Wann habt ihr gewusst, dass euer Spiel gut genug ist?

Ich habe ein halbes Jahr Gitarre geübt als ich das erste mal vor Publikum spielte (und sang), im Alter von 47.
Publikum: etwa 50.
Und natürlich war ich nicht gut.
Der Gag: das war im LARP.
Da geht das. Da bekommt man Zuspruch. Larp allgemein fördert halt auch unheimlich das Selbstvertrauen und die Selbstwirksamkeit.
Wichtig war hier lediglich, dass ich zu Beginn meines Auftritts erklärte dass ich Anfänger bin, dazu noch die (wirklich wilde) Geschichte, wie ich zum Gitarrespiel kam. Und das total positive Feedback, dass ich mich das getraut habe, dass ich mit Gitarre anfing, hat wirklich, wirklich gut getan.
Ich weiß aber nicht ob das so abseits des Larp möglich ist.
Nach nunmehr zwei Jahren spiele ich auf Tavernen oder im Larp regelmäßig vor anderen, auch viele eigene Stücke und oft werden sich natürlich Standards gewünscht wo alle mitsingen können; Fersengold, Die Irrlichter, Hurley & die Pulveraffen, etc. - und man ist sofort mit anderen Barden zusammen, spielt gemeinsam oder schreibt auch zusammen etwas.
Dazu muss man nicht ganz unzynisch anmerken dass die 50 (oder gern auch mal mehr) Zuhörer auf einem Larp, in einer Taverne, oder ähnlich, ein vielfaches dessen sind was ambitionierte junge Bands in irgendwelchen Clubs mal haben.
 
"Gut genug"?
Über sowas habe ich mir noch nie Gedanken gemacht ...
Ich habe einfach Freude daran. Freude am Lernen ... Freude am Spielen ... Freude daran zu sehen wie ich immer wieder kleine Fortschritte mache ...
Und so lange es Freude macht, mir und meinen Zuhörern, gehe ich einfach den Weg weiter ...
 
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Ein wichtiger Aspekt ist vielleicht noch, dass man bevor man bezahlte Gigs annimmt, schon überzeugt sein muss, dass das, was man abliefert auch sein Geld wert ist. Also erst einmal raus auf die Bühnen dieser Welt, und wenn es die Straße, das Lagerfeuer, das Wohnzimmer oder einen Open Stage ist, und sich das nötige Feedback holen.
 
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Man muss nur im Rhythmus bleiben, das ist es ;)

Im Rhythmus bleiben [...]

Kann ich nur zustimmen, im Rhythmus bleiben ist mit das Wichtigste meiner Meinung nach ...

Habe zwar auch nicht wirklich Auftrittserfahrung an der Gitarre (außer Wohnzimmerkonzerte bisher) aber als Zuhörer fällt es mir z.B. sofort auf wenn einer unrhythmisch spielt, finde ich viel schlimmer als mal den ein- oder anderen schiefen Ton. Wenn ich kurze Blackout hab dann versuch ich einfach trotzdem im Rhythmus wenigstens die Tonika weiterzuschrammeln, besser als nix ... Ich kenne jemanden, der sehr hübsch Klavier spielen kann, jedoch noch nie mit Metronom geübt hat, da treibt mich der Rhythmus in den Wahnsinn und ich würde am liebsten mein Metronom an denjenigen verschenken (aber ick brauchs ja selber^^).
 
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28 Jahre Gitarre. Letzte Woche meinen ersten Auftritt gehabt. :ROFLMAO:
 
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Coole Sache!
 
Tja, langer Weg. In der Familie keine Musiker, beim Schulchor sofort aussortiert und froh darüber. Wenn im Musikunterricht von Terzen, Kadenzen und Harmonisch Moll gesprochen wurde, war das für mich vom anderen Stern.

Mit Mitte 20 dann mit Gitarre angefangen. Einfach weil ich da irgendwie Lust drauf hatte. Für eine Schülerband war es schon zu spät. Überhaupt kein Rhythmusgefühl, konnte keine Töne hören, bei zwei Tönen nicht sagen, welcher höher ist. Trotzdem immer weiter Gitarre gespielt. Rein autodidaktisch. Aber Haus, Familie, Kinder, Beruf war natürlich auch erstmal wichtiger. Auch kein Musikerumfeld, wo man einfach mal ein paar Akkorde irgendwo hinzuschrummeln konnte. So habe ich glaube ich 20 Jahre verbracht, ohne dass irgendjemand außer meiner Familie wusste, dass ich Gitarre spiele. :ROFLMAO:

Ich vermute, dass ich da auch so einen Art musikalischen Minderwertigkeitskomplex hatte. Denn was ich machte klang objektiv nicht so dolle. Das konnte ich dann immerhin irgendwann doch hören. ;)

Dann habe ich dann aber doch gemerkt, dass ich inzwischen an der Gitarre so schlecht gar nicht mehr war. Dass mir Dinge, die mir früher echt schwer fielen, auf einmal leicht von der Hand gingen. Aber mangels Zeit und Umfeld konnte ich das nirgends richtig einbringen. Dann habe ich vor ca. 7 Jahren entschieden, dass ich zumindest Lagerfeuergitarrist werden will, und wenigstens mal ein paar schlichte Lieder halbwegs passabel singen und spielen können will. Das war rückblickend die allerbeste Entscheidung.

Der Gesang klang natürlich nicht so richtig gut, aber ich habe trotzdem weitergemacht, vermutlich zum Leidwesen meiner Familie. Beim Gesang war ich leider auch so komplett auf dieser bescheuerten Schiene, dass das hauptsächlich Talent sei und nein, mich wollte früher bestimmt niemand singen hören. Aber die Idee, dass man singen lernen kann war mir doch fremd. Dann habe ich aber gemerkt, dass ich das Ziel "Lagerfeuergitarrist" offenbar doch erreicht habe, dass das, was ich machte zwar keine musikalische Offenbarung, aber doch nicht mehr zum schreiend davonlaufen war.

Das Singen hat mich aber vor allem auch zu einem besseren Gitaristen gemacht. Auf einmal konnte ich Töne wirklich hören und mein Rhythmusgefühl hat sich wesentlich verbessert. Ich glaube, dass mir das die ganzen Jahre gefehlt hat. Meine Theorie ist: Die Gitarre ist ein gestuftes Instrument, richtig drücken und der richtige Ton ist da. Man ist so mit Akkordgriffen und Schlagmustern etc. beschäftigt, dass man sich mit dem Hören gar nicht so beschäftigt.

Vor drei Jahren dann das erstemal überhaupt getraut vor anderen mal ein Lied zu singen und zu spielen. War ok, auch wenn mir hinter jemand sagte, "dass mit dem Singen, solltest du dir nochmal überlegen". Unverschämtheit. :ROFLMAO: Habe ich mir gottseidank nicht zu Herzen genommen.

Dieses Jahr habe ich mich dann mit einer wirklich tollen Sängerin zusammengetan und ein kleines Repertoir aufgebaut. Davon haben wir 9 Lieder jetzt mal vor Publikum gebracht. Wir gehen jetzt als singender Gitarrist und gitarrespielende Sängerin als Duo mal in kleinere Locations. Und was soll ich sagen, es tat nicht weh, das Publikum war wirklich angetan, es ging nicht wirklich viel schief, paar Verspieler und hier und da mal so ein paar Rhythmusprobleme, aber es lief. Das Publikum hat zwischendurch gejohlt, was mich doch sehr überrascht hat. Mit meinem Gesang hadere ich hier und da noch immer, aber manchmal finde ich ihn auch schon richtig gut. Ist so ein erstaunlicher Prozess, in dem es immer wieder so peu a peu weitergeht.

Ich denke, ich hätte eher Mitspieler, eine Band und den Mut auch mit Halbgarem mal anzutreten gebraucht. Ich bin aber froh, einfach immer weiter gemacht zu haben. Das hat sich ausgezahlt. Musikmachen bereitet mir inzwischen so viel Freude.

Damit ihr einen Eindruck bekommt, wo ich da jetzt stehe und wie das klingt:


View: https://www.youtube.com/watch?v=JPfy2KdN3LE
 
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Das Publikum hat zwischendurch gejohlt
Darauf eine gute Tasse Kaffee!
Die meisten Zuhörer erwarten keine absolute Perfektion, die gute Stimmung ist wichtiger bei Gigs im kleinen Rahmen.
Den wuchtigen Notenständer würde ich vielleicht ein bisschen zur Seite schieben. Wirkt wie eine Trennmauer.
 
Der Notenständer war nicht von uns. Der war von denen, die davor gespielt haben. Hätte man wegräumen sollen, das stimmt. Ich habe auf ein eher flach gestelltes Tablet mit Fußschalter umgestellt.

Und ja klar, Perfektion kann sogar der Feind sein, wenn es anfängt mechanisch und steril zu werden. Aber ich glaube, die Frage, um die es hier geht und die sich viele Musiker stellen, ist, wieviel Perfektion ist notwendig, welche Basics müssen schon da sein, um einen angenehmen Auftritt zu erzeugen und nicht in verzerrte Gesichter zu gucken.
 
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Vor gefühlt 100 Jahren (so 1974) ... ein Jahr mit 3 Kumpels in einem Stuttgarter Jugendhaus geübt, dann in einem anderen Jugendhaus (weit entfernt) einen Auftritt organisiert und unsere eigenen Songs gespielt ... da stand dann plötzlich einer aus seinem Rollstuhl auf und tanzte zu unserer Musik. Das war ein geiles Gefühl. Da wusste ich, wir waren gut genug.
 
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Das Singen hat mich aber vor allem auch zu einem besseren Gitaristen gemacht. Auf einmal konnte ich Töne wirklich hören und mein Rhythmusgefühl hat sich wesentlich verbessert. Ich glaube, dass mir das die ganzen Jahre gefehlt hat.
Viele sind bei singen erstmal gehemmt, aber das ist unglaublich gut fürs Musizieren.
Wenn Du da vorne stehst, mach Dir bloß keinen Kopp, ob es schief geht. Viel schlimmer ist, wenn man nur so halb da ist.
Bei Nirvana gehst Du richtig ab, das ist gut.

Nimm ruhig mal ein zwei Stunden bei einer JazzRockPop-Sängerin oder Sänger. Ich denke, das würde Dir viel bringen.

Weiter so! 👍
 
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da stand dann plötzlich einer aus seinem Rollstuhl auf und tanzte zu unserer Musik. Das war ein geiles Gefühl. Da wusste ich, wir waren gut genug.
Haha, wie geil. War er danach dauerhaft geheilt?
 
Viele sind bei singen erstmal gehemmt, aber das ist unglaublich gut fürs Musizieren.

Ja. Man denkt, man könnte gehört werden. Der Gedanke war mir von Natur aus erstmal unangenehm. :ROFLMAO:
Man hat die Vorstellung, dass es da so Menschen gibt, die machen den Mund auf und es klingt gut und dann gibt einen selber. Diesen Irrglauben muss man erstmal ablegen.

Wenn Du da vorne stehst, mach Dir bloß keinen Kopp, ob es schief geht. Viel schlimmer ist, wenn man nur so halb da ist.
Bei Nirvana gehst Du richtig ab, das ist gut.

Spannend, dass du ausgerechnet das Lied erwähnst. Damit fühle ich mich nämlich in der Tat am unwohlsten. Ich habe es eigentlich nur ins Repertoire genommen, weil meine Duettpartnerin darauf bestand. Aber auch hier lerne ich, auch an der Reaktion des Publikums, das Eigen- und Fremdwahrnehmung unterschiedlich sind.

Nimm ruhig mal ein zwei Stunden bei einer JazzRockPop-Sängerin oder Sänger. Ich denke, das würde Dir viel bringen.

Meine Duettpartnerin gibt mir oft Tips, das ist sehr hilfreich für den Blick von außen. Dafür erkläre ich ihr was an der Gitarre. Gute Symbiose.

Um nochmal auf das Thema des Threads zu kommen: Für mich waren zwei Dinge entscheidend, mich jetzt mit 54 Jahren doch reif für den Auftritt zu finden.

1. Das Gefühl, dass das, was ich mache, ok ist. Nicht super, aber mindestens ok. Ich habe Frieden mit meiner Stimme gemacht und um die Gitarre sorge ich mich eigentlich weniger.
2. Die Sicherheit, zu wissen, dass ich das alles unter Lampenfieber und nicht optimaler Akustik halbwegs abrufen kann oder zumindest einen Plan B habe, also z. B. irgendwelche Pickings durch einfaches Schlagen ersetzen kann, wenn ich merke, dass die Nervösität zuschlägt. Denn nervös war ich gerade beim ersten Song doch durchaus. Die rechte Hand wird Pudding, einzelne Saiten zu treffen dann schwierig und der Gesang wird dann auch nicht locker. Das habe ich aber in den Griff gekriegt und so ab Mitte des ersten Songs war ich dann fokussiert aber nicht mehr nervös. Tolle Erfahrung. Dazu kommt die ungewohnte Umgebung und Akustik. Wenn man immer nur in der Küche spielt und dann einen anderen Raum hat, muss man damit umgehen können. Ich hatte schon die Sorge, was machst du, wenn du dich nicht gut hörst? Der Mischer hat aber einen super Job gemacht.

Bzgl. des gut genug, ist es für jemanden, der älter ist, natürlich auch schwieriger. Man genießt nicht den Welpenschutz einer Schülerband und wird mit Leuten verglichen, die mit 20 schon gut waren. Und dann kommt es natürlich auch darauf an, wie sichtbar man ist. Als Solokünstler hätte ich mich auch noch nicht getraut. So als Duett passte es jetzt aber sehr gut. Umgekehrt, in einer vollen Bandbesetzung als 2. Rhythmusgitarre hätte ich das vermutlich auch schon vor Jahren mal machen können.

Na ja, auf jeden Fall sind das die beiden Dinge, die ich entscheidend finde. Sich und was man macht ok finden, unter Stress halbwegs sicher abliefern können.
 
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Boah, das ist bei mir mittlerweile echt lange her. Und früher haben wir geprobt wie die Idioten, bis wir uns endlich auf die Bühne getraut haben. Das hat sich mit einem Besetzungswechsel extrem geändert, weil der neue Drummer unbedingt viel Live spielen wollte. Und da habe ich gesehen, dass Perfektion vielleicht für andere Musiker:innen wichtig ist, dem werten Publikum aber egal, solange man nicht total daneben haut. Mittlerweile spiele ich Live ausschließlich nur mehr mit Impro-Theatergruppen. Da frage ich mich zwar manchmal schon, was ich da mache, aber unter dem Strich bleibt da extremst viel Spaß, dauernd neue Herausforderungen und die Erkenntnis, dass die "golden chords" ihre absolute Berechtigung haben. Also - raus auf die Bühne, denn das ist einfach unvergleichlich!
 
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Für andere nicht Musiker, am Lagerfeuer und paar Arrangements auf Insta oder YouTube. 😂
Für Musiker, im Musikladen im Proberaum häuften sich paar Menschen hinter mir. 😅

Ansonsten für mich selber als ich endlich Paganini 24th als Electric Gitarre fehlerfrei spielen konnte, und Akustik Gitarre auch Paganini Gitarrenstück und Pachelbel im Fingerstyle spielen konnte.
 

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