Es ist definitiv ein interessantes Thema, und die Recherche dazu macht auch grossen Spass!!
Schauen wir uns mal das Scheitholt an (in der Schweiz Häxeschiit genannt), welches man vor allem im alpinen Raum vorfindet. Wohl entstanden weil es während den langen und harten Wintern nicht sehr viel zu tun gab, und was war in genügender Menge vorhanden?? Genau.... Holz. Es lag also nahe sich durch den Bau von Instrumenten ein kleines Zubrot zu verdienen, mal abgesehen davon das beim fröhlichen Zusammensein in der warmen Stube das gemeinsame Musizieren eben auch eine Rolle spielte. Die Weiterentwicklung des Instruments mit zusätzlichen Begleitsaiten erforderte eine Vergrösserung der Instrumente hin zur "Salzburger Form", also zu der einseitigen Ausbuchtung. Es gibt auch Kratzzithern in geometrischer Ausführung, also beidseitig abgerundet. Aber aus ergonomischer Sicht hat sich dann eben die Salzburger Form durchgesetzt.
Bild von einem meiner Besuche aus dem Musikinstrumentenmuseum Basel, Scheitholte, Kratzzithern und Halszithern vereint:
Im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts fand dann eine rasche Entwicklung von der gemeinen Kratzzither hin zur Konzertzither statt. Leute wie Georg Tiefenbrunner und Georg Heidegger in München sowie Anton Kiendl in Wien haben das Instrument stetig weiter entwickelt. Die Anzahl der Begleisaiten wuchs an, der Look der Instrumente wurde ebenfalls angepasst (z.B. durch weglassen des Kopfes, dieses mützenartigen Designs). Ausserdem wurde das Instrument und dessen Spiel nun an den Höfen als schick betrachtet, was den "Boost" bei der Beliebtheit der Zither in dieser Zeit erklärt.
Zwischen diesen beiden Zithern liegen grob 10 Jahre Unterschied. Die noch von der Kratzzither inspirierte Tiefenbrunner links (1845) und eine Georg Heidegger von 1855. Noch gibt es vier Melodiesaiten, schon kurz danach erfolgt der Wechsel hin zu deren fünf. Was dann heute noch der "Standard" ist. Nach 1860 sind wir also prinzipiell bei dem angekommen was wir heute als Zither betrachten.
Praktisch gesehen wird nur noch an den Mensuren und Formen herum experimentiert und damit verbunden auch an den Stimmungen. Konzertzither der 1910er Jahre versus Zither aus der Mitte der 1850er:
Wie immer gab es etliche Nebenentwicklungen betreffend Design usw. Das hier z.B. sind Mandolinzithern, eine Variante der Kratzzither die ebenfalls auf dem Tisch liegend gespielt worden sind. Kurzlebig, kaum bekannt.
Die Geschichte der Cister ist ein wirklich interessantes Thema, nicht nur weil deren Name sehr nahe an dem der Zither liegt. Zumindest wir Schweizer haben da mit der Bezeichnung Halszither eine gewisse Unterscheidung gemacht, wie Jed es oben schon erwähnt hat.
Einst fast vollständig im höfischen Umfeld gespielt fand sie im 18. Jahrhunderts ihren Einzug beim Bürgertum. Einmal mehr in den Regionen in welchen der Rohstoff zu deren Bau in Hülle und Fülle vorhanden war.
Ich spreche hier vor allem aus meiner Sicht als Schweizer, damit kenne ich mich dann doch etwas besser aus. Zu uns kam die Cister in der Mitte des 18. Jahrhunderts wohl via Deutschland, die Toggenburger Halszither zeigt sich stark inspiriert von Instrumenten aus dem Mittenwalder Raum. Geographisch ist da auch nicht so viel Distanz dazwischen..... Eine der wenigen datierten Toggenburger zeigt eine Jahreszahl von 1759, eine weitere von 1779. Alle anderen sind nicht datiert und ohne Hinweis auf deren Erbauer.
Die Toggenburger ist mein persönlicher Liebling, zeigt sie doch eine sehr ursprüngliche Form der Cister. Die 3-chörige Bauweise macht sie etwas speziell und engt sie spieltechnisch ein, aber als reines Begleitinstrument funktioniert sie.
Die Emmentaler Halszither oder auch "Hanottere" genannt zeigt sich geographisch im Kanton Bern verteilt. Nach 1830 in einer Vielzahl von Variationen gebaut, teil auf hohem handwerklichen Niveau hebt sie sich deutlich von der Toggenburger ab. Sie wirkt moderner und ist in ihren Abmessungen kleiner, zeigt sich hervorragend dafür geeignet wozu sie einst gedacht war. Es gab sie mit Holzwirbeln, ab ca. 1840 mit Stiften aus Metall (wie bei der Zither, eine Analogie die auch zum Namen Halszither beigetragen haben dürfte). Eine der ältesten Formen sind die "Löwenköpfe", regional wohl aus dem Simmental stammend da dort die meisten davon aufgetaucht sind.
Mein lieber Freund Lorenz und ich durften kürzlich mit ein paar Instrumenten beim dendrochronologischen Dienst des Kantons Bern vorstellig werden. Lorenz besitzt eine der umfangreichsten Sammlungen der Schweiz an Halszithern, vor allem Emmentaler und zeigt sie in seinem Museum. So besitzt er auch eine hunderte Stücke umfassende Sammlung von Zithern und ist Author mehrerer Bücher zum Thema.
Wir sind nun also dort erschienen mit zwei Löwenköpfen, eine aus Lorenz Sammlung und eine aus meiner. Mit dabei auch ein Scheitholt oder "Häxeschyt", von welchem wir ebenfalls gerne gewusst hätten aus welcher Zeit es stammt.
Leider liess sich das Scheitholt nicht datieren, da zuwenige auswertbare Jahresringe vorhanden sind. Dafür gab es dann eine Treffer bei einer der Halszithern: Letzter Jahresring 1761, unter Berücksichtigung der der fehlenden Ringe bis zum Fälldatum und der Zeit bis zur Verwendung dürfte also dieser Typus von Halszithern vor 1800 entstanden sein. Scheint also so als wären es die ältesten Vertreter der Emmentaler Halszither. Woher nun die Vorbilder stammen nach denen diese Instrumente einst gebaut wurden ist schwierig zu sagen. Hat damals vielleicht mal jemand eine Stainer Geiege mit Löwenkopf gesehen?? Oder kam er von einer Wanderschaft aus dem süddeutschen Raum zurück wo er mit den dortigen Instrumenten in Kontakt gekommen ist??
Und noch zu den Thüringer Waldzithern:
Entstanden sind sie wohl als Teil des Ende des 19ten Jahrhunderts einsetzenen Interesses an den alten Instrumenten und deren Aufführungspraxis. Die Laute ist nun ein gutes Bespiel dafür, schliesslich hat sich daraus dann die allseits bekannte Gitarrenlaute entwickelt. Hauser und Heinrich Schärrer seien hier genannt, deren Instrumente von den historischen Vorbildern ispiriert waren:
Aber hier geht es ja nun nicht um Gitarrenlauten.
Den Instrumenten gemein (gerade im Fall der Halszithern) war eine einfach zu erlernende Spielweise und eine in Stückzahlen preisgünstige Herstellung. Da kommt dann Jeds Einwand von oben zu tragen betreffend Marketing. Man wollte zu dieser Zeit ja auch etwas Geld damit verdienen.....
Es Grüsst, Michael