Martin Hofmann
HCA Bass & Band
Roger Waters, einer der Gründer von Pink Floyd und am 6.September 2013 siebzig Jahre alt, hat sich bei seinem Konzert in Frankfurt nochmal übertroffen. Etwa 30000 Zuschauer kamen in die Commerzbankarena und genossen ein einzigartiges Konzerterlebnis, wie man es vermutlich nicht mehr allzu oft zu sehen bekommen dürfte.
Vorweg
Nun muss ich vorwegschicken, dass ich als Autor als befangen zu gelten habe, denn schließlich bin ich seit über zehn Jahren Bassist und Sänger in einer Pink Floyd -Tribute-Band namens Echoes und somit bestens vertraut mit den meisten Belangen zum Thema Pink Floyd und Roger Waters im Speziellen.Pink Floyd und Roger Waters mochten es schon immer ein bisschen größer als andere Bands. Als ich im Jahre 1977 Pink Floyd live in der Frankfurter Festhalle sah, fielen mir damals eine Reihe technischer Neuheiten auf, die damals wegweisend, heute Standard sind. Ob es nun die ersten Paiste China-Type Cymbals waren, die damals Drummer Nick Mason bei Sheep ensetzte, oder der Quadro-Sound, mit dessen Hilfe besonders die vielen (damals noch mit einer Revox Bandmaschine eingespielten) Samples von Maschinengeräuschen und rhythmisch klingenden Kassen aus allen Ecken der Halle ertönten. Neu war damals auch die Gitarrenmarke Ovation die Roger Waters damals benutzte, und völlig ungewöhnlich, dass Waters mit einem Kopfhörer auf der Bühne stand - daraus hat sich im Laufe der Zeit das heute weit verbreitete InEar-Monitoring entwickelt - alles Dinge, die einem Nicht-Musiker vielleicht nicht so recht aufgefallen wären? Jedenfalls mit dem Sound der Festhalle war Pink Floyd damals überfordert: gegen die zu vielen Hall-Reflexionen der Kuppel und Wände war der Soundmann machtlos.
Sound
Roger Waters 2013 in Frankfurt hingegen klang perfekt! Eine PA-Anlage der Firma Clair Brothers und eine ganze Latte an Delay-Türmen und Surround-Line-Arrays ermöglichten überwältigende 7.1 Surround-Effekte bei der akustischen Untermalung virtueller Erdbeben, Hubschraubern, abstürzenden Flugzeugen. Die PA-Anlage, gesteuert über gleich zwei riesige Midas XL4 Konsolen war so perfekt ausgesteuert, dass jeder Ton aller Musiker perfekt zu hören war, Gesang und Solisten immer "vorne dran" gemischt waren und dennoch mehr als genug Power in Reserve war, um eben diese Soundeffekte erschreckend echt wirken zu lassen, so dass einem wirklich die Haare zu Berge standen. Leute, die sich mit Lautsprecheranlagen auskennen, wissen, dass so etwas richtig ins Geld geht - womit wir bei den Eintrittsgeldern wären.
Tickets
Die teuersten Karten kosteten tatsächlich 499 - dafür durfte man dann dort sitzen, wo man alles sehen und verfolgen konnte: Mitten vor der Bühne, so nahe, dass man alle Gesichter auf der Bühne gut erkennen kann. Weiter hinten war aber vielleicht der Surround-Sound besser wie auch die visuelle Wahrnehmung der ca. 100m breiten Mauer, die sicherlich die weltweit breiteste Projektsionsfläche für Videos darstellt. Auch unsere Plätze, etwa 15m hoch auf der Seite in Höhe der Mittellinie des Fußballfeldes boten ein spektakuläres Bild und perfekten Sound. Wer jetzt meckert, dass das ja viel zu teuer sei, dem muss man erklären, dass es nun mal Leute gibt, die bereit sind so tief in die Tasche zu greifen, um ein einmalige Erlebnis zu erfahren mit Musik, die ihr ganzes Leben beeinflusst hat! Nur so lassen sich solche gewaltigen Shows finanzieren, zu denen es auch Plätze für 75 gab - Stehplätze mit guter Sicht auf das riesige Spektakel und hervorragenden Sound. So viel hat jedenfalls Damir Klaushofer bezahlt, der uns regelmäßig bei Echoes als Tonmann zur Verfügung steht, und der für einige der hier abgelichteten Fotos gesorgt hat.
Show
Zunächst fällt dem technik-affinen Musiker neben der riesigen Mauer, die als Projektionsfläche dient, auf, dass die Mauer-Elemente nicht wie zunächst erwartet aus LED-Bausteinen bestehen. Die Videos werden tatsächlich von 38 riesigen Beamern über ca. 100m übertragen. Interessant: zwischen den Beamern sind schlanke Aluminium-Teile positioniert, die es ermöglichen, die gesamte Bildfläche nahtlos erscheinen zu lassen. Nur so lässt sich eine so große Fläche mit Videos ausfüllen - vermutlich gibt es das nur einmal auf der Welt. Wäre natürlich neugierig, was das gekostet hat? Jedenfalls zeigt Roger Waters sehr viel neu erstelltes und faszinierendes Videomaterial - das ist wirklich großes Kino! Dass da noch ein Monster-Schwein durch die Gegend fliegt und monströse Puppen,Flugzeuge und Feuerwerk zum Einsatz kommen, erwähne ich hier mal nur am Rande.
Musik und Musiker
Neben Roger Waters standen auf der Bühne:
Drums: Graham Broad
Guitars: Dave Kilminster, G.E. Smith, Snowy White
Keyboards: Jon Carin, Harry Waters (Sohn von Roger Waters)
Lead Vocals: Robbie Wyckoff
Backing Vocals: Jon Joyce, Mark Lennon, Pat Lennon, Kipp Lennon
Abgesehen davon, dass ich während der ganzen Show tatsächlich keinen Fehler bemerkt habe, obwohl es allerhand Abweichungen von der Studiofassung der Wall gegeben hat, einige davon bemerkenswert frisch arrangiert, haben mir die Musiker insgesamt sehr gut gefallen. Herausragend vor allen anderen Dave Kilmister, der mit dem gigantischen Nimbus von David Gilmour so respektvoll umgeht, dass er sich eben keine großen Freiheiten nimmt, die so verherrlichten originalen Soli zu interpretieren. Er huldigt dem Original mit einem perfekten Gitarrensound, der über allem steht - man kniet förmlich nieder. Natürlich sei auch Snowy White erwähnt, der ja auch oft genug neben David Gilmour auf der Bühne stand. Er hatte mehr Freiheiten in seinem Spiel und war klanglich auch über jeden Zweifel erhaben! Aber bei Herrn Waters darf es ja immer ein bisschen mehr sein! Obwohl auch er einige Parts auf der Akustikgitarre übernommen hat, leistet er sich mit G.E. Smith einen dritten Gitarristen, der im wesentlichen die Akustik-Gitarren bedient - auch davon verstehe ich was - ich muss sagen: besser habe ich akustische Gitarren nie gehört. Zum Beispiel bei Goodbye Blue Sky sind sie so mächtig wie die bedrückenden Videos auf der riesigen Mauer.Vermutlich wurde auch an einigen Stellen getrickst. So vermute ich, dass die zwanzig Kinder, die "We don't Need no Education" gesungen haben "vom Band" kamen. Auch "The Trial" dürfte teilweise mit einem Audio-File unterstützt worden sein. Ich halte solches Unterfangen bei einer "Live-Show" diesen Aufwands dennoch für legitim, ebenso wie das Einblenden von Flugzeug und Explosionsgeräuschen. Ohne Tricks lässt sich ein solches Spektakel nicht so in Szene setzen. Die Kunst besteht darin, in Bild und Klang und Performance dermaßen zu beeindrucken. Zwanzig gut singende Kinder mit auf Tour zu nehmen ist einfach zu teuer und bringt keine Vorteile - da ist ein kleines Playback-Fragment legitim!
Fazit
Jetzt kann ich es ja zugeben, dass ich mir damals nach der 1977er Show geschworen hatte, nie wieder Pink Floyd live anzuschauen, denn ich war damals vom Sound her völlig enttäuscht: Quadro-Sound in der Frankfurter Festhalle war damals technisch einfach noch nicht beherrschbar!
Das heurige Konzert hingegen war für mich ein unvergessliches Erlebnis: besser kann man nicht Performen: 1+ mit fünf Sternen. Wer noch die Gelegenheit beim Schopf greifen möchte und ein sagenhaftes Konzert erleben möchte, der muss jetzt handeln. Roger macht zwar einen unglaublich fitten Eindruck mit seinen siebzig Lenzen, aber allzu oft wird es The Wall nicht mehr live geben! Es sind noch zwei weitere Termine in Deutschland geplant, Berlin (4.9.) und Düsseldorf (6.9.).
P.S. mehr Bilder gibt es inzwischen hier
Vorweg
Nun muss ich vorwegschicken, dass ich als Autor als befangen zu gelten habe, denn schließlich bin ich seit über zehn Jahren Bassist und Sänger in einer Pink Floyd -Tribute-Band namens Echoes und somit bestens vertraut mit den meisten Belangen zum Thema Pink Floyd und Roger Waters im Speziellen.Pink Floyd und Roger Waters mochten es schon immer ein bisschen größer als andere Bands. Als ich im Jahre 1977 Pink Floyd live in der Frankfurter Festhalle sah, fielen mir damals eine Reihe technischer Neuheiten auf, die damals wegweisend, heute Standard sind. Ob es nun die ersten Paiste China-Type Cymbals waren, die damals Drummer Nick Mason bei Sheep ensetzte, oder der Quadro-Sound, mit dessen Hilfe besonders die vielen (damals noch mit einer Revox Bandmaschine eingespielten) Samples von Maschinengeräuschen und rhythmisch klingenden Kassen aus allen Ecken der Halle ertönten. Neu war damals auch die Gitarrenmarke Ovation die Roger Waters damals benutzte, und völlig ungewöhnlich, dass Waters mit einem Kopfhörer auf der Bühne stand - daraus hat sich im Laufe der Zeit das heute weit verbreitete InEar-Monitoring entwickelt - alles Dinge, die einem Nicht-Musiker vielleicht nicht so recht aufgefallen wären? Jedenfalls mit dem Sound der Festhalle war Pink Floyd damals überfordert: gegen die zu vielen Hall-Reflexionen der Kuppel und Wände war der Soundmann machtlos.
Sound
Roger Waters 2013 in Frankfurt hingegen klang perfekt! Eine PA-Anlage der Firma Clair Brothers und eine ganze Latte an Delay-Türmen und Surround-Line-Arrays ermöglichten überwältigende 7.1 Surround-Effekte bei der akustischen Untermalung virtueller Erdbeben, Hubschraubern, abstürzenden Flugzeugen. Die PA-Anlage, gesteuert über gleich zwei riesige Midas XL4 Konsolen war so perfekt ausgesteuert, dass jeder Ton aller Musiker perfekt zu hören war, Gesang und Solisten immer "vorne dran" gemischt waren und dennoch mehr als genug Power in Reserve war, um eben diese Soundeffekte erschreckend echt wirken zu lassen, so dass einem wirklich die Haare zu Berge standen. Leute, die sich mit Lautsprecheranlagen auskennen, wissen, dass so etwas richtig ins Geld geht - womit wir bei den Eintrittsgeldern wären.
Tickets
Die teuersten Karten kosteten tatsächlich 499 - dafür durfte man dann dort sitzen, wo man alles sehen und verfolgen konnte: Mitten vor der Bühne, so nahe, dass man alle Gesichter auf der Bühne gut erkennen kann. Weiter hinten war aber vielleicht der Surround-Sound besser wie auch die visuelle Wahrnehmung der ca. 100m breiten Mauer, die sicherlich die weltweit breiteste Projektsionsfläche für Videos darstellt. Auch unsere Plätze, etwa 15m hoch auf der Seite in Höhe der Mittellinie des Fußballfeldes boten ein spektakuläres Bild und perfekten Sound. Wer jetzt meckert, dass das ja viel zu teuer sei, dem muss man erklären, dass es nun mal Leute gibt, die bereit sind so tief in die Tasche zu greifen, um ein einmalige Erlebnis zu erfahren mit Musik, die ihr ganzes Leben beeinflusst hat! Nur so lassen sich solche gewaltigen Shows finanzieren, zu denen es auch Plätze für 75 gab - Stehplätze mit guter Sicht auf das riesige Spektakel und hervorragenden Sound. So viel hat jedenfalls Damir Klaushofer bezahlt, der uns regelmäßig bei Echoes als Tonmann zur Verfügung steht, und der für einige der hier abgelichteten Fotos gesorgt hat.
Show
Zunächst fällt dem technik-affinen Musiker neben der riesigen Mauer, die als Projektionsfläche dient, auf, dass die Mauer-Elemente nicht wie zunächst erwartet aus LED-Bausteinen bestehen. Die Videos werden tatsächlich von 38 riesigen Beamern über ca. 100m übertragen. Interessant: zwischen den Beamern sind schlanke Aluminium-Teile positioniert, die es ermöglichen, die gesamte Bildfläche nahtlos erscheinen zu lassen. Nur so lässt sich eine so große Fläche mit Videos ausfüllen - vermutlich gibt es das nur einmal auf der Welt. Wäre natürlich neugierig, was das gekostet hat? Jedenfalls zeigt Roger Waters sehr viel neu erstelltes und faszinierendes Videomaterial - das ist wirklich großes Kino! Dass da noch ein Monster-Schwein durch die Gegend fliegt und monströse Puppen,Flugzeuge und Feuerwerk zum Einsatz kommen, erwähne ich hier mal nur am Rande.
Musik und Musiker
Neben Roger Waters standen auf der Bühne:
Drums: Graham Broad
Guitars: Dave Kilminster, G.E. Smith, Snowy White
Keyboards: Jon Carin, Harry Waters (Sohn von Roger Waters)
Lead Vocals: Robbie Wyckoff
Backing Vocals: Jon Joyce, Mark Lennon, Pat Lennon, Kipp Lennon
Abgesehen davon, dass ich während der ganzen Show tatsächlich keinen Fehler bemerkt habe, obwohl es allerhand Abweichungen von der Studiofassung der Wall gegeben hat, einige davon bemerkenswert frisch arrangiert, haben mir die Musiker insgesamt sehr gut gefallen. Herausragend vor allen anderen Dave Kilmister, der mit dem gigantischen Nimbus von David Gilmour so respektvoll umgeht, dass er sich eben keine großen Freiheiten nimmt, die so verherrlichten originalen Soli zu interpretieren. Er huldigt dem Original mit einem perfekten Gitarrensound, der über allem steht - man kniet förmlich nieder. Natürlich sei auch Snowy White erwähnt, der ja auch oft genug neben David Gilmour auf der Bühne stand. Er hatte mehr Freiheiten in seinem Spiel und war klanglich auch über jeden Zweifel erhaben! Aber bei Herrn Waters darf es ja immer ein bisschen mehr sein! Obwohl auch er einige Parts auf der Akustikgitarre übernommen hat, leistet er sich mit G.E. Smith einen dritten Gitarristen, der im wesentlichen die Akustik-Gitarren bedient - auch davon verstehe ich was - ich muss sagen: besser habe ich akustische Gitarren nie gehört. Zum Beispiel bei Goodbye Blue Sky sind sie so mächtig wie die bedrückenden Videos auf der riesigen Mauer.Vermutlich wurde auch an einigen Stellen getrickst. So vermute ich, dass die zwanzig Kinder, die "We don't Need no Education" gesungen haben "vom Band" kamen. Auch "The Trial" dürfte teilweise mit einem Audio-File unterstützt worden sein. Ich halte solches Unterfangen bei einer "Live-Show" diesen Aufwands dennoch für legitim, ebenso wie das Einblenden von Flugzeug und Explosionsgeräuschen. Ohne Tricks lässt sich ein solches Spektakel nicht so in Szene setzen. Die Kunst besteht darin, in Bild und Klang und Performance dermaßen zu beeindrucken. Zwanzig gut singende Kinder mit auf Tour zu nehmen ist einfach zu teuer und bringt keine Vorteile - da ist ein kleines Playback-Fragment legitim!
Fazit
Jetzt kann ich es ja zugeben, dass ich mir damals nach der 1977er Show geschworen hatte, nie wieder Pink Floyd live anzuschauen, denn ich war damals vom Sound her völlig enttäuscht: Quadro-Sound in der Frankfurter Festhalle war damals technisch einfach noch nicht beherrschbar!
Das heurige Konzert hingegen war für mich ein unvergessliches Erlebnis: besser kann man nicht Performen: 1+ mit fünf Sternen. Wer noch die Gelegenheit beim Schopf greifen möchte und ein sagenhaftes Konzert erleben möchte, der muss jetzt handeln. Roger macht zwar einen unglaublich fitten Eindruck mit seinen siebzig Lenzen, aber allzu oft wird es The Wall nicht mehr live geben! Es sind noch zwei weitere Termine in Deutschland geplant, Berlin (4.9.) und Düsseldorf (6.9.).
P.S. mehr Bilder gibt es inzwischen hier
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