Anfängerfehler!
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Hallo zusammen,
als erklärter schlechter Blueser ohne Ambitionen auf Bühnen zu stehen und zufriedenes (Musik-)Keller-Kind liebe ich Gitarren und ihre Geschichten. In der Vergangenheit habe ich eine Menge Gitarren gekauft und wieder verkauft. Manchmal mit Gewinn, manchmal mit etwas Verlust. Aber das Ziel war nie Geld zu machen, sondern mal zu schauen, was es so alles gibt. Im letzten Jahr habe ich dann gedacht mein GAS ist vorüber. Mit einem feinen Tweed-Amp und einem Kemper war soundtechnisch alles möglich. Und meine Lieblingsstrat wurde eigentlich als einzige bespielt, der Rest verkauft. Aktuell habe ich noch eine selbstgebaute Tele, die besagte Strat und eine günstige Gitarre in Slide-Stimmung hier stehen.
Aber irgendwie gab es manchmal doch diese Idee noch mal eine Hollowbody anzuschaffen, denn den Sound mag ich wirklich gerne. So richtig zufrieden war ich bislang aber nie trotz einer 335er und einer Gibson Custom 390er. Tolle Gitarren, aber am Ende nichts für mich. Und da irgendwie die zündende Idee fehlte, habe ich vor allem gespielt. Das war auch schön
Naja und gleichzeitig gab es diesen Suchtauftrag für eine Gitarre aus meinem Geburtsjahr, nämlich 1984. Die Idee fand ich schon immer toll, aber Gibson hat in der Zeit (Norlin-Ära) eher wenig GAS ausgelöst. Und überhaupt waren die Gitarren der 80er nicht so mein Beuteschema. Bis die Tage bei Kleinanzeigen eine neue Gitarre "aufpoppte", die dann doch ziemlich interessant war.
Insofern reviewe ich hier mit etwas Geschichte und Erzählung die Neuanschaffung, die dieses Jahr mit mir 40 wird und sozusagen ein vorgezogenes Geburtstagsgeschenk an mich selbst ist.
Die Geschichte von Epiphone:
Epiphone ist eine US-Firma, die 1928 als Handelsmarke eingetragen wurde und in den 1930er Jahren ein ordentliches Renommee für Archtops aufbauen konnte. Ursprünglich und viele Jahre vor der Eintragung in das Handelsregister hat Epiphone schon allerlei Zupfinstrumente hergestellt. Aber der Durchbruch zur "Marke" kam dann in den 30ern mit verschiedenen Hollowbodies in eigenem Design und natürlich eigener Produktion. Nach dem Tod des Inhabers wurde die Firma 1957 von der CMI (Chicago Musical Instruments) aufgekauft, wozu auch Gibson gehörte. Und im Verlauf blieben zwar die eigenen Produkte von Epiphone bestehen, vor allem baute in den letzten Jahr(zehnt)en Gibson sein low-budget-Segment über Epiphone aus. Allerdings haben auch die Epi-Modelle einige berühmte Musiker begeistert. Am bekanntesten dürfte das Modell Casino sein (weitgehend baugleich mit der Gibson ES-330er), das von den Beatles gespielt wurde. Die hier reviewte Sheraton wurde von John Lee Hooker (leider nur die gleiche, nicht die selbe Gitarre) gespielt. Momentan produziert Epiphone viel in China und bietet solide Gitarren für das untere Preissegment.
Nun aber genug zur Geschichte und zum Blabla, hier das eigentliche Review und überhaupt erst einmal ein Bild von der Gitarre.
Die Epiphone-Gitarren wurden über die Jahre an verschiedenen Standorten produziert. Auch heute noch gibt es Modelle aus China und aus USA-Produktion, wo die Preise und Qualitätsunterschiede natürlich durchaus merklich sind. Im Verlauf der Produktion gab es aber außerhalb der USA verschiedene Produktionsorte. Einerseits gibt es die Korea-Epis, die einen recht guten Ruf haben und aus dem Samick-Werk kamen. Wesentlich interessanter fand ich aber die Gitarren aus der japanischen Produktion im Matsumoku-Werk, das bei manchen Leuten einen fast legendären Ruf genießt. Ich ahne warum das so ist, wenn alle Gitarren von dort ähnlich gut verarbeitet und gebaut sind wie die hier.
Optik und Zustand der Gitarre:
Die Epiphone Sheraton ist in Cherry Red lackiert und der Lack ist leicht durchscheinend. Das Holz darunter ist aber weder "figured maple" noch sonst wie spektakulär. Man kann die Maserung ganz dezent erkennen. Eingefasst ist das Ganze von einem sehr sauber gemachten doppelten Bindung, das den gesamten Body und das Griffbrett umfasst. Am Griffbrett ist das Binding über die Bundstäbchen hochgezogen (fret nibs), was ich sonst nur bei den Gibsons aus dem Custom Shop kenne. Insgesamt also eine ziemlich aufwändige Handarbeit, die man heute sehr teuer bezahlt. Es gibt ein paar Kratzer hier und dort und eine Macke an der Rückseite der Kopfplatte, aber für das Alter der Gitarre ist das eher ein guter Zustand würde ich sagen.
Ausstattung und Hardware:
Die Mechaniken sind die Originale in gold (wie der Rest der Hardware auch) und lassen sich noch sehr geschmeidig und mit angenehmem Widerstand nutzen. Die Stimmung hält die Gitarre ähnlich gut wie meine Tele, zumindest die ersten Tage nach Anschaffung. Ich hoffe das bleibt so Das hier ist die Variante mit Stoptail. Es gibt allerdings auch die Varianten mit einem unten am Korpus befestigten schwebenden Saitenhalter und Modelle mit Bigsby. Die Brücke, das Stoptail und die PUs sind leicht angelaufen und sichtbar gealtert, aber nicht "abgeranzt". Wie bei 335ern häufig zu sehen gibt es jeweils einen Poti für Volume und Tone pro Pickup, in Summe also vier Potis. Der Schalter hat selten einen leichten Wackelkontakt und die üblichen Stellungen Hals, Brücke und Zwischenstellung.
Hals und Headstock:
Ein echt auffälliges Merkmal der Epiphone Sheraton ist das "Tree of life"-Inlay aus echtem Perlmutt, bzw. bei den aktuellen Modellen aus synthetischem Perloid. Das ist so dick aufgetragene Verzierung, dass man es vermutlich nur lieben oder hassen kann. Schwer vorstellbar, dass jemandem das egal ist. Es ist total sauber eingelegt und die Optik setzt sich in den ebenfalls aus Perlmutt gefassten Block-Inlays fort. Wie hier zu sehen endet der Spaß im 15. Bund, danach folgen keine Inlays mehr. Wer spätere Sheratons im Internet sieht, kann daran das Werk erkennen. Bis 1986 wurden die Gitarren noch im Matsumoku-Werk in Japan gefertigt, danach wurde die Produktion nach Korea verlegt und von Samick gemacht. Warum auch immer man sich dann dort entschied die Inlays über den 15. Bund hinaus fortzusetzen, kann man daran aber die Matsumoku vs. Samick-Sheratons gut unterscheiden. Ich persönlich finde die Optik des Tree of Life mit dem Schriftzug und den Inlays wirklich schön. Das verleiht der Gitarre eine ganz eigene Optik und setzt sich ganz klar und eigenständig von Gibsons 335er ab. Vielleicht weiß ja jemand, welche der beiden Gitarren eigentlich die erste auf dem Markt war? Ich habe es nicht gefunden.
Der Hals selbst ist eher schmal aber nicht dünn, würde ich mal so subjektiv sagen. Er gibt gut "Fleisch" und es ist kein Vergleich z.B. zu den frühen 330ern mit den superschmalen Hälsen, die ich persönlich da etwas anstrengend finde. Der hier liegt gut in der Hand und für mich als Kletterer mit ziemlich fetten Pranken ist es sehr angenehm ihn zu spielen. Ich füge es mal hier ein, komme aber später noch mal dazu. Das hier ist mit weitem Abstand die Gitarre mit der besten Saitenlage, die ich je in der Hand hatte. Ich hatte mich bei einer Vintage-Gitarre darauf eingestellt ein paar Abstriche in der Bespielbarkeit zu machen. Das absolute Gegenteil ist der Fall. Keine Deadspots, kein Schnarren bei einer extrem flachen Saitenlage. Beeindruckend!
Pickups:
Verbaut sind hier zwei Maxxon MK75 Humbucker-Pickups mit 8,24 und 8,63 kOhm an Neck- und Bridge-Position. Das sind die wohl handgewickelten Eigenproduktionen des Matsumoku-Werkes, die einen eher gemischt guten Ruf haben. In Foren habe ich viel gelesen, dass die ausgebaut wurden. Aktuell sind sie für meinen Geschmack extrem nah an den Saiten und ich würde beide als zähmbare Brüllheimer bezeichnen. Ich vermute das hängt wohl mit den Sound-Vorliegen in den 80ern zusammen. Jedenfalls hat mich der Output ziemlich überrascht, wo ich sonst nur den Vergleich zu PAF-Klones habe und die deutlich zahmer sind als die beiden Krawallbrüder hier. Sie klingen aber mit zurückgenommenem Volume keineswegs mumpfig oder verlieren groß Höhen. Insgesamt empfinde ich die PUs als sehr wohlklingend, auch wenn ich mit meinen Soundvorlieben keine Chance hab das Vol mal aufzudrehen. Hier würde ich sagen liegt vielleicht der einzige Schwachpunkt der Gitarre, was für mich aber subjektiv keiner ist. Sie gefallen mir. Mal sehen ob sie bleiben oder ob ich hier mit PUs experimentiere in ein paar Jahren. Ich füge außerdem noch mal Bilder von den Poti-Abschirmungen an, die ich ziemlich irre finde. Was ist der Sinn dahinter, da halbe Konservendosen drunter zu basteln? Naja stört nicht und bei einem Gewicht von 3,46 kg werde ich da nichts umbauen.
Klang und Spielgefühl:
Manchmal liest oder hört man von Leuten, dass eine Gitarre sich "von selbst" spielt. Das ist Blödsinn und ich hatte vorher noch nie eine Gitarre in der Hand, wo dieser Eindruck im Ansatz entstanden wäre. Hier würde ich unterschreiben, dass die Gitarre wirklich alles mitbringt, um einem das Leben leichter zu machen. Die Saitenlage und die Bespielbarkeit ist für meine Finger perfekt. Der Sound ist richtig schön luftig und offen, wie ich mir das von einer Hollowbody wünsche. Und das Sustain ist dank Centerblock aus Ahorn enorm. Teilweise so enorm, dass ich ein wenig genervt bin, weil man wirklich alles dämpfen muss, damit bei relativ wenig Gain ein Ton nicht ewig stehen bleibt. Die PUs passen toll zur Gitarre und von perlenden Höhen, gedämpften Jazz-Tönen bis hin zu knackigem Rock machen die alles sehr bereitwillig mit.
Fazit:
Das ist der Wahnsinn. Die Gitarre ist besser verarbeitet und fühlt sich besser an als mehrere CS-Gibson-Modelle, die ich in der Hand hatte. Sie hat natürlich nicht das Mojo der großen ES-335 und ist vermutlich als Wertanlage keine gute Idee. Aber in Sachen Sound, Optik und Spielgefühl kann ich nur jedem raten, die Sheratons aus der Matsumoku-Produktion mal anzuspielen. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, was man da für sein Geld bekommt. Apropos Geld: Ich habe 1500 Euro mit Original-Koffer bezahlt, was nach Schätzung von @bagotrix eher am oberen Ende der gewöhnlichen Preisspanne ist. Mir ist sie es wert gewesen, aber man sollte sie auch günstiger bekommen können. Den Vergleich mit heutigen Epiphones müssen die sicher nicht scheuen. Ich würde sogar vermuten, dass ein gutes Matsumoku-Epiphone-Modell es mit Modellen aufnehmen kann, die deutlich mehr kosten. Steht aber eben Epiphone drauf, was für manche vielleicht ein K.O-Kriterium ist.
Soviel vorerst von mir. Ich hoffe ich konnte jemanden für diese schönen Gitarren begeistern. Ein Video folgt noch, wenn ich meinen Lehrer überredet habe mal ein Show-Off mit dem Schätzchen zu machen, bei dem ich ihn filmen darf.
Besten Dank fürs Lesen und bei Fragen immer melden. Falls ich Sachen falsch recherchiert habe, freue ich mich über Korrekturen.
Gruß
Der Anfängerfehler!
als erklärter schlechter Blueser ohne Ambitionen auf Bühnen zu stehen und zufriedenes (Musik-)Keller-Kind liebe ich Gitarren und ihre Geschichten. In der Vergangenheit habe ich eine Menge Gitarren gekauft und wieder verkauft. Manchmal mit Gewinn, manchmal mit etwas Verlust. Aber das Ziel war nie Geld zu machen, sondern mal zu schauen, was es so alles gibt. Im letzten Jahr habe ich dann gedacht mein GAS ist vorüber. Mit einem feinen Tweed-Amp und einem Kemper war soundtechnisch alles möglich. Und meine Lieblingsstrat wurde eigentlich als einzige bespielt, der Rest verkauft. Aktuell habe ich noch eine selbstgebaute Tele, die besagte Strat und eine günstige Gitarre in Slide-Stimmung hier stehen.
Aber irgendwie gab es manchmal doch diese Idee noch mal eine Hollowbody anzuschaffen, denn den Sound mag ich wirklich gerne. So richtig zufrieden war ich bislang aber nie trotz einer 335er und einer Gibson Custom 390er. Tolle Gitarren, aber am Ende nichts für mich. Und da irgendwie die zündende Idee fehlte, habe ich vor allem gespielt. Das war auch schön
Naja und gleichzeitig gab es diesen Suchtauftrag für eine Gitarre aus meinem Geburtsjahr, nämlich 1984. Die Idee fand ich schon immer toll, aber Gibson hat in der Zeit (Norlin-Ära) eher wenig GAS ausgelöst. Und überhaupt waren die Gitarren der 80er nicht so mein Beuteschema. Bis die Tage bei Kleinanzeigen eine neue Gitarre "aufpoppte", die dann doch ziemlich interessant war.
Insofern reviewe ich hier mit etwas Geschichte und Erzählung die Neuanschaffung, die dieses Jahr mit mir 40 wird und sozusagen ein vorgezogenes Geburtstagsgeschenk an mich selbst ist.
Die Geschichte von Epiphone:
Epiphone ist eine US-Firma, die 1928 als Handelsmarke eingetragen wurde und in den 1930er Jahren ein ordentliches Renommee für Archtops aufbauen konnte. Ursprünglich und viele Jahre vor der Eintragung in das Handelsregister hat Epiphone schon allerlei Zupfinstrumente hergestellt. Aber der Durchbruch zur "Marke" kam dann in den 30ern mit verschiedenen Hollowbodies in eigenem Design und natürlich eigener Produktion. Nach dem Tod des Inhabers wurde die Firma 1957 von der CMI (Chicago Musical Instruments) aufgekauft, wozu auch Gibson gehörte. Und im Verlauf blieben zwar die eigenen Produkte von Epiphone bestehen, vor allem baute in den letzten Jahr(zehnt)en Gibson sein low-budget-Segment über Epiphone aus. Allerdings haben auch die Epi-Modelle einige berühmte Musiker begeistert. Am bekanntesten dürfte das Modell Casino sein (weitgehend baugleich mit der Gibson ES-330er), das von den Beatles gespielt wurde. Die hier reviewte Sheraton wurde von John Lee Hooker (leider nur die gleiche, nicht die selbe Gitarre) gespielt. Momentan produziert Epiphone viel in China und bietet solide Gitarren für das untere Preissegment.
Nun aber genug zur Geschichte und zum Blabla, hier das eigentliche Review und überhaupt erst einmal ein Bild von der Gitarre.
Die Epiphone-Gitarren wurden über die Jahre an verschiedenen Standorten produziert. Auch heute noch gibt es Modelle aus China und aus USA-Produktion, wo die Preise und Qualitätsunterschiede natürlich durchaus merklich sind. Im Verlauf der Produktion gab es aber außerhalb der USA verschiedene Produktionsorte. Einerseits gibt es die Korea-Epis, die einen recht guten Ruf haben und aus dem Samick-Werk kamen. Wesentlich interessanter fand ich aber die Gitarren aus der japanischen Produktion im Matsumoku-Werk, das bei manchen Leuten einen fast legendären Ruf genießt. Ich ahne warum das so ist, wenn alle Gitarren von dort ähnlich gut verarbeitet und gebaut sind wie die hier.
Optik und Zustand der Gitarre:
Die Epiphone Sheraton ist in Cherry Red lackiert und der Lack ist leicht durchscheinend. Das Holz darunter ist aber weder "figured maple" noch sonst wie spektakulär. Man kann die Maserung ganz dezent erkennen. Eingefasst ist das Ganze von einem sehr sauber gemachten doppelten Bindung, das den gesamten Body und das Griffbrett umfasst. Am Griffbrett ist das Binding über die Bundstäbchen hochgezogen (fret nibs), was ich sonst nur bei den Gibsons aus dem Custom Shop kenne. Insgesamt also eine ziemlich aufwändige Handarbeit, die man heute sehr teuer bezahlt. Es gibt ein paar Kratzer hier und dort und eine Macke an der Rückseite der Kopfplatte, aber für das Alter der Gitarre ist das eher ein guter Zustand würde ich sagen.
Ausstattung und Hardware:
Die Mechaniken sind die Originale in gold (wie der Rest der Hardware auch) und lassen sich noch sehr geschmeidig und mit angenehmem Widerstand nutzen. Die Stimmung hält die Gitarre ähnlich gut wie meine Tele, zumindest die ersten Tage nach Anschaffung. Ich hoffe das bleibt so Das hier ist die Variante mit Stoptail. Es gibt allerdings auch die Varianten mit einem unten am Korpus befestigten schwebenden Saitenhalter und Modelle mit Bigsby. Die Brücke, das Stoptail und die PUs sind leicht angelaufen und sichtbar gealtert, aber nicht "abgeranzt". Wie bei 335ern häufig zu sehen gibt es jeweils einen Poti für Volume und Tone pro Pickup, in Summe also vier Potis. Der Schalter hat selten einen leichten Wackelkontakt und die üblichen Stellungen Hals, Brücke und Zwischenstellung.
Hals und Headstock:
Ein echt auffälliges Merkmal der Epiphone Sheraton ist das "Tree of life"-Inlay aus echtem Perlmutt, bzw. bei den aktuellen Modellen aus synthetischem Perloid. Das ist so dick aufgetragene Verzierung, dass man es vermutlich nur lieben oder hassen kann. Schwer vorstellbar, dass jemandem das egal ist. Es ist total sauber eingelegt und die Optik setzt sich in den ebenfalls aus Perlmutt gefassten Block-Inlays fort. Wie hier zu sehen endet der Spaß im 15. Bund, danach folgen keine Inlays mehr. Wer spätere Sheratons im Internet sieht, kann daran das Werk erkennen. Bis 1986 wurden die Gitarren noch im Matsumoku-Werk in Japan gefertigt, danach wurde die Produktion nach Korea verlegt und von Samick gemacht. Warum auch immer man sich dann dort entschied die Inlays über den 15. Bund hinaus fortzusetzen, kann man daran aber die Matsumoku vs. Samick-Sheratons gut unterscheiden. Ich persönlich finde die Optik des Tree of Life mit dem Schriftzug und den Inlays wirklich schön. Das verleiht der Gitarre eine ganz eigene Optik und setzt sich ganz klar und eigenständig von Gibsons 335er ab. Vielleicht weiß ja jemand, welche der beiden Gitarren eigentlich die erste auf dem Markt war? Ich habe es nicht gefunden.
Der Hals selbst ist eher schmal aber nicht dünn, würde ich mal so subjektiv sagen. Er gibt gut "Fleisch" und es ist kein Vergleich z.B. zu den frühen 330ern mit den superschmalen Hälsen, die ich persönlich da etwas anstrengend finde. Der hier liegt gut in der Hand und für mich als Kletterer mit ziemlich fetten Pranken ist es sehr angenehm ihn zu spielen. Ich füge es mal hier ein, komme aber später noch mal dazu. Das hier ist mit weitem Abstand die Gitarre mit der besten Saitenlage, die ich je in der Hand hatte. Ich hatte mich bei einer Vintage-Gitarre darauf eingestellt ein paar Abstriche in der Bespielbarkeit zu machen. Das absolute Gegenteil ist der Fall. Keine Deadspots, kein Schnarren bei einer extrem flachen Saitenlage. Beeindruckend!
Pickups:
Verbaut sind hier zwei Maxxon MK75 Humbucker-Pickups mit 8,24 und 8,63 kOhm an Neck- und Bridge-Position. Das sind die wohl handgewickelten Eigenproduktionen des Matsumoku-Werkes, die einen eher gemischt guten Ruf haben. In Foren habe ich viel gelesen, dass die ausgebaut wurden. Aktuell sind sie für meinen Geschmack extrem nah an den Saiten und ich würde beide als zähmbare Brüllheimer bezeichnen. Ich vermute das hängt wohl mit den Sound-Vorliegen in den 80ern zusammen. Jedenfalls hat mich der Output ziemlich überrascht, wo ich sonst nur den Vergleich zu PAF-Klones habe und die deutlich zahmer sind als die beiden Krawallbrüder hier. Sie klingen aber mit zurückgenommenem Volume keineswegs mumpfig oder verlieren groß Höhen. Insgesamt empfinde ich die PUs als sehr wohlklingend, auch wenn ich mit meinen Soundvorlieben keine Chance hab das Vol mal aufzudrehen. Hier würde ich sagen liegt vielleicht der einzige Schwachpunkt der Gitarre, was für mich aber subjektiv keiner ist. Sie gefallen mir. Mal sehen ob sie bleiben oder ob ich hier mit PUs experimentiere in ein paar Jahren. Ich füge außerdem noch mal Bilder von den Poti-Abschirmungen an, die ich ziemlich irre finde. Was ist der Sinn dahinter, da halbe Konservendosen drunter zu basteln? Naja stört nicht und bei einem Gewicht von 3,46 kg werde ich da nichts umbauen.
Klang und Spielgefühl:
Manchmal liest oder hört man von Leuten, dass eine Gitarre sich "von selbst" spielt. Das ist Blödsinn und ich hatte vorher noch nie eine Gitarre in der Hand, wo dieser Eindruck im Ansatz entstanden wäre. Hier würde ich unterschreiben, dass die Gitarre wirklich alles mitbringt, um einem das Leben leichter zu machen. Die Saitenlage und die Bespielbarkeit ist für meine Finger perfekt. Der Sound ist richtig schön luftig und offen, wie ich mir das von einer Hollowbody wünsche. Und das Sustain ist dank Centerblock aus Ahorn enorm. Teilweise so enorm, dass ich ein wenig genervt bin, weil man wirklich alles dämpfen muss, damit bei relativ wenig Gain ein Ton nicht ewig stehen bleibt. Die PUs passen toll zur Gitarre und von perlenden Höhen, gedämpften Jazz-Tönen bis hin zu knackigem Rock machen die alles sehr bereitwillig mit.
Fazit:
Das ist der Wahnsinn. Die Gitarre ist besser verarbeitet und fühlt sich besser an als mehrere CS-Gibson-Modelle, die ich in der Hand hatte. Sie hat natürlich nicht das Mojo der großen ES-335 und ist vermutlich als Wertanlage keine gute Idee. Aber in Sachen Sound, Optik und Spielgefühl kann ich nur jedem raten, die Sheratons aus der Matsumoku-Produktion mal anzuspielen. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, was man da für sein Geld bekommt. Apropos Geld: Ich habe 1500 Euro mit Original-Koffer bezahlt, was nach Schätzung von @bagotrix eher am oberen Ende der gewöhnlichen Preisspanne ist. Mir ist sie es wert gewesen, aber man sollte sie auch günstiger bekommen können. Den Vergleich mit heutigen Epiphones müssen die sicher nicht scheuen. Ich würde sogar vermuten, dass ein gutes Matsumoku-Epiphone-Modell es mit Modellen aufnehmen kann, die deutlich mehr kosten. Steht aber eben Epiphone drauf, was für manche vielleicht ein K.O-Kriterium ist.
Soviel vorerst von mir. Ich hoffe ich konnte jemanden für diese schönen Gitarren begeistern. Ein Video folgt noch, wenn ich meinen Lehrer überredet habe mal ein Show-Off mit dem Schätzchen zu machen, bei dem ich ihn filmen darf.
Besten Dank fürs Lesen und bei Fragen immer melden. Falls ich Sachen falsch recherchiert habe, freue ich mich über Korrekturen.
Gruß
Der Anfängerfehler!