Was ist Kunst? Ausgelagert aus: Echte Klaviernoten ohne Melodie/Singstimme

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Ausgelagert ab Beitrag #24, Absatz 2.
https://www.musiker-board.de/threads/echte-klaviernoten-ohne-melodie-singstimme.755056/post-9749584

...

Zum Thema Kunst: Ich finde, dass der Unterschied zwischen Künstler und Handwerker der ist, dass der Künstler mit seinen handwerklichen Fähigkeiten etwas erschafft, das andere Handwerker dann imitieren. Und ja, auch die tausend Coverversionen zähle ich nur bedingt zu eigenständigen Werken, das ist dann eher künstlich als Kunst, eine Kopie. Diese Grenze ist nicht klar zu ziehen. Aber dass bloßes Nachspielen eines Stückes Kunst ist, finde ich nicht. Ist halt meine Meinung.
 
Grund: Mod-Edit kompletter Beitrag s. Link zur ursprünglichen Diskussion
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Aber dass bloßes Nachspielen eines Stückes Kunst ist, finde ich nicht. Ist halt meine Meinung.
Auch wenn Du es nachspielst, dann ist es doch auch Kunst, alleine weil Du Kunst vorführst. Warum sollte vorgeführte Kunst keine Kunst sein? Anders ist das, wenn Du Musik von der Konserve abspielst, dann machst Du keine Kunst, wenn Du es aber selber spielst (was ja eh nie 100% exakt genau wie die Vorlage ist), dann sehe ich das schon als Kunst, weil schon wieder die eigene Kreativität zwangsläufig mit reinkommt (nur ein Computer könnte 100% covern incl. exakte Lautstärke und Dauer jeder einzelnen Note, dann wären wir wahrscheinlich bei KI angelangt). Aber wiegesagt, das wäre jetzt ein eigener Thread, wann Kunst Kunst ist :) . Den machen wir aber lieber nicht auf, denn der hat dann schnell tausende "Laber"-Seiten beieinander :cool:
 
Grund: Auslagerung
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Es juckt enorm, da weitere Meinungen dazu zu stellen. Auch wenn es, wie du, @uro-frank, sagst, uferlos werden muss.
:unsure:

Wenn ich hobbymäßig in meiner Band spiele, dann bemühe ich mich um 5-10% Kunst in diesem Handwerk (Soundentwicklung, Gestaltung/Variationen, Performance) - und gehe davon aus, dass dieser kleine Teil, indem ich meine Seele hineinstecke, schon den entscheidenden Unterschied macht. Mehr Sorgen mache ich mir allerdings meistens um den handwerklichen Teil; die Seele hineinzustecken, ist bei einem Hobbybetrieb, der nicht zu fordernd ist, das geringere Problem - das konnte ich schon in der Pubertät gut, wenn ich nach der Schule zuhause mit Beethoven abgerockt habe (zum Schaden der Umgebung).

Ohren und Verstand sind aber auch bei mir die Mittel der Wahl geworden, wenn es um Gestaltungskraft geht. Dazu kommt etwas Hartnäckigkeit bzw. Geduld - um nicht einfach zu sagen: Wiederholung. Irgendwie muss ich die Musik ja verinnerlichen. Damit es Kunst wird.
 
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Das kannst Du natürlich so sehen, nur die Realität in den Künsten schaut etwas anders aus. :D
Es ist kaum denkbar, den Solisten, Dirigenten und Orchestermusikern der klassischen Musik ihren Status als Künstler abzusprechen, obwohl ihre Kunst praktisch immer "Coverversionen" der Stücke sind.

Auch viele Interpretationen in der Pop-Musik wurden als Cover beeindruckende Kunst, die auch in ihrer Originalität mit den ursprünglichen Werken gleichzogen.
Mir fallen als bekannteste Beispiele überhaupt "l will always love you" von Dolly Parton und Whitney Houston ein oder "Blackbird" von Beatles und Brad Meldau oder "With little help from my friends" von den Beatles und Joe Cocker...

Das Gleiche gilt in allen Künsten wie z.B. der Architektur, wenn man sich eine Renaissance-Villa von Palladio oder die (teilweise) barocke Santa Maria Assunta von Bernini anschaut, wo es vor griechischen und/oder römischen Stilelementen nur so wimmelt, von der Architektur späterer Epochen bis in die Gegenwart ganz zu schweigen.
In der Malerei lassen sich einige kubistische Gemälde von Braque und Picasso kaum hinsichtlich des Schöpfers unterscheiden. Man kannte sich und Braque hatte damals in dieser Hinsicht stilistisch die Nase vorn.
Oder man kann sich mit Musik von J.S. Bach und dem von ihm transkribierten Georg Philipp Telemann beschäftigen, die beiden schätzten sich menschlich und künstlerisch offenbar sehr.

Kurz gesagt, die ganz große Mehrzahl der Kunstwerke hat Bezüge auf bis zu Übernahmen von Stilen und Elementen der Vorläufer und Zeitgenossen, anders ist Kunst seit Jahrtausenden kaum denkbar und die Schöpfer von Kunstwerken nennt man gemeinhin Künstler, ob sie "covern" oder nicht.

Gruß Claus
 
Grund: Korrektur erster Satz
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Ein niedrigschwelliger Kunstbegriff hat auch Vorteile.

Z.B. wollte RTL keine Gebühren an die Künstlersozialkasse zahlen für die Tätigkeit Dieter Bohlens bei DSDS.

RTL wollte sich drücken mit der Begründung, man habe Dieter Bohlen nicht in der Funktion eines Künstlers in der Jury.

Dagegen klagte die Künstlersozialkasse.

Der Richter entschied: "Dass Dieter Bohlen Künstler ist, kriegt er hier schriftlich."

Weiter wurde begründet, dass es bei Kunst nicht auf ein bestimmtes Niveau ankäme.

Die taz hat dann in einer Satire noch weiter gesponnen, wie der Prozess wohl gelaufen sein könnte:


Das Gute: 100.000e Euro gehen jedes Jahr in die Künstlersozialkasse wegen DSDS.
 
Das kannst Du natürlich so sehen, nur die Realität in den Künsten schaut etwas anders aus. :D
Hallo,
mein Satz war eigentlich so gemeint, als dass bei meinen Interpretationen niemand an Kunst denkt.
Deine Ausführung kann man mit "Wir sind alle Künstler, weil wir Menschen sind" zusammenfassen.

Ganz im Ernst: Meinst Du nicht auch, dass zwei Maler, die sich kennen, etwas anderes sind als zehn Bands, die alle denselben Song covern?
Klar gibt es Interpretationen, die es zu mehr Bekanntheit als das Original bringen, die von Randy Newman beispielsweise. Dass die Grenzen hierbei nicht klar zu ziehen sind, habe ich bereits weiter oben angemerkt, aber dass jeder, der auf eine Taste haut oder an einer Saite zupft, automatisch Künstler ist, lass ich in meinem Universum weiterhin nicht gelten.
 
Mit Joseph Beus ging das Breittreten der Definition los, von ihm stammt das Zitat: "Jeder Mensch ist ein Künstler."
 
Die zentrale Aussage in Beitrag 24, Satz 1 des zweiten Abschnitts oben las sich anders, aber sei es drum.

Ein Austausch über den Kunstbegriff einschließlich m.E. sinnvoller Betrachtungen zur Rezeptionsästhetik würde hier vermutlich schwer off topic.
Kurz gesagt wurde die Definition von Kunst durch diverse wohlüberlegte Kriterien von Experten schon vor gut 150 Jahren mit diversen Skandalen der großen Ausstellungen in Paris massiv erschüttert und mit dem Erfolg der Impressionisten in Trümmer zerlegt. Als Nächstes wurde in logischer´Folge dann auch ein wie auch immer gearteteter "Qualitätsanspruch" durch die Realität der Kunstwerke vor über hundert Jahren überwunden.

Gruß Claus
 
Grund: Formulierung leicht geändert, da Bezugsbeitrag nicht mehr unmittelbar darüber.
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Auch von meiner Seite die letzten Gedanken hierzu, bevor die Autorität das Licht hier ausknipst:
Ist es nicht schon wieder Anspruchshaltung, keinen Anspruch haben zu dürfen?
Wenn alles Kunst ist, ist nichts Kunst

LG Herbert
 
uro-frank
  • Gelöscht von Claus
  • Grund: Erledigt
Wenn jemand ein Bild von Picasso nachmalt, ist das keine Kunst.

Wenn jemand einen Song nachspielt, ist das keine Kunst.

Mir ist schon der Begriff Komponist im Popbereich zu hoch gegriffen, das sind Songwriter.
 
Und wenn Horowitz Beethovens Appassionata spielt?

Viele Grüße,
McCoy
Dann interpretiert er Kunst auf seine eigene Art und Weise. Er sorgt dafür, dass Kunstwerke zugänglich sind. Man kann keine Noten verteilen und die Leute erfreuen sich daran. Es muss jemanden geben, der mit seinen handwerklichen Fähigkeiten diese Kunstwerke erst zu dem macht, was ihr Erschaffer dafür vorgesehen hat. Man empfindet als Zuhörer dabei etwas, im Guten wie im Schlechten. Aber er erschafft nichts Neues. Wenn wir - und das müssen wir an dieser Stelle - die Qualität, technische Schwierigkeit und Virtuosität des Interpreten außer Acht lassen, dann wäre Deiner Logik zufolge auch Kunst, wenn man Modern Talking Songs nachspielt. Das kann man so definieren, ja. Aber dann ist wirklich alles Kunst. Auch in der Nase bohren und dem Nachbarn auf die Türschwelle kacken, weil er falsch parkt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn jemand Unterhaltungsmusik reproduziert, bin ich gern bereit, sein/ihr Künstlersein nicht von vornherein anzunehmen. - es hängt aus meiner Sicht von der Herangehensweise und der persönlichen Involviertheit ab. Das ist bei Horowitz' Beethoven-Interpretation prinzipiell für mich zwar genauso (nur weil er Horowitz hieß, muss ein Konzert von ihm nicht automatisch große Kunst gewesen sein), aber ich würde zumindest mit der Erwartungshaltung ins Konzert gegangen sein, dass ich Kunst erleben darf und wäre im andern Fall enttäuscht gewesen. Sorry, @tim_taylor, aber Horowitz' Hingabe an die Musik (oder dasselbe für Freddie Mercury) mit Nasebohren zu vergleichen, ist für mich lächerlich.
 
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Es ging doch darum, wie wir die Interpretation von Kunst bewerten, nicht um Horowitz, Mercury oder Bohlen. Ich unterstelle Dir ja auch nicht, ein altbackener, arroganter Klassikfreak zu sein, der moderne Kulturschaffende mit Verachtung straft, weil ich das 1. nicht wissen kann, und 2. das in so einer Diskussion nichts verloren hat. Da geht es nämlich um Geschmack, oder um seinen persönlichen Zugang zu Kunst und womit er sich wohlfühlt. Wir sprechen aber darüber, ab wann jemand ein Kunstwerk erschafft. Als Beispiel nehmen wir Jahrtausende alte Abdrücke von Händen in Höhlen. Ist das Kunst? Ja sicher. Ist jeder Handabdruck Kunst? Sicher nicht.
 
Soweit bin ich mit dir absolut d'accord. Und bislang mit dem, was du gesagt hast, auch. Nur deine Reaktion auf @McCoy s Frage konnte ich nicht unkommentiert stehen lassen - ich plädiere lebhaft dafür, dass Reproduktion Kunst sein kann, und aus meiner Sicht macht es keinen riesigen Unterschied, ob jemand ein eigenes oder fremdes Werk reproduziert - es muss eine Aneignung stattgefunden haben, mehr nicht. Und ich würde eher als Maßstab nehmen, wie sehr sich jemand dabei reinhängt oder ein Risiko eingeht, um es als Kunst zu sehen oder nicht. Ein Zusammenhang mit Rezeptionsästhetik (@Claus) erschließt sich mir nicht sofort, obwohl ich auch sagen würde: Kunst passiert zwischen Künstler und Publikum/Öffentlichkeit. Ob dabei ein dauerhaftes Kunstwerk herauskommt, wäre für mich auch nicht entscheidend - Kunst kann m.E. vergänglich sein.

Bei den Höhlen-Händen wäre ich auf einmal doch bei @Claus: Es kommt auf unsere Interpretation an, was da passiert ist, um sagen zu können: Das kann man vermutlich als Kunst auffassen. Für mich aber zunächst "gewesene" Kunst, die als Kunst für heute auch erst wieder entdeckt werden muss.

Das andere Beispiel, bei dem du die persönliche Attacke ansprichst, fand ich jetzt nicht so gelungen - wieso sonst hätte ich Horowitz (zu dem ich keinen besonderen Zugang habe, aber ihn achte) mit Freddie Mercury parallel gesetzt? Und Dieter Bohlen in diesem Zusammenhang nur deswegen nicht erwähnt habe, weil der mich im Zusammenhang mit Kunst einfach nicht interessiert (irgendwo muss jeder in der Wahrnehmung der Welt Grenzen setzen).
 
Zuletzt bearbeitet:
Tim Taylor wollte das sicher nicht gleichsetzen, sondern nur veranschaulichen, wohin ein zu weitgefasster Kunstbegriff führen kann.

Man sieht es in einer Doku über Jonathan Messe. Er schreibt etwas an die Wand und wird gefragt was das eine Kunstwerk da kosten soll. Er überlegt kurz und sagt: "Äh, 5000 €". Die Beliebigkeit mit der er das ausdrückt spricht Bände.
 
@FZiegler Als der Begriff Rezeptionsästhetik in den 70ern aufkam, passte das sehr gut für die Bildende Kunst und deren Präsentation - wie z.B. documenta 5.
Auch der damals weithin als skandalös empfundene "Jahrhundertring" fällt in eine Ausdeutung des Kunstbegriffs, der vom adressierten Betrachter, Zuhörer oder Zuschauer Vorbildung und aktive Auseinandersetzung fordert und sich dem einfachen Konsum der "schönen Musik" verweigert.

Es ist offensichtlich, dass sich ein Großteil der Malerei, Plastik und Musik seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts und noch mehr die späteren Strömungen des Fluxus oder Beuys Konzept der sozialen Plastik Vielen genauso wenig mitteilt wie Neue Musik im Allgemeinen und Werke wie 4′33 oder ORGAN²/ASLSP als bekannteste Beispiele im Besonderen.
Offenheit, aktives Interesse und damit einhergehend ein Erwerb an Wissen zu den Kontexten der jeweiligen Kunst und der Schöpfer sind Teile der Kommunikation, oder die Kunst lässt sich weitgehend nicht erschließen.

Gruß Claus
 
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Irgendwie glaube ich, diese Diskussion hängt irgendwie an der Grundsatzfrage, ob nur der "Erschaffer" eines Kunstwerks (Komponist z.B.) als Künstler bezeichnet werden darf/kann, oder auch der Reproduzierende... und diese Grundsatzfrage ist echt schwierig, da Sprache (das Wort "Kunst"), wie so oft einfach nicht klar definiert ist, sondern immer die eigene Interpretation auch mitschwingt (deswegen ja der VERSUCH in der Juristerei durch Satz-und Wortungetüme weitestmögliche Klarheit mit möglichst wenig Interpretatiosnspielraum zu schaffen, was ja anhand der Realität leider auch nicht gelingt, sonst bräuchte es keine Anwälte - auch manchmal "Rechtsverdreher genannt :cool: - , sondern nur Richter).

Wenn man die Kunst über das interpretiert, dass etwas Neues geschaffen wird, das in dieser Art nicht dem täglichen Gebrauch dient, sondern der "Ergötzung" (was für ein fürchterliches Wort :) ), dann wäre eine 1:1 Kopie eines Songs (100% Coversong) keine Kunst (sondern "Handwerk"), aber das eigene Solo darüber, die Änderung der Geschwindigkeit oder Tonart oder was auch immer, dann doch auch schon wieder Kunst.

Ich hatte es für mich eher so interpretiert, dass wenn ein Musiker gewisse Fähigkeiten hat, dass er sich/seine Band zu einem "gut" klingenden Gesamtsound bringt, der ihm und/oder dem Publikum Freude macht (das "Ergötzen" :) ), dann sehe ich das als Kunst... aber vielleicht liege ich ja ganz falsch... Finde ich aber auch nicht sooo wichtig, denn Hauptsache es macht Spaß! Ob ich nun Künstler bin oder nicht, weil ich nicht (mehr) selber komponiere, ist mir dann doch relativ egal eigentlich. Hauptsache es kommt ein Grinsen in mein Gesicht, wenn ich uns höre... und dem Publikum hoffentlich auch! LG, Frank
 
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