Bernnt
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Den Gesichtsausdruck deiner Kollegen möchte ich sehen. Obwohl es richtig gute Trios in der Besetzung Violine, Viola da Gamba und Akkordeon gibt, die alte Musik machen. Den meisten, denen ich solche Musik vorgespielt haben, gefällt das, obwohl sie keine eingefleischten (wie heißt das vegetarische Wort dafür?) Akkordeon-Liebhaber sind.Ich überlege jetzt, ob ich mein Akkordeon mal mitnehme
Deshalb wieder an Bernnt die Frage, willst Du das wirklich lernen?
Du hast doch nicht wirklich vor, ein Barockspezialist auf dem Akkordeon zu werden?
Ok, ihr wolltet es nicht anders.Nur ist eben immer die Frage, wofür man seine Zeit einsetzt.
<Nerdspeech on>
Für die Leute vor Bach war Generalbass so etwas wie eine Kurzschreibweise für Begleitung. Bach hat das wohl anders gesehen. Das kann man aus einem Empfehlungsschreiben entnehmen, das er für seinen Schüler Friedrich Gottlieb Wild (1700-1762) geschrieben hat:
Im Generalbass scheinen also die Fundamentalregeln der Komposition drinzustecken. Man kann von den Zahlen zu funktionierenden polyphonen Stimmen kommen. Zumindest wird das von Bach und über Bach immer wieder erzählt. Oder kurz mit den Worten von Derek Remes: Generalbass ist nicht nur ein Hinweis für Begleiter, sondern enthält die Komposition.Als habe solches wegen christlicher Schuldigkeit nicht abschlagen, sondern vielmehr mit Bestand der Wahrheit attestiren können, daß wohlgedachter Mons: Wild in die Vier Jahre so er auf hiesiger Vniversitæt gelebet sich allezeit fleißig und
emsig erwießen, solchergestallt, daß er nicht allein Unsere Kirchen Music durch seine wohlerlernte Flaute-traversiere und Clavecin zieren helffen, sondern auch sich bey mir gar speciell in Clavier, General-Bass und denen daraus fließenden Fundamental-Regeln der Composition informieren laßen
Mir gefällt Bach über alles. Ich bin neugierig, mehr von ihm zu entdecken. Ich möchte wissen, wie er gelernt hat und wie er sein Wissen weitergegeben hat. Ihr wisst, dass ich nach einem Weg suche, Fugen improvisieren zu können. Mir scheint, dass mit dem Thema Generalbass ein Weg angedeutet ist. Es gibt nämlich Fugen aus dem Bach-Schülerkreis, die man nicht ausnotiert, sondern mit Generalbass überliefert sind. Ich werde vielleicht im MIII-Spazierengehen-Thread mehr davon schreiben, weil es da wahrscheinlich Methoden gibt, die man mit dem Akkordeon gewinnbringend ausloten könnte. Ich bin aber noch dabei, mich zu sortieren.
</Nerdspeech off>
Ich glaube, dass man mit weniger Stücken auskommt. Ich habe jemand getroffen, der Kirchenorgel spielt. Er bringt seinen Schülern bei, wie man Choralmelodien in Null-Komma-Nix begleitet. Der Ansatzpunkt ist zugegebenermaßen nicht barock. Er sagt nämlich: Es gibt in Chorälen zwei Abfolgen: Akkordpendel (z.B. C-G-C oder C-F-C) und Kadenzen. Wenn man das beides beherrscht, kann man jeden alten Choral begleiten, ohne dass man Noten braucht. Probiert es aus.Im Sinne von - isch geh Bibliothek - spiele 2780 Generalbassstücke und dann kann ich das vom Blatt in Realtime.
Warum geht das? Das geht darum, weil bestimmte Akkordfolgen immer wieder auftauchen. Ich glaube also, der Generalbass-Trick ist, dass man die Zahlen nicht vertikal, sondern horizontal liest. Bestimmte Zahlen-Kombinationen kommen immer wieder vor, weil sie eben in späterer Terminologie Kadenzen sind. Darum reichen mir weniger Generalbass-Stücke aus. Wahrscheinlich sollten es Choräle sein, damit man schnell Fortschritte macht, weil die Melodiebögen nicht so lang sind. Auch Bachs Sohn Carl Philipp Emanuel betont in einem Brief an Forkel von 1775 die Bedeutung der Choräle für den Lernprozess:
Erkennbar ist ein Dreischritt: 1.Generalbass, 2. Choräle, 3. Fuge. Da man vorne anfangen sollte, gibt es jetzt diesen Thread hier.In der Composition gieng er gleich an das Nützliche mit seinen Scholaren, mit Hinweglaßung aller der trockenen Arten von Contrapuncten, wie sie in Fuxen u. andern stehen. Den Anfang musten seine Schüler mit der Erlernung des reinen 4stimmigen Generalbaßes machen. Hernach gieng er mit ihnen an die Choräle; setzte erstlich selbst den Baß dazu, u. den Alt u. den Tenor musten sie selbst erfinden. Alsdenn lehrte er sie selbst Bäße machen. Besonders drang er sehr starck auf das Aussetzen der Stimmen im General-Baße. Bey der Lehrart in Fugen fieng er mit ihnen die zweystimmigen an, u. s. w. Das Aussetzen des Generalbaßes u. die Anführung zu den Chorälen ist ohne Streit die beste Methode zur Erlernung der Composition, quoad Harmoniam.
ist demzufolge wahrscheinlich ein Volltreffer.Bach-Schemelli