Cadfael
HCA Bass Hintergrundwissen
In diesem Review geht es nicht um ein Instrument, sondern um ein paar Komponenten mit denen ich meinen Squier Jazz Bass gepimpt habe. Ich fasse die Teile in diesem Review zusammen, da sie in diesem Fall zusammen gehören und Einzel-Reviews wenig Sinn machen würden.
Vor drei Jahren kaufte ich mir einen Squier Standard Jazz Bass in Candy Apple Red. Obwohl viele Musiker schlecht über Agathis (Holzsorte des Bodys) reden, gefiel mir der Klang meines Jazz Basses schon immer; relativ warm und rund. Es gibt differenzierterer klingendes Holz, trotzdem finde ich die Kombination aus Agathis, Hals und Pickups gelungen.
Da ich mittlerweile mehrere Bässe besitze, entschloss ich mich vor ein paar Wochen aus meinem Squier Standard Jazz Bass einen "echten 60s Jazz Bass" mit allen Vor- und Nachteilen zu machen.
Neben dem völlig überflüssigen Gurthalter an der Kopfplatte und der Fingerstütze unter den Saiten erhielt mein Squier Standard Jazz Bass Plastik-Potiknöpfe, zwei Fender Chrome Cover, Fender 9050L Flatwound Saiten und einen Rockinger Foam Saitendämpfer.
Natürlich gibt es immer noch mehr als ein Dutzend Dinge, die meinen Squier von einem 1964er Fender Custom Coulours Jazz unterscheiden, den "Geist" atmet er aber bereits.
Die Fender Chrome Cover
Im Musik- bzw. Zubehörhandel kann man die beiden zum Jazz Bass passenden Cover für zusammen ca. 35 Euro kaufen. Bei meinem Cover für den Mittelpickup habe ich den Verdacht, dass es kein (wie beschrieben) original Fender Teil ist. Das Cover hätte mMn 5 mm höher sein müssen. Egal; die Saiten schlagen nicht dagegen.
Beim Bridge Cover ist das Fender "F" eingeprägt. Hier musste ich die Bohrungen von der Unterseite aus leicht entgraten. Falls es wirklich original Fender Cover sind, hat in den letzten 30 Jahren die dicke der Chromschicht enorm abgenommen. Beim Original habe ich eine richtig dicke Chromschicht in Erinnerung ...
Das Cover über dem mittleren Pickup anzubringen ist noch relativ einfach. Ich habe Kreppklebeband auf das Pickguard geklebt und mit einem Bleistift die Position festgelegt. Dann habe ich mit einer Anreißnadel die richtige Position "gekörnt" (kleinen Krater eingedrückt) und gebohrt.
Auch für das Bridge Cover kam Kreppklebeband auf dem Body, links und rechts der Bridge, zum Einsatz. Messtechnisch sitzt das Bridge Cover gerade; es sieht aber etwas schief angebracht aus. Möglicherweise hätte ich das Cover noch 2 mm weiter nach vorne rücken können, ich wollte aber auf keinen Fall, dass das Cover an der Brücke aufliegt. So ist der Bridge Pickup nicht 100% verdeckt.
Die meisten Bridge Cover sind bei Jazz Bässen nicht geerdet. Ich habe einen schmalen Streifen Messing-Klebeblech von der Brücke zur Cover-Auflage gelegt.
Fender 9050L Flatwound Saiten
Als Saiten kamen Fender 9050L (45-60-80-95) Flatwound Saiten auf den Bass. Obwohl das sehr dünn klingen mag, halte ich die Stärke bei den Fender Flatwounds für optimal. Die 100er sind fast schon wieder zu dick. Wer bisher nur Roundwound Stainless Steels kennt, sollte sich nicht blenden lassen! Heller metallischer Klang? Fehlanzeige. Die Saiten klingen rund und warm. Flatwound Saiten in der Preisklasse zwischen 35 und 50 Euro (LaBella, Thomastik, d'Addario etc.) haben eine eindeutig bessere Qualität; schlecht sind die 95er Fender Flatwounds aber nicht. Die Fender Saiten habe ich gewählt, weil sie preiswert waren - aber auch, weil sie vermutlich näher an Saiten der 1960er Jahre herankommen als die hochwertigeren modernen Flatwound Saiten.
Rockinger Foam Saitendämpfer
Foam (Schaumstoff / Moosgummi) erfüllt(e) bei Fender Bässen zwei Aufgaben.
Zum einen wurde/wird er beim Jazz Bass und Precision zur Höhenverstellung (statt Metallfedern) unter die Pickups geklebt. Während man heutzutage den Foam-Streifen meist direkt unter den Pickup klebt (so auch bei meinem Squier Jazz Bass Standard), wurde er in den 1960er bis 1980er Jahren meist auf das Messing-Abschirmblech (zwischen Body und Pickup) geklebt. Die Messingbleche findet man meines Wissens bei neuen Fender Bässen leider nur noch bei den extrem teuren Custom Shop Modellen.
Zum anderen dient(e) der Foam Jahrzehnte als "String Mute" zur Saitendämpfung. Spätestens seit den 1970er Jahren ist er allerdings total außer Mode gekommen. Fast jeder montierte die Cover ab oder nahm zumindest den Foam heraus. Viele junge Bassisten dürften vermutlich erst durch "Fender Freaks" wie Moulin und mich von der Existenz der Foam-Saitendämpfer erfahren haben?
In Deutschland ist es schwer Material zu bekommen, das dem alten Foam nahe kommt. Bestimmt gibt es ihn irgendwo im Baumarkt oder Industriebedarf als Meterware zu einem Spottpreis. Leider ist mir solch eine Quelle bisher nicht kannt.
Der Rockinger Foam (siehe Schrauben > Pickupbefestigung) kommt dem Original Foam (soweit man ihn von alten Bildern kennt) sehr nahe. Die Streifen sind ungleichmäßig auf 70 bis 80 mm Länge abgeschnitten. Die Breite beträgt 10 mm, die Höhe 12 mm. An der Unterseite befindet sich ein Klebestreifen mit extrem gut haftender Klebeschicht. Der Preis pro Foam Stück beträgt stolze 1,10 Euro: www.rockinger.com/index.php?cat=WG162&product=08122
Ob der Foam das wert ist? Meiner Meinung nach: Ja ...
Nach alten Fotos habe ich den Foam auf Höhe der Befestigungslöcher des Bridge Cover festgeklebt. Ich hatte ja selbst keine Erfahrung! Damit ist der Foam sehr nah an der Brücke. Innerhalb kurzer Zeit drücken sich die Saiten in den Foam. Je stärker die Wirkung sein soll, desto weiter sollte der Streifen von den Löchern weg. Zur Orientierung kann man grob sagen, dass die gedachte Verlängerung des Foam Streifen mindestens die Bohrlöcher tangieren sollte. Der Foam sollte aber auch nicht auf den Reitern aufliegen.
Sound und Bespielbarkeit
Ich rate dringend davon ab, Cover nur wegen des Aussehens zu montieren!
Mit montierten Covern ändert sich die Bespielbarkeit eines Jazz Basses enorm! Die Cover sind wesentlich größer als die Cover bei einem Precision Bass. Bei mir sind zwischen den beiden Covern an der engsten Stelle noch 55 mm Luft. Das reicht gerade mal so für das Spielen mit zwei Fingern. Diverse "moderne" Spieltechniken der rechten Hand sind nicht mehr möglich und auch die möglichen Anzupfstellen sind drastisch reduziert. Das vordere Cover kann man auch aus Daumenstütze missbrauchen. Am ehesten ist natürlich das Anzupfen vor den beiden Covern angebracht.
Auf meinem Squier Standard Jazz Bass ergeben die Fender Flatwound Saiten plus Foam-Dämpfer einen schönen dumpfen percussiven Sound. Die Saiten hören sich aber nicht tot oder muffig an; eben der Sound, den man von alten Rock'n'Roll oder Motown Stücken kennt.
Als Soundbeispiele habe ich drei Dateien angehängt.
Dass ich kein guter Bassist bin, hat natürlich auch Einfluss auf den Sound.
Wie immer habe ich mit meinem Roland MicroCube Bass RX direkt in den PC gespielt. Die Aufnahmen "Jazz" und "Motown" sind mit dem Modeling "Fliptop" aufgenommen. Beide Pickups sind an, die Höhenblende halb zu.
Bei der Aufnahme "Quarter" habe ich die Tonblende auf gemacht und das Modeling "Concert 810" benutzt.
Fazit
Falls jemand durch diesen Review jetzt Feuer und Flamme für solch einen Umbau ist, warne ich erneut! Für eine Reggae Band oder 50s-70s Cover Band passt dieser Umbau, er ist aber alles andere als Main Stream und vielleicht muss man eine komplett neue Haltung der rechten Hand einstudieren. Also bitte kein Schnellschuss, sondern reiflich überlegen ob der Effekt die Kosten und Mühen (inkl. Umlernen!) lohnt ...
Gruß
Andreas
Vor drei Jahren kaufte ich mir einen Squier Standard Jazz Bass in Candy Apple Red. Obwohl viele Musiker schlecht über Agathis (Holzsorte des Bodys) reden, gefiel mir der Klang meines Jazz Basses schon immer; relativ warm und rund. Es gibt differenzierterer klingendes Holz, trotzdem finde ich die Kombination aus Agathis, Hals und Pickups gelungen.
Da ich mittlerweile mehrere Bässe besitze, entschloss ich mich vor ein paar Wochen aus meinem Squier Standard Jazz Bass einen "echten 60s Jazz Bass" mit allen Vor- und Nachteilen zu machen.
Neben dem völlig überflüssigen Gurthalter an der Kopfplatte und der Fingerstütze unter den Saiten erhielt mein Squier Standard Jazz Bass Plastik-Potiknöpfe, zwei Fender Chrome Cover, Fender 9050L Flatwound Saiten und einen Rockinger Foam Saitendämpfer.
Natürlich gibt es immer noch mehr als ein Dutzend Dinge, die meinen Squier von einem 1964er Fender Custom Coulours Jazz unterscheiden, den "Geist" atmet er aber bereits.
Die Fender Chrome Cover
Im Musik- bzw. Zubehörhandel kann man die beiden zum Jazz Bass passenden Cover für zusammen ca. 35 Euro kaufen. Bei meinem Cover für den Mittelpickup habe ich den Verdacht, dass es kein (wie beschrieben) original Fender Teil ist. Das Cover hätte mMn 5 mm höher sein müssen. Egal; die Saiten schlagen nicht dagegen.
Beim Bridge Cover ist das Fender "F" eingeprägt. Hier musste ich die Bohrungen von der Unterseite aus leicht entgraten. Falls es wirklich original Fender Cover sind, hat in den letzten 30 Jahren die dicke der Chromschicht enorm abgenommen. Beim Original habe ich eine richtig dicke Chromschicht in Erinnerung ...
Das Cover über dem mittleren Pickup anzubringen ist noch relativ einfach. Ich habe Kreppklebeband auf das Pickguard geklebt und mit einem Bleistift die Position festgelegt. Dann habe ich mit einer Anreißnadel die richtige Position "gekörnt" (kleinen Krater eingedrückt) und gebohrt.
Auch für das Bridge Cover kam Kreppklebeband auf dem Body, links und rechts der Bridge, zum Einsatz. Messtechnisch sitzt das Bridge Cover gerade; es sieht aber etwas schief angebracht aus. Möglicherweise hätte ich das Cover noch 2 mm weiter nach vorne rücken können, ich wollte aber auf keinen Fall, dass das Cover an der Brücke aufliegt. So ist der Bridge Pickup nicht 100% verdeckt.
Die meisten Bridge Cover sind bei Jazz Bässen nicht geerdet. Ich habe einen schmalen Streifen Messing-Klebeblech von der Brücke zur Cover-Auflage gelegt.
Fender 9050L Flatwound Saiten
Als Saiten kamen Fender 9050L (45-60-80-95) Flatwound Saiten auf den Bass. Obwohl das sehr dünn klingen mag, halte ich die Stärke bei den Fender Flatwounds für optimal. Die 100er sind fast schon wieder zu dick. Wer bisher nur Roundwound Stainless Steels kennt, sollte sich nicht blenden lassen! Heller metallischer Klang? Fehlanzeige. Die Saiten klingen rund und warm. Flatwound Saiten in der Preisklasse zwischen 35 und 50 Euro (LaBella, Thomastik, d'Addario etc.) haben eine eindeutig bessere Qualität; schlecht sind die 95er Fender Flatwounds aber nicht. Die Fender Saiten habe ich gewählt, weil sie preiswert waren - aber auch, weil sie vermutlich näher an Saiten der 1960er Jahre herankommen als die hochwertigeren modernen Flatwound Saiten.
Rockinger Foam Saitendämpfer
Foam (Schaumstoff / Moosgummi) erfüllt(e) bei Fender Bässen zwei Aufgaben.
Zum einen wurde/wird er beim Jazz Bass und Precision zur Höhenverstellung (statt Metallfedern) unter die Pickups geklebt. Während man heutzutage den Foam-Streifen meist direkt unter den Pickup klebt (so auch bei meinem Squier Jazz Bass Standard), wurde er in den 1960er bis 1980er Jahren meist auf das Messing-Abschirmblech (zwischen Body und Pickup) geklebt. Die Messingbleche findet man meines Wissens bei neuen Fender Bässen leider nur noch bei den extrem teuren Custom Shop Modellen.
Zum anderen dient(e) der Foam Jahrzehnte als "String Mute" zur Saitendämpfung. Spätestens seit den 1970er Jahren ist er allerdings total außer Mode gekommen. Fast jeder montierte die Cover ab oder nahm zumindest den Foam heraus. Viele junge Bassisten dürften vermutlich erst durch "Fender Freaks" wie Moulin und mich von der Existenz der Foam-Saitendämpfer erfahren haben?
In Deutschland ist es schwer Material zu bekommen, das dem alten Foam nahe kommt. Bestimmt gibt es ihn irgendwo im Baumarkt oder Industriebedarf als Meterware zu einem Spottpreis. Leider ist mir solch eine Quelle bisher nicht kannt.
Der Rockinger Foam (siehe Schrauben > Pickupbefestigung) kommt dem Original Foam (soweit man ihn von alten Bildern kennt) sehr nahe. Die Streifen sind ungleichmäßig auf 70 bis 80 mm Länge abgeschnitten. Die Breite beträgt 10 mm, die Höhe 12 mm. An der Unterseite befindet sich ein Klebestreifen mit extrem gut haftender Klebeschicht. Der Preis pro Foam Stück beträgt stolze 1,10 Euro: www.rockinger.com/index.php?cat=WG162&product=08122
Ob der Foam das wert ist? Meiner Meinung nach: Ja ...
Nach alten Fotos habe ich den Foam auf Höhe der Befestigungslöcher des Bridge Cover festgeklebt. Ich hatte ja selbst keine Erfahrung! Damit ist der Foam sehr nah an der Brücke. Innerhalb kurzer Zeit drücken sich die Saiten in den Foam. Je stärker die Wirkung sein soll, desto weiter sollte der Streifen von den Löchern weg. Zur Orientierung kann man grob sagen, dass die gedachte Verlängerung des Foam Streifen mindestens die Bohrlöcher tangieren sollte. Der Foam sollte aber auch nicht auf den Reitern aufliegen.
Sound und Bespielbarkeit
Ich rate dringend davon ab, Cover nur wegen des Aussehens zu montieren!
Mit montierten Covern ändert sich die Bespielbarkeit eines Jazz Basses enorm! Die Cover sind wesentlich größer als die Cover bei einem Precision Bass. Bei mir sind zwischen den beiden Covern an der engsten Stelle noch 55 mm Luft. Das reicht gerade mal so für das Spielen mit zwei Fingern. Diverse "moderne" Spieltechniken der rechten Hand sind nicht mehr möglich und auch die möglichen Anzupfstellen sind drastisch reduziert. Das vordere Cover kann man auch aus Daumenstütze missbrauchen. Am ehesten ist natürlich das Anzupfen vor den beiden Covern angebracht.
Auf meinem Squier Standard Jazz Bass ergeben die Fender Flatwound Saiten plus Foam-Dämpfer einen schönen dumpfen percussiven Sound. Die Saiten hören sich aber nicht tot oder muffig an; eben der Sound, den man von alten Rock'n'Roll oder Motown Stücken kennt.
Als Soundbeispiele habe ich drei Dateien angehängt.
Dass ich kein guter Bassist bin, hat natürlich auch Einfluss auf den Sound.
Wie immer habe ich mit meinem Roland MicroCube Bass RX direkt in den PC gespielt. Die Aufnahmen "Jazz" und "Motown" sind mit dem Modeling "Fliptop" aufgenommen. Beide Pickups sind an, die Höhenblende halb zu.
Bei der Aufnahme "Quarter" habe ich die Tonblende auf gemacht und das Modeling "Concert 810" benutzt.
Fazit
Falls jemand durch diesen Review jetzt Feuer und Flamme für solch einen Umbau ist, warne ich erneut! Für eine Reggae Band oder 50s-70s Cover Band passt dieser Umbau, er ist aber alles andere als Main Stream und vielleicht muss man eine komplett neue Haltung der rechten Hand einstudieren. Also bitte kein Schnellschuss, sondern reiflich überlegen ob der Effekt die Kosten und Mühen (inkl. Umlernen!) lohnt ...
Gruß
Andreas
- Eigenschaft