GothicLars
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Nachdem ich viele wutentbrannte Nachrichten bekommen habe, weil ich schon so lange kein Review mehr geschrieben habe, habe ich mir mal wieder einen Klassiker aus meinem Fundus vor die Brust genommen. Einen...
Gibson RD Artist Bass
Was Bässe angeht, konnte der Traditionshersteller nie so ganz an die Erfolge seiner Gitarrenmodelle anknüpfen. Und erst recht nicht an die der kalifornischen Konkurrenz. Das erfolgreichste Modell dürfte wohl der Thunderbird sein und auch die EB-Reihe erfreut sich einer gewissen Beliebtheit, weiß der Geier warum.
Trotzdem, oder gerade deswegen, hat Gibson immer wieder versucht durch Innovationen zu glänzen. So auch hier, was sich schon im Namen widerspiegelt. “RD” steht nämlich für “Research & Development”. Das Neuartige an dem Bass war die aktive Elektronik und die ist tatsächlich recht speziell, denn sie beinhaltet eine Compressor und Expansion Schaltung.
Ist das nicht fantastisch?
Die Antwort lautet: Nein.
Spezifikationen
Entfernt erinnert der Offset-Body an einen Thunderbird. Vom Hals her ist der aber deutlich fleischiger. Außerdem fehlen die Konturen des T-Birds, die den Body schlanker machen und Gewicht sparen, wodurch er auf ein recht ansehnliches Gesamtgewicht kommt. Als weiteren Unterschied kann man, neben der Holzwahl, auch noch den eingeleimten Hals (beim T-Bird durchgehend) erwähnen.
Die Saiten können wahlweise durch den Body gezogen - was aber Extra-Longscale-Saiten nötig macht und somit die Auswahl erheblich einschränkt - oder an der Bridge eingehängt werden.
Es wurden übrigens von 1977 bis 1979 nur 2640 Stück gebaut, was ihn zu einer kleinen Rarität macht. 2018 wurde das Modell von Gibson wiederaufgelegt, der hatte aber Humbucker mit offenen Pole-Pieces, eine Full-Contact Babicz Bridge und verfügte lediglich über eine semiparametrische Zweiband-Elektronik ohne C/E-Schaltung, womit der eigentlich den Namen “RD” gar nicht mehr verdient hat. Sogar das Tribal-Inlay auf dem Headstock wurde eingespart. Skandal!!! Der coole Body ist aber wenigstens derselbe.
Neben dem hier besprochenen RD Artist gab es übrigens noch den RD Standard mit kleineren JB-ähnlichen PUs und ohne aktiver Elektronik.
Verarbeitung
Meiner ist von 1978 und rein rechnerisch, somit heute 46 Jahre alt was aber nicht sein kann, denn das würde bedeuten, dass ich auch 46 Jahre alt wäre. Ein gutes Beispiel dafür, dass Mathematik noch nicht so ganz ausgereift zu sein scheint. Aber damit sollen sich andere Leute beschäftigen, zurück zum Bass.
Wegen des Alters kann man jedenfalls nicht mehr peinlich genau hinsehen, ob die Lackierung bei Auslieferung wirklich 100% sauber war. Dafür hat man “Langzeitdaten”.
Mein Bass wurde offensichtlich viel gespielt, was man an den Abnutzungsspuren sehen kann, wo sich der Lack abgegriffen hat, aber keine Macken oder Buckle-Wear. Deswegen mussten die Bünde auch schon einmal abgerichtet werden, was aber fachmännisch gemacht wurde. Trotz des Alters und häufigen Gebrauchs funktioniert aber heute noch alles einwandfrei an dem Bass und das ist schließlich das, worauf es ankommt. Hier kann man also sagen, dass Gibson alles richtig gemacht hat.
Auffällig ist das riesige E-Fach, in dem sich tatsächlich eine genauso große Platine von Moog befindet. Das Batteriefach hat aber zum Glück einen separaten Deckel, der sich mit zwei Schrauben öffnen lässt.
Der Hals-Kopf-Übergang wurde verstärkt. Der sollte nicht so leicht den Kopf verlieren.
Spielgefühl
Eines ist mal sicher, der Award für den “Most Comfy Bass Ever” dürfte an diesem Schmuckstück vorbeigehen. Die Kopflastigkeit ist zwar nicht zu verleugnen, hält sich aber, trotz des kräftigen Halses und der dafür prädestinierten Bodyform, in Grenzen. Ich hatte einen Thunderbird, der deutlich kopflastiger war. Der Body hat da wohl einfach genug Gegengewicht. Aber eben dieses Gewicht ist natürlich auch deutlich spürbar.
Ich bin außerdem kein Freund von Gurtpins hinten am Halsansatz. Damit neigt der Bass immer etwas dazu, nach vorne zu kippen.
Ansonsten muss man sich an die Ausmaße eines Gibson-Basses einfach erstmal gewöhnen. Wer kuschelige Fender-Bässe kennt, dem kommt die “Armkannte” erstmal wie ein Fremdkörper vor. Andere Spieler mögen sich über die Auflagemöglichkeit freuen.
Der kräftige Hals erinnert mich am ehesten an einen Precision, was mir durchaus entgegen kommt.
Sound
Mit seinen zwei Humbuckern und den durchgehend (naja, geleimten) Hals lässt sich die Verwandtschaft zum Thunderbird nicht ganz leugnen, jedoch kommt der RD deutlich attackreicher und knuspriger daher.
Und wie man das von Pickups in diesen Positionen erwartet, hat der Neck-PU ein deutliches “Roarrr” und der Bridge-PU prägnante knöcherne Mitten. Beide bringen dabei eine schöne Portion Höhen rüber, sodass der Anschlag immer gut artikuliert rüberkommt. Zusammen gespielt gibt es diese typische Mitten-Auslöschung und so klingt der Bass auch am besten, wie ich finde. In jeder Position sind außerdem die satten aber straffen Bässe gegenwärtig, beim Neck PU aber natürlich etwas deutlicher als an der Bridge.
Aber wegen blumigen Beschreibungen, wie die Tonabnehmer klingen, seid ihr ja nicht hier. Ihr wollt wissen, was die Knöppe machen, richtig?
Die oberen beiden Potis sind Volume-Regler, die unteren beiden sind für Bässe und Höhen Boost und Cut und gut abgestimmt. Damit lässt sich wirkungsvoll in den Klang eingreifen. Der weiße Schalter unten ist ein PU Selector und der schwarze Schalter ist für das Eingemachte.
Der schwarze Schalter ist in der Mittelposition neutral. Nach vorne hin schaltet man in den Bright-Mode der nochmal eine ordentliche Portion Obertöne hinzufügt.
Die hintere Position aktiviert die benannte Compressor/Expannsion-Schaltung. Der Hals Pickup wird dabei richtig fett komprimiert. Das Signal wird ordentlich glatt gebügelt und man hat ein viel Sustain. Der Anschlag wird dabei aber auch gut runtergedrückt.
Auf den Bridge PU wirkt die Schaltung genau umgekehrt - Pegelspitzen werden hervorgehoben. Wenig Sustain aber ordentlich Attack. Das in Kombination klingt wirklich interessant. Ein attckreicher Sound der in ein langes fettes Sustain ausläuft. Das ist nichts für Puristen und nicht dazu gedacht, subtil zu klingen. Das Signal klingt schon ordentlich bearbeitet.
Allerdings lässt sich die Intensität durch ein Loch in der Rückseite auch mit einem Schraubenzieher einstellen.
Aber braucht man das in einem Bass? Ich habe den Schalter natürlich schon das ein- oder andere Mal benutzt, aber im Endeffekt bin ich dann doch immer beim cleanen Sound gelandet. Einen Compressor habe ich schließlich auf dem Board. Allerdings nicht diese Kombi.
Fazit
Jetzt mal Butter bei die Fische. Die Elektronik ist vielleicht beste Feature nach Basssaiten mit Kiwi-Geschmack. Die macht diesen Bass schließlich auch einzigartig und auf so etwas stehe ich einfach.
Doch auch ohne dieses Compressor/Expansion-Schaltung ist das ein Bass mit Style und wirklich coolem Sound und auf jeden Fall einen Blick wert. Besonders interessant natürlich für Gibson-Liebhaber und den Freunden von klassischen, aber nicht ganz alltäglichen Bässen. Allerdings muss man schon so etwa mit 3.000 € rechnen, was ihn nicht gerade zu einem Schnäppchen macht.
Das Handling gibt einen das Gefühl, dass man muss es sich es erst verdienen muss, aber dann wird man mit einem fetten Sound belohnt und den mögen wir ja schließlich alle.
Ist es ein must have? Vielleicht nicht gerade.
Würde ich ihn noch einmal kaufen? Auf jeden Fall!
Pro
Gibson RD Artist Bass
Was Bässe angeht, konnte der Traditionshersteller nie so ganz an die Erfolge seiner Gitarrenmodelle anknüpfen. Und erst recht nicht an die der kalifornischen Konkurrenz. Das erfolgreichste Modell dürfte wohl der Thunderbird sein und auch die EB-Reihe erfreut sich einer gewissen Beliebtheit, weiß der Geier warum.
Trotzdem, oder gerade deswegen, hat Gibson immer wieder versucht durch Innovationen zu glänzen. So auch hier, was sich schon im Namen widerspiegelt. “RD” steht nämlich für “Research & Development”. Das Neuartige an dem Bass war die aktive Elektronik und die ist tatsächlich recht speziell, denn sie beinhaltet eine Compressor und Expansion Schaltung.
Ist das nicht fantastisch?
Die Antwort lautet: Nein.
Spezifikationen
Entfernt erinnert der Offset-Body an einen Thunderbird. Vom Hals her ist der aber deutlich fleischiger. Außerdem fehlen die Konturen des T-Birds, die den Body schlanker machen und Gewicht sparen, wodurch er auf ein recht ansehnliches Gesamtgewicht kommt. Als weiteren Unterschied kann man, neben der Holzwahl, auch noch den eingeleimten Hals (beim T-Bird durchgehend) erwähnen.
- Body: Maple
- Neck: Maple
- Fretboard: Maple
- Pickups: 2x Series V Humbucker
- Electronic: 2x Vol, Bass, Treble, Compressor/Expansion/Bright, PU Selector
- Weight: 5.4 kg
- incl. Case
Die Saiten können wahlweise durch den Body gezogen - was aber Extra-Longscale-Saiten nötig macht und somit die Auswahl erheblich einschränkt - oder an der Bridge eingehängt werden.
Es wurden übrigens von 1977 bis 1979 nur 2640 Stück gebaut, was ihn zu einer kleinen Rarität macht. 2018 wurde das Modell von Gibson wiederaufgelegt, der hatte aber Humbucker mit offenen Pole-Pieces, eine Full-Contact Babicz Bridge und verfügte lediglich über eine semiparametrische Zweiband-Elektronik ohne C/E-Schaltung, womit der eigentlich den Namen “RD” gar nicht mehr verdient hat. Sogar das Tribal-Inlay auf dem Headstock wurde eingespart. Skandal!!! Der coole Body ist aber wenigstens derselbe.
Neben dem hier besprochenen RD Artist gab es übrigens noch den RD Standard mit kleineren JB-ähnlichen PUs und ohne aktiver Elektronik.
Verarbeitung
Meiner ist von 1978 und rein rechnerisch, somit heute 46 Jahre alt was aber nicht sein kann, denn das würde bedeuten, dass ich auch 46 Jahre alt wäre. Ein gutes Beispiel dafür, dass Mathematik noch nicht so ganz ausgereift zu sein scheint. Aber damit sollen sich andere Leute beschäftigen, zurück zum Bass.
Wegen des Alters kann man jedenfalls nicht mehr peinlich genau hinsehen, ob die Lackierung bei Auslieferung wirklich 100% sauber war. Dafür hat man “Langzeitdaten”.
Mein Bass wurde offensichtlich viel gespielt, was man an den Abnutzungsspuren sehen kann, wo sich der Lack abgegriffen hat, aber keine Macken oder Buckle-Wear. Deswegen mussten die Bünde auch schon einmal abgerichtet werden, was aber fachmännisch gemacht wurde. Trotz des Alters und häufigen Gebrauchs funktioniert aber heute noch alles einwandfrei an dem Bass und das ist schließlich das, worauf es ankommt. Hier kann man also sagen, dass Gibson alles richtig gemacht hat.
Auffällig ist das riesige E-Fach, in dem sich tatsächlich eine genauso große Platine von Moog befindet. Das Batteriefach hat aber zum Glück einen separaten Deckel, der sich mit zwei Schrauben öffnen lässt.
Der Hals-Kopf-Übergang wurde verstärkt. Der sollte nicht so leicht den Kopf verlieren.
Spielgefühl
Eines ist mal sicher, der Award für den “Most Comfy Bass Ever” dürfte an diesem Schmuckstück vorbeigehen. Die Kopflastigkeit ist zwar nicht zu verleugnen, hält sich aber, trotz des kräftigen Halses und der dafür prädestinierten Bodyform, in Grenzen. Ich hatte einen Thunderbird, der deutlich kopflastiger war. Der Body hat da wohl einfach genug Gegengewicht. Aber eben dieses Gewicht ist natürlich auch deutlich spürbar.
Ich bin außerdem kein Freund von Gurtpins hinten am Halsansatz. Damit neigt der Bass immer etwas dazu, nach vorne zu kippen.
Ansonsten muss man sich an die Ausmaße eines Gibson-Basses einfach erstmal gewöhnen. Wer kuschelige Fender-Bässe kennt, dem kommt die “Armkannte” erstmal wie ein Fremdkörper vor. Andere Spieler mögen sich über die Auflagemöglichkeit freuen.
Der kräftige Hals erinnert mich am ehesten an einen Precision, was mir durchaus entgegen kommt.
Sound
Mit seinen zwei Humbuckern und den durchgehend (naja, geleimten) Hals lässt sich die Verwandtschaft zum Thunderbird nicht ganz leugnen, jedoch kommt der RD deutlich attackreicher und knuspriger daher.
Und wie man das von Pickups in diesen Positionen erwartet, hat der Neck-PU ein deutliches “Roarrr” und der Bridge-PU prägnante knöcherne Mitten. Beide bringen dabei eine schöne Portion Höhen rüber, sodass der Anschlag immer gut artikuliert rüberkommt. Zusammen gespielt gibt es diese typische Mitten-Auslöschung und so klingt der Bass auch am besten, wie ich finde. In jeder Position sind außerdem die satten aber straffen Bässe gegenwärtig, beim Neck PU aber natürlich etwas deutlicher als an der Bridge.
Aber wegen blumigen Beschreibungen, wie die Tonabnehmer klingen, seid ihr ja nicht hier. Ihr wollt wissen, was die Knöppe machen, richtig?
Die oberen beiden Potis sind Volume-Regler, die unteren beiden sind für Bässe und Höhen Boost und Cut und gut abgestimmt. Damit lässt sich wirkungsvoll in den Klang eingreifen. Der weiße Schalter unten ist ein PU Selector und der schwarze Schalter ist für das Eingemachte.
Der schwarze Schalter ist in der Mittelposition neutral. Nach vorne hin schaltet man in den Bright-Mode der nochmal eine ordentliche Portion Obertöne hinzufügt.
Die hintere Position aktiviert die benannte Compressor/Expannsion-Schaltung. Der Hals Pickup wird dabei richtig fett komprimiert. Das Signal wird ordentlich glatt gebügelt und man hat ein viel Sustain. Der Anschlag wird dabei aber auch gut runtergedrückt.
Auf den Bridge PU wirkt die Schaltung genau umgekehrt - Pegelspitzen werden hervorgehoben. Wenig Sustain aber ordentlich Attack. Das in Kombination klingt wirklich interessant. Ein attckreicher Sound der in ein langes fettes Sustain ausläuft. Das ist nichts für Puristen und nicht dazu gedacht, subtil zu klingen. Das Signal klingt schon ordentlich bearbeitet.
Allerdings lässt sich die Intensität durch ein Loch in der Rückseite auch mit einem Schraubenzieher einstellen.
Aber braucht man das in einem Bass? Ich habe den Schalter natürlich schon das ein- oder andere Mal benutzt, aber im Endeffekt bin ich dann doch immer beim cleanen Sound gelandet. Einen Compressor habe ich schließlich auf dem Board. Allerdings nicht diese Kombi.
Fazit
Jetzt mal Butter bei die Fische. Die Elektronik ist vielleicht beste Feature nach Basssaiten mit Kiwi-Geschmack. Die macht diesen Bass schließlich auch einzigartig und auf so etwas stehe ich einfach.
Doch auch ohne dieses Compressor/Expansion-Schaltung ist das ein Bass mit Style und wirklich coolem Sound und auf jeden Fall einen Blick wert. Besonders interessant natürlich für Gibson-Liebhaber und den Freunden von klassischen, aber nicht ganz alltäglichen Bässen. Allerdings muss man schon so etwa mit 3.000 € rechnen, was ihn nicht gerade zu einem Schnäppchen macht.
Das Handling gibt einen das Gefühl, dass man muss es sich es erst verdienen muss, aber dann wird man mit einem fetten Sound belohnt und den mögen wir ja schließlich alle.
Ist es ein must have? Vielleicht nicht gerade.
Würde ich ihn noch einmal kaufen? Auf jeden Fall!
Pro
- Sound
- Verarbeitung
- Interessante Elektronik
- Gewicht
- “Interessante” Elektronik
- Preis
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