SiwashRock
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Cister Act II
Was es nicht so alles gibt? Folkfriends.de ist ein Internetshop für Randgruppenmusiker, und solche, die es werden wollen. Bisher hatte ich damit nicht viel zu tun, doch da sich unser Sänger dort eine Gitarrencister bestellt hat und das Saitenwechseln eine komplizierte und schwer zu erlernende Kunst ist, hatte ich sie eine Woche zur Inspektion bei mir. Bei dieser Gelegenheit konnte ich das Zupfinstrument ausgiebig testen und diesen kleinen Kommentar dazu verfassen.
Im Großen und Ganzen unterscheidet sich die Gitarrencister nicht wirklich von einer regulären Steelstring. Sie hat sechs Saiten und die übliche Mensur. Lediglich der Korpus ist oval und deutlich kleiner und sorgt somit für den speziellen Klang.
Der Teufel im Detail
Der Cister wurde eine solide Fichtendecke spendiert, die relativ regelmäßig gewachsen ist. Die Inlays am Hals sind, genau wie alle anderen Zierstreifen, sauber eingearbeitet, doch das Binding um den Korpus schlingert stellenweise sehr unregelmäßig. Die kleineren, oder auch größeren Differenzen wurden mit dunklem Laim aufgefüllt - wirklich schön ist das nicht. Wer zudem noch ordentlich abgefüllt wurde, ist der Übergang zwischen Hals und Korpus. Auch wenn diese Ausbesserungsarbeiten an den Ecken nicht sonderlich auffallen, trüben sie den Gesamteindruck ein wenig. Was noch unangenehm auffällt sind die Tuner. Auf dem ersten Blick könnte man sie für Grover halten, doch sind die Knöpfe aus Kunststoff gegossen und etwas schwammig. Es würde mich doch wundern, wenn diese nach einem Jahr noch einwandfrei funktionieren.
Aber sonst gibt es wirklich nicht viel zu meckern. Das gesamte Instrument ist matt lackiert und fühlt sich griffig an. Hier wurde wirklich sauber gearbeitet. Der Kratzer hier und die Delle dort wären nach den nächsten Auftritten sowieso im Instrument gewesen. In der Preisklasse ist dies wohl zu verschmerzen.
Lautenschläger
Ein sehr ergonomisches D hält man in der Hand, das sich fleischiger anfühlt, als es mit seinen 21mm am ersten Bund ist. Das Griffbrett ist am Sattel ca. 45mm breit und sorgt für ein gutes Platzangebot beim Fingerpicking. Was mir persönlich die Bespielbarkeit allerdings wieder etwas vermiest, sind diese ultradünnen Bunddrähte. Kaum sind die Nägel einen Tick zu lang, war es das mit der lockeren Bespielbarkeit.
Der Korpus ist etwas gewöhnungsbedürftig, da ihm die Taille fehlt. Wer im Sitzen ohne Gurt spielt, fühlt sich bei der Suche nach einer angenehmen Position oft so, als würde er versuchen zwei Tennisbälle aufeinander zu stapeln. Der Vorteil an dieser Form ist allerdings die gute Erreichbarkeit der hohen Lagen. Bis zum 17. Bund läuft das Spielen sehr reibungslos. Apropos 17. Bund: Auf der Oberseite des Griffbretts sind keine Dots eingelassen. Der Orientierung ist das nicht sonderlich zuträglich - zum Glück nutzt unser Sänger nur die ersten drei Bunde.
Topfschlagen
Leider muss ich nun ein wenig subjektiv werden, da mir die Erfahrung mit Cistern fehlt. Diese hier ist die Erste, die ich in der Hand hatte und, obwohl ich dank meiner Band des Öfteren in der mittelalterlichen Szene unterwegs sein durfte, fehlt mir auch ein wenig das Gefühl für den speziellen Klang. Aber gut, hier aus der Sicht eines Westerngitarristen:
Beim Anspielen der Cister ging mir als erstes folgendes Adjektiv durch den Kopf: Topfig. Der Korpus ist schmal, klein und oval. Das da keine großartigen Bässe entstehen ist eigentlich klar. Den typischen Body in den Tiefmitten sucht man auch vergebens, aber trotzdem hat das Instrument Substanz. Die Mitten und Höhen schimmern präsent und klingen lange. Wirklich komplex ist dieses Klangbild aber nicht.
Sie ist eher ein Instrument zu strummen. Mit einem dicken, kräftigen Plektrum wie dem V-Pick Screamer hat sie ein rundes und relativ ausgewogenes Klangbild. Beim Fingerpicking hat sich mich hingegen nicht so überzeugt, da ihr hierbei das Futter fehlt.
Habe ich schon erwähnt, dass die Cister einen Fishman Presys hat? Den hat sie, und über die PA klingt sie auch recht ordentlich. Im Bandkontext hat sie durchaus ihren eigenen Reiz, da sie das Klangbild breiter macht, aber nicht noch mehr Bässe und Tiefmitten ins Klangspektrum pumpt, die den Sound matschig machen.
Fazit
Es ist ein interessantes Teil mit eigenem Charakter. Eher ein Instrument zur Begleitung, das über keinen Klang verfügt, den ich alleine im Raum stehen lassen würde. Für 500 Euro bekommt man schon eine ordentliche Westerngitarre, die nicht weniger kann (eher im Gegenteil) und sich vielseitig einsetzen lässt. Mein Abschlusssatz lautet daher: Wer's braucht.
Hier der Link zu Folkfriends mit Video:
http://folkfriends.com/shop/showproddtl.php?item=3767&grp=44
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