Muss zugegeben darüber nachdenken, denn es hat mich einfach erinnert, ohne dass ich auf Anhieb sagen könnte, warum. Einfach so aus dem Bauch heraus. Das bedeutet, ich muss nun verstandesmäßig analysieren, was mir mein Gefühl sagt. Das benötigt Zeit.
Naja, spontane Assoziationen sind ja andererseits ebenfalls völlig normal!
Mich jedoch überraschte vor einigen Tagen die Entdeckung, dass dieses vielleicht bekannteste Gedicht in unserer Generation nur aus 3-4, ungewöhnlich langen Sätzen besteht. Jede Strophe einem Organ gewidmet: Auge, Gang, Herz
IM JARDIN DES PLANTES, PARIS
Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf –. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille –
und hört im Herzen auf zu sein.
Wer die deutsche Sprache halbwegs beherrscht, sollte mE immer mal wieder probieren, wie Rilke es gern vormachte. ganze Strophen mit einem einzigen Satz zu kreieren. Der große Vorteil: ein langer Satz (Satzgefüge) gewährleistet formal automatisch einen logischen Zusammenhalt…. Es fiel mir wohl besonders in einer Zeit auf, wo Schlagzeilen mE unsere Meinungsbilder verblöden.
Damit sage ich gar nichts gegen die kurze Sätze, welche irgendein Detail betonen. Aber ein Texter sollte unterscheiden lernen, wann er Details - und wann und wie man größere Zusammenhänge besingen will - sagt plötzlich eine ungewohnte Stimme in mir…
Ergänzung: Die englische Sprache, ist, syntaktisch gesehen, nicht so flexibel wie die deutsche. Das erklärt teilweise die allmähliche Simplifizierung deutscher Texte. Dabei gab es vor hundert Jahren noch tolle Gassen-Hauer mit herrlichen Satzgefügen. Siehe beispielsweise „Lied von der Krummen Lanke“!