[Bass] Gibson Thunderbird IV

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Tracii
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Einleitung

Die Entscheidung, einen Thunderbird zu kaufen, fiel vor vier Jahren; zunächst nicht aus Sounderwägungen, sondern weil mir die extravagante Form so sehr gefiel. Einmal bei mir angelangt, verdrängte der Donnervogel rasch meinen (mittlerweile verkauften) Rickenbacker 4003 dauerhaft in den Koffer und ist seitdem mein Hauptbass. Vor einigen Tagen kam ein weiterer dazu, sodass ich nun zwei dieser hübschen Instrumente mein Eigen nennen darf, die ich euch hier vorstellen möchte.


Der Bass

Der Gibson Thunderbird ist der dicksaitige Bruder der Gibson Firebird und kam 1963 als Thunderbird II (ein Pickup) und Thunderbird IV (zwei Pickups) auf den Markt, verschwand allerdings bald mangels Nachfrage wieder. In den späten 60ern gab es die sogenannten Non-Reverse-Modelle mit umgedrehtem Body – das längere Horn oben statt unten – und von 1976 bis 1979 die Bicentennial-Linie zum 200. Jubiläum der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung wieder in der ursprünglichen Form. Sein heutiges Erscheinungsbild mit schwarzer Hardware und einem etwas kleineren Headstock besitzt der Thunderbird seit 1987.

ESNB_front.jpg

Vor einigen Jahren gab es eine „Studio“-Variante mit eingeleimtem Hals und wahlweise 4 oder 5 Saiten, diese wird jedoch nicht mehr hergestellt. Bekannter und verbreiteter sind die Modelle von Epiphone, die als preisgünstige Alternative gehandelt werden, wegen anderer Hölzer / Pickups / Halsmaße / Bauweise etc. meiner Meinung nach aber vollkommen unterschiedliche Instrumente sind; nicht zwangsläufig schlechter, nur halt deutlich anders, da es bis auf die Optik wenig Gemeinsamkeiten gibt.

Einer meiner Thunderbirds ist ein Limited-Edition-Modell, dies zeigt sich aber nur in einem Stempel auf der Kopfplatte und der Tatsache, dass man damals das Natural-Burst-Finish nicht serienmäßig bekam.

NB_Headstock_back.jpg


Daten

Auf der Produkthomepage (http://www2.gibson.com/Products/Electric-Guitars/Bass/Gibson-USA/Thunderbird-IV-Bass/Specs.aspx) sind die genauen technischen Spezifikationen jederzeit nachlesbar, deshalb hier nur die wichtigsten Fakten:

- 34“-Mensur (Longscale), 20 Bünde
- Breite am Sattel 38 mm, Breite am 12. Bund 53 mm, Stringspacing an der Brücke 18 mm
- durchgehender Hals aus Mahagoni und Walnuss, angeleimte Korpusflügel aus Mahagoni, Griffbrett aus Palisander
- 2 Humbucker, Potis für Volume-Volume-Tone, passive Elektronik
- geschlossene Grover-Mechaniken, schwebend aufgehängte Brücke

NB_Body_up.jpg

Dazu gehört ein mit Plüsch ausgekleideter und zahlenschlossgesicherter Hartschalenkoffer, der so manchen harten Rocker in echte Erklärungsnot bringen könnte. Seinen Job tut er widerspruchslos, der Bass liegt sicher und rutscht nicht. Weil ich meinen ersten Thunderbird gebraucht ohne Case erstanden habe, habe ich mir den Koffer von Epiphone geholt, der etwas bodenständiger daherkommt, aber genauso geeignet ist. Auf Grund des ausladenden Hinterteils des Donnervogels sind beide Cases riesig (133 x 43 x 12 cm), zumindest passen sie nicht auf die Rücksitzbank eines Renault Mégane.


Verarbeitung

Meine Thunderbirds sind von 1999 und 2002 und haben schon vor meiner Zeit ein pralles Leben gehabt, deshalb kann ich natürlich nicht mehr nachvollziehen, wie sie frisch ab Werk aussahen; bis auf leicht ausgefranste Pickguardränder und eine minimal verschobene Brücke (die E-Saite läuft etwas näher am oberen Griffbrettrand entlang als die G-Saite am unteren, bleibt aber ohne Auswirkungen fürs Spielen) bei einem der beiden scheinen jedoch alle Makel normale Gebrauchsspuren zu sein. Das Nitro-Finish ist nämlich sehr weich und nimmt jeden Kratzer dankbar an, deshalb kann ich vom Transport im Gigbag nur abraten!

ES_front_up.jpg

Ich spiele eine sehr flache Saitenlage und störe mich nicht am Saitenschnarren, darauf konnte ich beide Bässe problemlos einstellen. Die Einstellung der Pickuphöhe gestaltet sich da schon schwieriger, weil die Tonabnehmer beim Lockern der Schrauben nicht richtig rausgedrückt werden; hier hilft nur Geduld und durchaus auch Kraft.

Besondere Vorsicht ist beim Saitenwechsel und -riss geboten: die Saitenreiter liegen in der Brücke nur auf und fallen ohne Gegendruck heraus. Durch die Aufhängung an drei Punkten kann man die Brücke in zwei Achsen drehen. Die Saitenreiter lassen sich sehr bequem auf ihrem Gewinde verschieben, die Höhe der einzelnen Saiten zueinander ist jedoch fix – Taperwound kann man damit vergessen.

Ein Wort noch zu den Gurtpins. Diese werden von ziemlich dicken Schrauben gehalten, die nicht mit den handelsüblichen Schaller-Straplocks kompatibel sind. Ich finde aber, dass man die auch nicht unbedingt braucht, denn durch den Gurtpin auf der Rückseite des Korpus‘ ist es ja egal, wie steil man den Bass hält, was die Hauptursache für sich lösende Gurte sein sollte.

NB_Neck_back.jpg


Bespielbarkeit

Dazu fällt einem beim Thunderbird natürlich sofort das magische Wort Kopflastigkeit ein. Ich kann nur sagen, dass sie zwar vorhanden ist, aber beileibe nicht in dem Maß, wie man es manchmal hört. Die vor 1987 gefertigen Donnervögel hatten einen größeren Headstock und schwerere Mechaniken, was zum Neckdive führte und viele Bässe buchstäblich den Kopf kostete; bei den aktuellen Modellen sind diese Probleme gut behoben. Viel nerviger ist, dass der Bass vornüber kippt, wenn man nicht mit Händen oder Beinen gegensteuert. Ich gleiche das durch eine lockere „Linkes-Bein-vor“-Rockstar-Pose aus, aber dieses Rollen-Wollen ist mein größter Kritikpunkt am Thunderbird. Das und die relativ harten Korpuskanten, denen eine großzügigere Ausrundung gutgetan hätte.

ES_Headstock_front.jpg

Beide wiegen übrigens knapp über vier Kilo – mein Fender ist da happiger.


Sound

Dieses subjektivste Kriterium von allen werde ich kurz halten und die Samples für sich sprechen lassen. Ich habe Erfahrung mit einem Rickenbacker 4003 und einem Fender Jazz Bass und kann sagen, dass der Thunderbird mit beiden Pickups und offener Höhenblende wesentlich voller und fundamentaler als die beiden klingt, dabei nicht so knorrig wie der Rick und nicht so höhenreich wie der Jazz, eher wie eine laut angeschlagene Klaviersaite. Der Neck-PU alleine klingt tiefmittig; manche sagen bollernd, manche meinen brachial. Der Bridge-PU alleine klingt sehr nasal und hat kaum Fundament. Die Höhenblende lasse ich immer offen, denn zugedreht ist der Ton wirklich nur noch Mumpf. Reggae-Musiker sind hier vielleicht eine Zielgruppe.

Ich spiele mit Plektrum. Fingerstyle geht selbstverständlich auch, die fehlenden Höhen muss man dann verschmerzen können; Hi-Fi-Sounds kriegt man aus ihm eh schwer raus. Dafür ist er laut – richtig laut!

Die Soundsamples sind mit meinem Yamaha AW16G aufgenommen. Die Reihenfolge lautet beide PUs, nur Bridge, nur Neck.

1999er Ebony Stain mit D’addario EXL 160: Höhenblende offen - Höhenblende zu
2002er Natural Burst mit Rotosound RRS 66LC: Höhenblende offen - Höhenblende zu


Fazit

Der Gibson Thunderbird ist ganz klar ein Rockbass. Nicht nur die Optik spricht dafür, sondern auch der tief von unten schiebende Ton. Ob man dafür den immer noch stolzen Neupreis von aktuell knapp 1200,-€ hinlegen möchte, zumal es zur Zeit nur das Vintage-Sunburst-Finish sowie alle Arten von ergonomischeren und flexibleren Bässen gibt, muss man selbst entscheiden. Gebraucht hingegen macht man auf der Suche nach einem Bühnenblickfang hier bestimmt keinen Fehler: der Thunderbird bietet nicht viel Abwechslung, aber was er tut, kann er wie kein anderer.

NB_front_down.jpg
 
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Reaktionen: 6 Benutzer
Danke für das gut aufgebaute und ausführliche Review! Leider kann ich im Moment noch nicht wieder bewerten :(

Ich finde es erstaunlich wie nahe mein modifizierter Epi TBird dem original kommt - Wobei es sicher noch näher wäre wenn anstatt der 500K Potis 250er drin wären wie in einer klassischen JB Schaltung.

Grüße,
Marc
 
Sehr gutes und Ausführliches Review!
Die Thunderbirds fand ich in meinen Bass-Anfangstagen potthässlich, mittlerweile finde ich die Optik sogar richtig interessant. Sie sind immer wieder ein "Hingucker" auf Bühnen, mal was anderes als dieses ewige Preci-, Jazz- oder Stingray-Like-Design... ;)
 
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