Cadfael
HCA Bass Hintergrundwissen
Alles begann damit, dass Bernie49 mich bat etwas an seiner Bassbox zu kontrollieren. Bei der Gelegenheit spielte ich zum ersten Mal im Leben (s)einen Fretless Bass an. Das bewog mich, das Internet nach preiswerten Fretless Bässen zu durchsuchen; der neue Bass sollte mehr ein "Spielzeug für daheim", denn ein richtiges Arbeitsgerät werden.
So stieß ich auf ein Sonderangebot des Warwick Streamer Standard 4 Single Fretless. Grund für das Sonderangebot dürfte sein, dass mein Bass bereits beim Neukauf zweieinhalb Jahre alt war - was bei Instrumenten eigentlich egal ist. Der normale Straßenpreis abseits von Sonderangeboten liegt für den Streamer Std.4 Single derzeit bei 288 Euro. Es gibt noch einen Rockbass Streamer mit zwei Pickups, der ca. 319 Euro kostet.
Ich bitte zu bedenken, dass mein 2007er Modell durchaus Unterschiede zu den 2008er oder 2009er Streamer Modellen haben kann!
Übersicht
Warwick Streamer Standard 4 Single PU - Fretless[/B]
- Geschraubter Hals
- Als 4- oder 5-Saiter erhältlich
- Als Rechts- oder Linkshänderbass erhältlich
- Bundiert oder als Fretless erhältlich
- Carolena Korpus
- Ahornhals mit Palisandergriffbrett - Fretless (teilweise?) mit Ebenholz
- 34" Long Scale Mensur
- 24 Bünde
- Griffbrettradius: 4-Saiter: 400 mm (16"), 5-Saiter: 500 mm (20")
- 1 MEC Vintage humbucker
- Passive Elektronik: 1x Push/Pull Volume (seriell/parallel), 1x Tone
- Hochglanzlackierung
- Warwick Stimmmechaniken (verchromt)
- Warwick Brücke (verchromt)
- Warwick Security Locks (verchromt)
Erhältliche Farben: Natural Highpolish, Red Stain Highpolish, Blue Stain Highpolish, Black Stain Highpolish (Nirvana Black?), Black Highpolish, Vintage White Highpolish, Almond Sunburst
Body und Hals
Der Warwick Streamer Standard 4 Single Fretless hat einen Body aus Carolena Holz, einem sehr leichtes Holz, das wohl mit Linde vergleichbar ist. Während die meisten im Internet abgebildeten Bässe mit Carolena Body sehr "langweilige" Maserungen haben, erinnert die Maserung meines Basses am ehesten an Sumpfesche. Wirklich toll; kann man nicht anders sagen!
Mein Bass wurde unter der Farbbezeichnung "Nirvana Black" verkauft. Mittlerweile dürfte dieser Farbton "Black Stain" entsprechen? Durch seine braun-schwarze Färbung wirkt der Body, als hätte er Jahrhunderte im Moor gelegen. Je nach Lichtquelle wirkt der Body mal schwarz, mal rötlich oder violett angehaucht, meist aber dunkelbraun.
Die Hochglanzlackierung ist zwar sauber ausgeführt, neigt aber schnell zum Verkratzen und ist - so empfinde ich das - eher kontraproduktiv, da sie die wunderschöne Maserung verschluckt. Eine Mattlackierung, wie man es von Hälsen kennt, wäre hier schöner gewesen.
Der sehr schlanke und dünne Hals besteht aus drei Teilen Ahorn. An der Kopfplatte sind zwei weitere Stücke Ahorn angesetzt. Am Sattel (höhenverstellbarer "Just-a-Nut" Plastiksattel) ist er 38 mm breit. Leider hätte der Hals vor dem Lackieren besser geschliffen werden müssen; an manchen Stellen hat man durch die Maserung (störende) feinwellige Stellen durch die Holzstruktur. Da bin ich von Squier Bässen einfach besseres gewohnt. Es mag aber gut sein, dass mein Bass da eher ein Ausreißer in der Serienstreuung ist! Zudem sieht man an der Rückseite der Kopfplatte einen dunklen (Finger-?) Abdruck. Die Kopfplatte ist ansprechend matt-schwarz lackiert. Auf ihr ist das "Rockbass by Warwick" Logo angebracht.
Um an den Halseinstellstab zu kommen kann man mit einem Schaubendreher die Abdeckplatte (auf der das Modell golden eingeprägt ist) einfach aufhebeln; man muss also dazu keine Schraube lösen. Nachteil ist, dass man die A- und D-Saite erst lockern und zur Seite schieben muss um den Deckel abheben zu können.
Die Länge des Griffbretts erstreckt sich über zwei volle Oktaven (24 Bünde). Auf dem Hals sind keine Bundmarkierungen oder Dots angebracht, seitlich finden sich jedoch reichlich Orientierungspunkte. Anders als bei Bässen mit Bünden, befinden sich die Dots nicht zwischen den (imaginären) Bundstäbchen, sondern dort wo die Töne gegriffen werden müssen.
Ob das nur leicht gebogene Griffbrett aus Ebenholz oder sehr dunklem Palisander ist, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Aufgrund der Maserung und Farbe ist beides möglich. Das Griffbrett ist sehr feinporig und macht einen guten Eindruck. Negativ fallen die Kanten des Griffbretts auf - doch dazu später mehr.
Die Werkssaiten sollte man meiner Meinung nach schnellstmöglich gegen Flatwound Saiten tauschen, sonst ruiniert man sich das Griffbrett. Aus Preisgründen hatte ich mich für 50-100er Fender Stainless Steel Saiten entschieden. Die 45-95er dürften noch besser sein. Wer es gerne höhenreich mag, sollte zu dAddario Chromes oder Nickel-Flatwounds greifen. Roundwound Saiten sind mMn aber nicht geeignet und für den Fretless die falsche Erstbesaitung.
Elektronik
Ähnlich wie beim Halseinstellstab ist auch die Abdeckung zum E-Fach nicht verschraubt, sondern mit einem patentierten Klippverschluss versehen. Prinzipiell eine gute Idee; nur wie oft muss man an das E-Fach? Und wehe, das E-Fach öffnet sich von selbst und geht bei einem Auftritt verloren.
Der Streamer Standard 4 Single hat einen "Vintage Soapbar" Humbucker der Firma MEC an Bord. Der Pickup ist so gebaut, dass man ihn auch als Daumenstütze für die E-Saite nutzen kann. Es gibt auch noch eine Version des Streamer Std. mit zwei MEC Soapbars für 319 Euro (Straßenpreis).
Das Volume-Poti meines Streamer ist als Push/Pull-Poti ausgelegt. In normaler Stellung sind die Spulen des Vintage Soapbar in Reihe geschaltet, zieht man das Poti heraus, sind beide Spulen parallel. Das ergibt einen Sound mit mehr Höhen und weniger Bässen, gleichzeitig sinkt aber auch der Output des Basses und damit die Lautstärke. Bereits in normaler Reihenschaltung (ca. 5,7k Ohm) ist der Humbucker nicht der Lauteste. Er hätte ruhig mehr Output haben dürfen. Parallel geschaltet (ca. 1,5k Ohm) verstärkt sich dieser Eindruck noch. Im Vergleich zu anderen Bässen wird man den Gain vermutlich ein ganzes Stück weiter aufdrehen müssen.
Zuerst wollte ich dem Warwick Datenblatt nicht glauben; aber es sind in der Tat 25k Potis verbaut. Das dürfte meiner Vermutung nach die Höhen des Basses einiges dämpfen. Wer später mehr Höhen will, sollte es mit 250k oder 500k Potis versuchen.
Dass die Klinkenbuchse des Streamer in einem Strat-Buchsenblech sitzt mag manchen gefallen - mir nicht. Anzumerken sein, dass die Masse schlecht an die (sehr billige) Klinkenbuchse angelötet war. Vermutlich hätte sich die Verbindung irgendwann gelöst; für einen alten Hasen kein Problem aber für einen Einsteiger schon.
Das Innere des E-Fachs ist mit Abschirmlack ausgepinselt. Zusammen mit dem Humbucker ergibt das einen sehr guten Schutz gegen Brummeinstreuungen.
Hardware
An der Kopfplatte sind vier gekapselte ölgelagerte Warwick Mechaniken angebracht. Wer wie ich Fender Mechaniken gewohnt ist, tut sich schwer mit diesen "kleinen Dingern". Objektiv betrachtet, muss man den Mechaniken aber eine gute Qualität bescheinigen. Sie laufen sauber und sahnig. Jegliche Kritik muss als subjektive Gefühlsäußerung eines alten Fendrianers gewertet werden.
Das Grundprinzip der Steg-Saitenhalterung entspricht dem uralten Fender-Prinzip. Die Warwick Brücke ist allerdings nicht aus einem Blechwinkel gebogen, sondern richtig solide und massiv. Da die Höhenverstellschrauben der Reiter in flachen Führungsnuten laufen, ist ein gewisser Schutz gegen seitliches Verrutschen gegeben.
Die beiden Dome Speed Potiknöpfe haben keine Markierung; man kann also nur raten, wie die Potis eingestellt sind. Wegen des Strat-Buchsenblechs kann man Winkelklinkenstecker nur bedingt einsetzen, zur Not geht es aber.
Der Streamer hat keine Halsbefestigungsplatte. Stattdessen sitzen die vier Halsbefestigungsschrauben in Buchsen. Das passt sehr schön zum modernen Look des Basses.
Bespielbarkeit
Wer den Jazz Bass Hals liebt, wird auch den Streamer Hals lieben. Wie ein Test zeigte, kann der Hals des Streamers aber auch Leute begeistern, die sonst eher dicke Hälse bevorzugen. Die Bespielbarkeit ist von tiefen bis in höchste Lagen wirklich gut.
Was meine Spielfreude etwas dämpft, sind - wie bereits erwähnt - die leicht rauen Stellen auf der Halsrückseite. Was mich wirklich stört, sind die extrem spitzen Kanten zwischen Halswölbung und Griffbrett. Während andere Bässe meist einen kleinen Radius am Übergang aufweisen, kann man hier nur von einer minimal gebrochenen Kante sprechen. Ballt man eine Faust um den Hals oder greift man tiefe Saiten in höheren Lagen, schneiden die Kanten in die Haut.
Trotz seines sehr geringen Gewichts ist der Streamer perfekt ausbalanciert - was an der kleinen Kopfplatte und den leichten Mechaniken liegen mag. Hier gibt es nicht das Geringste zu meckern! Stundenlangem entspanntem Spiel steht nichts im Wege.
Der Hals war bei Auslieferung übrigens bereits perfekt eingestellt.
Sound
Mit den Roundwound Werkssaiten klingt der Rockbass einiges spritziger; ich rate jedoch auf jeden Fall zu Flatwound Saiten, will man sich das Griffbrett nicht ruinieren. Mein Streamer hat ein schönes Sustain, es mangelt ihm aber etwas an definiertem Klang. Das mag an den Saiten, aber auch am Carolena Body liegen. Unterm Strich erhält man aber einen sehr schönen Fretless Sound, über den man sich in dieser Preisklasse nicht beklagen kann.
Der Streamer mit zwei Soapbar PUs bietet bestimmt einiges mehr an Klangmöglichkeiten. Wer einen runden Fretless Sound liebt / sucht, ist jedoch auch mit dem Streamer Std. 4 Single bestens bedient.
Zubehör
Bei meinem Streamer Std. waren zwei Inbusschlüssel zur Verstellung des Halsstabes, der Brücke und des Sattels (Just-a-Nut) beigelegt. Des Weiteren war ein Set Warwick Security Locks dabei. Wer seinen Streamer im Laden käuft, sollte unbedingt nach Inbusschlüsseln und Security Locks fragen. Zu gerne vergessen Verkäufer (generell) bei Ausstellungsstücken dieses wichtige Zubehör mitzugeben. Zumindest ein Satz passender Inbusschlüssel gehört zu JEDEM Instrument!
Fazit
Während es bei "modern aussehenden Bässen" in der 300-Euro-Klasse eine riesige Auswahl gibt, dürfte die Fretless-Version des Streamer Standard ziemlich konkurrenzlos dastehen.
Dem Werbespruch, der Streamer setze Maßstäbe in seiner Preisklasse, kann ich mich nicht ganz anschließen. Da bin ich von Squier Modellen bisher anderes gewohnt. Den normalen Straßenpreis von 288 Euro halte ich bei meinem Streamer für etwas zu hoch gegriffen. Es gibt zu viele (kleine) Details, die den Eindruck der Wertigkeit meines Basses trüben.
Bei einem Modell das diese Schwächen nicht hat (ich räume durchaus Serienstreuung ein!) würde ich das Preis-/Leistungsverhältnis aber als gut bis sehr gut bezeichnen. Da ich bisher nie einen (anderen) Warwick / Rockbass in der Hand hatte, fehlen mir die Vergleichsmöglichkeiten. Es mag durchaus sein, dass mein Eindruck nicht zu verallgemeinern ist.
Hat man einen gut verarbeiteten Rockbass Streamer gefunden, ist dies ein guter und preiswerter Weg in die Welt des Fretless-Basses mit echtem Warwick Look einzutauchen.
Der Spaß an meinem Streamer wurde mir (10 Tage nach dem Kauf) durch Berichte über vermeintliche Arbeitsbedingungen und Geschäftsgebaren bei Warwick Deutschland gründlich vermiest. Sollten die Aussagen der IG Metall, einiger Insider sowie von Presseveröffentlichungen zutreffen, kann ich nicht ruhigen Gewissens zum Kauf eines Warwick oder Rockbass aufrufen - ich will aber auch nicht davon abraten!
Mir persönlich fällt es seit diesen Informationen schwer, mich zuhause gemütlich zurückzulehnen und auf meinem Streamer entspannt herumzuklimpern - allerdings ist diese Haltung einzig mein Bier.
Trotz dieser (mMn notwendigen) Bemerkungen möchte ich meinen Review nicht als politisches Statement, sondern in erster Linie als Instrumenten-Review gewertet wissen!
Gruß
Andreas
So stieß ich auf ein Sonderangebot des Warwick Streamer Standard 4 Single Fretless. Grund für das Sonderangebot dürfte sein, dass mein Bass bereits beim Neukauf zweieinhalb Jahre alt war - was bei Instrumenten eigentlich egal ist. Der normale Straßenpreis abseits von Sonderangeboten liegt für den Streamer Std.4 Single derzeit bei 288 Euro. Es gibt noch einen Rockbass Streamer mit zwei Pickups, der ca. 319 Euro kostet.
Ich bitte zu bedenken, dass mein 2007er Modell durchaus Unterschiede zu den 2008er oder 2009er Streamer Modellen haben kann!
Übersicht
Warwick Streamer Standard 4 Single PU - Fretless[/B]
- Geschraubter Hals
- Als 4- oder 5-Saiter erhältlich
- Als Rechts- oder Linkshänderbass erhältlich
- Bundiert oder als Fretless erhältlich
- Carolena Korpus
- Ahornhals mit Palisandergriffbrett - Fretless (teilweise?) mit Ebenholz
- 34" Long Scale Mensur
- 24 Bünde
- Griffbrettradius: 4-Saiter: 400 mm (16"), 5-Saiter: 500 mm (20")
- 1 MEC Vintage humbucker
- Passive Elektronik: 1x Push/Pull Volume (seriell/parallel), 1x Tone
- Hochglanzlackierung
- Warwick Stimmmechaniken (verchromt)
- Warwick Brücke (verchromt)
- Warwick Security Locks (verchromt)
Erhältliche Farben: Natural Highpolish, Red Stain Highpolish, Blue Stain Highpolish, Black Stain Highpolish (Nirvana Black?), Black Highpolish, Vintage White Highpolish, Almond Sunburst
Body und Hals
Der Warwick Streamer Standard 4 Single Fretless hat einen Body aus Carolena Holz, einem sehr leichtes Holz, das wohl mit Linde vergleichbar ist. Während die meisten im Internet abgebildeten Bässe mit Carolena Body sehr "langweilige" Maserungen haben, erinnert die Maserung meines Basses am ehesten an Sumpfesche. Wirklich toll; kann man nicht anders sagen!
Mein Bass wurde unter der Farbbezeichnung "Nirvana Black" verkauft. Mittlerweile dürfte dieser Farbton "Black Stain" entsprechen? Durch seine braun-schwarze Färbung wirkt der Body, als hätte er Jahrhunderte im Moor gelegen. Je nach Lichtquelle wirkt der Body mal schwarz, mal rötlich oder violett angehaucht, meist aber dunkelbraun.
Die Hochglanzlackierung ist zwar sauber ausgeführt, neigt aber schnell zum Verkratzen und ist - so empfinde ich das - eher kontraproduktiv, da sie die wunderschöne Maserung verschluckt. Eine Mattlackierung, wie man es von Hälsen kennt, wäre hier schöner gewesen.
Der sehr schlanke und dünne Hals besteht aus drei Teilen Ahorn. An der Kopfplatte sind zwei weitere Stücke Ahorn angesetzt. Am Sattel (höhenverstellbarer "Just-a-Nut" Plastiksattel) ist er 38 mm breit. Leider hätte der Hals vor dem Lackieren besser geschliffen werden müssen; an manchen Stellen hat man durch die Maserung (störende) feinwellige Stellen durch die Holzstruktur. Da bin ich von Squier Bässen einfach besseres gewohnt. Es mag aber gut sein, dass mein Bass da eher ein Ausreißer in der Serienstreuung ist! Zudem sieht man an der Rückseite der Kopfplatte einen dunklen (Finger-?) Abdruck. Die Kopfplatte ist ansprechend matt-schwarz lackiert. Auf ihr ist das "Rockbass by Warwick" Logo angebracht.
Um an den Halseinstellstab zu kommen kann man mit einem Schaubendreher die Abdeckplatte (auf der das Modell golden eingeprägt ist) einfach aufhebeln; man muss also dazu keine Schraube lösen. Nachteil ist, dass man die A- und D-Saite erst lockern und zur Seite schieben muss um den Deckel abheben zu können.
Die Länge des Griffbretts erstreckt sich über zwei volle Oktaven (24 Bünde). Auf dem Hals sind keine Bundmarkierungen oder Dots angebracht, seitlich finden sich jedoch reichlich Orientierungspunkte. Anders als bei Bässen mit Bünden, befinden sich die Dots nicht zwischen den (imaginären) Bundstäbchen, sondern dort wo die Töne gegriffen werden müssen.
Ob das nur leicht gebogene Griffbrett aus Ebenholz oder sehr dunklem Palisander ist, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Aufgrund der Maserung und Farbe ist beides möglich. Das Griffbrett ist sehr feinporig und macht einen guten Eindruck. Negativ fallen die Kanten des Griffbretts auf - doch dazu später mehr.
Die Werkssaiten sollte man meiner Meinung nach schnellstmöglich gegen Flatwound Saiten tauschen, sonst ruiniert man sich das Griffbrett. Aus Preisgründen hatte ich mich für 50-100er Fender Stainless Steel Saiten entschieden. Die 45-95er dürften noch besser sein. Wer es gerne höhenreich mag, sollte zu dAddario Chromes oder Nickel-Flatwounds greifen. Roundwound Saiten sind mMn aber nicht geeignet und für den Fretless die falsche Erstbesaitung.
Elektronik
Ähnlich wie beim Halseinstellstab ist auch die Abdeckung zum E-Fach nicht verschraubt, sondern mit einem patentierten Klippverschluss versehen. Prinzipiell eine gute Idee; nur wie oft muss man an das E-Fach? Und wehe, das E-Fach öffnet sich von selbst und geht bei einem Auftritt verloren.
Der Streamer Standard 4 Single hat einen "Vintage Soapbar" Humbucker der Firma MEC an Bord. Der Pickup ist so gebaut, dass man ihn auch als Daumenstütze für die E-Saite nutzen kann. Es gibt auch noch eine Version des Streamer Std. mit zwei MEC Soapbars für 319 Euro (Straßenpreis).
Das Volume-Poti meines Streamer ist als Push/Pull-Poti ausgelegt. In normaler Stellung sind die Spulen des Vintage Soapbar in Reihe geschaltet, zieht man das Poti heraus, sind beide Spulen parallel. Das ergibt einen Sound mit mehr Höhen und weniger Bässen, gleichzeitig sinkt aber auch der Output des Basses und damit die Lautstärke. Bereits in normaler Reihenschaltung (ca. 5,7k Ohm) ist der Humbucker nicht der Lauteste. Er hätte ruhig mehr Output haben dürfen. Parallel geschaltet (ca. 1,5k Ohm) verstärkt sich dieser Eindruck noch. Im Vergleich zu anderen Bässen wird man den Gain vermutlich ein ganzes Stück weiter aufdrehen müssen.
Zuerst wollte ich dem Warwick Datenblatt nicht glauben; aber es sind in der Tat 25k Potis verbaut. Das dürfte meiner Vermutung nach die Höhen des Basses einiges dämpfen. Wer später mehr Höhen will, sollte es mit 250k oder 500k Potis versuchen.
Dass die Klinkenbuchse des Streamer in einem Strat-Buchsenblech sitzt mag manchen gefallen - mir nicht. Anzumerken sein, dass die Masse schlecht an die (sehr billige) Klinkenbuchse angelötet war. Vermutlich hätte sich die Verbindung irgendwann gelöst; für einen alten Hasen kein Problem aber für einen Einsteiger schon.
Das Innere des E-Fachs ist mit Abschirmlack ausgepinselt. Zusammen mit dem Humbucker ergibt das einen sehr guten Schutz gegen Brummeinstreuungen.
Hardware
An der Kopfplatte sind vier gekapselte ölgelagerte Warwick Mechaniken angebracht. Wer wie ich Fender Mechaniken gewohnt ist, tut sich schwer mit diesen "kleinen Dingern". Objektiv betrachtet, muss man den Mechaniken aber eine gute Qualität bescheinigen. Sie laufen sauber und sahnig. Jegliche Kritik muss als subjektive Gefühlsäußerung eines alten Fendrianers gewertet werden.
Das Grundprinzip der Steg-Saitenhalterung entspricht dem uralten Fender-Prinzip. Die Warwick Brücke ist allerdings nicht aus einem Blechwinkel gebogen, sondern richtig solide und massiv. Da die Höhenverstellschrauben der Reiter in flachen Führungsnuten laufen, ist ein gewisser Schutz gegen seitliches Verrutschen gegeben.
Die beiden Dome Speed Potiknöpfe haben keine Markierung; man kann also nur raten, wie die Potis eingestellt sind. Wegen des Strat-Buchsenblechs kann man Winkelklinkenstecker nur bedingt einsetzen, zur Not geht es aber.
Der Streamer hat keine Halsbefestigungsplatte. Stattdessen sitzen die vier Halsbefestigungsschrauben in Buchsen. Das passt sehr schön zum modernen Look des Basses.
Bespielbarkeit
Wer den Jazz Bass Hals liebt, wird auch den Streamer Hals lieben. Wie ein Test zeigte, kann der Hals des Streamers aber auch Leute begeistern, die sonst eher dicke Hälse bevorzugen. Die Bespielbarkeit ist von tiefen bis in höchste Lagen wirklich gut.
Was meine Spielfreude etwas dämpft, sind - wie bereits erwähnt - die leicht rauen Stellen auf der Halsrückseite. Was mich wirklich stört, sind die extrem spitzen Kanten zwischen Halswölbung und Griffbrett. Während andere Bässe meist einen kleinen Radius am Übergang aufweisen, kann man hier nur von einer minimal gebrochenen Kante sprechen. Ballt man eine Faust um den Hals oder greift man tiefe Saiten in höheren Lagen, schneiden die Kanten in die Haut.
Trotz seines sehr geringen Gewichts ist der Streamer perfekt ausbalanciert - was an der kleinen Kopfplatte und den leichten Mechaniken liegen mag. Hier gibt es nicht das Geringste zu meckern! Stundenlangem entspanntem Spiel steht nichts im Wege.
Der Hals war bei Auslieferung übrigens bereits perfekt eingestellt.
Sound
Mit den Roundwound Werkssaiten klingt der Rockbass einiges spritziger; ich rate jedoch auf jeden Fall zu Flatwound Saiten, will man sich das Griffbrett nicht ruinieren. Mein Streamer hat ein schönes Sustain, es mangelt ihm aber etwas an definiertem Klang. Das mag an den Saiten, aber auch am Carolena Body liegen. Unterm Strich erhält man aber einen sehr schönen Fretless Sound, über den man sich in dieser Preisklasse nicht beklagen kann.
Der Streamer mit zwei Soapbar PUs bietet bestimmt einiges mehr an Klangmöglichkeiten. Wer einen runden Fretless Sound liebt / sucht, ist jedoch auch mit dem Streamer Std. 4 Single bestens bedient.
Zubehör
Bei meinem Streamer Std. waren zwei Inbusschlüssel zur Verstellung des Halsstabes, der Brücke und des Sattels (Just-a-Nut) beigelegt. Des Weiteren war ein Set Warwick Security Locks dabei. Wer seinen Streamer im Laden käuft, sollte unbedingt nach Inbusschlüsseln und Security Locks fragen. Zu gerne vergessen Verkäufer (generell) bei Ausstellungsstücken dieses wichtige Zubehör mitzugeben. Zumindest ein Satz passender Inbusschlüssel gehört zu JEDEM Instrument!
Fazit
Während es bei "modern aussehenden Bässen" in der 300-Euro-Klasse eine riesige Auswahl gibt, dürfte die Fretless-Version des Streamer Standard ziemlich konkurrenzlos dastehen.
Dem Werbespruch, der Streamer setze Maßstäbe in seiner Preisklasse, kann ich mich nicht ganz anschließen. Da bin ich von Squier Modellen bisher anderes gewohnt. Den normalen Straßenpreis von 288 Euro halte ich bei meinem Streamer für etwas zu hoch gegriffen. Es gibt zu viele (kleine) Details, die den Eindruck der Wertigkeit meines Basses trüben.
Bei einem Modell das diese Schwächen nicht hat (ich räume durchaus Serienstreuung ein!) würde ich das Preis-/Leistungsverhältnis aber als gut bis sehr gut bezeichnen. Da ich bisher nie einen (anderen) Warwick / Rockbass in der Hand hatte, fehlen mir die Vergleichsmöglichkeiten. Es mag durchaus sein, dass mein Eindruck nicht zu verallgemeinern ist.
Hat man einen gut verarbeiteten Rockbass Streamer gefunden, ist dies ein guter und preiswerter Weg in die Welt des Fretless-Basses mit echtem Warwick Look einzutauchen.
Der Spaß an meinem Streamer wurde mir (10 Tage nach dem Kauf) durch Berichte über vermeintliche Arbeitsbedingungen und Geschäftsgebaren bei Warwick Deutschland gründlich vermiest. Sollten die Aussagen der IG Metall, einiger Insider sowie von Presseveröffentlichungen zutreffen, kann ich nicht ruhigen Gewissens zum Kauf eines Warwick oder Rockbass aufrufen - ich will aber auch nicht davon abraten!
Mir persönlich fällt es seit diesen Informationen schwer, mich zuhause gemütlich zurückzulehnen und auf meinem Streamer entspannt herumzuklimpern - allerdings ist diese Haltung einzig mein Bier.
Trotz dieser (mMn notwendigen) Bemerkungen möchte ich meinen Review nicht als politisches Statement, sondern in erster Linie als Instrumenten-Review gewertet wissen!
Gruß
Andreas
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