Vielen Dank noch einmal für eure zahlreichen Ideen!
Wie es aussieht, ist die Wahl des Amps jetzt erstmal die vorrangige Herausforderung. Dieser Post geht jetzt also ein bisschen über ins Thema „Auswahl des richtigen Amps“ — allerdings vor allem deshalb, weil in meinem Fall leider die Wahl des Amps im Zusammenhang mit der Machbarkeit des Aufstellens in der Kabine betrachtet werden muss.
Es folgt jetzt also ein wenig Nerd-Talk zu diversen ENGL-Modellen.
Die größere Tiefe des ENGL Powerball II (Savage & Co. sind nochmal zwei Zentimeter tiefer) führt im begrenzten Platz meiner Schallkabine nun doch zu einigen Problemen. Zumal mein Marshall 4x12 Cabinet die schräge Variante ist, sodass oben die Fläche weniger tief ist als die Tiefe am Boden der Box (unten 36,6 cm, aber oben nur ca. 27 cm). Die meisten ENGLs kommen auf Tiefen zwischen 25 und 29 cm.
Ein bisschen überstehen darf der Amp natürlich, ohne runterzufallen — ca. 3 - 4 cm jeweils nach vorne und nach hinten, im Vergleich zum nur 21 cm tiefen Marshall JVM 410 H. Wenn ich aber nicht wieder vor der Entscheidung stehen will, einige der Akustikpanels meiner Kabine abzuschrauben,
brauche ich auf jeden Fall gewinkelte Netz- und Boxenkabel für den ENGL. Von der Tiefe her ist es dabei unerheblich, ob der ENGL unten oder oben steht, denn ein Akustikpanel hängt auf beiden Höhen (siehe nochmal das Bild von der Kabine).
Bei Thomann habe ich nur ein einziges gewinkeltes Boxenkabel gefunden, in zwei unterschiedlichen Längen (0,5 m und 1,5 m):
pro snake TPL 0,5 AA, hochwertiges Lautsprecherkabel, Winkelklinke - Winkelklinke, 2x 1,5 mm² Kabel, 2x NYS 225L Rean (made by Neutrik) Winkelklinkenstecker, Manteldurchmesser 9mm, Länge 0,5 Meter, Farbe schwarz
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www.thomann.de
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€6,10
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Wirkt für mich etwas billig, aber die Bewertungen scheinen ja gut zu sein.
Beim Stromkabel der ENGL Amps, das jeweils dabei ist, würde ich jetzt erst einmal nicht davon ausgehen, dass das gewinkelt ist. Aber wenn einige hier schon gesagt haben, dass sie die Stromkabel zwischen ihren Amps bereits ausgetauscht haben (wie bei der Lösung mit einem Stromkabel für beide Amps überlegt), dann sollte das bei einem separaten Stromkabel mit Winkelstecker für den Amp auch kein Problem sein.
Eine Alternative, die ich bedacht habe, ist ein zweites Topteil auf den Tisch zu stellen (ihr könnt auf dem Bild ja sehen, wo im Moment der Kemper steht). Ein 100 W-ENGL-Topteil würde da aber nur hinpassen, wenn ich den iMac oben drauf stelle (und ich weiß nicht, wie dessen Standfuß auf die ständige Hitze aus dem Amp reagiert, die ja auch bei ENGL teilweise nach oben abstrahlt, nicht nur nach vorne).
Unter den Kemper hingegen würde natürlich einer der ENGL Lunchbox-Amps passen — Fireball 25, Ironball oder Ironball Special Edition (den Metalmaster ziehe ich jetzt mal nicht in Erwägung, den Gigmaster scheint es nicht mehr zu geben, genausowenig wie den Retro Tube oder den Invader).
Wenn ich einen Fireball 25 oben auf meinen JVM stellen würde, wäre selbst dieser kleine Amp immer noch 2 cm tiefer als der JVM. Nur der Ironball ist mit 21,7 cm ähnlich tief wie der JVM.
ENGL-Topteile haben auch offenbar generell eher flache Füße, daher sollte ein größeres ENGL-Topteil wohl auf jeden Fall nach unten — nicht nur wegen der größeren Tiefe bei kürzerer Länge, sondern eben auch, weil der ENGL wahrscheinlich mehr Hitze nach vorne abgeben kann als der JVM nach hinten.) Ein Fireball oder Ironball kann natürlich nicht unter den JVM, sondern nur entweder oben drauf — oder unter den Kemper. Wobei bei der Lösung wiederum gerade beim Ironball der hohe Griff stört.
Vermutlich muss ich es also doch einfach mit dem Powerball II versuchen, ggf. die Lautsprecherbox noch ein bisschen nach vorne schieben (dafür allerdings auch erst wieder die Sylomer-Füße unten drunter versetzen, d.h. ggf. den ganzen JVM-Stack dafür nochmal abbauen, mit allen Verkabelungen im Effektweg etc.). Denn ich will meinen Zweitamp ja nach dem Sound auswählen, nicht nach der Größe bzw. konkret der Tiefe…
Ich habe mir jetzt natürlich schon viele Demo-Videos auf YouTube angehört. Der Fireball 25 oder Ironball SE wurden nie direkt mit dem Powerball II verglichen, aber natürlich der große Fireball 100 mit dem Powerball II, und der kleine Fireball 25 mit dem großen Fireball 100. Fireball 100 und Powerball II unterscheiden sich nur im Detail, und Fireball 25 vom Fireball 100 ebenso. Einen deutlich größeren Unterschied höre ich da zwischen Powerball II und Savage MkII, oder der ENGL Special Edition / Founders Edition.
Von den potenziellen Alternativen hat mich der Savage MkII (egal ob in der 60-Watt oder 120-Watt-Ausführung, die unterschiedliche Endstufenröhren haben) am ehesten positiv überrascht. Er klingt für mich allerdings eher wieder nach einem Allrounder (Orianthi z.B. hat mWn einen Savage Mk I gespielt und da mit ihren PRS-Gitarren eher „blubberige“ Töne rausgeholt). Und für Allround habe ich ja eigentlich meinen Marshall JVM — das war der Grund, warum ich mich damals für den JVM und gegen den Powerball II entschieden habe.
Story Time:
Meine Hauptmotivation für das fortbestehende Interesse am Powerball II ist die sehr lebhafte Erinnerung an meinen einmaligen Ausflug zum Guitar Center in Wattenscheid in den Sommerferien 2010, als der Powerball II gerade neu war. Der Powerball I war mir zu fizzelig und höhenreich gewesen (denke ich jedes Mal dran, wenn ich nochmal die 2007er Visions of Atlantis-CD „Trinity“ höre, das ist ein Powerball I).
Der Powerball II hingegen hat mich — zumindest mit meiner allerersten E-Gitarre angespielt, einer Yamaha Pacifica, d.h. mit passiven Tonabnehmern — nachträglich beeindruckt. Vor allem mit seiner sauber glatt polierten und „sägenden“ Verzerrung, die ihn beim schnellen Rhythmusspiel deutlich definierter macht als einen Marshall JVM. Wahrscheinlich hat er weniger tiefe Mitten, die dem Sound zwar Wärme geben, aber eben auch Matsch / ihn „schwabbelig“ machen. Das ist tatsächlich auch genau der Frequenzbereich, in dem ich bei meinen Aufnahmen beim Marshall oft Frequenzen rausnehme (so bei 250 Hz herum). Auch auf meinen Aufnahmen hat das den Effekt, dass sie sauberer klingen, aber eben auch kälter, und die Aufnahmen dadurch tendenziell zu viele obere Mitten im Vergleich zu unteren Mitten haben.
Der Powerbal II also erreicht diese Definition meinem Verständnis nach durch weniger tiefe Mitten. Clean / Crunch allerdings klingt er dadurch eben natürlich deutlich kälter als ein Marshall. Und wenn man dann stark rhythmische Sachen clean oder leicht angecruncht spielt (Funk / Classic Rock / Blues), d.h. mit festem Anschlag statt sanfter glitzernder Arpeggios, kläfft und springt der Powerball II einen an wie ein bissiger Hund.
Damals in der Schulzeit musste ich halb notgedrungen mehr solcher Sachen spielen, weil unsere Schule so einen großen Fokus auf Big Bands hatte, und damit auf Jazz und allem, was damit verwandt ist. Ich selbst war zwar nie in einer dieser Big Bands, aber viele der Musiker, mit denen man an so einer Schule zusammenarbeitet, kamen natürlich daher, und haben ihre Präferenzen in den musikalischen Alltag mit eingebracht. Letztendlich haben wir für die entsprechenden Auftritte dann doch andere Amps benutzt, anstatt dass ich meinen JVM durch die Gegend gekarrt hätte — aber das konnte ich bei der Auswahl des Amps ja noch nicht wissen.
Damals waren mir auch vier Kanäle mit separater Klangregelung wichtig, damit man alles live oder auf der Bühne schnell per Fußschalter umschalten kann (von verzerrtem Rhythmus zu verzerrtem Solo etc.). Deshalb hatte ich damals zuerst den Invader I angespielt, der (zusammen mit seinem Nachfolger, dem Invader II) als einziger ENGL vier komplette Klangregelungen hat, so wie der JVM. Bei ENGL jedoch muss man die Fußschalter auch heute noch separat kaufen, das war ein weiteres Argument gegen sie und für Marshall. Der Invader I war mir auch zu brachial (hätte vielleicht beim Anspielen nicht direkt die Mitten so weit reindrehen sollen.)
Jetzt jedoch geht es primär ums Aufnehmen, d.h. ich kann auch zwischen den Takes wieder mehr an den Reglern drehen. Außerdem würde ein weiterer Fußschalter mir eh nur den Fußraum unter dem Tisch zustellen, wo ja bereits mein Boss GT-10 liegt, das Expression-Pedal vom Kemper plus die Pedale vom Keyboard — und ich jetzt schon immer hin und her schieben muss, je nachdem, was ich gerade nutze.
Von daher wäre ein kleiner ENGL wie der Fireball 25 oder der Ironball Special Edition vielleicht pragmatisch gesehen die bessere Wahl, um einfach nur ergänzend zum JVM einen ENGL-Sound im Haus zu haben. Gerade wegen Features wie Power Soak, Impulse Response-Loader etc., welche die älteren größeren Modelle nicht haben. Manche dieser Features hat allerdings nur der Ironball Special Edition (also auch nicht der normale Ironball, der preislich näher am Fireball 25 liegt). Der Ironball SE hingegen ist praktisch bereits so teuer wie ein JVM — da fragt man sich dann wieder, warum nicht gleich den Powerball II?
Somit fühlt sich jede Überlegung Richtung Fireball 25 oder Ironball SE für mich mehr an wie eine reine „Kopf-Entscheidung“, während man insgeheim dann doch weiterhin dem Powerball II nachhängt. Und das ersparte Geld (beim Fireball 25 oder regulären Ironball ja fast die Hälfte des Preises des Powerball II) nimmt man dann irgendwann wahr als „wer günstig kauft, kauft zweimal“. Deshalb hatte ich ja sogar schon den Savage MkII in Erwägung gezogen, der mich eben positiv überrascht hat. Aber eben auch nochmal mehr Platz in der Tiefe wegnimmt als der Powerball II (was für alle ENGL-Amps gilt, die preislich oberhalb des Powerball II liegen).
Außerdem hat der Powerball II immerhin zwei getrennte Mittenregler für die beiden verzerrten Kanäle — was mir für den Unterschied zwischen Rhythmus und Solo deutlich wichtiger erscheint als getrennte Höhenregler, wie sie z.B. die Founders Edition stattdessen hat. (Das sind die Luxusprobleme, über die man nachdenkt, wenn man vom JVM vier komplette Klangregelungen gewohnt ist
.) Der Invader II hingegen, der diese komplette Klangregelung ja hat, überzeugt mich auch heutzutage noch nicht wirklich (finden würde man ihn bestimmt noch irgendwo, auch wenn Thomann ihn nicht mehr hat).
Früher habe ich bei solchen Überlegungen noch mehr auf den Unterschied zwischen EL34 und 6L6-Röhren geachtet, den ENGL ja auch lange Zeit farblich markierte (EL34 = blaue Beleuchtung, 6L6 = rot). Mittlerweile gibt es diese klare farbliche Unterscheidbarkeit nicht mehr (auch eine Founders Edition mit roter Beleuchtung kann z.B. EL34-Röhren haben).
Vor allem aber hat Glenn Fricker auf YouTube kürzlich demonstriert, wie gering der klangliche Unterschied zwischen EL34 und 6L6 eigentlich ist, indem er bei einem Mesa Boogie Rectifier mal zwischen EL34 und 6L6-Röhren gewechselt hat (einer der wenigen Amps, die das können), während alle anderen Parameter gleich blieben, wie sich das in der Wissenschaft gehört (was einige seiner Zuschauer noch nicht verstanden zu haben scheinen).
Bei den kleineren Lunchbox-Amps hingegen ist die Unterscheidung oft zwischen 6L6 (welche der Fireball 25 hat, genau wie sein großer Bruder) und den kleineren EL84-Röhren. Ich höre jetzt auch da keinen großen Unterschied, aber u.a. fangen diese kleineren Amps auch im Clean-Kanal deutlich früher an zu zerren als die großen, und das kann dann ja wieder ungewollt sein.
TL;DR: Im Rennen sind momentan noch:
- ENGL Fireball 25 (Tiefe: 23 cm)
- ENGL Ironball SE (Tiefe: 21,7 cm)
- ENGL Powerball II (Tiefe: 27 cm)
- ENGL Savage MkII (Tiefe: 29 cm)
Einer von den vieren wird es wohl werden. Um das Ganze zurück zum Thema zu führen:
Fireball 25 oder Ironball SE würden oben auf dem JVM stehen, oder eben unter dem Kemper (auf dem Kemper dürfte zu wackelig sein, der Kemper ist ja noch kleiner); Powerball II oder Savage MkII müssten unter den Marshall JVM.