify - then add lightness!"
Wie ist die Backpacker aufgebaut:
Am besten definiert man eine Backpacker, wenn man sagt: Nimm eine Gitarre und dann nimm alles weg, was nicht unbedingt benötigt wird. Wenn Du Dir nicht sicher bist - nimm es weg! Was dann bleibt hat eher Ähnlichkeit mit einem Stechpaddel, als mit einer Gitarre.So entsteht eine Gitarre, bei der Hals und Zargen zum Teil ein Stück Holz sind. Bei meiner sieht es so aus wie Sapele und es fühlt sich an wie Sapele. Der Boden ist Sapele, die Decke Fichte und das Griffbrett und der Steg Palisander. Neuere Modelle haben - laut Martin-Prospekt - mittlerweile Richlite Griffbretter und Stege.
Der Hals hat keinen Spannstab. Warum? Weil Holz und Metall sich unterschiedlich verhalten. Temperatur- und Feuchteschwankungen kommen aber im Umfeld der Backpacker eher häufiger vor (genau wie Flugreisen) und da läßt man besser den Stab wegt. Auch wenn man den Hals dafür etwas dicker bauen muss.
Der Korpus an sich - oder das, was davon übrig geblieben ist - ist sehr, sehr klein. Das Griffbrett ist übrigens flach wie das einer klassischen Gitarre. Die Mensur ist auch kürzer (24"), was in etwa einem Capo auf dem III Bund entspricht.
Das Finish der Backpacker ist offenporig, Bindig, Einlagen usw. sucht man vergebens, es ist da nichts als das nackte Holz.
Wie spielt sich eine Backpacker:
Ohne Gurt gar nicht.Die Backpacker braucht den mitgelieferten Gurt, der Korpus ist so klein, da kann man gar nix festhalten. Mit Gurt zeigt sich ein leichter Hang zur Kopflastigkeit, aber das gibt eher ein gewisses gutes Gefühl von etwas Schwere in die Griffhand. Die Backpacker ist so leicht, wenn es das Gefühl "etwas in der Hand zu haben" nicht gäbe, wäre es sehr irritierend.
Der Hals ist dick. Baseballknüppeldick. Das Halsprofil ist aber noch angenehm und es greift sich eigentlich nicht schlecht. Nur halt anders, als man es sonst von Martin gewohnt ist. Ist ja aber auch klar, der Hals hat keinen Stab, daher muss er massiv sein. Und weil da kein Stab drin ist, dürfen da auch nur extradünne Saiten (0.10, maximal 0.11) drauf. Die kurze Mensur und die dünnen Saiten sorgen aber für ein sehr bequemes Griffgefühl.
Wer gewohnt ist mit einem "Stützfinger" zu spielen, der wird sich wundern. Da ist nichts, wo man einen Stützfinger aufsetzen könnte.
Ansonsten spielt es sich nicht anders als jede andere Gitarre. Die kurze Mensur fällt nach 2 Minuten nicht mehr auf und auch der knüppeldicke Hals verschwindet nach wenigen Minuten.
Wie klingt eine Backpacker:
Wenn man das Korpusvolumen einer Backpacker mit dem einer "normalen" Dread vergleicht, wird eine Dread etwa 16 mal mehr Volumen haben als die Backpacker. Da stellt man sich schonmal die Frge: Kommt da überhaupt was raus?Ja, es kommt!
Allerdings werden die, die von einer Martin Dread auf die Backpacker wechseln sehr überrascht sein, denn die Backpacker klingt genau gar nicht wie eine Martin. Wie kann sie auch, es ist ja eigentlich keine Giatrre mehr da.
Die Backpacker hat also einen eigenen Klang, der keinesfalls gegen den Klang irgendeiner anderen vollformatigen Gitarre verglichen werden sollte. Wenn ich den Klang meiner Backpacker beschreiben sollte, würde ich sagen eine Guitarlele trifft ein 6-saitiges Banjo. Dabei ist die Backpacker noch erstaunlich laut. Wer sich in Richtung eines "traditionellen" Gitarrenklanges orientieren will, der sollte einen "high-strung" oder "Nashville Tuning" Saitensatz aufziehen, dann ist der Klang der Backpacker "traditioneller". Ich persönlich mag den hellen Klang der Backpacker und ich setze ihn oft auch kontrapunktisch gegen den dunklen Klang einer klassichen Martin Dread. Nur weil der Klang anders ist, muß er ja nicht schlecht sein. Wer allerdings hier den Klang einer "normalen" Gitarre erwartet, der wird hoffnunglos enttäuscht werden.
Wie ist das Leben und Reisen mit einer Backpacker:
Die Backpacker ist hochgradig mobil. Es gibt wohl kaum eine Gitarre, die schon an so vilen Plätzen gewesen ist. Meine Backpacker hat 4 Ozeane, 3 Kontinente und ungezählte Reisen mit Motorrad, Fahrrad, Segelboot, Kanu, Flugzeug, Auto, Bahn, Bus .... hinter sich gebracht. Klar, es hat eineige kleinere Macken gegeben, aber das ganze Ding ist unwahrscheinlich robust. Die mitgelieferte Tache wird durch eine ungelochte Plastiktüte (aka. Müllbeutel) gepimpt, so dass man die Gitarre zuerst in den Müllbeutel und dann erst in die Tasche stopft und schon ist das ganze Geraffel wetterfest und reisetauglich.Man gewöhnt sich schnell daran, dass man mit der Backpacker eine Gitarre überallhin mitnehmen kann. Ferien, Geschäftsreise, Wochenendbesuche ... die Backpacker ist immer mit dabei.
Fazit:
Wer eine traditionelle Gitarre erwartet, der wird von der Backpacker enttäuscht werden. Wer sich auf das Konzept einläßt und unvoreingenommen an die Backpacker herangeht wird ein hochmobiles, vielseitiges und Spaß machendes Instrument bekommen, welches so gestimmt wird wie eine Gitarre, sich ansatzweise so spielt, wie eine Gitarre und welches wirklich grenzenlos mobil ist.- Eigenschaft
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